MARIA CHARITAS BRADER
(Maria Josefa Karolina)
(1860-1943)
GRÜNDERIN DER KONGR. DER MISSIONS-
FRANZISKANERINNEN
V. MARIA IMMAKULATA
Selig: 23. März 2003
Fest: 27. Februar
MARIA CHARITAS BRADER wurde am 14. August 1860 als Tochter der begüterten Bauersleute Joseph Sebastian Brader und Maria Karolina Zahner in Kaltbrunn, St. Gallen, Schweiz, geboren und am darauffolgenden Tag auf den Namen Maria Josefa Karolina getauft. 1863 wanderte der Vater in die Vereinigten Staaten aus, wo er an einer unbekannten Krankheit starb. Auf den Schultern der Mutter lastete fortan die enorme Verantwortung für die Erziehung und Ausbildung ihrer einzigen Tochter, die mit einer außergewöhnlichen Intelligenz gesegnet war. In Kaltbrunn besuchte sie mit großem Erfolg die Grundschule und erhielt am 9. August 1871 das Sakrament der Firmung. 1875 begann sie die Mittelschule als Interne des von den Kapuzinerinnen geleiteten Instituts Maria Hilf in Altstätten. Zur Fortsetzung der Studien schickte sie die Mutter 1877 zu den Benediktinerinnen von Sarnen, dann nach Fribourg und nach Frankreich, um die erworbenen Kenntnisse zu vertiefen und Französisch zu lernen. Nach Erhalt des Diploms für die Lehrbefähigung in den höheren Schulen trat sie am 1. Oktober 1880 als Postulantin in den Konvent der Kapuzinerinnen von Altstätten ein, wo sie am 1. März 1881 mit dem Beginn des Noviziats das Ordenskleid erhielt und den Namen Maria Charitas vom Heiligen Geist wählte. Ihre Novizenmeisterin war die hl. Maria Bernarda Bütler. Am 22. August des Folgejahres legte sie die Gelübde ab. Aufgrund ihrer pädagogischen Ausbildung wurde sie dazu bestimmt, in dem an das Kloster angeschlossenen Kolleg zu unterrichten.
Da für die Klausurschwestern die Möglichkeit bestand, das Kloster zu verlassen und an der Ausbreitung des Reiches Gottes mitzuarbeiten, begaben sich viele Missionsbischöfe Ende des 19. Jahrhunderts in den Konventen auf die Suche nach Schwestern, die gewillt wären, in ihren Diözesen als Missionarinnen tätig zu werden. So schrieb Msgr. Peter Schumacher, Bischof von Portoviejo (Ecuador), an die Schwestern von Maria Hilf einen Brief mit der Bitte um Freiwillige für die Missionsarbeit in seiner Diözese. Die Schwestern folgten seiner Einladung mit Begeisterung, allen voran Mutter Charitas Brader. Die Oberin des Konvents, die hl. Maria Bernarda Bütler, welche die Gruppe der sechs Missionarinnen leiten sollte, wählte sie unter den Freiwilligen aus, wobei sie sagte: „Zur Missionsgründung geht Mutter Charitas, die in höchstem Maße großzügig ist, vor keinem Opfer zurückschreckt und mit ihrem umfassenden Wissen und ihren pädagogischen Fähigkeiten der Mission große Dienste leisten wird.“
Am 19. Juni 1888 brachen Mutter Charitas und ihre Gefährtinnen nach Ecuador auf. Am 8. August trafen sie in Chone, ihrer ersten Arbeitsstation, ein. Bereits am 30. November wurde der Konvent Santa Clara eröffnet. Im Februar 1889 wurde sie nach Portoviejo geschickt, um den Sitz des Mutterhauses vorzubereiten. 1890 wurde ein Haus in Santana und 1891 eines in Canoa gegründet. Im Dezember 1891 kam Mutter Charitas wieder in die Schweiz, um Mitarbeiterinnen zu suchen.
In Altstätten gelang es ihr, eine Gruppe von neun Novizinnen um sich zu scharen, mit denen sie im Oktober 1892 nach Ecuador zurückkehrte, wobei sie sich vier Wochen in den USA aufhielt, um im Auftrag von Mutter Bernarda die Eröffnung eines Hauses in Angriff zu nehmen. Als sie am 10. Januar 1893 in Chone eintraf, wurde sie für die Gründung in Túquerres, Kolumbien, bestimmt. Am folgenden 10. März verließ sie Chone, überquerte mit sechs Gefährtinnen die Anden und kam am 31. März nach Túquerres, wo sie vom Bischof von Pasto mit offenen Armen empfangen wurde. Am 15. August legten die ersten Novizinnen die Profess ab und am 1. September wurde das Institut „Nuestra Señora del Perpetuo Socorro“ eingeweiht, eine Schule, die zur Wiege der neuen Gründung wurde. Am 6. September ernannte der Bischof Mutter Charitas zur Oberin der neuen Gemeinschaft diözesanen Rechts.
Nach Abschluss des ersten Schuljahres kehrte sie am 12. Juli 1894 nach Europa zurück, auf der Suche nach neuen Mitarbeiterinnen und finanzieller Unterstützung. Ihr Eifer kannte keine Ruhepausen. Sie war vor allem um die Ärmsten, die an den Rand Gedrängten und um jene besorgt, die das Evangelium noch nicht kannten.
Inzwischen, am 28. August 1895, sah sich der Bischof von Portoviejo, Peter Schuhmacher, Spiritual von Mutter Charitas seit ihrem Aufenthalt in Ecuador, der von radikalen ecuadorianischen Gruppen verfolgt wurde, gezwungen, über die Grenze zu fliehen und im Konvent von Túquerres für sechs Monate Zuflucht zu suchen. Msgr. Schumacher und Schwester Charitas waren zwei verwandte Seelen, die sich gegenseitig Trost spendeten und anspornten. Der Bischof revanchierte sich für die Gastfreundschaft, indem er der Kommunität als provisorischer Kaplan diente, Einkehrtage und Exerzitien leitete, mit seinem Rat und seinem Einfluss zur Seite stand und der Gemeinschaft die Dienste jener Priester aus Deutschland und der Schweiz zur Verfügung stellte, die mit ihm nach Ecuador gekommen waren und ihn nach Kolumbien begleitet hatten. Einer von ihnen, der deutsche Reinald Herbrand, wurde für 30 Jahre (1895-1925) der Kaplan der Kommunität und zugleich Geometer, Kapellmeister, pädagogischer Berater, Mitarbeiter bei der Abfassung der Konstitutionen und Promotor bei der Entwicklung des Instituts. Man könnte ihn sogar als Mitbegründer der Kongregation bezeichnen.
Am 21. Dezember 1895 kam der Brief von Mutter Bernarda Bütler aus Cartagena in Ecuador, der die Trennung der Gemeinschaft von Mutter Charitas von den Franziskanerinnen von Maria Hilf formell bestätigte. Dieses Datum gilt somit als Gründungstag der Kongregation der Missionsfranziskanerinnen von Maria Immakulata (Abb.).
Anfangs stützte sich die Kongregation auf junge Frauen aus der Schweiz, die, geleitet von ihrem missionarischen Eifer, dem Beispiel von Mutter Charitas folgten. Ihnen schlossen sich sogleich die autochthonen Berufungen, vor allem aus Kolumbien, an, welche die Reihen der aufkeimenden Kongregation verstärkten und sich in verschiedenen Ländern ausbreiteten.
Am 6. September 1896 fand das erste Kapitel unter dem Vorsitz des heiligen Bischofs Ezechiel Moreno y Diaz statt, der in Mutter Charitas einen Segen des Himmels für seine Diözese sah. Nach der Wahl zur Oberin richtete diese ihr Apostolat vor allem in Richtung Erziehung aus, insbesondere was die Armen und an den Rand Gedrängten betraf. Innerhalb der Kommunität wusste sie Kontemplation und Aktion sehr gut zu verbinden, indem sie die Töchter zur einer effizienten akademischen Ausbildung anspornte mit den Worten: „Vergesst nicht: je mehr Ausbildung und Kompetenz eine Erzieherin besitzt, umso mehr kann sie zum Wohl der heiligen Religion und zur Ehre Gottes beitragen, vor allem wenn die Tugend die Vorhut des Wissens ist. Je intensiver und sichtbarer die äußere Tätigkeit, umso tiefer und leidenschaftlicher muss das Innenleben sein.“
Gründungen erfolgten überall dort, wo es die Not verlangte. Wenn es darum ging, einer Notwendigkeit Folge zu leisten oder den Samen der Frohen Botschaft zu säen, gab es für Mutter Charitas, nicht zuletzt dank des Wohlwollens des Bischofs, weder Grenzen noch Hindernisse. Er sorgte dafür, dass es der Kommunität nie am geistlichen Dienst mangelte; er förderte die Verbreitung der Kongregation in der Diözese, indem er die Gründungen von Ipiales (1897) und Pupiales (1904) und am 29. April 1905 die Eröffnung des „Liceo de la Mercede“ in Pasto approbierte, das zum Mutterhaus geworden war und von wo aus Mutter Charitas die Geschicke der Kongregation lenkte, deren vorrangiges Ziel die christliche Bildung ist.
Als eucharistische Seele ersten Grades fand sie in Jesus im Altarsakrament die grundlegenden geistigen Werte. Geführt von der Liebe zu Jesus in der Eucharistie, verwandte sie ihre ganze Kraft darauf, in den Genuss des Privilegs der Ewigen Anbetung, Tag und Nacht, zu kommen, das sie ihrer Kommunität als ihr meistgeschätztes Vermächtnis hinterließ. Da Mutter Charitas die Innerlichkeit liebte, lebte sie stets in der Gegenwart Gottes. „Er will es“, war ihr Lebensprogramm, in dem das Leid nicht fehlte. Am schwersten war es, mit ansehen zu müssen, wie ihre Töchter von der Typhus- und Choleraepidemie dahingerafft wurden, die Ende des 19. Jahrhunderts im Süden Kolumbiens wütete. Innerhalb weniger Tage starben sieben Frauen, die das 30. Lebensjahr noch nicht erreicht hatten. Nicht weniger Mut bewies sie, als sie ihre eigenen Kollegien schloss, um während des Krieges der tausend Tage die verwundeten Soldaten beider Fronten aufzunehmen.
Als Generaloberin war sie die geistige Leiterin der Kongregation von 1893 bis 1919 und von 1928 bin 1940. 1933 hatte sie die Freude, die päpstliche Approbation ihrer Kongregation in Empfang zu nehmen. Als sie mit 82 Jahren ihren Tod vorausahnte, ermunterte sie die Töchter mit den Worten: „Ich gehe; vernachlässigt die guten Werke nicht, die in den Händen der Kongregation liegen – das Almosen, die große Nächstenliebe gegenüber den Armen, die überaus große Liebe unter den Schwestern, die Unterstützung des Bischofs und der Priester.“ Ohne zu ahnen, dass dies der letzte Tag in ihrem Leben war, sagte sie am 27. Februar 1943 zur Krankenschwester: „Jesus, … ich sterbe.“ Es waren die letzten Worte, mit denen sie ihre Seele in die Hände des Herrn empfahl.
Die Beerdigung fand am 2. März 1943 in Anwesenheit der kirchlichen und staatlichen Behörden sowie einer großen Schar von Gläubigen statt, die bezeugten: „Eine Heilige ist gestorben.“
Ihre sterblichen Überreste ruhen im Eucharistischen Heiligtum Maridáz, Hermanas Franciscanas de Maria Immaculada, calle 18 No. 32A-01, San Juan de Pasto-Nariño, Kolumbien, S.A.
Am 23. März 2003 wurde Maria Charitas Brader von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 2001 – 2004. Innsbruck: Resch, 2015 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 6). XIV, 482 S., 110 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-099-5, Ln; EUR 48.60 [D], 49.90 [A]
Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at