Andreas Resch: Maria de Mattias

MARIA DE MATTIAS
(1805-1866)

GRÜNDERIN
DER KONGREG. DER
ANBETERINNEN DES
BLUTES CHRISTI

Heilig: 18. Mai 2003
Fest: 20. August

MARIA DE MATTIAS wurde am 4. Februar 1805 als Tochter von Giovanni De Mattias und Ottavia De Angelis in Vallecorsa, Provinz Frosinone, dem letzten Ort des Kirchenstaates an der Grenze des Königreiches Neapel, geboren. Die Familie gehörte zu den reichsten und gebildetsten des Ortes. Der Vater war sogar Bürgermeister der Gemeinde. Die ebenfalls einer lokalen Adelsfamilie entstammende Mutter hatte, vielleicht aufgrund der vielen Schwangerschaften und des Todes ihrer Kinder, nicht die nötige Ruhe, um Maria großzuziehen, die dafür beim Vater eine einfühlsame Stütze und einen ruhenden Pol fand. In ihren Gesprächen mit ihm lernte sie die Glaubenswahrheiten kennen, doch hatte sie Schwierigkeiten, lesen und schreiben zu lernen. All das geschah, während das Dorf und die Umgebung aufgrund der napoleonischen Invasionen von 1810 bis 1825 die tragische Zeit des Banditenunwesens erlebten, wobei sich Vallecorsa sowohl in der Opfer- als auch in der Täterrolle wiederfand. Viele Männer wollten nämlich der von Napoleon Bonaparte allen jungen Männern in den von ihm besetzten Gebieten verordneten Wehrpflicht nicht Folge leisten. Die einzige Möglichkeit für sie war, sich aus dem Staub zu machen und in den zahlreichen Grotten der Lepinischen und Ausonischen Berge Zuflucht zu suchen, wo sich schon die allgemeinen Kriminellen verbargen, die vor der Justiz geflohen waren. Wollten die Neuankömmlinge geschützt werden, mussten sie sich deren Gesetzen unterordnen.

Die Vorgänge hatten ein Ende, als sich die letzten Bandenchefs samt ihren Anhängern der Justiz ergaben – dies auch dank der seelsorglichen Arbeit der 1815 vom hl. Gaspare del Bufalo (1786-1837) gegründeten neuen Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut. Er hatte dem Papst geraten, nicht mit der eisernen Faust der Justiz gegen die Banditen vorzugehen, sondern auf dem Weg der Predigt, die ihre und die Herzen jener bekehren würde, die sie beschützten; zudem würde denen, die ihre Gewalt mit Blutvergießen bezahlten, der Weg zur Vergebung bereitet.

Im Herzen Marias reifte indessen ein Vergleich zwischen dem aus Hass und Rache vergossenen Menschenblut und dem aus Liebe vergossenen Blut Christi, welches Heilung bringt. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie aufgrund ihres sozialen Status ohne jeden Unterricht und ohne Verbindung nach außen, ganz auf sich allein gestellt. Mit 16, 17 Jahren machte sie sich jedoch auf die Suche nach dem Sinn ihres Lebens: sie spürte die Sehnsucht nach einer Liebe ohne Grenzen, beneidete die Gleichaltrigen aus dem Bürgerstand, die einfach draufloslebten und das Risiko geradezu herausforderten. Und wieder war es ihr Vater, dem sie ihre innere Dunkelheit offenbarte und die Frage stellte, was sie denn tun solle. Seine Antwort war: „Sag: Heiligste Maria, erleuchte mich!“Also betete sie: „Maria, hilf mir, entzünde in mir das Feuer der Liebe zu Jesus und zu Dir! Sag mir, was ich tun muss, um Deinem Sohn zu gefallen!“ Und Maria verwies sie auf den Kalvarienberg und das Kreuz und lud sie ein, hinaufzusteigen. Da sagte sie, am ganzen Leibe zitternd: „O Gott, ich bin zu schwach, ich kann nicht…“.

So geschah es, dass eines Tages die ersehnte Gnade über sie kam: „Sie fühlte sich sanft getragen und von sicheren Armen gehalten.“ In jenem Augenblick vollzog sie in völliger Versenkung in Gottes Willen ihre totale Hingabe an Gott und „spürte das Herz vollkommen verändert und voll des Mutes“.

Der entscheidende Anstoß kam dann von der Mission, die der hl. Gaspare del Bufalo 1822 in Vallecorsa predigte. Maria folgte ihm aufmerksam. Ihr gefiel die Spiritualität, die er vertrat: Das Blut Christi wurde ausgegossen zur Rettung des ganzen Menschen und eines jeden Menschen. Beim Nachsinnen über seine Predigten „empfand sie den tiefen Wunsch, ihn nachzuahmen, an der Erlösung der Seelen mitzuarbeiten, so gut sie es vermochte“.

Zwei Jahre hindurch fuhr Maria fort, darüber nachzudenken, geistliche Bücher zu lesen, vor allem die Heilige Schrift, nachdem sie von sich aus schreiben und lesen gelernt hatte, weil der Vater es nicht wollte. 1824 begegnete sie in Vallecorsa Don Giovanni Merlini, einem Gefährten von Gaspare del Bufalo, und stellte sich unter seine geistliche Führung. Langsam begann Giovanni zu ahnen, dass sie diejenige sein könnte, die von Gott dazu ausersehen war, den Traum Gaspare del Bufalos in die Tat umzusetzen, nämlich einen Frauenorden unter dem Titel des Kostbaren Blutes zu gründen, der das Werk der Missionare zum Wohl der Frauen begleiten würde. Gaspare war überzeugt, dass eine gute Ausbildung der Frau die Voraussetzung für eine Erneuerung der Gesellschaft war, da sie die Erzieherin ihrer Kinder war und – mit ihren fraulichen Talenten – auch eine Anleitung für den Mann sein konnte.

Maria begann mit ihrem Apostolat unter den Gleichaltrigen ihres Heimatdorfes und versammelte sie in ihrem Haus. Sie unterhielt sich mit ihnen, brachte ihnen Umgangsformen bei, lehrte sie Respekt und Gehorsam den Eltern gegenüber, die menschlichen und christlichen Werte, die Geheimnisse des Glaubens, unterwies sie in frauentypischen Arbeiten und in der Heiligen Schrift. Vor allem leitete sie die Mädchen zu tiefem Gebet an, das in einem persönlichen Dialog mit Gott und mit der Allerseligsten Jungfrau Maria bestand. Inzwischen hatte auch die Kirche neue Richtlinien in Bezug auf die Kultur, speziell der Frau, erlassen: Papst Leo XII. wies mit der Bulle Quod divina sapientia vom 28. August 1824 alle Diözesen des Kirchenstaates an, in ihren Gemeinden Mädchenschulen einzurichten. Daraufhin suchte der Bischof von Ferentino eine Frau, die einen ausgezeichneten Ruf hatte und unverheiratet war, um sie als Lehrerin für die Mädchen des Dorfes Acuto (Frosinone) vorzuschlagen. Maria erfuhr davon und tat dem Bischof die Absicht kund, nicht nur – wie verlangt – als „Lehrerin“ zu wirken, sondern unter dem Titel des Kostbaren Blutes ein Institut zu gründen.

So errichtete sie am 4. März 1834 in Acuto die erste lokale Mädchenschule und betrachtete dieses Datum als die Geburtsstunde des Instituts der Anbeterinnen des Blutes Christi. In der ersten Regel von 1838 erklärt sie den Titel so: „Unsere Bezeichnung, „Anbeterinnen des Blutes Christi“, soll uns daran erinnern, dass wir bereit sein müssen, auch unser Leben hinzugeben, daran, dass das Blut Christi von allen verehrt und gepriesen werde, auf dass es einem jeden zum Heil gereiche.“

Die Schule in Acuto wurde ihrem Namen voll gerecht, sie hatte einen richtigen Stundenplan und festgelegte Fächer. De Mattias besorgte die Unterweisung im Gebet, in der christlichen Lehre und vor allem in der Heiligen Schrift. Sie beschränkte sich jedoch nicht bloß auf Aktivitäten innerhalb der Schule, die den ganzen Tag über dauerte, sondern bemühte sich auch, die Mütter zu erreichen und ihnen beizubringen, wie man Kinder erzieht und eine christliche Ehe führt. Für sie arrangierte sie ein wöchentliches Treffen, jeden Monat einen speziellen Einkehrtag und jedes Jahr zehn Tage geistliche Exerzitien. Ebenso machte sie es für die Mädchen, die angeleitet werden mussten, das Leben christlich zu meistern, die persönliche Berufung zu erkennen und sich auf die Ehe vorzubereiten. Das Resultat war, dass die Männer bei ihren Frauen eine Veränderung wahrnahmen und selbst deren Lehrmeisterin hören wollten.

Erwähnenswert ist auch die Aufmerksamkeit, die Maria den Hirten von Acuto schenkte, welche erst nach Sonnenuntergang von der Arbeit zurückkehrten. Sie versammelte sie in der Schule und unterwies sie im Glauben, ohne sich von der den Frauen auferlegten Gewohnheit behindern zu lassen, nicht in den Katechismusunterricht der Männer einbezogen zu werden. Wegen dieser Aktivitäten wurde Maria verständlicherweise zum Gegenstand der Kritik. Die Bischöfe schickten von Zeit zu Zeit Priester aus, um die Lehrerin, die da „predigte“, insgeheim kontrollieren zu lassen. Doch wussten alle nur das Beste zu berichten, sowohl in Bezug auf den Inhalt ihrer Lehre als auch auf die geistigen Früchte, die daraus entstanden.
Dieser Eifer erfasste viele junge Frauen, und dank ihrer konnte De Mattias an die 70 Kommunitäten eröffnen, drei davon auch in Deutschland und England, fast alle aber in kleinen verlassenen Dörfern an der Peripherie Italiens, ausgenommen Rom, wohin sie selber von Pius IX. für das Hospiz San Luigi und die Schule in Civitavecchia gerufen wurde. Pius IX. liebte es nämlich, mit Maria zu scherzen und sie als „unersättlich“ zu bezeichnen, da er um die materiellen Notwendigkeiten für den Bau des Hauses von Acuto und die Restaurierung der angeschlossenen Kirche sehr wohl wusste.

Am 28. April 1866 übersiedelte De Mattias in das Haus der Prinzessin Wolkonsky nach Rom, wo unter ihrem Patronat in der Via Rasella 134 eine Schule errichtet wurde. Dies war auch der Ort, an dem Maria, die bereits an Tuberkulose litt, dann am 20. August 1866 starb. Auf Wunsch von Pius IX. wurde sie auf dem Friedhof Verano begraben. Der Papst selbst hatte für sie ein Grab ausgewählt und ein Basrelief mit der Vision des Ezechiel anfertigen lassen: ossa aride, audite verbum Domini. Auch nach ihrem Tod verbreitete sich ihr Ruf der Heiligkeit.

Mittlerweile werden ihre sterblichen Überreste in der Kirche vom Kostbaren Blut des Generalatshauses der Suore Adoratrici del Sangue di Cristo, via Santa Maria De Mattias, 10, Rom, verehrt.

Heute arbeiten Anbeterinnen auf allen Kontinenten.

Am 18. Mai 2003 wurde Maria De Mattias von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen, nachdem sie Papst Pius XII. am 1. Oktober 1950 seliggesprochen hatte.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at