Andreas Resch: Maria Bernarda Bütler


MARIA BERNARDA BÜTLER
(1848-1924)

GRÜNDERIN
DER FRANZISKANER MISSIONSSCHWESTERN
VON MARIA HILF

Selig: 29. Oktober 1995
Heilig: 12. Oktober 2008
Fest: 19. Mai

MARIA BERNARDA BÜTLER wurde am 28. Mai 1848 in Auw im Kanton Aargau, Schweiz, geboren und noch am gleichen Tag auf den Namen Verena getauft. Sie war das vierte Kind von Heinrich und Katharina Bütler, bescheidenen Bauersleuten, die ihre acht Sprösslinge zur Gottes- und Nächstenliebe erzogen.

Verena verbrachte eine glückliche Kindheit in der Ruhe und Beschaulichkeit ihrer Familie. Mit sieben Jahren ging sie erstmals zur Schule. Ihr Eifer und Einsatz, mit dem sie Firmung (1856) und Erstkommunion (16. April 1860) entgegenfieberte, blieben ein Leben lang bestimmend.

Nach Abschluss der Pflichtschule mit 14 Jahren verschrieb sie sich der bäuerlichen Tätigkeit. Sie verliebte sich in einen jungen Mann, löste diese Verbindung später jedoch wieder, um sich, dem Ruf Gottes folgend, für das Ordensleben zu entscheiden. In dieser Phase erfuhr sie nach eigenen Worten die Gegenwart Gottes: „Diesen Seelenzustand jemandem zu erklären, der selbst nie eine ähnliche Erfahrung gemacht hat, ist äußerst schwer bzw. so gut wie unmöglich.“ Von jenem Zeitpunkt an bis zu ihrem Tod war ihr Leben ganz auf die Eucharistie ausgerichtet. „Der Heilige Geist hat mich gelehrt, den Herrn im Tabernakel zu verehren, zu loben und zu preisen und Ihm zu danken in jedem Augenblick, sei es bei der Arbeit oder ganz einfach in der Realität des täglichen Lebens.“

Nach mehreren Versuchen (1866 und 1867), bei den Schulschwestern einzutreten, klopfte Verena schließlich an die Tür des Franziskanerinnenklosters in Cham, jedoch ohne Erfolg. Daraufhin bat sie um Aufnahme bei den Schwestern der Darstellung Marias in Zug. Die Antwort war positiv, jedoch an die Bedingung geknüpft, noch ein halbes Jahr zu warten. Mit 17 Jahren trat sie schließlich in die Kongregation vom hl. Kreuz in Menzingen ein, beendete ihr Postulat aber nicht, weil sie erkannte, dass ihre Sehnsüchte dort nicht befriedigt werden konnten. So holte sie schließlich den weisen Rat ihres Spirituals, des Pfarrers von Auw, P. Sebastian Villiger, ein, der sie an die Kapuzinerinnen von Maria Hilf in Altstätten, St. Gallen, verwies, wo sie am 12. November 1867 Aufnahme fand.

Dort durchlief Verena mit großem Eifer und in echter religiöser Gesinnung sämtliche Abschnitte. Nachdem sie bei der Einkleidung am 4. Mai 1868 den Namen Sr. Maria Bernarda vom hl. Herzen Mariä erhalten hatte, legte sie am 4. Oktober 1869 die einfache und am 4. Oktober 1871 schließlich die ewige Profess ab. Nach nur drei Jahren wurde sie zur Ökonomin und Prokuratorin ernannt. Wenngleich sich Maria Bernarda eifrig der Garten- und Feldarbeit sowie dem Einbringen der Ernte widmete, konnte sie doch nichts davon abhalten, in tiefer Versenkung und in beständigem Gespräch mit Gott zu verharren.

Es war ihr Verdienst, dass das Kloster Maria Hilf einen großen Aufschwung erlebte. Nicht umsonst wurde sie 1879 zur Novizenmeisterin gewählt und bekleidete dreimal hintereinander (1880, 1883 und 1886) das Amt der Oberin.

Schon bald zeigte sich, dass aus dem genannten Kloster eine Menge solider Berufe hervorgingen, die in den entfernsten und schwierigsten Missionsgebieten gute Arbeit leisten würden. Hinter diesem Aufbruch, die christliche Botschaft in die unwirtlichsten Gegenden der Welt zu tragen, stand die Mutter Oberin, die u. a. gerade in der Gründung neuer Klöster eine Möglichkeit zur Überwindung der strengen kantonalen Gesetze sah, welche eine Entwicklung religiöser Werke in Altstätten nicht zuließen. Als daher der Bischof von Portoviejo in Ecuador, der deutsche Msgr. Peter Schumacher – nachdem er sowohl in der Schweiz als auch in Rom die hierfür nötige Erlaubnis eingeholt hatte – Mutter Bernarda und ihre Schwestern einlud, dort eine Mission aufzubauen, ging die Oberin ohne Zögern auf diesen Vorschlag ein, wenngleich sie Altstätten stets in Dankbarkeit verbunden blieb.

Nachdem sie auf alle ihre Rechte das Kloster betreffend verzichtet und ein reguläres päpstliches Indult erhalten hatte, reiste Sr. Maria Bernarda zusammen mit sechs Gefährtinnen – Caritas Brader, Isabella Huber, Lorenza Suter, Dominika Spirig, Maria Haltmeier und der Novizin Maria Rhomberg (fünf Schweizerinnen und zwei Österreicherinnen) – am 19. Juni 1888 nach Ecuador, wo sie am 29. Juli eintrafen – vom Wunsch beseelt, neue Werke zu gründen. Von diesem Augenblick an erwies sich M. Bernarda als unermüdliche Missionarin, die nichts und niemand, weder Gegner noch Kriege, davon abhalten konnten, an auch noch so abgelegene Orte zu eilen, um allen – besonders den Ärmsten, denen sie eine echte Mutter war – die Liebe zu verkünden.

Sie spielte mit dem Gedanken, eine Mission aufzubauen – als Dépendance des Schweizer Klosters. Aufgrund der Umstände wurde sie aber stattdessen zur Gründerin einer neuer religiösen Kongregation in Lateinamerika, der Franziskaner Missionsschwestern von Maria Hilf (Abb.). Der Bischof vertraute Maria Bernarda die Gemeinde von Chone mit ca. 30.000 Einwohnern an. Als Mutter Bernarda und Sr. Brader in Begleitung von Bischof Schumacher am 8. August 1888 dort eintrafen, wurde ihnen eine feierliche Begrüßung zuteil. Schon bald folgten weitere Schwestern, die in der Pfarre Aufnahme fanden.

Neben Werken der Nächstenliebe widmete sich Maria Bernarda mit ihren Schwestern der Familienseelsorge und vertiefte dabei ihre Kenntnisse von Sprache und Kultur der Einwohner. Das christliche Leben der Menschen kam zu neuer Blüte, die Kongregation nahm an Mitgliedern zu, und in Santana und Canon Ben wurden zwei Häuser eröffnet. Die Gründerin und ihre Schwestern waren aber auch vielen leidvollen Erfahrungen ausgesetzt: völlige Armut, heißes Klima, gesundheitliche Gefahren sowie Sicherheitsrisiken und Unverständnis seitens der kirchlichen Obrigkeit. Überdies trennten sich einige Schwestern von der Gemeinschaft und konstituierten sich in einer autonomen Kongregation.

1895 schließlich zwang eine von kirchenfeindlichen Kräften ausgelöste gewaltsame Verfolgung Maria Bernarda und ihre Schwestern zur Flucht aus Ecuador. Ohne zu wissen wohin, begab sie sich mit 15 Gefährtinnen nach Bahia, von wo aus sie nach Kolumbien weiterreisten. Auf ihrem Weg dorthin erreichte sie die Einladung von Msgr. Eugenio Biffi, in seiner Diözese in Cartagena in Kolumbien zu arbeiten, wo sie am 2. August 1895 ankamen und in einem Flügel der Frauenklinik „Obra Pia“ Aufnahme fanden. Dort blieb Maria Bernarda bis zu ihrem Tod.

Da es sich nunmehr um eine neue Kongregation handelte, errichtete Maria Bernarda im Spital „Obre Pia“ von Cartagena das Mutterhaus, während das Noviziat in Gaissau in Vorarlberg, Österreich, eingerichtet wurde.

Mutter Maria Bernarda führte die Kongregation über einen Zeitraum von 32 Jahren. Sie wurde neunmal hintereinander zur Generaloberin gewählt, sodass ihr Werk völlig von ihrem Geist durchtränkt wurde. Besonders am Herzen lagen ihr dabei das Evangelium und die Armen. So sagte sie: „Für die Schwestern soll das heilige Evangelium nicht nur ein Buch sein, in dem sie lesen und über dem sie meditieren, sondern auch der Weg, den sie gehen, und das Leben, das sie leben.“

Bei dem von Maria Bernarda einberufenen Kapitel im September 1920 wurde Sr. Maria Franziska Hollenstein zur Generaloberin gewählt. Von diesem Jahr an eröffneten die Franziskaner Missionsschwestern von Maria Hilf, die in Kolumbien schon verschiedene Häuser besaßen, weitere Häuser in Brasilien mit Kollegs, Schulen, Spitälern, Kindergärten, Seniorenheimen und anderen wohltätigen Werken.

Auch nachdem Maria Bernarda auf das Amt der Generaloberin verzichtet hatte, spornte sie ihre Schwestern weiterhin vor allem durch ihr Beispiel, mittels Worten und durch ihre Schriften an.

Von stechenden Schmerzen im Unterleib gepeinigt, entschlief Maria Bernarda am 19. Mai 1924 im Mutterhaus im „Obra Pia“ in Cartagena, Kolumbien – von allen als echte Heilige verehrt – im Alter von 76 Jahren friedlich im Herrn. Den Begräbnisfeierlichkeiten stand der Erzbischof vor, der Mutter Bernarda Bütler in einem Hirtenbrief ein Vorbild an christlicher Tugend nannte.

1956 wurden ihre sterblichen Überreste in die Kapelle der Pietà des Kollegs Biffi, Cartagena, Kolumbien, übertragen.

Am 29. Oktober 1995 wurde Maria Bernarda Bütler von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen und am 12. Oktober 2008 von Papst Benedikt XVI. heiliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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