Andreas Resch: Kunigunde (Kinga)

KUNIGUNDE
(Kinga)
(1234-1292)

KÖNIGIN VON POLEN
UND PROFESSNONNE
DES ORDENS VON
DER HL. KLARA

Heilig: 16. Juni 1999
Fest: 24. Juli

KUNIGUNDE (Kinga) wurde am 5. März 1234 als zweites Kind von Bela IV. (Adalbert), König von Ungarn, und Maria Laskaris, Tochter Theodors I., des griechischen Kaisers in Nizäa, geboren. Ihre Namenspatronin war die hl. Kaiserin Kunigunde († 1033). Zu ihrem eigentlichen Namen aber wurde Kinga, das ungarische Diminutiv von „Cunegundis“. Die Königsfamilie hatte zehn Kinder, die in einer tief christlichen Umgebung aufwuchsen: Stephan, Kinga, Bela, Anna, Konstanze, Jolanda, Elisabeth, Katharina, Margarete (I), und als Jüngstes, die hl. Margarete. Mithin finden sich unter den Schwestern die Dominikanernonne Margarete, heiliggesprochen 1943; die selige Franziskanernonne Jolanda, deren Kult 1827 bestätigt wurde, und die Dominikanerin Konstanze, die im Ruf der Heiligkeit starb.
In den ersten fünf Jahren wurde Kinga am Hof ihres Vaters, Belas IV., nach christlichen Prinzipien erzogen. 1239 wurde sie im Alter von fünf Jahren nach Polen gebracht, um dort mit dem ebenfalls minderjährigen Boleslaus (13 Jahre), Fürst von Sandomierz und Sohn von Leszek dem Weißen in Wojnicz sowie, einem politischen Pakt von 1180 folgend, Thronerbe von Krakau unter der Ägide seiner Mutter Grimislawa vermählt zu werden. Durch die Heirat von Kinga und Boleslaus, die von den Würdenträgern Krakaus gemeinsam mit Grimislawa und deren Tochter Salomea, Gemahlin Kolomans, des Bruders des ungarischen Königs, vorbereitet wurde, erhoffte man sich die Unterstützung Ungarns zur Verteidigung des Fürstentums von Sandomierz und zur Absicherung des Throns von Krakau für Boleslaus.
Kinga wurde von einem Gefolge ungarischer Würdenträger bis Wojnicz geleitet, wo die Begegnung mit Boleslaus und seiner Mutter Grimislawa stattfand und auch der vertragliche Ritus der künftigen Heirat (sponsalia de futuro) vollzogen wurde. Von hier aus begaben sich die Verlobten und Grimislawa, von einer Abordnung kirchlicher Würdenträger und Laien begleitet, direkt in das Fürstentum Sandomierz, da sie in Krakau noch nicht einziehen konnten.
Trotz der Bemühungen des ungarischen Königs, der seine Töchter verheiraten ließ, um eine Koalition gegen die Expansion der Mongolen (Tartaren) zu errichten, fielen diese 1241 in Ungarn und Polen ein, wo sie auch Sandomierz und Krakau plünderten und verwüsteten. Die Bewohner mussten fliehen, ebenso Boleslaus, dessen Mutter und Kinga. Sie zogen zunächst in Richtung Ungarn und dann nach Mähren, wo sie in einem Kloster Zuflucht fanden. Als sich die Invasoren schließlich wegen des Todes ihres Feldherrn wieder auf den Heimweg machten, versuchten die Würdenträger Krakaus, das Fürstentum Boleslaus anzubieten, der inzwischen mit seiner Mutter und Kinga in Polen eingetroffen war. Unterdessen wütete dort jedoch unter den Söhnen von König Heinrich Pius und Konrad von Masowien ein Streit um die Hauptregion von Krakau. Erst nach der Enteignung der Kavallerie Konrads 1243 boten die Verbündeten von Boleslaus ihm den Thron von Krakau an.
Nachdem sich mit Boleslaus und dessen Mutter im gleichen Jahr die erst neunjährige Kinga in Krakau niedergelassen hatte, konnte sie dort ihre Ausbildung fortsetzen. Einen großen und heilsamen Einfluss auf das Leben der beiden Brautleute hatten zwei sehr tugendhafte Frauen, nämlich Grimislawa, die Mutter von Boleslaus, und deren Tochter Salomea, ebenso wie Bischof Prandota. Kinga bekam spezielle Hauslehrer, bei denen sie mit ihrer ausgeprägten Intelligenz glänzte. Damals verbreitete sich in Polen gerade die franziskanische Bewegung, der bereits Salomea als Professe des Dritten Ordens angehörte. Durch sie lernte Kinga das Ideal des hl. Franziskus und der hl. Klara kennen und war tief beeindruckt.
Inzwischen musste Boleslaus – um die bewaffneten Angriffe Konrads von Masowien abzuwehren, der Krakau zurückerobern wollte – sein Heer wiederholt in die Schlacht schicken, bis er 1247 endgültig als Sieger hervorging und so die Macht in seinem Fürstentum festigen konnte – nicht zuletzt dank der Hilfe Kingas, die aus ihrem Erbe in großzügiger Weise die nötige Summe zur Bezahlung der Soldaten aufbrachte. Sie war mittlerweile 13 Jahre alt und nunmehr bereit, den Fürsten mit all ihren moralischen und intellektuellen Fähigkeiten zum Wohle des Volkes zu unterstützen.
Als sie dem Dritten Orden des hl. Franziskus beitrat, ersuchte sie Boleslaus, ihre Jungfräulichkeit in der Ehe behalten zu dürfen. Die Hochzeit von Kinga und Boleslaus fand um das Jahr 1248 statt. Nach der Heirat ging sie nach Ungarn, um die Familie zu besuchen. Bei ihrem verlängerten Aufenthalt am Hof deckte sie eine Verschwörung gegen den Vater auf. Unterstützt von einer militärischen Eskorte brachte sie den Mut auf, den Verschwörern entgegenzutreten und sie in die Flucht zu schlagen. König Bela erwies seiner Tochter Kinga seine volle Dankbarkeit und überhäufte sie mit Geschenken. Wieder in Polen, ließ sich das junge Fürstenpaar zusammen mit Grimislawa für einige Jahre in Nowy Korczyn, auf halbem Weg zwischen Krakau und Sandomierz, nieder. Kinga begann an der Seite ihres Gemahls eine rege Tätigkeit zum Wohl des Landes, womit sie sich als Mutter und Führerin ihrer Wahlheimat erwies. Ihr gesamtes Erbe mit einem Wert von mehr als sieben Tonnen Silber verwendete sie für den Aufbau des zerstörten Landes. Auf politischer Ebene übte sie eine einzigartige moralische Autorität aus, die sich in den offiziellen, nach dem Willen des Fürsten auch von ihr signierten, Dokumenten des Fürstentums bestätigt findet. Sie regte ihn zu Projekten und Vorhaben an und leistete auch ihren eigenen Beitrag, womit sie ihn vor falschen Schritten bewahrte. Zum Zeichen der Dankbarkeit machte Boleslaus Kinga mit einem offiziellen Dokument vom 2. März 1257 zur Herrin der Ländereien von Sącz und übertrug ihr die Vollmacht über das gesamte Territorium. Boleslaus brauchte ihre Unterstützung, denn nach 1257 musste er sich verschiedenen Auseinandersetzungen mit Russen und Litauern stellen, die ihn im Osten angriffen. Die größte Gefahr von allen aber bedeutete der zweite Einfall der Tartaren (1259/60), die durch Polen zogen, Städte und Kirchen verwüsteten und dabei auch hunderte Ordensleute niedermetzelten. Boleslaus musste Kinga in Sicherheit bringen und suchte Zuflucht auf einer abgelegenen Burg. Wieder auf ihren Sitz zurückgekehrt, ging das Fürstenpaar daran, die in den Städten angerichteten Schäden zu beheben. 1266 gelang es Boleslaus, einen weiteren Aggressor, den Russen Szwarn, zurückzuschlagen. In besonderer Weise brachte sich Kinga für die Gebiete von Sącz ein, für die sie von Boleslaus spezielle Vollmachten erhalten hatte. Als sie 1268 feststellte, das die sozialen Bedingungen für die dortigen Bewohner ziemlich bedrückend waren, gewährte sie den gesellschaftlichen Klassen bis dahin nicht gekannte Freiheiten und nahm die Bevölkerung gegen jedwede Unterdrückung und Ausbeutung seitens der lokalen Führer in Schutz. Gleichzeitig sorgte sie in den bewohnten Zentren für den Bau von Kirchen, deren Namen durch die Tradition erhalten geblieben sind.
Als Boleslaus 1271 beschloss, seinen Verwandten Leszek Czarny zu seinem Nachfolger im Fürstentum zu ernennen, kam es in Krakau zu schmerzlichen Ereignissen. Eine Gruppe Adeliger und auch der neue Bischof von Krakau widersetzten sich der Ernennung. Dieser Umstand hatte traurige Folgen, die Boleslaus zum Bruch seiner Freundschaft mit dem Bischof und zu Militäraktionen gegen seine Widersacher zwangen, um seine Macht im Fürstentum zu behaupten. Die Fürstin Kinga war darüber zutiefst betrübt. Sie intervenierte gemeinsam mit ihrer Schwester Jolanda, die ebenfalls in die Sache verwickelt war, und erreichte 1274 die Aussöhnung der Konfliktparteien sowie den Friedensschluss zwischen Boleslaus und dem Bischof.
Am 10. März 1279 starb Boleslaus und Kinga machte sich 1280, nachdem sie sich endgültig in Stary Sącz niedergelassen hatte, an die Errichtung der Kirche und des Klosters der Klarissen mit folgendem Ziel: Verbreitung der Ehre Gottes, Entfaltung des Franziskanerordens und Mitarbeit der Klarissinnen in der Seelsorge der Minoriten. Mit Dekret vom 5. Juli 1283 erkannte Papst Martin IV. die Gründung Kingas an. In Folge fielen damit auch die Güter des Klosters unter den Schutz des Heiligen Stuhls. Kinga selbst trat in das Kloster ein, dem sie bereits das Eigentum an ihrem Besitz übertragen hatte, das sie fortan mit Zustimmung der kirchlichen Behörden und der Äbtissin, die sich auf die Leitung des Klosters beschränkte, für ca. acht Jahre persönlich verwaltete. Erst 1288 erklärte sich Kinga zur „Herrin von Sandecz, geweiht zum Dienst an Gott im Orden des hl. Franziskus“; sie war daher noch eine einfache Novizin. Am 24. April 1289 legte sie die Ordensprofess ab und führte nunmehr ein Leben, das ausschließlich der Ehre Gottes und der eigenen Vervollkommnung gewidmet war, ohne die Funktion einer Oberin auszuüben, wohl aber jene einer geistlichen Mutter. Sie übersetzte die lateinischen Psalmen in die polnische Sprache und legte so den Grundstein für die polnische Kultur.

Im September 1291 wurde Kinga schwer krank und musste zehn Monate das Bett hüten; sie ertrug ihr Leiden mit Gelassenheit. Am 24. Juli 1292 starb sie in Sącz und wurde in der Kapelle der Seligsten Jungfrau Maria in dem von ihr gegründeten Kloster begraben.
Am 16. Juni 1999 wurde Kunigunde (Kinga) von Papst Johannes Paul II. in Stary Sącz in Polen heiliggesprochen, nachdem sie Papst Alexander VIII. am 10. Juni 1690 seliggesprochen und Klemes XI. 1715 zur Patronin von Polen und Litauen erhoben hatte.

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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