Andreas Resch: Maria Dominika Brun Barbantini


MARIA DOMINIKA
BRUN BARBANTINI
(1789-1868)

GRÜNDERIN
DER KONGREG. DER DIENERINNEN DER KRANKEN DES HL. KAMILLUS VON LELLIS

Selig: 7. Mai 1995
Fest: 22. Mai

MARIA DOMINIKA BRUN BARBANTINI wurde am 17. Januar 1789 als zweites von sieben Kindern des Schweizer Gardisten der Republik Lucca, Pietro Brun, und der Giovanna Granucci in Lucca geboren und auf den Namen Maria Dominika getauft. Mit sechs Jahren wurde sie zu den Lehrerinnen Rosa und Margherita Fornaciari in die Schule geschickt, um die Grundlagen des Katechismus und die wichtigsten häuslichen Arbeiten zu erlernen. Am 21. Juni 1801 verlor Maria Dominika ihren Vater und zwischen 1798 und 1803 drei ihrer Geschwister. Von da an wuchs sie unter der umsichtigen und liebevollen Führung der Mutter auf.

Am 22. April 1811 gab sie im Alter von 22 Jahren in der Kathedrale von Lucca dem 33-jährigen Salvatore Barbantini ihr Jawort. Das ruhige und glückliche Zusammenleben endete nur fünf Monate später mit dem plötzlichen Tod ihres Ehemannes am 6. Oktober 1811. In jener Nacht weihte sich Maria Dominika, von Schmerz überwältigt, als Opfer für den Tod des Geliebten endgültig dem Herrn: „Du allein, mein gekreuzigter Jesus, sollst von nun an mein einziges und höchstes Gut sein, mein ganzer Besitz.“ Sie war damals gerade schwanger, das Kind – ein Junge – kam am 14. Februar 1812 zur Welt und wurde am Tag darauf auf den Namen Lorenzo getauft. Es folgten Jahre intensiver Arbeit, in denen Maria Dominika die Geschäfte ihres verstorbenen Mannes weiterführte und ihrem Sohn als liebevolle Mutter eine menschenwürdige und christliche Erziehung angedeihen ließ. Nachdem sie als Witwe mit vielen einsamen und kranken Frauen in Kontakt gekommen war, um die sich niemand so recht kümmerte, war sie ihnen Schwester und Krankenschwester zugleich. Von der Liebe zu Gott beflügelt, begann sie inmitten von Unverständnis und Kritik mit ihren abendlichen und nächtlichen Einsätzen im Dienst der Kranken und Alleingelassenen auf den Dachböden und in den Kellern der Stadt.

Ihrem Beispiel folgte schon bald eine kleine Schar edelmütiger Frauen, die in Gemeinschaft lebten, um sich ganz den armen Kranken widmen zu können, welche kein Spital aufnehmen wollte oder die in ihren Wohnungen dahinsiechten. Auf diese Weise nahm 1817 die Fromme Gemeinschaft der Schwestern der Nächstenliebe seinen Anfang. Diese erste apostolische Erfahrung war zwar nur von kurzer Dauer, bildete aber zugleich die Vorhut der künftigen Kongregation.

Maria Dominika wurde zur Initiatorin einer Gründung kontemplativer Schwestern, des Klosters der Heimsuchung. Fünf Jahre lang teilte sie deren Gebetsleben, ohne darüber den Dienst an den Armen zu vernachlässigen. Und sie fragte sich, was Gott wohl besser gefiel – wenn sie sich ganz dem Gebet hingab oder wenn sie in der Pflege der armen Kranken aufging. Sie entschied sich für Letzteres. Durch die Begegnung mit dem Kamillianerpater und späteren Generaloberen des Ordens des hl. Kamillus von Lellis, Antonio Scalabrini, wurde Maria Dominika in die Spiritualität eines Dieners der Kranken eingeführt. Damit war der Weg geebnet für die Gründung der Dienerinnen der Kranken. Am 30. April 1819 approbierte der Erzbischof von Lucca die Regeln der Gemeinschaft der Schwestern der Nächstenliebe unter Anrufung der Schmerzensmutter. Maria Dominikas Beichtvater, Don Andrea Del Prete, vertraute ihr zwei junge Frauen an, die sich dem Herrn weihen wollten, damit sie für sie ein Haus besorge. Es war dies die Grundsteinlegung für die Oblatinnen des hl. Franz von Sales.

In diesen Jahren der besonderen Verbundenheit mit ihrem Sohn und des karitativen Einsatzes wuchs im Herzen von Maria Dominika das Gefühl, dass der Herr auch den Sohn von ihr fordern werde. Und plötzlich, im Alter von acht Jahren, erkrankte Lorenzo und starb, innerhalb von nur 38 Stunden, am 29. Juni 1820. Damit war sie wieder allein, hatte nun aber das Verlangen, sich Gott ganz hinzugeben, und legte das Gelübde der Keuschheit ab. Für die vom Schicksal so schwer geprüfte Frau begann ein neuer Abschnitt. Bar jeder Hoffnung, aber dennoch voll Vertrauen erwarb sie im Januar 1824 den Palazzo Lucchesini, in den sogleich die Oblatinnen des hl. Franz von Sales einzogen. Und noch im Oktober desselben Jahres wurde daneben der Grundstein für die Kirche gelegt. Doch gab sich Maria Dominika damit noch nicht zufrieden, sondern hegte den Wunsch, eine religiöse Gemeinschaft zu gründen. Und so begab sie sich am 19. November 1824 nach Pinerolo, um dort vier Schwestern der Heimsuchung um sich zu scharen, welche die Entstehung des neuen Klosters repräsentieren sollten. Am 7. Juli 1826 traf das Approbationsschreiben ein, woraufhin die Oblatinnen des hl. Franz von Sales zu Schwestern der Heimsuchung wurden.

Maria Dominika lag auch noch eine andere Art von Armut in Lucca am Herzen, gab es dort doch eine Menge verlassener Kinder, die kaum Schutz erfuhren und sich nach einem neuen Leben sehnten. Auch Frauen anderer Religionsgemeinschaften suchten Hilfe. So wurde in der Nachbarschaft des Klosters ein Pensionat errichtet, in dem eine heitere und familiäre Atmosphäre herrschte. Doch war es Maria Dominikas Wunsch, Gott sehr viel radikaler zu dienen, und sie vernahm den klaren Ruf, sich den mittellosen Kranken zu widmen. Sie gründete daraufhin ein neues Institut für Krankenpflege. Im April 1828 kam es zur entscheidenden Begegnung mit dem Kamillianer Antonio Scalabrini, der ihr nahelegte, ihre Gründung dem Schutz des hl. Kamillus zu unterstellen und der Kongregation den Namen „Dienerinnen der Kranken des hl. Kamillus“ zu geben. Dies war nicht leicht, auch aufgrund des Unverständnisses seitens des lokalen Klerus und selbst des Bischofs, doch ließ sich Maria Dominika nicht entmutigen. Am 23. Januar 1829 formierten sich die ersten Schwestern zu einer festen Gruppe im Dienst der Kranken, und am 2. Februar, nachdem sie fünf Jahre im Kloster der Heimsuchung verbracht hatte, übersiedelte auch Maria Dominika endgültig dorthin.

Am 21. Januar 1838 erwarb sie in der Ortschaft von Mammoli ein Landhaus als Feriendomizil und zur Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte. Ausgehend von den Konstitutionen der „Barmherzigen Krankenschwestern“, die von der Prinzessin Teresa Orsini Doria gegründet worden waren, besorgte Maria Dominika die Endfassung der ersten Regeln des Instituts.

Am 5. August 1841 folgte die Anerkennung der Gruppe unter dem Namen „Oblaten-Krankenschwestern unter Anrufung der Schmerzensmutter Maria und des hl. Kamillus von Lellis“ seitens des Erzbischofs von Lucca sowie die Approbation ihrer Regeln, wobei Maria Dominika gleichzeitig zur Superiorin auf Lebenszeit ernannt wurde. Zehn Tage später, am 15. August, legten die ersten Schwestern vor Barbantini ihre Gelübde ab, und am 27. Januar 1842 erließ P. Scalabrini, mittlerweile Generaloberer der Kamillianer, das Dekret, mit dem die Kongregation der Dienerinnen der Kranken des hl. Kamillus (Abb.) dem Orden der Kamillianer angeschlossen wurde. Am 1. Oktober 1845 erwarb Maria Dominika das „Haus Morelli“, in das die Dienerinnen der Kranken einzogen. Nach Überwindung juristischer Probleme machte sie am 26. August 1866 ihr Testament unter Namensnennung jener Schwestern, die ihre Hinterlassenschaft erben sollten.

Das von Maria Dominika um 1840 zur Unterstützung der Mädchen und jungen Frauen gegründete Schülerinnenheim hatte sich im Laufe der Zeit immer mehr zu einem Reservoir für Berufungen entwickelt. Es wurde jedoch vom Erzbischof geschlossen, weil sich das Institut ausschließlich auf die Krankenbetreuung konzentrieren sollte. Am 23. März 1852 erfolgte mit dem „Decretum Laudis“ schließlich die päpstliche Anerkennung.

Als im Frühjahr 1854 eine Choleraepidemie ausbrach, übernahmen die Dienerinnen der Kranken auf Ersuchen des Erzbischofs die Leitung des Lazaretts von Pescia. Maria Dominika, die zusammen mit ihren Schwestern das vierte Gelübde abgelegt hatte – nämlich, den Patienten auch unter Lebensgefahr beizustehen – , äußerte den Wunsch, dem Herrn unter den Schwerkranken zu dienen.

Der aufopfernde Dienst der Schwestern veranlasste indes den Erzbischof, ihnen am 29. August 1855 zu gestatten, ihr Ordenskleid mit dem roten Kreuz des hl. Kamillus von Lellis zu schmücken. Am 7. März 1856 starb Sr. Carlotta Fanucci als erstes Opfer in Befolgung des 4. Gelübdes.

1866 wurde Brun Barbantini von starken Schmerzen in den Beinen befallen, die sie in den Sessel zwangen und ihr das Liegen unmöglich machten. Sie schrieb Briefe und eine viel beachtete Biografie. Als sie sich einigermaßen erholt hatte, fuhr sie Anfang März 1868, in der Hoffnung auf Besserung, in das Landhaus nach Mammoli, doch verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand. Daraufhin wurde sie nach Lucca gebracht, wo sich die Schwestern um sie versammelten. Sie sagte: „Meine geliebten Töchter! Bald werde ich nicht mehr bei euch sein… Ich lege euch die Armen und Kranken ans Herz… Haltet zusammen und erweist den bemitleidenswerten Patienten eure Liebe… Versprecht ihr mir das?… Versprecht es mir!“ Daraufhin legte sie die Beichte ab und empfing das Sakrament der Krankensalbung. Sie starb am 22. Mai 1868 um 24.00 Uhr in Lucca im Ruf der Heiligkeit. Sie war 79 Jahre alt. Die Begräbnisfeierlichkeiten fanden in Lucca statt.

Anschließend wurde der Leichnam nach Mammoli überführt und dort beigesetzt. 30 Jahre später brachte man ihre Gebeine nach Lucca in die Kirche der Allerheiligsten Dreifaltigkeit.

Am 7. Mai 1995 wurde Maria Dominika Brun Barbantini von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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