Andreas Resch: Leopold Mandic, Adeodatus

LEOPOLD MANDIĆ
(Adeodatus)
(1866-1942)

PROFESSPRIESTER
DES ORDENS DER MINDERBRÜDER
KAPUZINER

Heilig: 16. Oktober 1983
Fest: 30. Juli

LEOPOLD MANDIĆ (Adeodatus) wurde am 12. Mai 1866 als elftes von zwölf Kindern der arbeitsamen Familie des Peter Mandić und der Carlotta Carević in Herceg Novi (ital. Castelnuovo) am Eingang der Bucht von Kotor in Kroatien geboren und am 13. Juni auf den Namen Bogdan („der Gott Gegebene“) getauft. Die Eltern erzogen ihre Kinder zu einem tief christlichen Leben. Bogdan, ein sehr intelligenter und frommer Junge, begleitete seinen Vater täglich in die Kirche. Eine Altersgenossin und Schulkollegin beschreibt ihn als „außerordentlich intelligent … sehr lerneifrig…, besonders liebenswert und sehr fromm. Sein Leben spielte sich zwischen Zuhause, Kirche und Schule ab. Er beteiligte sich nicht an Spiel und Spaß wie die anderen, sondern ging immer in sich gekehrt…, und war lieber allein.“

Nach Abschluss der Volksschule fühlte sich Bogdan zum Ordensleben hingezogen. In Herceg Novi wirkten damals Kapuziner aus der Provinz Venetien, und so beschloss er, in den Kapuzinerorden einzutreten. Am 16. November 1882 verließ er die Heimat und ging an das Kapuzinerseminar nach Udine. Mit 18 Jahren erhielt er am 2. Mai 1884 in Bassano del Grappa (Vicenza) mit dem Habit der Kapuziner auch seinen neuen Namen Bruder Leopold und legte dort am 4. Mai 1885 die einfachen Gelübde ab. Seine philosophischen und theologischen Studien setzte er in Padua fort, wo er am 28. Oktober 1888 die ewige Profess ablegte. Nach Beendigung der Studien in Venedig wurde Mandić am 20. September 1890 in der Basilika der Madonna della Salute zum Priester geweiht.

Was sein Priesterleben anbelangte, so hatte P. Leopold ein ganz spezielles Programm. Bereits seit 1887 hatte er wiederholt und deutlich den Ruf vernommen, die Einheit der orientalischen Christen mit der katholischen Kirche voranzutreiben. So schrieb er am 7. Oktober 1912: „Hodie in Sacra Syntaxi summenda clare interlexi ex copia rerum et veritatis evidentia me vocari ad opus redemptionis populi mei“ (Heute habe ich beim Meditieren der Heiligen Schrift aus dem Kontext der Fakten und der Wahrheit klar und deutlich vernommen, dass ich zum Erlösungswerk an meinem Volk berufen bin). Tatsächlich dachte er daran, in seine Heimat zurückzukehren, um den Seinen das Wort Gottes zu verkünden, doch hatte Gott andere Pläne mit ihm. Aufgrund seiner schwachen Körperkonstitution bestimmten ihn die Oberen für den Beichtdienst in den verschiedenen Klöstern der Kapuzinerprovinz Venetien.

Nach Abschluss der Ausbildung und Studien in Venedig war Mandić von 1897 bis 1900 Oberer im Hospiz von Zara. Von 1900 bis 1905 lebte er in Bassano del Grappa; 1905/6 war er Vikar im Konvent von Capodistria und 1906/7 Beichtvater im Heiligtum der Madonna dell’Olmo in Thiene (Vicenza), wohin er nach einjährigem Aufenthalt in Padua 1908 zurückkehrte. Vom 25. April 1909 an blieb er dann ständig in Padua und widmete sich ausschließlich dem Beichthören. In den Augen der Oberen konnte er aufgrund seiner physischen Verfassung keine andere Aufgabe übernehmen. Leopold Mandić war von kleiner Statur – er maß 1,38 m – und hatte eine sehr schwache Konstitution. Er war schwerfällig und fiel durch einen etwas plumpen Gang auf. Zudem war er sprachlich gehemmt, verschluckte teilweise die Silben, was sich besonders bemerkbar machte, wenn er betete oder die rituellen Formeln auswendig hersagen musste, sodass er in der Öffentlichkeit nicht einmal ein „oremus“ sprechen konnte. „Häufig“, so erinnerte sich ein Mitbruder, „wunderte er sich selbst, dass Universitätsprofessoren, bedeutende Männer und sehr fähige Personen ausgerechnet zu ihm, dem „armen Klosterbruder“, kamen. Bruder Leopold selbst schrieb alles der Gnade Gottes zu, der sich durch ihn, ,seinen geringen und mit Fehlern behafteten Diener‘, dazu herabließ, den Seelen Gutes zu tun“.

Auf seine kroatischen Wurzeln bedacht, weigerte sich Mandić 1917, im Gegensatz zu anderen Flüchtlingen aus seiner Heimat, um die italienische Staatsbürgerschaft anzusuchen, woraufhin er nach Süditalien versetzt wurde und vom 30. Juli 1917 bis zum Mai 1918 in Tora (Caserta), Nola (Neapel) und Arienzo (Caserta) freiwillig „im Exil“ lebte.

Die paduanische Tageszeitung La Libertà informierte am 31. Juli 1917 über „Die Abreise eines verdienstvollen Kapuziners“ und stellte dabei die Frage: „Wer in Padua kennt nicht P. Leopold, den gütigen Kapuzinerbruder? Den Konvent verließ er selten, er war kein großer Redner und hatte kein Amt inne, um – wie man sagt – „vorgeführt“ zu werden; ihn traf man immer nur im Beichtstuhl an. Als typischer Asket suchte er die Abgeschiedenheit. Und doch wandten sich alle um Rat und Trost an ihn. An jedem Tag und zu jeder Stunde fragte irgendwer in der Kapuzinerkirche nach P. Leopold: Reiche ebenso wie Leute aus dem einfachen Volk, Priester, Professoren, Angestellte, Arbeiter. Sie kamen auch von außerhalb der Stadt, von weit her. Nach acht Jahren musste er Padua verlassen und ist gestern früh Richtung Rom abgereist… Als man von seiner bevorstehenden Abreise erfuhr, kam eine Reihe von Bekannten und Bewunderern zum Konvent, um Lebewohl zu sagen, den Segen zu erbitten und um ihm baldige Rückkehr zu wünschen. Auch unsere Rubrik schließt sich diesen Wünschen an, weil wir wissen, wie viel Gutes dieser bescheidene und gelehrte Kapuziner in unserer Stadt Padua getan hat und welche Leere er in der Seelsorge hinterlässt.“

Nach der Rückkehr nach Padua im Mai 1918 nahm P. Leopold, als ob nichts geschehen wäre, seine Beichttätigkeit wieder auf, bis er am 16. Oktober 1923 als Beichtvater für die Kroaten nach Fiume d’Istria versetzt wurde. Aber schon wenige Wochen später, am 11. November, wurde er aufgrund des Drucks, dem die Verantwortlichen der Provinz von Seiten der Bevölkerung und des Bischofs ausgesetzt waren, die auf ihren überaus geschätzten P. Leopold nicht verzichten wollten, wieder nach Padua zurückberufen.

1924 kam er allwöchentlich in Venedig zum Einsatz, wo er die Studenten des dortigen Kapuzinerkonvents die kroatische Sprache lehrte. P. Leopold nahm die Aufgabe gerne an, in der Hoffnung, auf diese Weise zur Ausbildung der künftigen Missionare am Balkan beizutragen. In Padua empfing er, in eine Beichtzelle neben der Konventkirche eingeschlossen, unzählige Beichtkinder, die er geduldig anhörte, ermunterte und tröstete, über deren Seelen er den Frieden Gottes brachte und dabei zuweilen auch Gnaden zeitlicher Art empfing. Im eiskalten Winter ebenso wie im drückend heißen Sommer stand er, ohne Unterlass und von diversen Leiden geplagt, bis zum letzten Tag seines Lebens im Dienst der Seelen und wurde so zu einem echten Märtyrer im Beichtstuhl. Dies alles tat er jedoch in stetem Gedenken an das, was er als die eigentliche Mission seines Lebens betrachtete: nämlich seinem Volk und der Einheit der Kirchen nützlich zu sein. Da er nicht im Apostolat bei den getrennten Brüdern der Ostkirchen tätig werden konnte, gelobte er wiederholt, alles für diesen Zweck zu geben: Gebete, Leiden, Priestertum, Leben. So hatte er beschlossen, in jeder Seele, die seinen Dienst in Anspruch nahm, „seinen Osten“ zu sehen.

Doch wurde damit der Wunsch, seinem Volk dadurch zu dienen, dass er auch physisch anwesend war, keineswegs kleiner. So sagte er eines Tages zu einem Freund: „Bitte die segensreiche Jungfrau, mir die Gnade zu gewähren, dass ich nach Beendigung meiner Aufgabe in Padua meine armen Knochen zum Wohl der Seelen unter meine Leute bewegen kann. Im Moment gibt es keine Möglichkeit, Padua zu entfliehen; sie wollen mich hier, doch bin ich wie ein Vögelchen im Käfig: mein Herz ist immer am andern Ufer.“

Auch diese Sehnsucht war Teil jenes Opfers, für das es P. Leopold verdient, einer der größten Vorläufer und Apostel der Ökumene genannt zu werden. In der Tat empfing er nahezu den ganzen Tag über zahlreiche Beichtkinder aus allen Schichten und Verhältnissen, stets froh gestimmt und bereit, jedes nur erdenkliche Opfer auf sich zu nehmen, um den Menschen zu dienen, die zu ihm kamen, um seinem Volk zumindest durch Gebet und Opfer nützlich zu sein.

Er verließ den Konvent nur, um in einigen Klöstern die Beichte zu hören oder Kranke zu besuchen, wobei er Kritiken aus der Kommunität gelassen ertrug. „Er war ein Opfer von Unverständnis und Kritik – sei es, weil er wegen des Beichthörens manchmal nicht an den gemeinsamen Übungen teilnahm, sei es, weil er den Beichtkindern gegenüber zu großzügig war. Er aber nahm alles in Geduld auf sich, ja erwies jenen, die ihm Grund zum Unbehagen gaben, sogar eine noch größere Nächstenliebe.“

Von einem Tumor an der Speiseröhre befallen, der ihn in den letzten Wochen an jeglicher Nahrungsaufnahme, ausgenommen die hl. Kommunion, hinderte, hörte er weiterhin die Beichte bis zum Tag vor seinem Tod am 30. Juli 1942. Nachdem er dann am 1. August 1942 unter Teilnahme einer riesigen Menschenmenge auf dem größten Friedhof von Padua bestattet worden war, wurde sein Leichnam am 19. September 1963 in die Beichtzelle des Konvents der Kapuziner in Padua, Piazza Santa Croce 44, überführt, wo er auch heute noch ruht.

Zu Lebzeiten von Leopold Mandić blieb seine Mission verborgen. Heute erscheint sie vor der gesamten Kirche in einem strahlenden Licht.

Am 2. Mai 1976 wurde Leopold Mandić von Papst Paul VI. seliggesprochen und am 16. Oktober 1983 von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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