MARIA EMILIA D’OULTREMONT
(1818-1878)
GRÜNDERIN
DER GESELLSCHAFT MARIENS
VON DER SÜHNE
Selig: 12. Oktober 1997
Fest: 22. Februar
MARIA EMILIA D’OULTREMONT verw. VAN DER LINDEN D’HOOGHVORST wurde am 11. Oktober 1818 als einzige Tochter des Grafen Emile d’Oultremont und der Gräfin Marie de Lierneux de Presles in Wégimont bei Lüttich in Belgien geboren und am gleichen Tag auf den Namen Emilia getauft. Wie ihre zwei Brüder erhielt auch sie eine umfassende und solide Ausbildung sowie eine ausgezeichnete moralische und religiöse Erziehung.
Bereits mit etwa sieben Jahren fühlte sich Emilia von der Schönheit eines Lebens angezogen, in dessen Zentrum einzig und allein Jesus stand. Die Worte des Evangelisten Lukas – „Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden“ (Lk 10, 42) – prägten sich für immer in ihr Herz ein. Einige Jahre später, mit 13 Jahren, hatte sie im Gebet eine tiefe Begegnung mit dem Herrn, der sie schon im Voraus große Freude und Frieden verkosten ließ. Die Verehrung des Herzens Jesu, der Jungfrau Maria und vor allem der Eucharistie trieb Wurzeln in ihre kindliche Seele und war von da an ausschlaggebend für die Entfaltung ihrer Spiritualität.
Trotz dieser Ausrichtung auf ein gottgeweihtes Leben kam sie dem Wunsch der Eltern nach, sich mit einem jungen Mann zu verheiraten, der ihr in Rang und Art ebenbürtig war, um so eine neue Familie zu gründen. Nachdem sie sich in erster Linie von den spirituellen und religiösen Qualitäten überzeugt hatte, willigte sie in die Ehe mit Viktor van der Linden Baron d‘ Hooghvorst ein. Die Trauung erfolgte am 19. Oktober 1837 in Lüttich. Emilia lebte das Leben einer jungen Ehefrau in Fülle und pflegte weiterhin ihre Einheit mit Gott. In der Tat erlaubten ihr neuer Stand und die gemeinsamen Ideale mit ihrem Gatten eine viel größere Freiheit, sich dem Gebet und Werken der Nächstenliebe zu widmen. Ihre Verbindung wurde durch die Geburt von vier Kindern beglückt, die in einer fröhlichen Familie aufwuchsen.
Schon von Beginn ihres Ehelebens an fand Emilia bei den Jesuitenpatres Seelenführer, die sie verstanden und in ihrem spirituellen Leben anleiteten. Fast täglich empfing sie die hl. Kommunion – eine Praxis, die zur damaligen Zeit noch ungewöhnlich war. Die beiden Eheleute gaben gemeinsam Zeugnis von einer tiefen ehelichen Liebe, in der Gott an erster Stelle stand.
In den Jahren 1839 – 1846, in denen sie sich u. a. lange in Rom aufhielt, wurde Emilia auch mit besonderen inneren Erfahrungen beschenkt, die sie zu einer immer größeren Liebe zu Gott führten. Sie lebte so sehr in der Gegenwart Gottes, dass sie eines Tages auf einem prunkvollen Ball der Fürsten Torlonia auf eine innere Stimme hören und in echter Hingabe antworten konnte: „Meister, Du allein in meinem Leben.“ Sie hatte schon zwei Kinder, als sich ihr mit 24 Jahren in den kleinen Kammern des hl. Ignatius bei der Kirche Il Gesù in Rom der Heilige in einer inneren Schauung mit den Konstitutionen in der Hand zeigte und ihr versicherte, dass sie eines Tages seinen Regeln folgen werde.
Nach fast zehnjähriger Ehe starb am 10. August 1847 Victor d’Hooghvorst an den Folgen der Malaria, die er sich in den Pontinischen Sümpfen zugezogen hatte. Emilia ertrug diese Prüfung im Glauben und widmete sich fortan ganz ihren Kindern, den vielen Armen und Kranken sowie verschiedenen diözesanen Werken. Mit Erlaubnis ihres Beichtvaters weihte sie sich Gott mit dem Gelübde der Keuschheit, gab sich verstärkt Werken der Nächstenliebe hin und pflegte unzählige Stunden im Gebet vor dem Allerheiligsten Altarsakrament zu verharren. Da sie bei den Eltern lebte, vernachlässigte sie auch ihre familiären Pflichten nicht. Sie war es schließlich auch, die den Eltern bis zum Tod beistand, der 1850 die Mutter und ein Jahr später den Vater traf.
Da sie sich immer mehr zum Ordensleben hingezogen fühlte, beschloss sie, sich mit den beiden Töchtern in Paris niederzulassen, um näher bei den zwei anderen Kindern zu sein, die in einem Kolleg der Jesuiten untergebracht waren. Emilia stieß deshalb sowohl bei ihrer Familie als auch in ihrer Umgebung auf Widerstand, doch konnte sie nichts von ihrer Entscheidung abbringen, die sie aus dem Glauben heraus traf, Gehorsam gegenüber Gott zu üben.
Als sie am 8. Dezember 1854 zum Abschiedsbesuch bei einer Tante in Bauffe weilte, gerade als Pius IX. in Rom das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis verkündete, erfuhr Emilia im Gebet die Gegenwart der Mutter Gottes und den Aufruf, ihren Sohn mit der „zarten Liebe eines Mutterherzens“ zu lieben und ihm zu dienen. Es war dies der Anfang ihrer neuen Aufgabe in der Kirche. Sie begann einige junge Frauen um sich zu scharen, die wie sie ihre Existenz einem Leben der Sühne weihen und Maria als erwählter Mutter und Vorbild folgen wollten, um Zeugnis abzulegen für Christus.
1855 begann Emilia mit ihren Gefährtinnen eine erste Form des Gemeinschaftslebens. Der offizielle Beginn der neuen geistlichen Familie unter der Bezeichnung „Societas Mariae Reparatricis“ (Gesellschaft Mariens von der Sühne) erfolgte am 1. Mai 1857 in Straßburg mit der Einkleidung Emilias, die dabei den Namen Mutter Maria von Jesus annahm, und der ersten zehn Gefährtinnen. Am 2. Mai 1858 legten sie die ersten Gelübde ab.
Mit Hilfe einiger Jesuitenpatres, allen voran P. Paul Ginhac, schuf sie die Grundlagen für eine solide Ausbildung und Organisation und erarbeitete die Konstitutionen. Inzwischen kam es zu den ersten Gründungen, darunter in Maduré in Indien – das dritte Haus des Instituts, wohin Mutter Maria 1859 sieben ihrer Schwestern schickte. Im Mai 1860 unternahm sie eine Wallfahrt nach Loyola, die für sie soviel wie eine Bestätigung des eingeschlagenen Weges unter „dem Schutz des heiligen Ignatius“, des „wahren Vaters ihrer Seele“, bedeutete. Am 2. Juli 1862 verfasste sie einen berühmten Brief über den Geist zur Anleitung der Schwestern ihrer Gemeinschaft – einen flammenden Appell, den Blick auf Maria zu richten, um von ihr den „typischen“ Weg einer Sühneschwester zu erfahren. „Neben Maria und mit dem Herzen Mariens“, so stellt sie fest, „wird alles in unserem Leben für Gott, zu seiner Ehre und zur Sühne sein“. Ihr Wunsch war es, dass die Schwestern ihren Einsatz in der Kirche in Schlichtheit und Dienstbarkeit durch das Gebet, die Anbetung des täglich ausgesetzten Allerheiligsten Altarsakraments, die Ignazianischen Exerzitien, die religiöse Unterweisung und andere Werke bekundeten – je nach Notwendigkeit und Ortsgegebenheit. Das einzige Ziel sollte stets sein, den Herrn näherzubringen, die Liebe zu ihm und seine Verehrung zu fördern, „in den Menschen mit Marias Hilfe das durch die Sünde verdunkelte Bild Gottes zu erneuern“. Und bei anderer Gelegenheit hatte sie erklärt: „Niemand kann uns besser dazu heranbilden, unseren Herrn zu lieben, als Maria, weil das Herz Gottes und des Menschen niemand besser verstanden hat als sie… und sie fordert uns auf „Gefährtinnen der Hingabe, der Sühne, der Anbetung und der Liebe zu sein“.
Neben ihrem unermüdlichen Einsatz bei der Leitung des Instituts und der Ausbildung der Schwestern vernachlässigte sie auch ihre Familie nicht. Während die beiden Söhne sich für die Ehe entschieden, traten die beiden Töchter ihrer Kongregation Gesellschaft Mariens von der Sühne bei (Abb.). Dieser Umstand bescherte ihr jedoch viel Unverständnis, weil sie, vor allem von den Verwandten, beschuldigt wurde, auf die Töchter eingewirkt zu haben. Zu ihrem großen Leidwesen musste sich auch noch deren frühzeitigen Tod miterleben. Am 23. Januar 1867 starb Margarita, die seit sieben Jahren in der Kongregation war, an Tuberkulose. Und auch ihre ältere Schwester Olympia erkrankte schwer und blieb kränklich bis zu ihrem Tod am 14. November 1872. „Gott allein weiß, was ein Mutterherz ertragen kann“, sagte sie eines Tages.
Mutter Maria machte so die Erfahrung einer spirituellen Einsamkeit, die sie manchmal an den Rand der Verzweiflung brachte, was ihre Tätigkeit jedoch nicht beeinflusste. Es entstanden in dieser Zeit Neugründungen in Wexford, Nantes, Le Mans, Brüssel, N. D. de Liesse, Pau, Sevilla und Cordoba.
Am 23. Dezember 1873 kam sie nach Rom, gerade als die Jesuiten die Stadt wegen der feindseligen Haltung der Regierung verlassen mussten. Sie hatte daher allen Grund zu glauben, dass sie isolierter denn je sein werde. Als sie wenige Tage später einen Vortrag über die Unbefleckte Empfängnis hörte, der vom Generalobern der Resurrektionisten, P. Pierre Semenenko, gehalten wurde, erlebte sie plötzlich die spirituelle Freude wieder, der sie so lange beraubt gewesen war.
Das mystische Leben der Maria von Jesus machte nahezu vier Jahre lang bemerkenswerte Fortschritte. Geduldig ertrug sie weitere Prüfungen und Schwierigkeiten verschiedenster Art: Trauerfälle innerhalb der Familie, eine zunehmend instabilere Gesundheit, die Abspaltung einiger Kommunitäten. Eine letzte schmerzliche Erfahrung machte sie im Rahmen ihres Ratsgremiums aufgrund des Unverständnisses einiger Schwestern in Bezug auf P. Semenenko, genährt von der unbegründeten Angst, dass sein Einfluss der Kongregation den ignazianischen Boden entziehen würde.
Während eines Aufenthalts auf der Durchreise nach Belgien im Hause ihres Sohnes Adrian in Florenz schwanden ihre letzten Widerstandsreserven. So beendete sie am 22. Februar 1878 im Alter von 59 Jahren ihre irdische Laufbahn. Ihr Grab befindet sich in der Kirche Santa Croce e San Bonaventura, via dei Lucchesi, Rom.
Am 12. Oktober 1997 wurde Maria Emilia d’Oultremont, Witwe Van der Linden d’Hooghvorst, von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]
Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at