Andreas Resch: Maria Faustina Kowalska

MARIA FAUSTINA KOWALSKA
(Helena)
(1905-1938)

VON DER KONGREGATION
DER SCHWESTERN DER
MUTTERGOTTES VON DER BARMHERZIGKEIT

Heilig: 30. April 2000
Fest: 5. Oktober

MARIA FAUSTINA KOWALSKA (Helena) wurde am 25. August 1905 in Głogowiecz in Mittelpolen, damals unter zaristischer Herrschaft, bzw. im Gebiet der Weichsel (der Name „Polen“ war verschwunden) geboren. Sie war das dritte von zehn Kindern der armen Bauersleute Stanislaus Kowalski und Marianna Babel. Am darauffolgenden 27. August wurde sie auf den Namen Helena getauft.

Zur Frömmigkeit erzogen, war sie schon als Kind sehr darauf bedacht, bei der Sonntagsmesse – der einzigen Messe, die man im Ort feierte – nie zu fehlen. Mit sieben Jahren verspürte sie tief in ihrem Innern ganz klar die Berufung zum Ordensleben. Wie damals üblich, empfing Helena zwischen neun und zehn Jahren die Erstkommunion. Bei dieser Gelegenheit fragte sie eine Gleichaltrige, ob sie sich denn freue. Ihre Antwort war: „Ich habe mich gefreut, dieses schöne Kleid zu tragen.“ Helena meinte: „Und ich freue mich, weil ich Christus empfangen habe.“

Nachdem sie nicht einmal drei Jahre die Volksschule besucht hatte, ver­dingte sich Helena als Hausmädchen, um zum Unterhalt ihrer armen Familie beizutragen, der sie ihr ganzes Gehalt zur Verfügung stellte. Nach vollendetem 16. Lebensjahr verließ sie das Elternhaus und ging erneut, um als Hausgehil­fin zu arbeiten, diesmal nach Aleksandròw und nach Łodź, um für sich und ihre Eltern die nötigen Mittel aufzubringen. Während ihres Aufenthalts in Aleksandròw im Februar 1922 erhielt sie auch das Sakrament der Firmung.

1923, mit 18 Jahren, teilte sie ihrer Mutter mit, dass sie beschlossen habe, ins Kloster zu gehen, und sie bat die Eltern um Erlaubnis, in ein Institut eintreten zu dürfen, was diese aber nicht zuletzt der prekären wirtschaftlichen Verhältnisse wegen ablehnten. Sie weigerten sich sogar, ihr den Taufschein zu besorgen, den sich Helena dann selbst beschaffte; ja, sie versuchten vielmehr, sie zur Rückkehr nach Hause zu bewegen. Bedingt durch allerlei Freundschaften begann Helena, ihre Berufung zum geweihten Leben zu vernachlässigen, was sie jedoch im Innern schmerzte. Die stete Berufung bereitete ihr große Qualen, die sie durch allerlei Kurzweil zu unterdrücken versuchte. Als sie sich 1924 auf einem Ball im Haus von Freunden befand, sah sie plötzlich den gegeißelten Jesus vor sich, der sagte: „Wie lange muss ich das noch ertragen? Wie lange willst du mich noch geißeln?“

Daraufhin beschloss Helena, nach Warschau zu gehen und eine geeignete Kongregation zu suchen. Sie ließ sich ganz von den Ereignissen leiten und bat schließlich um Aufnahme bei den Schwestern der Muttergottes von der Barmherzigkeit, einer Kongregation, die am 1. November 1862 in einem kleinen Haus in Warschau von Mutter Theresa Potocka (1814-1881) für reumütige Mädchen gegründet worden war. Anschließend verbrachte sie einige Ausbildungsmonate (Noviziat) bei einer ähnlichen Kongregation, die Theresa Rondeau 1818 in Lava in Frankreich gegründet hatte. Die beiden Kongregationen schlossen sich zusammen und erhielten 1878 die päpstliche Approbation, doch die polnische Gemeinschaft entwickelte sich rascher und auf autonome Weise. 1922 trennten sich die polnischen Häuser wegen verschiedener Schwierigkeiten von den französischen auf deren Anregung hin und bildeten eine selbständige Kongregation mit Generalleitung in Warschau; die neuen Konstitutionen wurden vom Heiligen Stuhl 1927 approbiert und 1935 endgültig bestätigt. Die Kongregation hatte von Anfang an zwei Chöre: a) den ersten Chor bildeten die Schwestern, die das gesamte religiöse Leben und sämtliche Aktivitäten der Kongregation leiteten; ihm wurden die Kandidatinnen aus Adels- und intellektuellen Familien zugeordnet; diese Kandidatinnen mussten eine gewisse Bildung aufweisen; b) der zweite Chor wurde aus den Hilfsschwestern gebildet; ihm gehörten die Kandidatinnen aus Bauern- und Arbeiterfamilien an. Abgesehen von einer allgemeinen Grundausbildung beider Chöre gab es zwischen den beiden einen deutlichen Unterschied, nicht nur dem Kleid nach, sondern auch, was den Ring anbelangte. Die Schwestern des ersten Chores trugen einen Goldring, jene des zweiten Chores einen Silberring.

Als Helena um Aufnahme in die Kongregation ersuchte, erschien das junge Mädchen der Novizenmeisterin „erbärmlich, schwach, arm und ohne jeden Ausdruck, was wenig erhoffen ließ“. Nachdem die damalige Oberin des Hauses und spätere Generaloberin des Instituts, Sr. Michela Moraczewska, den Bericht der Novizenmeisterin angehört hatte, wollte auch sie Helena sehen und war vom liebenswerten Lächeln der Postulantin, ihrer großen Bescheidenheit und Ehrlichkeit getroffen. Sie verabschiedete sie mit dem Hinweis, zu warten und inzwischen die Mitgift zu beschaffen.

Nachdem Helena dann im Warschauer Stadtviertel Klembów wieder die Arbeit als Hausmädchen aufgenommen und an das genannte Institut monatlich ihren Lohn überwiesen hatte, wurde sie nach einem Jahr neuerlich vorstellig und trat schließlich am 1. August 1925 als Postulantin ein. Das private Gelübde der Keuschheit hatte sie bereits abgelegt. Im Institut wurde sie in den zweiten Chor aufgenommen und für die Küchenarbeit bestimmt. Am 30. April 1926 begann sie mit der Einkleidung ihr Noviziat und konnte nach zwei Jahren die ersten Gelübde ablegen, wobei sie den Namen Sr. Maria Faustina erhielt, dem sie die Bezeichnung „vom Allerheiligsten Sakra­ment“ hinzufügte.

Von allem Anfang an war ihre Spiritualität wesentlich auf Christus und die Sakramente zentriert, in einem innigen Bezug zu dem im Allerheiligsten Altarsakrament verborgenen Christus durch kontinuierliches Beten und Bitten. Christus im Allerheiligsten Sakrament bildete den Mittelpunkt in ihrem Leben, alles drehte sich um dieses Mysterium. „Meine ganze innere Kraft kommt aus dem Altarsakrament. Jede freie Minute verbringe ich im Gespräch mit Ihm, er ist mein ‚Meister‘.“ Diese Einheit mit Christus war eine Personalunion, durch die sich ihr der Blick auf das unbegreifliche Mysterium der Allerheiligsten Dreifaltigkeit bis hin zum spon­tanen Einheitserlebnis mit Christus in Gott eröffnete. Ihr spirituelles Leben nahm christlich-mystische Züge an; sie spürte in sich die Aufgabe, die Barmherzigkeit Christi zu preisen und mittels Gebet und Opfer Seelen zu ge­winnen. Um dieser Berufung nachzukommen, bot sich Maria Faustina am Karfreitag des Jahres 1934 Gott als Sühneopfer für die Seelen und die Sünder an.

Als Schwester arbeitete Maria Faustina in verschiedenen Häusern des Instituts, vor allem aber in Warschau, Vilnius, Płock und Krakau, sodass sich ihre Mitschwestern über die häufigen Versetzungen wunderten. Sie selbst aber, die eine solche Behandlung keiner Schwester wünschte, antwortete lächelnd, dass sie es lediglich der Mutter Oberin gleichtue, wenn sie die Häuser der Provinz visitiere.

Da sie gern Opfer brachte, war M. Faustina stets bereit, die Anweisungen der Obe­ren und die Vorschriften der Ordensregel zu befolgen. Obwohl sich ihr Leben rein äußerlich von dem der übrigen Schwestern kaum unterschied, zeichnete sie sich durch besonderes Pflichtbewusstsein und großen Eifer bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in Küche, Garten und an der Pforte aus; sie verrichtete jede Arbeit heiter und gelassen und war einzig darauf bedacht, den göttlichen Willen immer besser zu erkennen.

Bei ihrem Eintritt in die Kongregation war M. Faustina als „Nichts“ beurteilt worden. Von mittlerer Statur, mit rötlichen Haaren und Sommerspros­sen im Gesicht war sie auch Gegenstand wiederholter Sticheleien seitens eini­ger Mitschwestern. Zudem war sie grazil gebaut und, da ihre Gestalt fast ausgemergelt wirkte, hatte sie nichts Einnehmendes. Doch war sie herzensgut, ehrlich, liebenswert, intelligent, lebhaft, besonnen, unternehmungslustig und ausgeglichen. Ihr Le­ben gestaltete sie in großer Übereinstimmung mit dem Evangelium; geduldig ertrug sie selbst die schlimmsten Situationen, die sich vor allem aufgrund ihrer prekären Gesundheit ergaben.
Alle körperlichen Leiden, bedingt durch eine Lungentuberkulose, wurden von ihr „als Sühne für die im Mutterleib getöteten Kinder“ angenommen. Am meisten litt sie jedoch am Unverständnis von Personen aus ihrem unmittelbaren Umfeld, die sie einfach nicht verstehen konnten. Die Jahre ihres Ordenslebens waren nämlich von außergewöhnlichen Gnaden erfüllt: Offenbarungen, Visionen, verborgene Stigmen, Teilhabe an der Passion Christi, Gabe der Bilokation, Herzensschau, Prophezeiungen sowie die seltene Gnade der mystischen Verlobung und Vermählung.

Die letzten zehn Jahre ihres Lebens gestalteten sich, vor allem ihrer Erkrankung wegen, als ein wahrer Kreuzweg. 1936, als ihre Gesundheit bereits im Argen lag, kehrte M. Faustina nach Krakau zu­rück, wo ihr die Aufgaben einer Gärtnerin und Pförtnerin anvertraut wurden. Sie arbeitete auch mit Fieber, ohne zu protestieren. Um eine mögliche Ansteckung zu vermeiden, wurde ihr eine Zelle gemeinsam mit einer anderen tuberku­losekranken Schwester zugeteilt. Dort begann sie sich langsam auf den Tod vorzubereiten, den sie als eine glückliche Begegnung mit Christus verstand. Kurz vor ihrem Ableben sagte sie zur Mitschwester, die ihr helfend zur Seite stand: „Heute wird mich der Herr bei sich aufnehmen.“ Sie starb in Krakau am 5. Oktober 1938 um 22.45 Uhr im Alter von 33 Jah­ren, von denen sie 13 in der Kongregation verbracht hatte. Sie war sich bewusst, dass ihre Mission nicht mit dem Tod enden würde, wie sie im „Tagebuch“ schreibt. Ihre sterbli­che Hülle ruht heute im Heiligtum von der Göttlichen Barmherzigkeit in Krakau-Łagiewniki, Polen.

Am 30. April 2000 wurde Maria Faustina Kowalska von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen, der sie am 18. April 1993 seliggesprochen hatte.

Videodokumentation von Sr. Maria Faustina Kowalska

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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