MARCELLINUS
JOSEPH BENEDIKT CHAMPAGNAT
(1789-1840)
PRIESTER DER
GESELLSCHAFT MARIENS
UND GRÜNDER
DES INSTITUTS DER
KLEINEN BRÜDER MARIENS
(MARISTEN-SCHULBRÜDER)
Heilig: 18. April 1999
Fest: 6. Juni
MARCELLINUS JOSEPH BENEDIKT CHAMPAGNAT wurde am 20. Mai 1789, kurz nach Ausbruch der Revolution, als neuntes von zehn Kindern der Eheleute Johann Baptist Champagnat und Maria Theresa Chirat in Marlhes, Frankreich, geboren und am darauffolgenden Tag auf den Namen Marcellinus Joseph Benedikt getauft.
Dem Vater, einem Bauern und Händler, der ein konzilianter Mann und überzeugter Verfechter der in den Augen des Volkes von der Revolution verkörperten Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit war, wurde in der Zeit der Schreckensherrschaft und des Direktoriums alle Verantwortung in der Gemeinde übertragen. Wenngleich den republikanischen Dekreten voll ergeben, verschloss er doch die Augen vor Deserteuren und Abtrünnigen und beherbergte in seinem Haus seine Schwester, eine Ordensfrau der Kongregation vom hl. Joseph. Die Mutter und die aus ihrem Konvent vertriebene Ordensschwester entfachten in Marcellinus einen soliden Glauben und eine tiefe Marienverehrung. Vom Vater erbte er Neigungen und Fähigkeiten bezüglich der praktischen Arbeit, die Freude am Tun, den Sinn für Verantwortung und die Aufgeschlossenheit für neue Ideen.
Seine ersten Studien absolvierte Marcellinus unter Anleitung des Pfarrers. Im Laufe des Jahres 1800 empfing er die Erstkommunion und das Sakrament der Firmung. Nachdem der Sturm abgeflaut war, der den Klerus dezimiert hatte, machten sich einige Priester auf die Suche nach neuen Seminaristen. Marcellinus war 14 Jahre alt, als einer von ihnen zu ihm sagte: „Mein Sohn, du musst Priester werden.“ Marcellinus, der praktisch keinerlei Schulbildung besaß, widmete sich dem Studium, „weil Gott es wollte“. Seine Umgebung aber, die um seine Grenzen wusste, versuchte ihn umzustimmen. Dessen ungeachtet tat Marcellinus, der sich der göttlichen Berufung sicher war, seine Bereitschaft kund und da das Familienvermögen nach dem Tod des Vaters 1804 knapp war, bestritt er die Kosten für die Ausbildung aus seinen Ersparnissen als kleiner Viehzüchter.
Am 1. November 1805 trat er mit 17 Jahren in das Kleine Seminar von Verrières ein, um dann am 1. November 1813 in das Große Seminar von Lyon zu wechseln, wo er Jean-Marie Vianney, den späteren Pfarrer von Ars, sowie Jean-Claude Colin, den Gründer der Maristen, als Mitschüler hatte. Am 6. Januar 1814 erhielt er die Subdiakonatsweihe und am 23. Juni 1815 die Diakonatsweihe.
In den Jahren 1815 /1816 schlossen sich Champagnat und elf weitere Seminaristen zusammen, um zur Neuevangelisierung der völlig vernachlässigten Landbevölkerung eine Kongregation aus Priestern, Ordensschwestern und Mitgliedern Dritter Orden unter dem Schutz der Allerseligsten Jungfrau Maria zu gründen. Es entstand die Idee zu einer Gemeinschaft, die aus Gründen der allgemeinen marianischen Verehrung „Gesellschaft Mariens“ genannt wurde. Bestürzt über die kulturelle und spirituelle Unkenntnis der Jugend in den ländlichen Gebieten erachtete es Champagnat für notwendig, in der Gesellschaft Mariens auch einen Zweig von „Brüdern“ zur christlichen Erziehung der Jugend zu errichten.
Am 22. Juli 1816 wurde er zum Priester geweiht; am darauffolgenden Tag beschloss er gemeinsam mit den anderen Neupriestern, sich Maria zu weihen und im Heiligtum von Fourvière ihrem Schutz zu unterstellen. Anschließend wurde Champagnat als Kaplan für die Pfarre La Valla bei Saint-Chamond bestimmt. Die wesentlichen Tätigkeiten seiner seelsorglichen Arbeit bestanden in Krankenbesuchen, Religionsunterricht für die Kinder, Armenfürsorge und in der Stützung des christlichen Lebens in den Familien. Die Begegnung mit einem 17-Jährigen, der im Angesicht des Todes nichts von Gott wusste, erschütterte ihn und bestärkte ihn darin, das Projekt eines Brüder-Instituts nicht weiter aufzuschieben.
Am. 2. Januar 1817, nur sechs Monate nach seiner Ankunft in La Valla, nahm der junge Kaplan Champagnat im Alter von 27 Jahren die zwei ersten Schüler – 15 und 23 Jahre alt und ohne jede Ausbildung – in einem kleinen, von ihm selbst eingerichteten Bauernhaus auf und gründete das Institut der Kleinen Brüder Mariens oder Maristen-Schulbrüder. Die Regel der neuen Gemeinschaft artikulierte sich in wenigen Worten: Gebet, körperliche Arbeit zum Broterwerb sowie Studium im Blick auf die Evangelisierung der Kinder – und all dies unter dem Siegel einer authentischen Familie. Als Erzieher mit Leib und Seele beschloss er, wenngleich er nebenbei seine eigentliche Pfarrarbeit fortsetzte, mit den Jungen zu wohnen, um sie besser auf die Aufgaben christlicher Lehrer, Katecheten und Jugenderzieher vorzubereiten. Ein leidenschaftlicher Kämpfer für das Reich Gottes und sich der immensen Not der Jugend bewusst, machte Champagnat aus diesen ungebildeten jungen Leuten vom Land großzügige Apostel und eröffnete sofort mehrere Schulen.
Die Berufungen waren zahlreich, sodass es in der ursprünglichen Behausung, trotz Vergrößerung durch den Gründer selbst, zu eng wurde. 1822, nach fünf Jahren, zählte die neue Einrichtung bereits zehn Mitglieder und betrieb erfolgreich vier Landschulen. Plötzlich entzündete sich von Seiten geistlicher Mitbrüder eine heftige Verleumdungskampagne gegen den Gründer – man hielt ihn für unbegabt und unklug. Es folgten Drohungen der Kurie, die Kommunität entweder aufzulösen oder der Societé de la Croix de Jésus anzuschließen, die von Vikar Claude-Marie Bochard gegründet worden war. Champagnat schwieg und erklärte sich zum Gehorsam bereit, sofern ihm die Oberen mit Sicherheit den Willen Gottes bekunden würden. Selbst sein Beichtvater wandte sich von ihm ab, obwohl er immer nach dessen Rat gehandelt hatte.
Nach und nach eröffneten die Brüder überall Schulen, sodass der neue Erzbischof von Lyon, Msgr. Gaston Pins, dem Institut ein klares Profil verleihen wollte, und so erlaubte er den Mitgliedern 1823, die eigentlichen Ordensgelübde abzulegen. 1824 entband er Champagnat von der Funktion des Kaplans von La Valla und gestattete ihm, sich voll und ganz seinem Institut zu widmen, das weiterhin gedieh und ein größeres Haus benötigte, um die zahlreichen Postulanten und Novizen aufzunehmen. Champagnat und seine Brüder wirkten an der Errichtung dieses Hauses, das „Notre Dame de l’Hermitage“ genannt wurde, tatkräftig mit. Die Kritiker ritten daraufhin neuerlich Attacken gegen ihn, der im kirchlich-diözesanen Bereich bereits als „der verrückte Champagnat“ bezeichnet wurde. Ein „Arbeiterpriester“ war zur damaligen Zeit fürwahr ein Stein des Anstoßes!
Erschöpft von der Arbeit und den Visiten in den mittlerweile zehn Schulen, die von den Brüdern geleitet wurden, erkrankte er 1825 schwer. Als ob die äußeren Schwierigkeiten nicht genügten, machten ihm jetzt auch noch einige Priester der Gesellschaft Mariens zu schaffen, die ihn bei der Ausbildung der Novizen unterstützten. Sie drohten, das Haus zu verlassen und die Gäste der Willkür der Gläubiger auszusetzen. Vor allem Don Jean-Claude Courveille, dem die erste Idee zur Gesellschaft Mariens zugeschrieben wurde, versuchte, ihm die Brüder zu entfremden und an seiner Stelle die Leitung des Instituts zu übernehmen. Die Antwort des Gründers darauf war, dass er die Brüder ermutigte, ihn zum Obern zu wählen, in der Überzeugung, dass das Werk von Gott kam und er nicht unentbehrlich war. Gott aber sorgte dafür, dass Champagnat wieder gesund und die Kommunität von der erdrückenden und schädlichen Präsenz Courveilles befreit wurde.
1836 erhielt die Gesellschaft Mariens die Anerkennung durch den Heiligen Stuhl; gleichzeitig wurde sie mit der Missionierung von Ozeanien betraut. Marcellinus Champagnat war einer der Ersten, welche die Ordensprofess ablegten. Dies erforderte jedoch, dass seine Stellung als Oberer der Maristen-Brüder geregelt wurde. Der Generalobere, der Ehrw. Jean-Claude Colin, fühlte sich verpflichtet, ihm die Notwendigkeit der Demission nahezulegen. Champagnat nahm die Einladung an: „Maria, meine zarte Mutter, ich lege den Zweig der Maristen-Brüder, der mir 1816 anvertraut wurde, vorbehaltlos in die Hände des Oberen der Gesellschaft Mariens zurück. Mögt Ihr, ich bitte darum, o Mutter der Barmherzigkeit, die Vergebung für all meine Fehler erlangen, deren ich mich möglicherweise schuldig gemacht habe, indem ich meine Pflichten vernachlässigt oder sie dem Werk gegenüber nicht so eingesetzt habe, wie es mir möglich gewesen wäre.“ Colin nahm den Rücktritt an und ernannte ihn daraufhin neuerlich zum Oberen.
Ausgezehrt von den vielen Anstrengungen, gewann schließlich die Krankheit die Oberhand über Champagnats starke Natur. Er starb am 6. Juni 1840 im Alter von 51 Jahren in Notre Dame de l’Hermitage, wobei er den Brüdern folgendes Vermächtnis hinterließ: „Möget ihr ein Herz und eine Seele sein, so dass man von den Kleinen Brüdern Mariens wie von den ersten Christen sagen kann: „,Seht nur, wie sie sich lieben!‘“
Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof des Mutterhauses, ND de l’Hermitage, Saint Chamond, Frankreich. Am 9. Januar 1863 wurde das Institut der Maristen-Schulbrüder (Kleine Brüder Mariens) vom Heiligen Stuhl approbiert, nachdem es sich 1852 von der Gesellschaft Mariens unabhängig gemacht hatte.
Am 18. April 1999 wurde Marcellinus Joseph Benedikt Champagnat von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen, nachdem ihn Papst Pius XII. am 29. Mai 1955 seliggesprochen hatte.
RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]
Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at