Andreas Resch: Katharina Volpicelli

KATHARINA VOLPICELLI
(1839-1894)

GRÜNDERIN DER DIENERINNEN DES
HL. HERZENS JESU

Selig: 29. April 2001
Heilig: 26. April 2009
Fest: 28. Dezember

KATHARINA VOLPICELLI wurde am 21. Januar 1839 als letztes von vier Kindern des reichen und frommen Geschäftsmannes Pietro Volpicelli und der aus vornehmen Kreisen stammenden Maria Teresa Micheroux in Neapel geboren. Bei der Taufe erhielt sie den Namen Katharina. Ihre Familie, die dem gehobenen Mittelstand angehörte, vermittelte ihr eine gediegene humane und religiöse Ausbildung. Im Königlichen Pensionat von S. Marcellino, unter der weisen Führung von Margherita Salatino (der späteren Gründerin, zusammen mit dem seligen Ludwig von Casoria, der franziskanischen Elisabethinnen oder „Suore Bigie“), lernte sie Philologie, Sprachen und Musik, was für eine Frau ihrer Zeit eher ungewöhnlich war. Schon mit sieben Jahren empfing sie die Erstkommunion und die Firmung.
Vom Leben fasziniert, vertiefte sich Katharina so sehr in das Studium, dass ihre Gesundheit darunter litt: Italienisch, Französisch, Englisch, Latein, die Literatur Dantes, Wissenschaften, Musik… So saß sie mit zehn Jahren schon am Klavier, als Pius IX., der sich in Neapel im Exil befand, das Kolleg S. Marcellino besuchte. Die Professoren bezeichneten Katharina als „ein Wunder an Intelligenz und Willenskraft“. Sie selbst träumte von einer brillanten Zukunft und begeisterte sich für das Tanzen, Mode und die Veranstaltungen in S. Carlo. Nachdem sie sich in einen jungen Mann verliebt hatte, wollte sie den älteren Schwestern zuvorkommen und heiraten. Zusehends aber vermittelte ihr die Welt Schwindelgefühle, gab ihr ein Gefühl der Leere. Die Eucharistie, das Heiligste Herz Jesu und die Muttergottes ließen sie eine andere Welt empfinden und sie erkannte „den schrecklichen Zustand ihrer Seele“ und brach in Tränen aus. Die frommen Übungen des marianischen Monats von 1853 veranlassten sie zur wöchentlichen Beichte und zur täglichen Teilnahme an der hl. Messe und der Meditation. Entscheidend war jedoch die zufällige Begegnung mit dem seligen Franziskaner Ludwig von Casoria am 19. September 1854 in „La Palma“, Neapel, der, als er sie in die Bücher versunken sah, zu ihr sagte: „Die Welt zieht dich an, Gott aber wird sie besiegen… Es kommt der Tag, an dem du die Bücher schließen wirst und Jesus dir sein Herz öffnen wird, bei dem die erste Seite, die zweite und alle anderen nur von einem sprechen: Liebe!“
Diese Begegnung war, wie Katharina es ausdrückte „ein einzigartiger Abschnitt vorauseilender Gnade, Liebe und Vorliebe des Heiligsten Herzens Jesu, das in die Armseligkeit seiner Dienerin verliebt war“. P. Ludwig führte sie dem Dritten Orden des hl. Franziskus zu und eröffnete ihr, als einzigen Zweck ihres Lebens, die Verehrung des Herzen Jesu, wobei er sie einlud, als „Seelenfischerin“ inmitten der Gesellschaft zu leben. Von da an pflegte Katharina eine heiligmäßige Freundschaft mit ihm.
Unter Anleitung ihres Beichtvaters, des Barnabiten P. Leonardo Matera, trat Katharina am 28. Mai 1859 bei den Ewigen Anbeterinnen des Heiligsten Sakraments ein, die sie jedoch aus gesundheitlichen Gründen bald wieder verließ. Ihr Weg war ein anderer. P. Ludwig hatte das intuitiv erkannt und oft wiederholt: „Dein Werk, Katharina, ist das Herz Jesu!“
Am 8. Dezember 1859, im Alter von 20 Jahren, verzichtete sie auf die Ehe und legte das Gelübde der Keuschheit ab. Sie widmete sich den Armen und Kranken in ihren Unterkünften, den Patienten im Spital der Unheilbaren und verordnete sich selbst einen strengen Lebensplan. Sie vertiefte sich in die Kontemplation und gelangte zu den höchsten mystischen Erfahrungen. Als Katharina ihre außergewöhnliche Bildung in den Dienst der Kirche stellte, stand sie schon bald im Mittelpunkt der katholischen Gemeinde Neapels: Lieblingstochter des seligen Ludwig, geistige Mutter des seligen Bartolo Longo und des heiligen Joseph Moscati. Ihre Weihe an das Heiligste Herz Jesu am 2. Februar 1862 mit dem feierlichen Versprechen, den Kult weiterzutragen, kennzeichnete eine Wende der Herz Jesu-Verehrung in Neapel und Süditalien.
Durch einen Hinweis ihres Beichtvaters lernte Katharina das Monatsheft des Gebetsapostolats, „Le Messager du Coeur de Jesus“, kennen. Sie schrieb daraufhin an P. Heinrich Ramière, den Direktor des Gebetsapostolats in Frankreich, und erhielt von ihm genaue Auskunft über die aufstrebende Gesellschaft zusammen mit dem Diplom einer Eifererin – das erste in Italien. In der Absicht, die Herz Jesu-Verehrung zu verbreiten, begann sie in ihrem Wohnhaus eine Gruppe von gleichgesinnten Frauen um sich zu versammeln, die am Fest der Immakulata 1865 öffentlich und feierlich ihre Weihe vollzogen. Als diese Zusammenkünfte der Polizei aufgrund der tristen politischen Verhältnisse verdächtig vorkamen, übersiedelte Katharina in einen anderen Teil der Stadt, wo sie das Werk in zwei Sektionen gliederte: jenes der Sühneanbetung und jenes der Hilfeleistung für die armen Kranken, die sie frommen Edeldamen anvertraute.
Im Juli 1867 besuchte P. Ramiére den Palast von Largo Petrone alla Salute in Neapel, wo Katharina das Zentrum ihrer apostolischen Aktivitäten einrichten wollte, „um in den Herzen, den Familien und der Gesellschaft die Liebe für Jesus Christus wiederzubeleben“. Anfang Mai 1870 zog die kleine Gruppe von Idealistinnen endgültig in den Palast Petrone alla Salute ein. Der Erzbischof von Neapel, Kardinal Sisto Riario Sforza, förderte die Initiative und ersuchte Katharina, die Regel für das entstehende Institut zu verfassen, wobei er für die Kongregierten den Namen Dienerinnen des Heiligen Herzens Jesu wählte. Am 1. Juli 1874 approbierte er die Gemeinschaft. Derselbe Bischof erklärte sich zu ihrem Direktor und bestimmte Katharina zur Generaloberin. Mit ihrer Regel verlieh sie dem Institut „für die moderne Gesellschaft akzeptable Formen“; ein besonderes Kleid oder Zeichen machte sie nicht zur Vorschrift, mit Ausnahme eines kleinen Kreuzes.
Volpicelli wollte, dass auch andere hochherzige Seelen, selbst wenn sie in der Familie verblieben, am Institut teilnahmen und in Übereinstimmung mit der je eigenen Lebenssituation dessen Tugenden praktizierten. Sie nannte sie Kleine Dienerinnen. In der Kategorie der außerordentlichen Mitglieder versammelte sie Bräute und Mütter, die in ihrem Werk mitarbeiten und nach der eigenen wie anderer Heiligkeit streben wollten. Innerhalb weniger Jahre errichtete sie so in der neapolitanischen Diözese 80 Gemeinschaften der Liga des Heiligsten Herzens Jesu. Die Familienväter und die Adeligen schloss sie in der Gruppe der Freunde des Heiligsten Herzens Jesu zusammen und die Priester in der Gesellschaft, die sich wiederum der frommen Vereinigung Apostolische Union des Abtes Lebeurier anschloss.
Besorgt um das Los der Jugend, eröffnete sie am 21. Oktober 1888 das Waisenhaus der „Margherite“, gründete eine Wanderbibliothek des Heiligsten Herzens Jesu und errichtete die Gesellschaft der Töchter Mariens unter der weisen Führung der ehrwürdigen M. Rosa Carafa Traetto († 1890).
Binnen kurzer Zeit eröffnete sie weitere Häuser: im Palazzo Sansevero in Neapel, bei der Kirche der Weisheit in Ponticelli, wo sich die Dienerinnen des Heiligen Herzens Jesu besonders um die Opfer der Cholera von 1884 verdient machten, außerdem in Minturno, in Meta di Sorrento und in Rom.
Am 14. Mai 1884 weihte der neue Erzbischof von Neapel, Kardinal Guglielmo Sanfelice OSB, das Herz Jesu-Heiligtum, welches Katharina neben dem Mutterhaus ihrer Werke hatte errichten lassen. Sie widmete es vor allem dem Sühnegebet, um das sie der Papst zur Unterstützung der Kirche in einer für die religiöse Freiheit und die Verkündigung des Evangeliums schwierigen Zeit ersuchte.
Der Höhepunkt von Katharinas Apostolat war schließlich die Teilnahme am Ersten Nationalen Eucharistischen Kongress vom 19. bis 22. November 1891 in Neapel. Bei dieser Gelegenheit initiierte sie eine große Ausstellung von liturgischen Geräten, die für arme Kirchen bestimmt waren, organisierte die Eucharistische Anbetung in der Kathedrale und war die Triebfeder jener großen Bewegung von Seelen, die in die beeindruckende „Generalbeichte und -kommunion“ mündete.
Die Neuartigkeit ihres Charismas wurde von vielen nicht verstanden, das Institut durchlebte gravierende Krisen und sie selbst litt bis zum Martyrium. Doch geleitet von einem äußerst mutigen Charisma, forderte sie das vorherrschende Freimaurertum heraus und sandte ihre Töchter in weltlichem Gewand „wie Schafe mitten unter die Wölfe“. Das Institut dehnte sie auf die gottgeweihten Jungfrauen in der Welt und dann auch auf die verheirateten Frauen aus; sie drang in die Schulen und Spitäler vor und mischte sich unter die Soldaten, die verwundet aus dem Krieg in Afrika zurückkehrten.
Die Kirche aber verstand sie und stellte sie unter ihren Schutz. Kardinal Sisto Riario Sforza inspirierte zu den Regeln und zum Namen; Kardinal Guglielmo Sanfelice verteidigte die zivile Kleidung und gewährte die ewigen Gelübde. Am meisten schätzte sie jedoch Leo XIII., der sich im November 1879 für ihre Werke und die moderne Ausrichtung ihres Apostolats persönlich bei ihr bedankte und der neuen religiösen Gemeinschaft am 13. Juni 1890 die päpstliche Anerkennung, das „Decretum laudis“, verlieh.
Was die Spiritualität betrifft, so betrachtete sie Katharina Luisa de Montaignac als ihre geistige Mutter, die sie auf ihrer Pilgerfahrt nach Paray-le-Monial im Juni 1879 treffen wollte. In ihrem Apostolat arbeitete sie auch mit der Gräfin Marianna de Fusco und dem seligen Bartolo Longo zusammen.
Gegen Ende ihres Lebens machte sie das Gelübde der Vollkommenheit und der Ausübung reiner Gottesliebe. Außerdem soll Katharina auch mit paranormalen Gaben wie Visionen, Ekstasen, Prophezeiungen und Stigmen bedacht gewesen sein.
Katharina Volpicelli starb am 28. Dezember 1894 in Neapel. Ihre sterblichen Überreste ruhen in der Kirche Sacro Cuore, Ancelle del Sacro Cuore, Largo Caterina Volpicelli, Neapel, Italien.
Am 29. April 2001 wurde Katharina Volpicelli von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 2001 – 2004. Innsbruck: Resch, 2015 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 6). XIV, 482 S., 110 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-099-5, Ln; EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at