Andreas Resch: Maria Angela Truszkowska


MARIA ANGELA TRUSZKOWSKA
(Sofia Camilla)
(1825-1899)

DRITTER ORDEN
DES HL. FRANZISKUS

GRÜNDERIN
DER KONGREGATION DER SCHWESTERN DES
HL. FELIX VON CANTALICE

Selig: 18. April 1993
Fest: 10. Oktober

MARIA ANGELA TRUSZKOWSKA wurde am 16. Mai 1825 als älteste Tochter von Josef Truszkowski und Josefa Rudzinska im Palatinat von Kalisz in Polen in eine vornehme Familie geboren. Der Vater war Jurist, die Mutter widmete sich ganz der Erziehung der Kinder. Aufgrund der verfrühten Geburt wurde die Kleine erst am 1. Januar 1826 auf den Namen Sofia Camilla getauft. Da die Familiendokumente beim Brand 1914 verloren gingen, sind die Daten von Erstkommunion und Firmung nicht bekannt. Aus Zeugenaussagen weiß man jedoch, dass das Mädchen „von mittlerer Statur war, hellblaue Augen und blonde Haare hatte, einen lebhaften Charakter, eine hohe Intelligenz besaß, das Fähigste von den Kindern war und ein besonderes Talent für Sprachen zeigte“.

Wie es bei angesehenen Familien der Brauch war, wurde Sofia von einer Dame mit außergewöhnlichen intellektuellen und moralischen Qualitäten erzogen und bewies schon bald ein ziemlich ungestümes Temperament sowie große Herzenswärme vor allem für die Notleidenden. 1837 übersiedelte die Familie nach Warschau, wo sich Sofia in die bekannte Akademie von Madame Guerin einschrieb. Dort hatte sie den berühmten Dichter Jachowicz zum Lehrer, einen tief religiösen und den Armen gegenüber sehr aufgeschlossenen Mann, der das ohnehin altruistische Wesen Sofias dahingehend beeinflusste.

Mit 16 Jahren erkrankte sie an Tuberkulose und ging für ein Jahr zur Kur in die Schweiz. Die majestätische Schönheit der Berge prägte sich tief in Sofias Seele ein, sodass sie sich zurückzog und zusehends daran dachte, sich Gott zu weihen. Dort, so sagt sie selbst, habe sie beten gelernt. Wieder in Warschau, führte sie weiterhin ein abgeschiedenes und frommes Leben und suchte häufig die umfangreiche Bibliothek ihres Vaters auf. Sie übte sich in Werken der Nächstenliebe und spielte mit dem Gedanken, bei den Visitantinnen einzutreten. Ihr Spiritual aber riet ihr, sich um ihren kranken Vater zu kümmern, mit dem sie 1849 in die Thermen nach Salzbrunn in Deutschland fuhr. Auf der Rückfahrt besuchten sie den Dom von Köln, wo Sofia, in stillem Gebet verharrend, zu begreifen begann, dass sie vom Herrn nicht für die Schwestern von der Heimsuchung auserkoren war, mehr wusste sie noch nicht. Wieder in Warschau, pflegte sie weiter ihren Vater und verbrachte ihre Freizeit mit Armen- und Krankenbesuchen in der Stadt.

Als 1854 in Warschau die Vinzenzkonferenzen ins Leben gerufen wurden, schrieb sich auch Sofia ein und begann, die armen Kinder und die Alten und Kranken in den engen Gassen und Dachkammern aufzusuchen. Bald darauf mietete sie eine Wohnung für verlassene Kinder, die sie der Obhut einer alten Frau anvertraute, während sie selbst ihnen von sich zu Hause brachte, was sie nur konnte.

1855 trat sie unter dem Namen Angela den Franziskaner-Terziarinnen bei und hatte von da an bis zu ihrem Tod den berühmten Kapuziner Honoratus Koźmiński (1829–1916) zum Seelenführer. Im gleichen Jahr zog sie mit ihrer Cousine Klothilde in das von ihr errichtete Heim, um dort mit ihren Schützlingen zu leben. Am 21. November 1855 weihten sich die zwei jungen Frauen Gott im Dienst an den Kranken. Dieser Tag wurde als das Gründungsdatum der Kongregation der Schwestern des hl. Felix von Cantalice betrachtet.

Im April 1856 schloss sich den beiden eine dritte Terziarin, Michelina Rehbinder, unter dem Namen Kunigunde an. Mit Unterstützung des Kapuzinerprovinzials, P. Benjamin Szymanski, erhielt die Gemeinschaft die kirchliche Approbation und P. Honoratus Koźmiński als geistlichen Begleiter. Die erste Superiorin war Kunigunde. Angela aber wachte als Novizenmeisterin über das gesamte Leben der Kongregation. Schon bald traten dem angehenden Institut weitere Terziarinnen bei. Am 10. April 1857 legten sich Angela und neun ihrer Gefährtinnen ein spezielles Ordensgewand zu und konstituierten sich als Gemeinschaft innerhalb der Kongregation des Dritten Ordens der Franziskaner. Sofia nahm nun endgültig den Namen Sr. Angela an und Klothilde wurde zu Sr. Veronika. Aufgrund der großen Verehrung der Kongregation für die Jungfrau Maria fügten alle Schwestern ihrem jeweils eigenen Namen noch Maria hinzu.
Die Schwestern dachten vorerst nicht daran, ihrer neuen Gemeinschaft einen Namen zu geben. Die Einwohner von Warschau aber, die sie oft mit den Kindern beim Beten vor dem Altar des hl. Felix von Cantalice antrafen, nannten sie allmählich Felizianerinnen. Sie waren dem nicht abgeneigt und erklärten den hl. Kapuziner Felix zu ihrem Patron. Am 9. Juli 1857 legte Sr. Angela mit drei Mitschwestern die privaten Gelübde ab und begann damit, den Geist der jungen Kommunität entsprechend zu formen.

Die neue Kongregation, die mittlerweile die Bezeichnung Schwestern des hl. Felix von Cantalice trug und von der in Polen herrschenden russischen Regierung lediglich als karitatives Institut anerkannt war (Kongregationen im eigentlichen Sinne waren verboten), hatte schon bald regen Zulauf und fand rasche Verbreitung. Im Verlauf von sieben Jahren wurden 34 Häuser eröffnet.

Da viele Schwestern ein beschauliches Leben bevorzugten, spaltete sich die Kongregation 1860 in einen aktiven und einen kontemplativen Zweig. Mutter Angela, wie sie die Gemeinschaft nannte, wurde für den kontemplativen Zweig auserkoren, wenngleich ihr weiterhin die Leitung der Kongregation oblag. Trotz ihres persönlichen Wunsches nach Beschaulichkeit fühlte sie sich den Schwestern des aktiven Zweiges näher. Sie war der Überzeugung, dass die Felizianerinnen berufen waren, eine vollkommene Harmonie zwischen Gebet und seelsorglicher Arbeit zu leben und nicht sich hinter Klostermauern zu verschanzen. Bei dem heute im Kloster lebenden Zweig handelt es sich um eine unabhängige Gruppe unter der Bezeichnung Kapuzinerinnen von der hl. Clara. Mutter Angela wurde zur Generaloberin beider Zweige ernannt und sowohl 1864 als auch 1868 in ihrem Amt bestätigt.

Als sich 1863 das polnische Volk gegen die russischen Unterdrücker erhob, öffneten die Felizianerinnen ihre Institute als Spitäler für die Verwundeten polnischer wie russischer Herkunft. Da die russische Regierung überzeugt war, dass die Schwestern mit den Aufständischen gemeinsame Sache machten, hoben sie die Kongregation am 16. Dezember 1864 auf. Mutter Angela zog sich daraufhin mit den Klausurschwestern zu den Bernhardinerinnen zurück, hielt aber weiterhin den Kontakt mit den verstreuten Mitschwestern. Ein Jahr später gab Kaiser Franz Joseph – unter der Voraussetzung, dass die Schwestern österreichische Staatsbürgerinnen würden – die Erlaubnis zur Neuerrichtung der Kongregation der Felizianerinnen im österreichischen Teil Polens. Somit kam es 1865 zu einer Wiedervereinigung sämtlicher Schwestern in Krakau, das damals unter österreichischer Herrschaft stand. Von dort aus begannen sie mit der Wiederaufnahme ihrer Arbeit. Obwohl Mutter Angela gerne an der neu konstituierten Gemeinschaft in Krakau teilgenommen hätte, war dies erst am 17. Mai 1866 möglich, als sie aufgrund einer Krankheit in ein dortiges Haus des aktiven Zweiges zog.

Nach ihrer Wiederwahl zur Generaloberin 1868 legte Mutter Angela die ewige Profess mit den öffentlichen Gelübden ab. Im darauffolgenden Jahr verzichtete sie aufgrund ihres sich stetig verschlechternden Gesundheitszustandes und wegen zunehmender Taubheit im Alter von nur 44 Jahren auf sämtliche Funktionen. Die restlichen 30 Jahre ihres Lebens (von 1869 bis 1899) verbrachte sie in völliger Zurückgezogenheit in Krakau, wo sie durch ihr beispielhaftes Tugendleben überzeugte, das sie sich auch von ihren Mitschwestern wünschte, wenngleich sie nicht unmittelbar mit deren Ausbildung befasst war. Die Tage verbrachte sie betend im Garten, wo sie sich um die Blumen für den Altar kümmerte, oder im Kommunzimmer mit dem Nähen von Messgewändern. Es war dies auch eine Zeit physischer und spiritueller Leiden, die sich 1872–74 aufgrund von Magenkrebs so sehr verschärften, dass sie in Verdacht geriet, auch am Geist zu kranken. Dennoch verfolgte sie, immer einen Rosenkranz in Händen, interessiert die Geschehnisse innerhalb der von ihr gegründeten Kongregation. Die starken Schmerzen und geistigen Wirrungen ertrug sie in Schweigen. 1874 erhielt ihre Kongregation von Pius IX. das decretum laudis. Im gleichen Jahr kam es zur Gründung der ersten Mission in Amerika. Den ersten fünf Schwestern, die sich dorthin begaben, erteilte Mutter Angela bei ihrer Abreise 1874 persönlich den Segen. Über 20 Jahre unterstützte sie mit ihren Leiden und Gebeten die amerikanische Mission und deren rasche Verbreitung in der Neuen Welt.

1882 erhielt die Gemeinschaft das Privileg zur täglichen Aussetzung des Allerheiligsten Altarsakraments im Mutterhaus der Kongregation. Das Dekret über die Approbation der Konstitutionen sowie die endgültige Approbation der Kongregation erfolgten im Juli 1899, drei Monate vor dem Tod von Mutter Angela, nachdem sie ab 1895 den Diözesanbischöfen zur Jurisdiktion vorgelegen hatte.

Vom Krebs, der bereits mehrere Organe befallen hatte, buchstäblich aufgezehrt, starb Mutter Angela, nachdem sie jede der anwesenden Mitschwestern einzeln gesegnet hatte, am 10. Oktober 1899 in Krakau in völliger Hingabe an den Herrn. Ihre sterblichen Überreste ruhen in der Kirche der Felizianerinnen in Krakau.

Am 18. April 1993 wurde Maria Angela Truszkowska von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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