Andreas Resch: Kolumban Joseph Marmion


KOLUMBAN JOSEPH MARMION
(1858-1923)

PROFESSPRIESTER
DES ORDENS DER BENEDIKTINER

Selig: 3. September 2000
Fest: 30. Januar

KOLUMBAN JOSEPH MARMION wurde am 1. April 1858 als Sohn des Iren William Marmion und der Französin Herminie Cordier, die kurz zuvor nach Irland gekommen war, in Dublin geboren. Beide Eltern waren vorbildliche Christen. Sie hatten neun Kinder, von denen drei Mädchen bei den Barmherzigen Schwestern eintraten. Bei der Taufe am 6. April erhielt der Kleine den Namen Joseph. Die Atmosphäre in der Familie, die es gewohnt war, regelmäßig die hl. Messe zu besuchen und häufig die Kommunion zu empfangen, trug dazu bei, in Joseph eine starke religiöse Empfindsamkeit zu wecken, die von der Tante noch gefördert wurde, welche ihn in seinem Wunsch, Priester zu werden, unterstützte.

Da ihn seine Eltern als ein Geschenk betrachteten, wurde er nach dem frühen Tod zweier seiner Brüder „Gott versprochen“. Mit sechs Jahren ging Joseph zur Erstkommunion. Seine Grundausbildung erhielt er an der Schule der Augustinerpatres in S. John’s Lane in Dublin. Von seiner Mutter dazu gedrängt, das Buch Die Nachfolge des Heiligsten Herzens Jesu zu lesen, erwachte in ihm damals eine große Verehrung zum Heiligsten Herzen Jesu, die er sich ein Leben lang bewahrte.

Am 11. Januar 1869 wurde Joseph in die von Jesuiten geleitete Mittelschule des Belvedere College in Dublin eingeschrieben. In dieser Zeit erhielt er das Sakrament der Firmung und pflegte fortan ein ernstes und reifes innerliches Leben. Mit einer hohen Intelligenz ausgestattet, gewann er den Bewerb um ein Stipendium für das Große Seminar Holy Cross College in Clonliffe, wo er 1874 mit 16 Jahren eintrat.

Während der sechs Jahre, die er dort verbrachte, widmete er sich dem Studium von Philosophie und Theologie, wobei er durch besondere Herzensgüte und Ausdauer auffiel. In dieser Zeit machte er auch eine sehr starke spirituelle Erfahrung in Form einer nur Sekunden dauernden Erleuchtung, die ihn die Unendlichkeit Gottes gewahren ließ. Am Ende seines Aufenthalts in Clonliffe legte er das feierliche Gelübde ab, sich dem täglichem Gebet, einer tiefen Demut und einer glühenden Nächstenliebe zu widmen.

Im Dezember 1879 schickte ihn der Erzbischof von Dublin nach Rom, um am Athenäum der Glaubenskongregation seine theologischen Studien zu vervollständigen. Joseph war dabei so erfolgreich, dass er diese 1881 mit der Goldmedaille abschließen konnte. Seinen Aufenthalt in Rom nutzte er für einen Ausflug nach Montecassino, wo er das erste Mal den Ruf zum monastischen Leben verspürte. Am 16. Juni 1881 wurde er dann in Rom zum Priester geweiht.

Dom Marmion träumte damals davon, Mönchsmissionar in Australien zu werden, doch faszinierte ihn die liturgische Atmosphäre der wiedererstandenen Abtei von Maredsous in Belgien, 1872 von den Gebrüdern Wolter von Beuron gegründet, an der er auf der Rückreise aus Rom 1881 zur Begrüßung eines Studienkollegen vorbeikam. Er wollte in besagtes Kloster eintreten, wurde von seinem Bischof aber ersucht zu warten. Dieser ernannte ihn zum Vikar von Dundrun und im September 1882 zum Professor am Großen Seminar von Clonliffe. Dort blieb er vier Jahre, wobei er gleichzeitig den Dienst eines Kaplans in einem Kloster der Redemptoristinnen von Drumcondra sowie im Frauengefängnis von Montjoy versah, wo er lernte, Seelen zu führen, Beichte zu hören, Rat zu erteilen und sogar den Sterbenden beizustehen.

Mitte November 1886 erhielt er vom Bischof die Erlaubnis, Mönch zu werden. Da es zur damaligen Zeit in Irland keine Benediktinerklöster gab, verließ Dom Marmion seine Heimat und trat in die Abtei von Maredsous in Belgien ein, wo er von Dom Plazidus Wolter, dem ersten Abt des noch im Bau befindlichen Klosters, empfangen wurde.

Am 21. November 1886 begann er das Noviziat und nahm den Namen Kolumban an. Das Noviziat unter der strengen Leitung von Dom Benoît D’Hondt, das eine ansehnliche Gruppe junger Novizen beherbergte, während er bereits 30 Jahre alt war, erwies sich für ihn umso schwieriger, als er seine Gewohnheiten, Kultur und Sprache ändern musste. Da er aber betonte, ins Kloster eingetreten zu sein, um sich dort in Gehorsam zu üben, blieb ihm nichts anderes übrig, als dies in Kauf zu nehmen und sich zur monastischen Ordnung, zum brüderlichen Leben und zum Chorgebet formen zu lassen. Am 10. Februar 1888 legte er die einfachen und dann am 10. Februar 1891 die feierlichen Gelübde ab. Er wusste nun, dass er seine eigentliche Berufung gefunden hatte, wie er am 9. Februar 1891 in seinen „Intimate Notes“ vermerkte: „In diesem Moment ist der große Gedanke, der meinen Geist erfüllt, dass die feierliche Profess ein Opfer sein muss, eine totale Hingabe meiner selbst an Gott, die perfekteste Nachahmung Jesu Christi.“

Von da an unterstützte er den Novizenmeister, hielt Vorlesungen am Kolleg, und fing vor allem an, mit Erfolg zu predigen, wann immer es ihm gestattet wurde, dem Klerus in den Nachbarpfarreien von Maredsous zu Hilfe zu kommen. Schon bald war er innerhalb wie außerhalb des Klosters ein gefragter Prediger und geistlicher Führer. Auch seine Korrespondenz entfaltete sich zusehends, es begann nun sein „Apostolat der Feder“. Seine Wertschätzung war so groß, dass die Oberen ihn 1889 zur Teilnahme an jener kleinen Gruppe von Mönchen auswählten, die zur Gründung der Abtei von Mont-César in Löwen bestimmt war. Sogleich wurde ihm die Rolle des Priors an der Seite von Vater Abt de Kerchove anvertraut wie auch des verantwortlichen Spirituals und Professors für sämtliche jungen Mönche, die nach Löwen kamen, um Philosophie und Theologie zu studieren.

In dieser Umgebung widmete sich Dom Marmion einem dichten Exerzitienprogramm in Belgien und Großbritannien und zugleich der ausgedehnten geistlichen Begleitung, vor allem bei Gemeinschaften von Karmelitinnen; bald wurde er auch der Beichtvater von Bischof Msgr. Joseph Mercier, dem späteren Kardinal. Zudem galt Dom Marmion als wichtiger Bezugspunkt an einigen Fakultäten und Instituten der Universität von Löwen, wo er wegen seines Ansehens gerne konsultiert wurde.

Die Leitung der Abtei von Maredsous lag damals in den Händen von Dom Hildebrand de Hemptinne, dem zweiten Abt, der 1893 auf Ersuchen von Leo XIII. der erste Primas der benediktinischen Konföderation wurde. Seine häufigen Aufenthalte in Rom führten schließlich dazu, dass man einen Ersatz für die Funktion des Abtes suchte. Und so wurde Dom Kolumban Marmion am 28. September 1909 zum dritten Abt von Maredsous gewählt und am darauffolgenden 3. Oktober geweiht. Er befand sich nunmehr an der Spitze einer Kommunität von mehr als 130 Mönchen, mit einem Gymnasium, einer Kunst- und Berufsschule sowie einem großen landwirtschaftlichen Gut. Die Abtei genoss außerdem einen soliden Ruf in der Erforschung und im Studum der Ursprünge des Glaubens, vor allem durch die Revue Bénédictine und verschiedene andere Publikationen.

Diese vielfältigen lokalen Aktivitäten zwangen Kolumban Marmion trotz seines missionarischen Eifers, auf das von der belgischen Regierung an Maredsous gerichtete Angebot der Eröffnung einer Mission in Katanga zu verzichten. Wohl wissend, dass es ihm in wirtschaftlichen und administrativen Belangen an Kompetenz mangelte, delegierte er die diesbezügliche Verantwortung und konsultierte die Senioren des Klosters, wodurch es ihm gelang, sein Hauptaugenmerk auf die spirituellen Erfordernisse der Abtei zu konzentrieren.

Während seiner 13 Jahre als Abt war Dom Marmion auch mit Aufgaben außerhalb des Klosters mehr als eingedeckt. 1913 half er den anglikanischen Mönchen von Caldy, die katholisch werden und diesen Übertritt spirituell und kanonisch verwirklichen wollten. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, begleitete er eine Gruppe von etwa 20 Mönchen nach Irland, damit sie in Ruhe ihre Ausbildung fortsetzen konnten. Sobald es ihm möglich war, nämlich 1916, kehrte er nach Maredsous zurück, um sofort wieder die Leitung der Gemeinschaft zu übernehmen, die von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Generationen erschüttert wurde. Die deutschen Mönche von Beuron, die seit Gründung der Abtei anwesend waren, wurden trotz des Gelübdes der Stabilität der Benediktiner wieder nach Deutschland zurückgeschickt.

Kaum war der Krieg zu Ende, musste er eiligst eine kleine Gruppe von Mönchen in das Kloster von der Dormitio nach Jerusalem entsenden – als Ersatz für die deutschen Mönche, die den englischen Behörden nicht genehm waren. Schließlich wurde es notwendig, die belgischen Klöster von der Kongregation von Beuron zu trennen, und so entstand 1920 die belgische Kongregation von der Verkündigung mit den Klöstern Maredsous, Mont-César und St.-Andié de Zevenkerken. Dom Marmions einziger Trost in dieser Zeit war sein Amt als Prediger und Seelenführer.

Die geistliche Lehre Dom Marmions findet sich in den berühmten Bänden Christus, das Leben der Seele (1917), Christus in seinen Geheimnissen (1919) und Christus, unser Ideal (1922), die in elf Sprachen übersetzt wurden, sowie in seinen geistlichen Briefen, die sich auf insgesamt 1.700 belaufen.

Als Dom Kolumban während einer Grippeepidemie am 30. Januar 1923 starb, stand sein Ruf der Heiligkeit bereits bei zahlreichen seiner Zeitgenossen außer Zweifel.
Sein Grab befindet sich in der Abteikirche von Maredsous in Belgien.

Am 3. September 2000 wurde Kolumban Joseph Marmion von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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