Andreas Resch: Margareta Bourgeoys

MARGARETA BOURGEOYS
(1620-1700)

GRÜNDERIN
DER KONGREGATION DER SCHWESTERN
UNSERER LIEBEN FRAU VON MONTRÉAL

Heilig: 31. Oktober 1982
Fest: 12. Januar

MARGARETA BOURGEOYS wurde am Karfreitag, den 17. April 1620, in Troyes in der Champagne, Frankreich, geboren und noch am gleichen Tag auf den Namen Margareta getauft. Sie war das sechste von 12 Kindern der Eheleute Abraham Bourgeoys und Wilhelmine Garnier. Kindheit und Jugend verbrachte Margareta im Schoß der Familie, wo sie eine tief christliche Erziehung und eine religiös-kulturelle Bildung erhielt. Epidemien und Unglücksfälle machten sie sehr bald mit den Härten des Lebens bekannt. Das Elend unzähliger Menschen vor Augen, widmete sie sich mit außerordentlichem Eifer den Armen. Nach dem Tod der Mutter übernahm sie im Alter von 19 Jahren die Verantwortung für das Haus und die Erziehung der kleineren Geschwister; außerdem engagierte sie sich in der Pfarre. Nichts wies damals noch auf ihre Berufung zu einem ganz besonderen Leben hin.

Im Jahr darauf, am 7. Oktober 1640, erfuhr Margareta bei einer Prozession zu Ehren Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz beim Anblick der Heiligen Jungfrau eine so starke Wandlung, dass sie auf ihre „Eitelkeiten“ verzichtete und beschloss, alles Weltliche hinter sich zu lassen und sich fortan in den Dienst Gottes zu stellen. Sie selbst bezeichnete diesen Moment als den Augenblick ihrer „Bekehrung“. Margareta wurde nun Mitglied der Marianischen Kongregation, in der die Mädchen im Gebet und für den Unterricht in den Armenvierteln ausgebildet wurden. Die Leiterin dieser Vereinigung war damals Luisa de Chomedey, eine Kanonikerin vom hl. Augustinus und Schwester von Paul de Chomedey de Maisonneuve, der 1642 Montreal gründete, damals Ville-Marie genannt. Margareta ersuchte dann um Aufnahme bei den Karmelitinnen und anschließend bei den Kapuzinerinnen, wurde jedoch jedesmal abgewiesen.

Nach dem Tod des Vaters und der Heirat ihrer Geschwister widmete sie sich ganz dem Apostolat. Am 12. Dezember 1643 legte sie das Gelübde der Keuschheit, 1644 jenes der Armut und schließlich, sicher noch vor 1653, das Gelübde des Gehorsams ab. Es war nämlich im Jahre 1653, dass Maisonneuve auf seiner Reise durch Frankreich seine Schwester Luisa besuchte und ihr mitteilte, woran es der Kolonie mangelte, nämlich an einer Laienschwester für die schulische Ausbildung der Kinder und als Unterstützung für die Frauen der Kolonialherren in Kanada. Man wandte sich an Margareta, die den Ruf annahm. Die Reise nach Kanada dauerte drei Monate. Das Schiff war in erbärmlichem Zustand und die Pest, die an Deck ausbrach, zwang Margareta, sich als Krankenschwester zu betätigen. Am 16. November 1653 kam sie nach Montreal, wo sie fünf Jahre lang jede nur erdenkliche Arbeit verrichtete: Hausmädchen des Gouverneurs, Wirtschafterin, Krankenschwester im Hotel-Dieu, Lehrerin und Hebamme. Um unter den Einwohnern der Kolonie den Glauben neu zu beleben, ließ sie auf dem Mont Royal das von den Indianern niedergerissene Kreuz wieder aufstellen.

1658 überließ ihr Maisonneuve einen gemauerten Stall, der bereits im Eigentum der Gemeinde stand. Margareta baute ihn zu einer Schule um, indem sie außen eine Treppe anbringen ließ, sodass das Dachgeschoss ihr und den künftigen Lehrerinnen als Wohnung dienen konnte. Abends wurde die Treppe aus Furcht vor den Indianern eingezogen. Die Eröffnung des Unterrichtszentrums erfolgte am 25. April 1658. Am 2. Juli desselben Jahres organisierte Margareta eine „externe Kongregation“ für eine „dauerhafte Ausbildung“ der Frauen, die über das Schulalter schon hinaus waren und noch keine religiöse und kulturelle Bildung besaßen. Aus diesem Grund wurde ihr Haus „die Kongregation“ genannt. Da der König von Frankreich und die Priester damals junge Frauen nach Kanada entsandten, damit sie dort eine Familie gründeten und so die Kolonie besiedeln halfen, kümmerte sich Margareta um die Neuankömmlinge in Montreal, um sie auf ihr neues Leben in der fremden Umgebung vorzubereiten. Da es an Mitarbeiterinnen fehlte, scheute sie sich nicht, am 29. September 1658 nach Frankreich zu reisen, um dort Hilfe zu erbitten. Genau ein Jahr später kehrte sie mit vier Gefährtinnen zurück, die bereit waren, dem Herrn ohne Vorbehalte zu dienen. Mit ihnen kamen 32 „Töchter des Königs“. Das Gemeinschaftsleben, das sie führten, bildete den Grundstein für die erste kanadische Ordensgemeinschaft. Aus der in Montreal errichteten Schule hervorgegangen, stellte diese Gemeinschaft ohne Klausur in der Kirche der damaligen Zeit eine Neuheit dar und hatte, unter dem Ansporn der Gründerin, eine Reihe von Hürden zu überwinden. Ihr uneingeschränkter Einsatz für die Kolonie brachte ihr 1659 eine erste Anerkennung durch den Bischof ein. Seit Margareta nämlich wieder in Kanada war, machte sie sich immer dann, wenn Schiffe aus Frankreich einliefen, auf die Suche nach weiteren Mädchen. Sie nahm sie bei sich auf, bereitete sie auf das Leben vor, das sie in diesem schwierigen Land erwartete, und begleitete sie bis zur Heirat. Heute noch blickt man beeindruckt auf die Unterschrift am Fuß einiger Eheverträge, die damals „im Sprechzimmer der Kongregation“ ausgestellt wurden.

1663 kaufte Margareta ein weiteres Haus, um die Frauen unterzubringen. Es überrascht daher nicht, dass sie zur „Mutter der Kolonie“ avancierte. Ihre erzieherische Arbeit entpuppte sich rasch als Antwort auf die Bedürfnisse des Landes. Auf den Grundstücken, die sie in Konzession bekam oder erwarb, errichtete sie von 1668 an auch einen Betrieb. 1670 reiste Bourgeoys abermals nach Frankreich, wo sie 1671 die von König Ludwig XIV. unterzeichnete Bestätigungsurkunde erhielt, die erste gesetzliche Dokumentation des Instituts „Laienschwestern der Kongregation Unserer Lieben Frau“. 1672 kehrte sie dann mit neun Gefährtinnen nach Kanada zurück und baute ihren Aktionsradius weiter aus.

1676, im Jahr der diözesanen Approbation, errichtete sie die Werkstätte der „Vorsehung“, eine Art Berufsschule, wo die Frauen all die Arbeiten erlernen konnten, die ihnen damals zugedacht waren. Im genannten Haus befindet sich heute das Museum Saint-Gabriel von Montreal. In der Folge sah man die Laienschwestern immer zu zweit an den Ufern des St. Lorenz-Flusses entlanggehen, um die Mädchen zu einem christlichen Leben zu erziehen und zu tüchtigen Müttern heranzubilden. In der Zwischenzeit meldeten sich die ersten Kanadierinnen für das Noviziat und es wurden auf Anfrage des Bischofs und der Pfarrer ständige „Missionen“ eröffnet. 1678 begann man mit dem Bau der Kapelle Unserer Lieben Frau vom Guten Rat, dem ersten Heiligtum zu Ehren der Gottesmutter im Gebiet von Montreal.

1680 unternahm Margareta eine dritte Reise nach Frankreich, um Verstärkung zu holen und den offenen Charakter ihres Instituts zu verteidigen. Der Bischof von Quebec, Msgr. de Laval, der damals in Paris weilte, untersagte ihr weitere Anwerbungen, doch glücklicherweise garantierten die Mädchen vor Ort den Fortbestand ihres Werkes. Bei der Zählung von 1681 befanden sich in der Kongregation 18 Schwestern, davon 7 Kanadierinnen. Außer den „Missionen“ in Pointe-Saint-Charles und in La Montagne hatte Margareta auch schon Schulen in anderen Regionen des Landes eröffnet. Von 1678 an unterrichteten zwei Schwestern auch in dem Gebäudekomplex bei La Montagne, den die Sulpizianer zur Unterweisung der Indianer errichtet hatten. Margareta nahm sogar zwei Indianerinnen in die Kongregation auf: Marie Barbe Attontinon und Marie Thérèse Gannensagouas. Ihr Vertrauen ging so weit, dass sie ihnen die Verantwortung für den Unterricht übertrug, was damals auf Grund der von Frankreich auferlegten Kirchturmpolitik als ungeheuerlich galt. Erst 1694 ließ Herr de Belmont, ein Sulpizianerpater, eine Festung mit vier steinernen Türmen erbauen, von denen zwei als Wohnung und Schule für die Schwestern dienten. Die beiden Türme bestehen heute noch im Hof des Seminars in Montreal.

1693 verzichtete Margareta auf das Amt der Oberin. An ihre Stelle trat Marie Barbier, die erste Bürgerin von Montreal, die sich der Gemeinschaft 1678, mit 15 Jahren, angeschlossen hatte. In der Krankheit und in der Einsamkeit des Krankenzimmers kämpfte Margareta weiterhin dafür, dass die Kongregation in ihrer Art erhalten blieb, und wurde dabei von angesehenen Sulpizianern unterstützt. 1698 wurden schließlich die Ordensregeln angepasst und die Schwestern legten in Anwesenheit von Msgr. de Saint-Vallier die Gelübde ab. Margareta unterschrieb den Akt mit „Schwester Margareta vom Allerheiligsten Sakrament“. Zwischen Oktober 1697 und Juni 1698 verfasste Sr. Margareta eine Autobiografie und ein geistiges Vermächtnis. Die noch erhaltenen Textfragmente sprechen von einer außerordentlichen Gottes- und Nächstenliebe sowie vom Wunsch, die Jungfrau Maria im Geheimnis der Heimsuchung und in ihrer Rolle bei den Aposteln nachzuahmen.

Am 12. Januar 1700 starb Margareta in Frieden, nachdem sie Gott ihr Leben für die Rettung einer jüngeren Schwester angeboten hatte. Die Beisetzung fand am Tag darauf in der Kapelle der Pfarre Ville-Marie statt. Seit 1910 wird die Grabstätte im Mutterhaus der Kongregation der Schwestern Unserer Lieben Frau von Montréal (Abb.), 2330 rue Sherbrooke Ouest, Montreal, Kanada, verehrt. Das Herz wird in einem Reliquiar aufbewahrt.

Die erzieherische und seelsorgliche Tätigkeit von Margareta Bourgeoys findet dank des Einsatzes ihrer Schwestern in den verschiedensten Teilen der Welt eine Fortsetzung. Am 12. November 1950 wurde Margareta Bourgeoys von Pius XII. seliggesprochen und am 31. Oktober 1982 von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at