Andreas Resch: Marcellus Spinola y Maestre

MARCELLUS
SPINOLA Y MAESTRE
(1835-1906)

KARDINAL
ERZBISCHOF V. SEVILLA
GRÜNDER
DER KONGREGATION DER DIENERINNEN VOM
GÖTTLICHEN HERZ JESU

Selig: 29. März 1987
Fest: 19. Januar

MARCELLUS SPINOLA Y MAESTRE wurde am 14. Januar 1835 als Sohn von Armeehauptmann Juan Spinola y Osorno und Antonia Maestre in San Ferdinand (Cádiz), Spanien, geboren und am Tag darauf auf den Namen Marcellus, Raphael, Josef, Maria Addolorata, Hilarius getauft. Die Eltern, die gesellschaftlich hohes Ansehen genossen, ließen dem Kleinen eine tief christliche Erziehung angedeihen. Die ersten Jahre verbrachte er im Schoß der Familie, wo er auch lesen und schreiben lernte. Mit acht Jahren belegte er zwei Kurse, die damals das „Latinum“ genannt wurden. In den Jahren 1845/46 absolvierte er im St. Thomas­-Kolleg in Cádiz das Bakkalaureatsstudium. Im Sommer 1846 wurde der Vater nach Motril versetzt, wo Marcellus seine Studien fortsetzte. Den letzten Kurs, den er in Granada besuchte, schloss er am 8. März 1848 mit Auszeichnung ab. Am 8. Juni desselben Jahres erhielt er an der Universität von Granada das Bakkalaureat in Philosophie. Zum Besuch der Universität fehlte ihm lediglich das Ergänzungsjahr, das er in Valencia absolvierte.

Anschließend widmete er sich juristischen Studien, die er 1849 an der Universität von Valencia begann und von 1852 bis 1856 an der Universität von Sevilla fortsetzte, wo er am 14. Juni 1856 promovierte.

Spinola arbeitete in der Folge als Advokat in Sevilla, wobei er sich häufig als Anwalt der Armen engagierte und ein beispielhaftes Leben führte. Ganz besonders zeichnete er sich durch die Verehrung des Allerheiligsten Altarsakraments und sein erhöhtes Bemühen um die Notleidenden aus. Zwei Jahre später, im Juni 1858, wurde sein Vater neuerlich versetzt, diesmal in den Hafen von Sanlúcar de Barrameda. Spinola fühlte sich damals immer stärker zum Priester denn zum Advokaten berufen und entschied sich schließlich nach eingehender Beratung für das Priestertum. Seine Eltern legten ihm nichts in den Weg, sondern nahmen – im Gegenteil – seine Entscheidung mit Gelassenheit auf.

Am 29. Mai 1863 wurde Spinola eingekleidet, studierte privat Theologie und legte in Cádiz die Prüfung ab. Am 30. Mai 1864 erhielt er die vier niederen Weihen und wurde am darauf folgenden 3. Juni in Sevilla zum Priester geweiht. Am selben Morgen starb in Kuba sein Bruder Raphael, der als Marinekapitän auf die Insel entsandt worden war.

Don Marcellus begann sein Priesteramt in Sanlúcar de Barrameda mit Predigten, Beichthören, Beratung und guten Werken. Im Frühjahr 1865 wurde er zum Kaplan der Gnadenkirche von Sanlúcar ernannt. Der Ruf seines apostolischen Wirkens verbreitete sich rasch, zu ihm kamen Menschen aller Schichten, einfache Leute ebenso wie Fürsten. Augenzeugen berichten, dass ihm keine Hürde zu hoch war, wenn es darum ging, Arzneien zu erwerben, um diese an die Kranken zu verteilen. So sah man ihn des öfteren durch die Straßen wandern, das eine oder andere Geschäft betreten und um Almosen bitten.

Nachdem die Früchte seines Amtes auch dem Erzbischof von Sevilla, Kard. Luís de la Lastra, nicht verborgen geblieben waren, ernannte ihn dieser am 17. März 1871 zum Pfarrer von St. Laurentius in Sevilla. Don Marcellus widmete sich in dieser Zeit ganz seinen Pfarrangehörigen und engagierte sich außerdem mit großem Eifer für zwei Einrichtungen, die ihm ihr Bestehen verdanken: die von der seligen Angela della Croce Guerrero in seiner Pfarre gegründete Kongregation der Schwestern vom Kreuz, für deren erstes Haus Marcellus die Miete zahlte, sowie die aus dem Ausland gekommenen Sühneschwestern. Er wurde außerdem Berater der Bruderschaft Gran Poder, organisierte mit viel Einsatz den sonntäglichen Katechismusunterricht und ließ mit einer originellen Idee aufhorchen: der Errichtung eines Kollegs zur Ausbildung der Mädchen.

Im Mai 1879 ernannte der neue Erzbischof von Sevilla, Msgr. Joaquin Lluch y Garrica, don Marcellus zum Domkapitular und Prosynodalrichter. Dies brachte einen ständigen Wechsel zwischen Chor und Beichtstuhl, zwischen Predigt und Exerzitien mit sich.

Für seinen Eifer und sein priesterliches Wirken wurde er 1880 mit dem Amt des Titularbischofs von Milo und des Weihbischofs von Sevilla bedacht. Die Konsekration erfolgte am 6. Februar 1881 und mit Dekret vom 15. Februar 1881 wurde er zum Visitator des Erzbistums Sevilla ernannt. Die Visitation begann er am darauf folgenden 2. Mai. Spinolas klarer und präziser Schlussbericht führte zu großen Kontroversen und er musste Hohn und Schmähungen ertragen. So befand er sich beim Tod des Erzbischofs in einer ziemlich schwierigen Situation, wurde dann aber am 19. August 1884 auf königlichen Befehl zum Bischof von Coria, einer Diözese der Provinz Caceres, ernannt, in der er am 14. Februar 1885 seinen Einzug hielt. Auch hier trug sein apostolisches Wirken reiche Frucht. Er durchwanderte die gesamte Diözese, streifte hoch zu Ross durch Ortschaften am Rande des Abgrunds, pflegte den Dialog mit den Priestern und stattete den Armen und Kranken allwöchentlich einen Besuch ab. Er kam als erster Bischof nach La Hurdes, der am meisten vernachlässigten Region seiner Diözese. Am 25. Februar 1885 gründete er die Kongregation der Dienerinnen vom göttlichen Herz Jesu, die von Anfang an ein starkes Wachstum verzeichnete. Für sein außerordentliches karitatives Engagement nahm Spinola am 16. Februar 1886 von der spanischen Königin Maria Cristina das „Große Ordenskreuz von Isabella I. der Katholischen“ entgegen.

Von Coria wurde Spinola anschließend in die Diözese Malaga versetzt, wo er am 16. September 1886 einzog und mit demselben pastoralen Eifer ans Werk ging wie zuvor in Coria. Am Morgen des 8. November 1895 erhielt er per Telegramm Nachricht von seiner Ernennung zum Erzbischof von Sevilla, wo er am 13. Februar 1896 einzog. Auch dort bestach Spinola durch sein unermüdliches seelsorgliches Wirken. Sooft als möglich betätigte er sich als Prediger. Er förderte den Religionsunterricht und verfügte, dass in den Pfarreien und Schulen, vor allem den Gemeindeschulen, von den Pfarrern oder anderen Priestern der Katechismus gelehrt wurde. Er regte das Apostolat unter den Arbeitern an und engagierte sich zu diesem Zweck bei der Einsetzung der “Katechistinnen“ in Sevilla, denen er größtmögliche Hilfe zuteil werden ließ. Bei alledem vergaß er auch nicht auf die Pflichten eines Bischofs hinsichtlich Pastoralbesuche, indem er mindestens zweimal in der gesamten Diözese seine Aufwartung machte.

Msgr. Spinola y Maestre war zudem überzeugt, dass die beste Antwort auf die sozialen und geistigen Bedürfnisse des historischen Augenblicks die Verwirklichung von Werken oder dauerhaften Einrichtungen war. Die Gründung der Zeitung El Correo del Andalucia am 1. Februar 1899, der er das Ansinnen einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung auferlegte, und die Erhebung des Seminars zur „Päpstlichen Universität“ zeugen von seinem Bemühen um die kulturelle Bildung und die Heiligung des Klerus.

Als Senator verteidigte er in Madrid die Rechte der Kirche gegen staatliche Interessen und zugunsten der Lehrfreiheit, wobei es ihm gelang, die betreffenden Politiker zu überzeugen, die inklusive Premierminister eingestehen mussten: „Mit diesem Mann würde ich überall hingehen.“

Da er intuitiv erkannte, welch entscheidende Rolle der Frau künftig nicht nur am häuslichen Herd und innerhalb der Familie, sondern auch in der Gesellschaft zukommen würde, hatte Spinola die Schwesternkongregation der Dienerinnen vom göttlichen Herz Jesu ins Leben (Abb.) gerufen, deren Konstitutionen am 2. Februar 1902 anerkannt wurden. Ihre Aufgabe liegt in der Verkündigung der Liebe Christi vor allem an die jungen Menschen, um der Ignoranz entgegenzuwirken. Heute ist die Kongregation in ganz Spanien, Lateinamerika, Italien, Japan und auf den Philippinen verbreitet. Tausende Studentinnen wurden in ihren Schulen ausgebildet.

Am 11. November 1905 zum Kardinal ernannt, empfing Spinola y Maestre das Barett aus den Händen des spanischen Königs Alfons XIII. Doch war er bereits am Ende seines arbeitsreichen Lebens angelangt und konnte sich zur Investitur durch den Papst nicht mehr in Rom einfinden. Er starb am 19. Januar 1906 in Sevilla im Ruf der Heiligkeit und wurde in der Kapelle der Schmerzensmutter in der Kathedrale beigesetzt. Über seinem Grab wurde 1913 ein Mausoleum errichtet.

Am 29. März 1987 wurde Marcellus Spinola y Maestre von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]

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