Andreas Resch: Luise Therese de Montaignac de Chauvance


LUISE THERESE
DE MONTAIGNAC
DE CHAUVANCE
(1820-1885)

GRÜNDERIN
DER FROMMEN GEMEINSCHAFT DER OBLATINNEN VOM HLST. HERZEN JESU

Selig: 4. November 1990
Fest: 27. Juni

LUISE THERESE DE MONTAIGNAC DE CHAUVANCE wurde am 14. Mai 1820 als Tochter des Finanzbeamten Raymond Amato de Montaignac de Chauvance und der Anna de Raffin de la Raffinie d’Hauterive in Le Havre, Diözese Rouen, Frankreich, geboren und – da gerade Revolution war – am Tag darauf zu Hause auf den Namen Luise Felicitas getauft. Die Familie gehörte dem ältesten Adel von Limoges an, war mehrfach mit dem französischen Königshaus verwandt und zählte zahlreiche Kreuzfahrer sowie den hl. Amabile, Abt von Riom und Stadtpatron, zu ihren Mitgliedern.

Luise war das fünfte von sechs Kindern, wurde im Schoß der Familie großgezogen und mit sieben Jahren zusammen mit ihrer Schwester den „Treuen Gefährtinnen Jesu“ in Chateauroux zur Ausbildung anvertraut. Die Gemeinschaft war im Jahre 1820 von Marie-Madeleine de Bengy, einer Freundin der Familie, gegründet worden. 1828 wechselte Luise an das berühmte Pensionat „Les Oiseaux“ in Paris, wo sie etwa zwei Jahre blieb. Dort begann auch ihre besondere Hinwendung zum Heiligen Herzen Jesu, dem sie fortan ihr ganzes Leben weihte. Da ihr die Atmosphäre des Pensionats offensichtlich nicht bekam, wurde sie in der zweiten Hälfte des Jahres 1830 aufgrund des schlechten Gesundheitszustandes der Mutter zu ihrer Tante und Patin, Madame de Raffin, gegeben, die ihr eine solide Ausbildung und eine gediegene christliche Erziehung angedeihen ließ. Luise verschlang das Evangelium und las beharrlich die Schriften der hl. Theresia von Avila. Mit 13 Jahren, am 6. Juni 1833, empfing sie die Erstkommunion, was für sie zur schönsten Erfahrung ihres Lebens wurde.

Luise war ein intelligentes Mädchen, versiert in Musik und Malerei, und obwohl sie sich den gesellschaftlichen Verpflichtungen der Familie nicht versagte, verspürte sie zunehmend den Wunsch nach einer innigeren Verbindung mit Gott. Von einer schmerzhaften Krankheit geplagt, unter der sie ein Leben lang zu leiden hatte, widmete sie sich voll und ganz den Werken der Nächstenliebe, gestützt durch die Lektüre der Schriften der hl. Theresia, die ihre zukünftigen Entscheidungen maßgeblich beeinflussten. 1837 kehrte sie an das Pensionat „Les Oiseaux“ nach Paris zurück, vertiefte ihre Beziehung zum hlst. Herz Jesu und legte im Alter von siebzehneinhalb Jahren das Gelübde der Keuschheit ab.
Ihre Tante hatte, tief betroffen vom zunehmenden Verfall der Sitten, die Gründung einer Gemeinschaft vorgeschlagen, um die Verehrung des hlst. Herz Jesu zu fördern. Luise war von diesem Projekt sehr angetan und gab 1843, mit 23 Jahren, das Versprechen ab, sich ausschließlich der Verbreitung der Herz Jesu-Verehrung zu widmen. Am 4. Dezember 1845 starb die Tante unverhofft, wodurch Luise nicht nur zur Erbin ihres materiellen Besitzes, sondern auch ihres geistigen Vermächtnisses wurde.

Da sich Luises Angehörige nach der Revolution von 1848 nach Montluçon (Diözese Moulins) abgesetzt hatten, folgte sie ihnen nach mit der Absicht, in Erfüllung des Wunsches ihrer Tante die „Gemeinschaft der christlichen Frauen“ ins Leben zu rufen. Nach ihrer Ernennung zur Leiterin der lokalen Vereinigung „Töchter Mariens“ trug sie die Hauptlast der Arbeit, als diese beschloss, sich um die Waisenkinder, die Restaurierung der verwahrlosten Kirchen und die religiöse Erziehung der Töchter notleidender Familien zu kümmern. Besonders bewegt vom Elend der ländlichen Kirchen in der Umgebung gründete sie schon 1848 das Werk der Tabernakel, um die Erhaltung dieser Kirchen zu gewährleisten. 1852 gab sie in Räumen, die an das Elternhaus angrenzten, einigen verlassenen Mädchen eine Herberge und legte so den Grundstein für ein Waisenhaus.

Vom Wunsch getragen, das Projekt ihrer Tante zu realisieren, sah sie in der Gemeinschaft der 1848 in Paris gegründeten Schwestern der Sühne-Anbetung die Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen. 1854 ersuchte Luise darum, in Montluçon ein „Aggregat“ zu diesem Institut konstituieren zu dürfen. Alles schien sich bestens zu entwickeln; als Luise aber die Gründung eines Dritten Ordens der Sühne-Anbetung mit karitativen Werken vorschlug, wurde dies als unvereinbar erachtet, und sie war gezwungen, ihren Weg allein zu gehen. 1854 befiel sie ein schweres Beinleiden und sie musste nahezu sieben Jahre hindurch ununterbrochen das Bett hüten. Wenngleich ihre gesundheitlichen Probleme bis an ihr Lebensende andauerten, wurde sie nicht müde, die Herz Jesu-Verehrung weiterhin zu fördern.

Um 1858 lernte sie den Jesuiten Franz Xaver Gautrelet (1807 – 1886) kennen, den Gründer des Gebetsapostolats, der für den Rest ihres Lebens als ihr Berater fungierte. Er bezeichnete die Gesellschaft vom Hlst. Herz Jesu als den besten Weg, um Luises Vorhaben in die Tat umzusetzen. 1861 kam es zur Konstituierung eines Dritten Ordens, doch wurde das Projekt 1864 vom Generalrat der Gesellschaft abgelehnt. Luise verbündete sich damals mit den 1855 in Issoudun gegründeten Missionaren vom Heiligsten Herz Jesu, wobei sie die gerade in Entstehung begriffene Gemeinschaft dem Dritten Orden dieser Kongregation anschloss. Das Bündnis, welches 1865 bestätigt wurde, konstituierte sich ohne Schwierigkeiten. Es wurden neue Regeln vorbereitet und Luise wurde zur Generalsuperiorin des Dritten Ordens ernannt, der einen beträchtlichen Aufschwung nahm. Die Abhängigkeit von einem Männerorden wurde jedoch als problematisch angesehen und auch die Bezeichnung „Dritter Orden“ schien der Zielführung des Werkes nicht zu entsprechen. So kam es 1874 zu einer neuerlichen Spaltung. Auf Empfehlung der Jesuiten Gautrelet und Henri Ramière rief Luise daraufhin im März 1874 die Fromme Gemeinschaft der Oblatinnen vom Heiligsten Herzen Jesu (Abb.) ins Leben.

Nach der Abfassung neuer Regeln, die 1874 vom Bischof von Moulins approbiert wurden, zeigte sich das Institut in zwei Gruppen gespalten: die Ordensoblatinnen, die in einer Kommunität leben durften, und die Laienoblatinnen, die sich in den Dienst von auf den lokalen Bedarf abgestimmten Werken der Nächstenliebe stellten. Im Dezember 1875 wurde Luise zur Generalsekretärin des Gebetsapostolats ernannt, das damals von dem Jesuiten Ramière geleitet wurde. Diese Verantwortung erlaubte es ihr, ihre Beziehungen weiter auszubauen. Da sie durch eine Knochenerkrankung ab dem 34. Lebensjahr nahezu unbeweglich war, unterhielt sie eine äußerst rege Korrespondenz mit ihren Oblatinnen. Deren eher flexible Struktur führte dazu, dass das Werk große Fortschritte machte. Die Gruppen der Oblatinnen – die ersten Laienoblatinnen und die „Affiliierten Damen“ – trafen sich in sog. „Reunionen“. Langsam entstanden auch die ersten Kommunitäten von Ordensoblatinnen.

Um die Unannehmlichkeiten der Dezentralisierung zu bewältigen, wollte Luise dem Amt der Generalsuperiorin mehr Befugnisse verleihen. Daher beschloss 1880 das erste Generalkapitel der Ordensoblatinnen und der „Reunionsoblatinnen“ eine Zusammenlegung der beiden Zweige und wählte Luise Therese zur Generalsuperiorin der gesamten Kongregation – eine Aufgabe, die sie bis zu ihrem Tod innehatte. P. Ramière legte daraufhin Protest ein und brach den Kontakt mit Luise ab. Dennoch lebten von da an in der Kongregation Ordensschwestern, gottgeweihte und affiliierte Laien ohne Gelübde harmonisch nebeneinander. Mit dieser Strukturierung war beabsichtigt, eine größtmögliche Zahl von Personen, auch verheiratete, zu Werken der Nächstenliebe zusammenzuführen. Am 4. Oktober 1881 erhielt die Kongregation das Decretum laudis des Hl. Stuhls und dadurch ein zunehmend autonomes Gesicht.

1882 gründete Luise die Kleine Schule vom Kinde Jesu, eine Art Einführungsseminar zur Vorbereitung von Jugendlichen auf das Priester- und Ordensleben.

1883 gaben die Konstitutionen der Kongregation jeder Kategorie von Oblatinnen Richtlinien für eine je eigene Aufgabe innerhalb der Kirche: „die Liebe des Herzens Jesu erkennen und sie den Menschen ständig ins Gedächtnis rufen“. Als das Institut jedoch am 16. Mai 1888 die Approbation der Kongregation der Bischöfe und Regularen erhielt, wurden lediglich die Oblatinnen mit Profess als Mitglieder des Instituts anerkannt (die endgültige Approbation erfolgte dann 1895), während die Gruppen der „Reunionsoblatinnen“ aufgehoben wurde. Dies hätte für die Gründerin, wäre sie noch am Leben gewesen, sicherlich einen schweren Schlag bedeutet. Luise Therese de Montaignac entschlief friedlich am 27. Juni 1885 in Montluçon, wobei sie auf den Namen Jesu, der an ihrer Seite ausgesprochen wurde, erwiderte: „Mein Alles“. Ihr Grab befindet sich in 8 Place Louise-Thérèse de Montaignac, Montluçon, Frankreich.

Am 4. November 1990 wurde Luise Therese de Montaignac de Chauvance von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]

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