Andreas Resch: Maria Anna Sala

MARIA ANNA SALA
(1829-1991)

PROFESS-SCHWESTER
DER KONGREGATION DER MARCELLINEN

Selig: 26. Oktober 1980
Fest: 24. November

MARIA ANNA SALA wurde am 21. April 1829 als fünftes von acht Kindern des Johann Maria Sala und der Giovannina Comi in Brivio (Lecce), Italien, geboren. Die Eltern waren tief gläubig und lebten in wohlhabenden Verhältnissen. Der Vater war ein angesehener Holzhändler und besaß ein schönes Haus im Zentrum des Dorfes. Das Mädchen wurde noch am Tag der Geburt auf die Namen Maria Anna Elisabeth getauft.

Inmitten dieser Großfamilie erhielten Maria Anna und ihre Geschwister ei­ne fundierte christliche Erziehung und das nötige Rüstzeug für das Leben. In der von „Maestra Alexandrina“ geleiteten Privatschule des Ortes fiel sie schon bald durch besondere Intelligenz auf. Am 12. September 1839 empfing sie Firmung und Erstkommunion.

Aufgrund ihrer Begabung wurde Maria Anna 1842 den Marcellinen-Schul­schwestern anvertraut, die 1841 in Vimercate das zweite Haus ihrer Kongregation eröffnet hatten. Diese war 1838 vom Diener Gottes Mgr. Alois Biraghi (1801 – 1879) in Cernusco sul Naviglio (MI) zur christlichen Er­ziehung der weiblichen Jugend des aufstrebenden Bürgertums gegründet wor­den. Auch im Kolleg tat sich Maria Anna schon bald durch ihre Fortschritte und vorbildliche Haltung hervor, und am 16. November 1846 bestand sie mit ausgezeichnetem Erfolg die Befähigungsprüfung zur Volksschullehrerin.

Noch am selben Tag kehrte sie in das Elternhaus zurück, wo sie sich mit großer Fürsorge um ihre kranke Mutter und die Erziehung der jüngeren Ge­schwister kümmerte. Soweit möglich, engagierte sie sich auch seelsorglich für die Kinder, die Leidenden und Bedürftigen der Pfarre. Schon bald fühlte sie sich jedoch dazu berufen, in der Schule von Christus Zeugnis abzulegen und sich der Kongregation der Marcellinen anzuschließen.

Nachdem auch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, unter denen ihre Fami­lie damals zu leiden hatte, überwunden waren, trat sie am 13. Februar 1848 als Postulantin in das Kolleg der Marcellinen in Vimercate ein, wo sie von de­ren Gründer Alois Biraghi und dessen Mitarbeiterin, Mutter Marina Videmari (1812 – 1891), aufgenommen wurde. Ihr ausgeglichenes Wesen war wie ge­schaffen für die von der Regel des Instituts vorgeschriebene wechselvolle Tä­tigkeit: nämlich einerseits eine vertiefte Innerlichkeit zu leben, andererseits sich aber mit Feuereifer für die Erziehung der Schülerinnen einzusetzen.

Mit der Einkleidung am 12. April 1849 wurde sie zum Noviziat zugelassen; auf die Profess allerdings musste sie aus Gründen politischer Umwälzungen und der zögerlichen Haltung der österreichischen Regierung bei der Genehmi­gung für die Institutsgründung noch lange warten. Erst nach ca. drei Jahren, am 13. September 1853, legte Maria Anna Sala anlässlich der kanonischen Er­richtung der Kongregation gemeinsam mit den ersten 23 Marcellinen die ewi­gen Gelübde ab. Von jenem Augenblick an führte sie, in voller Übereinstim­mung mit den Satzungen des Instituts, ein Gott geweihtes Leben.

Sie wurde dann in das Kolleg von Cernusco sul Naviglio entsandt, wo sie als Aufseherin der Zöglinge und als Volksschullehrerin auch Musik und Franzö­sisch unterrichtete. Schon damals zeigte sie sich den Schülerinnen gegenüber ungemein verständnisvoll und von ihrer Aufgabe so beseelt, dass sie sich al­lerorts Sympathien erwarb. 1858 wurde sie von der Gründerin in das Gene­ralatshaus nach Mailand berufen, um sich um die Erziehung und Ausbildung der dortigen Zöglinge zu kümmern.

1859, während des 2. Unabhängigkeitskrieges, wurde sie für die Assistenz im Militärspital von San Luca ausersehen. Trotz der vielen täglichen Anforde­rungen bemühte sich Maria Anna Sala um die von der neuen Regierung vor­geschriebene Lehramtsprüfung für die Oberschule, die sie am 25. September 1865 glorreich bestand.

1866 wurde die Selige in das Haus in der Via Amedei in Mailand versetzt, wo sie das Amt der Vizesuperiorin bekleidete und in der Oberstufe unterrich­tete; beiden Tätigkeiten kam sie mit besonderem Fleiß und Eifer nach. Zu er­wähnen ist, dass die Marcellinen – nach dem Willen des Gründers – mit den Schülerinnen Tag und Nacht verbringen sollten: beim Lernen und Spielen, beim Beten und Arbeiten, bei Tisch und im Schlafsaal! Wer weiß, wie anstren­gend erzieherische Arbeit ist, wird auch verstehen, was es hieß, ständig unter den Mädchen zu sein, ohne ein Stündchen Muße, ohne einen Winkel ganz für sich allein. Maria Anna blieb dieser „schwierigen Mission“ in Frohsinn und Verantwortungsbewusstsein über 40 Jahre bis drei Wochen vor ihrem Tod treu.

1868 wurde sie nach Genua geschickt, wo sie bis 1873 die Ämter der Vize­superiorin, Studienleiterin und Oberschullehrerin bekleidete. Wegen ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten als Ordensfrau und Lehrerin war sie während der Herbstferien 1873 und 1874 für die Gruppen von Schwestern und italie­nischen Schülerinnen verantwortlich, die zum Erlernen des Französischen nach Chambery in Savoyen kamen. Auf diesem Weg bereitete Maria Anna die Gründung eines Kollegs der Marcellinen für italienische und französische Schülerinnen vor, das dort 1876 von Mgr. Biraghi eröffnet wurde.

Im Herbst 1878 berief die Gründerin die Selige zu sich in das Generalats­haus, wo sie neben ihrer Tätigkeit als Erzieherin und Vizesuperiorin auch die Generalassistenz innehatte. In dieser Funktion, in der sie sehr geschätzt war, wirkte sie beratend in Belangen der Kongregation und half bei deren Durch­führung. Darüber hinaus war sie auch noch Novizenmeisterin, Bibliothekarin, Kanzlerin und Ökonomin. In der Erfüllung ihrer Aufgaben bewies sie Klug­heit, Umsicht und Genauigkeit in dem Sinne, dass alles, was sie tat und lehrte, so vollkommen als möglich und stets auf Gott hin ausgerichtet war. Unvorbe­reitet in die Klasse zu gehen, war eine Sünde für sie, und ihre Antwort „ich komme gleich“, wenn die Oberin nach ihr rief, wurde sprichwörtlich unter den Schülerinnen.

Die 1878 erfolgte Versetzung in das Generalatshaus nach Mailand war für Maria Anna, die sehr an der Gemeinschaft und ihren Zöglingen in Genua hing, ein echtes Opfer um des Gehorsams willen, wie sie in einem Brief be­kennt: „Gestern erfuhr ich von meiner neuen Bestimmung; was ich dabei empfand, kann ich nicht beschreiben, zu verwirrt bin ich noch! Nun gut, es ist Gottes Wille und Er wird mir dabei helfen! Und diese heilige Gelassenheit, von der wir sprechen? Oh, wie viel fehlt mir noch davon! Ich schäme mich, wenn ich sehe, wie sich – wo ich mich zu jedem Opfer bereit glaubte – im konkreten Moment meine Natur so lebhaft meldet.“

Schwester Maria Anna ertrug die inneren Nöte, die durch die Sorgen des täglichen Lebens und das Aufkeimen eines Kehlkopftumors, der sich in einer Schwellung des Halses äußerte, noch erschwert wurden, mit unerschütterli­cher Ruhe und Ergebenheit im Herrn. Ein geschickt getragenes schwarzes Halstuch verdeckte die äußere Entstellung, und ein Lächeln nach ungemein schmerzhaften Anfällen, die sie mitunter auch zwangen, den Unterricht in der Klasse zu unterbrechen, ließ die Umgebung vergessen, was sie erdulden muss­te. Selbst in den schwersten Momenten ihrer Krankheit, wenn sie wegen der immer häufigeren Hustenanfälle und Schmerzattacken unterbrechen musste, entschuldigte sie sich bei den Schülerinnen, als hätte sie ein schlechtes Bei­spiel gegeben, und fuhr bis zum Ende der Stunde ohne Anzeichen von Ermü­dung fort.

Im Herbst 1891 nahm sie ihre zahlreichen Aktivitäten und das Unterrichten in der Oberstufe wieder auf. Aber schon nach wenigen Tagen musste sie die Arbeit aufgeben und wurde in die Krankenabteilung des Kollegs verlegt, wo sie zwei Wochen lang körperliche und seelische Leiden durchlebte. Am 24. November 1891 starb Maria Anna Sala im Kolleg in der Via Quadronno in Mailand im Ruf der Heiligkeit. Die sterblichen Überreste der Seligen wurden auf dem Friedhof von Cernusco sul Naviglio beigesetzt. Bei der zufälligen Öff­nung des Grabes am 29. Januar 1920 fand man ihren Leichnam unversehrt, was den ehemaligen Schülerinnen und Mitschwestern die Möglichkeit bot, um die Einleitung des Seligsprechungsprozesses anzusuchen.

Am 2. Mai 1940 wurde der Leichnam der Seligen feierlich vom Friedhof in die Kapelle des Instituts der Marcellinen in Cernusco sul Naviglio (Mailand) übertragen, wo er nunmehr in der Via Marcelline 20 ruht.

Am 26. Oktober 1980 wurde Maria Anna Sala von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1979 – 1985. Innsbruck: Resch, 2000 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 1). XII, 248 S., 56 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-070-4, Ln, EUR 24.60 [D], 25.44 [A]

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