Andreas Resch: Maria die Gekreuzigte Satellico


MARIA DIE GEKREUZIGTE
SATELLICO
(1706-1745)

PROFESSNONNE
DES ORDENS
VON DER HL. KLARA

Selig: 10. Oktober 1993
Fest: 8. November

MARIA DIE GEKREUZIGTE SATELLICO wurde am 31. Dezember 1706 als Tochter von Pietro Satellico und Lucia Mander in Venedig geboren und am 9. Januar 1707 auf den Namen Elisabeth Maria getauft. Von ihren Eltern und Don Francesco Mander, einem Onkel mütterlicherseits und vorbildlichen Priester, in dessen Haus die Familie wohnte, erhielt das Mädchen eine ausgewogene religiöse und kulturelle Erziehung. Von frühester Kindheit an mit Talenten gesegnet, lernte die Kleine bereits im zarten Alter von vier Jahren von ihrem Onkel mühelos lesen, singen und das Clavicembalo spielen. Da sie eine schöne Stimme hatte, sang sie gerne und zeigte überhaupt eine Vorliebe für Musik. Sie besuchte die Schule und fand in der Orgel das Instrument nach ihrem Geschmack. 1715, im Alter von neun Jahren, wurde Elisabeth zu Erstkommunion und Firmung zugelassen.

Da sie überzeugt war, dass Gott sie zum religiösen Stand berufen hatte, wollte sie Kapuzinerin werden, als ihr bei einer besonderen Gelegenheit klar wurde, welchen Orden der Herr für sie bestimmt hatte. Diese Gelegenheit ergab sich 1719, als Elisabeth erfuhr, dass in den Marken, genauer gesagt in Montenovo (heute Ostra Vétere) in der Diözese Senigallia, die Klarissen, die dort Jugendliche aus den verschiedensten Regionen Italiens betreuten, eine junge Aspirantin mit musikalischen Fähigkeiten suchten. Im Einvernehmen mit der Äbtissin verließ Elisabeth Venedig in Richtung Marken, wo sie am 29. August 1720 im Kloster ankam, aber erst am 4. September, nach Erhalt der Erlaubnis vom Kardinal, eintreten durfte. „Sie wurde von den Nonnen aufgrund ihres bescheidenen Wesens, ihrer zurückhaltenden Art und ihrer Gesangskünste mit offenen Armen empfangen, sodass das Mädchen sehr beglückt war.“ Jung, von Natur aus fröhlich und ganz ihrem Auftrag ergeben, durchlebte sie heitere Tage und musste sich von Jahr zu Jahr die Frage stellen, wie ihre Zukunft aussehen sollte. Es folgte ein Wechselspiel zwischen Neigungen, Zweifeln und dem Drang, nach Venedig zurückzukehren, bis sie schließlich den Entschluss fasste, sich Gott zu weihen. In gewisser Weise betrachtete sich Elisabeth bereits in die Kommunität der Kapuzinerinnen integriert. So nahm sie an Gemeinschaftshandlungen teil, speziell am gemeinsamen Gebet, und legte sowohl in der Ausführung der Gesänge als auch im Orgelspiel eine Ernsthaftigkeit an den Tag, die ihr die Wertschätzung der Nonnen einbrachte. Sie wollte fortan ihr Leben zur Gänze mit ihnen teilen, unter Beachtung der Ordensregel und der entsprechenden Normen im Hinblick auf Klausur, Schweigen und Sammlung.

Fest entschlossen, sich in den Dienst Gottes zu stellen, brachte Elisabeth die Kraft und Geduld auf, fünf Jahre zu warten, bis sich die Schwierigkeiten, die sich durch äußere Umstände hinsichtlich ihrer Einkleidung ergeben hatten, in Wohlgefallen auflösten. Als sie nämlich 1724 die Zustimmung des Kardinals zu ihrer Einkleidung immer noch nicht erhalten hatte, kam ihr der Gedanke, ob es nicht vielleicht besser sei, die Profess in einem anderen Kloster abzulegen. Es gab Versuche von außen, sie in ein anderes Kloster zu verlegen, doch hielt sie innerlich an der Überzeugung fest, es sei besser, abzuwarten. 1725 schließlich gab der neue Bischof von Senigallia, nachdem er sich der geistigen Reife der Kandidatin versichert hatte, sein Einverständnis zur Einkleidung und stand der Feier am 13. Mai des Jahres persönlich vor. Von diesem Augenblick an erhielt Elisabeth Maria den Namen Sr. Maria die Gekreuzigte, was bereits auf ihren weiteren Lebensweg und ihre Spiritualität hindeutete. Im Noviziat reflektierte sie, dass sie in ihrem Herzen ganz Gott in Christus Jesus dem Gekreuzigten geweiht sei. Am 19. Mai 1726 legte sie die Profess ab und setzte ihren Weg der Vervollkommnung fort, wovon ihr Tagebuch als wahrhaft „spirituelles Gebäude“ ein beredtes Zeugnis ablegt.

An den Ausgangspunkt allen Strebens setzte Sr. Maria die Demut: „Wenn der Wind des Hochmuts, der eigenen Wertschätzung, weht, muss ich mir eingestehen, dass ich ein völliges Nichts bin. Und wer hat mich aus dem Nichts geholt, wenn nicht die Hand des Allmächtigen!“ Auf dieser Basis gründen vier Säulen: Die erste Säule betrifft die Abtötung des Willens durch die Tugend des Gehorsams Christus gegenüber: „Mein Jesus, ich will voll und ganz Dir gehören. Du allein sollst in meinem Herzen wohnen. Ich bedarf weder geistiger Tröstung noch Erquickung. Du allein genügst mir.“

Die zweite Säule ist, das Böse zu fliehen: nicht nur die Todsünde, auch die lässliche Sünde. „Es macht keinen Unterschied, ob man in einem Sturm untergeht oder im Treibsand: Wenn die lässliche Sünde zur Gewohnheit wird, ist die Todsünde nicht mehr weit.“
Die dritte Säule gebietet, Gutes zu tun: „Reichtum an heiligen Handlungen“. Die Bereitschaft von Sr. Maria, ihren Mitschwestern beizustehen, machte diese Säule zu einem wahren Eckpfeiler.

Die vierte Säule ist der Verzicht auf all die menschlichen Dinge, getreu dem Wort Christi: „Wer nicht auf alles verzichtet, was er besitzt, kann nicht mein Jünger sein.“

Das Dach des Gebäudes besteht aus der Nächstenliebe, die Sr. Maria in vielfältiger Form übte: im Unterricht von Gesang und Musik, in der Übersetzung lateinischer Psalmen für die Mitschwestern, in niedrigen Diensten für die Kranken, in der täglichen Vergabe eines Teils ihrer Mahlzeiten an die Armen.
Aufgrund dieser Vorsätze voll und ganz in die Gemeinschaft integriert, erfüllte sie die Aufgaben einer Mesnerin und später der Sekretärin der Äbtissin, wobei ihre Haupttätigkeit aber stets die einer Kantorin und Musikpädagogin blieb. Daher war sie von anderen Arbeiten befreit. Vom Geist der Demut und der schwesterlichen Nächstenliebe getragen, erreichte sie jedoch, dass sie auch der Gemeinschaft jede nur erdenkliche Hilfe zuteil werden lassen konnte. Ihr beispielhaftes religiöses Leben und ihre Geistesgaben wurden von allen Mitschwestern hoch geschätzt. In ihrer inneren Pein und im folgenden Kampf gegen schreckliche Versuchungen und Qualen fand sie Unterstützung und Trost bei weisen und umsichtigen Seelenführern, so bei P. Angelo Sandreani und von 1728 an bei P. Giambattista Scaramelli, der ihr auftrug, ein „spirituelles Tagebuch“ zu verfassen, um sie besser verstehen und begleiten zu können.

Im Geist der Nächstenliebe bot sich Sr. Maria als Sühneopfer für die Erlösung der Sünder an: „Nach dem Beispiel Jesu biete ich an, mein ganzes Leben über die bittersten Qualen zu erleiden.“ Und es folgte eine Zeit (1730 – 1740), die sie die „zehn Höllenjahre“ nannte, mit negativen Phänomenen außerhalb des Normalen. So wurde sie 1734 von allerlei Beschwerden heimgesucht, die sie vier Monate lang unter Krämpfen und Lähmungserscheinungen ans Bett fesselten, wovon sie sich am 25. Januar 1735 – während sich die Nonnen zur Einkleidung einer Kandidatin in der Kirche befanden – unerwartet erholte. Sr. Maria nahm daraufhin ihre früheren Tätigkeiten wieder auf und arbeitete fortan auch noch als Krankenschwester, wobei sie ihren spirituellen Weg weiterging, der durch drei Punkte markiert war:

Das Kruzifix: „Ich habe ständig die Passion meditiert, und die Anflüge von Liebe und Mitleid waren so groß, dass es mir schien, das Herz könne all dies nicht fassen.“ Die Eucharistie: Häufig besuchte sie tagsüber das Allerheiligste Altarsakrament. Die Madonna, der sie sich anvertraute, wobei sie jene Stellen im Evangelium meditierte, die auf die Jungfrau Bezug nahmen. Sr. Marias Spiritualität steht im Kontext jener großen Gestalten, welche für die Spiritualität der damaligen Zeit charakteristisch waren, wie der hl. Alfons Maria von Liguori, der in jenen Jahren Betrachtungen über das Leiden Christi, Übung der Liebe zu Jesus Christus, Die wahre Braut Jesu Christi und Die Herrlichkeiten Mariä schrieb.

Nach ihrer Wahl zur Novizenmeisterin 1736 widmete sich Sr. Maria mit Eifer diesem heiklen Amt, das sie bis 1742 innehatte, als sie im Wahlkapitel vom 2. Juni – unter Dispens vom kanonischen Alter von 40 Jahren – bereits mit 36 zur Äbtissin gewählt wurde. Sie waltete mit Umsicht, Entschiedenheit und großer Menschlichkeit, überwand einerseits gegenteilige Meinungen und sonstige Schwierigkeiten und kümmerte sich andererseits um die Restaurierung der vom Erdbeben beschädigten Kirche und um eine bessere Strukturierung des für die Kandidatinnen vorgesehenen Traktes zugunsten einer besseren Ausbildung. Nach Ablauf des Trienniums befürworteten die Mitschwestern ihre Wiederwahl, doch widersetzte sie sich dieser im Einvernehmen mit dem Diözesanbischof aufgrund ihrer ziemlich angegriffenen Gesundheit. Dennoch wurde sie zur Vikarin der Äbtissin bestimmt. Die Symptome einer Schwindsucht aber, die sich bereits im März des Jahres 1745 bemerkbar gemacht hatten, verstärkten sich immer mehr, sodass ihr zarter Körper schließlich völlig erschöpft war. Mit Freuden vernahm sie den Ruf in die Ewigkeit, widerstand einer letzten Versuchung und entschlief schließlich gottergeben und getröstet durch die heiligen Sakramente am 8. Dezember 1745 im Alter von 39 Jahren im Ruf der Heiligkeit.

Die sterblichen Überreste von Sr. Maria der Gekreuzigten ruhen in einer Seitenkapelle der Kirche S. Lucia in Ostra Vétere an jener Stelle, wo zu ihren Lebzeiten das Sprechzimmer lag.

Am 10. Oktober 1993 wurde Maria die Gekreuzigte Satellico von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

Resch, Andreas: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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