KARL VON ÖSTERREICH
(1887-1922)
KAISER V. ÖSTERREICH
KÖNIG V. UNGARN
Selig: 3. Oktober 2004
Fest: 21. Oktober
KARL VON ÖSTERREICH, als Karl I. Kaiser von Österreich und als Karl IV. König von Ungarn, wurde am 17. August 1887 auf Schloss Persenbeug in Niederösterreich geboren. Seine Eltern waren Erzherzog Otto von Österreich und Prinzessin Maria Josepha von Sachsen (Haus Wittelsbach), Tochter des letzten Königs von Sachsen. Kaiser Franz Josef I. war Karls Großonkel. Karl erhielt eine ausgesprochen katholische Erziehung und wurde von Kindheit an durch das Gebet einer Gruppe von Personen begleitet, da ihm eine stigmatisierte Ordensschwester großes Leid und Angriffe auf Leib und Leben prophezeit hatte. Daraus entstand nach dem Tod Karls die „Kaiser-Karl-Gebetsliga für den Weltfrieden“, die 1963 von der Kirche offiziell als Gebetsgemeinschaft anerkannt wurde.
Die ersten Jahre seiner humanistischen Studien verbrachte Karl unter Anleitung ausgezeichneter Pädagogen, darunter P. Norbert Geggerle O.P. und General Georg Graf Wallis. Anschließend wechselte er in das berühmte „Schottengymmnasium“ der Benediktiner in Wien, wo ihn seine Mitschüler den „Erzkarl“ nannten. In der Tat zeigte er von Jugend an eine besondere Sensibilität für Religion und ein Leben des Gebets. Zudem fühlte er sich stark zur Nächstenliebe berufen und versuchte schon in jungen Jahren, Geld für die weniger Bemittelten zu sammeln.
Nach Beendigung des Lyzeums wurde er Offizier der Kavallerie. Abgesehen von einem Aufenthalt in Prag, wo der Erzherzog, ein Mann von hoher Intelligenz und ausgestattet mit einem grandiosen Gedächtnis, eine universitäre Ausbildung und die Instruktion des Generalstabs erhielt, operierte er hauptsächlich in kleinen Garnisonen Böhmens und Galiziens (Südostpolen, damals österreichisch) wie auch in Wien. Als junger Kommandant in Galizien versuchte Karl mit beachtlichem Erfolg, die Moral seiner Soldaten zu heben, wobei er selbst das beste Beispiel eines Katholiken gab. Während des Krieges setzte er alles daran, um den Soldaten neben der nötigen Verpflegung auch eine effiziente seelische Betreuung zukommen zu lassen.
1911 heiratete er Prinzessin Zita von Bourbon-Parma, die ihm fünf Söhne und drei Töchter schenkte. Wegen der Ermordung des Onkels und Ex-Tutors, des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand, am 28. August 1914 (der Thronerbe Erzherzog Otto war bereits 1906 verstorben) wurde Karl zum Thronerben – eine Rolle, die ihm völlig unerwartet zufiel, wenngleich Pius X. der Erzherzogin Zita bereits prophezeit hatte, dass Karl Kaiser werde würde. Obwohl zum Generalmajor ernannt, hielt ihn der Chef des Generalstabs, General Franz Graf Conrad von Hötzendorf, von jeder Teilnahme an den Operationen fern. 1915 versuchte der alte Kaiser Franz Josef Karl in die Regierungsgeschäfte einzuführen, wobei er ihm aber bestimmte wesentliche und wichtige Sektoren vorenthielt. Bei der österreichischen Offensive gegen Italien 1916 bewies Karl, mittlerweile Kommandant der XX. Kaiserjäger-Division „Edelweiss“, in Lavarone-Folgaria zum ersten Mal seine militärischen Fähigkeiten und seinen physisch-moralischen Mut. Kurz darauf wurde er nach Galizien berufen, um das 12. Armeekorps zu kommandieren und anschließend eine Abteilung gegen die Russen unter Aleksei Brusilow zu führen, dessen Offensive gestoppt wurde. Nach dem Eintritt Rumäniens in den Krieg gewann Karl die Schlacht bei Hermannstadt und schickte sich an, Bukarest zu nehmen. Sein Generalstab, der Preuße Hans von Seeckt, zollte Karl, wenngleich er ihn einen Frömmler nannte, Anerkennung für seine außerordentlichen militärischen Fähigkeiten. Bevor Karl Bukarest erobern konnte, wurde er nach Wien zurückbeordert.
Mit dem Tod Franz Josefs I. am 21. November 1916 wurde Karl Kaiser von Österreich. Am 30. Dezember wurde er zum Apostolischen König von Ungarn gekrönt.
Als Kaiser übersiedelte Karl das Oberkommando von Cieszyn (Teschen) nach Baden bei Wien, wobei er Feldmarschall Erzherzog Friedrich als Oberbefehlshaber ablöste. Dieser hatte aufgrund der undifferenzierten Tätigkeit der Kriegsgerichte die Tschechen dem Hause Habsburg abwendig gemacht. Abgesehen von seinen hervorragenden strategischen Qualitäten war Karl von Beginn seiner Regierung an entschlossen, seinen Völkern den Frieden zu bringen.
Er war der Einzige unter den Staatsoberhäuptern der kriegführenden Mächte, der die Friedensinitiativen Benedikts XV. voll aufnahm. Obwohl es ihm gelang, sogar Kaiser Wilhelm II. von der Notwendigkeit einer Friedenspolitik zu überzeugen, mit einem eventuellen Verzicht des deutschen Reiches auf Elsass-Lothringen, war der deutsche Herrscher nicht in der Lage, diesen Gesichtspunkt beim Kreis von Ludendorff und den anderen deutschen Generälen geltend zu machen. Zwei Initiativen zur Erreichung eines Separatfriedens mit den Alliierten (die „Sixtus-Affäre“ sowie die Verhandlungen von Graf Nicola Revertera mit Graf Armand in der Schweiz) scheiterten vor allem wegen des heftigen Widerstandes der italienischen Regierung. Sowohl von Seite der Alliierten als auch von deutscher Seite und von den österreichischen Pangermanisten wurde eine umfassende Propaganda gegen den jungen Herrscher gestartet, den man in verleumderischer Art bezichtigte, ein Schürzenjäger, Schwächling, Nichtsnutz, Alkoholiker und allzu abhängig vom Willen seiner „italienischen“ Frau zu sein. Sämtliche Vorwürfe wurden als infame Lügen entlarvt, doch haben sie auf Historiker und Publizisten nach wie vor einen gewissen Einfluss.
Im Innern der Monarchie versuchte Karl eine konstitutionelle Reform im Sinne einer Konföderation zu verwirklichen, indem er allen bestehenden Nationen Autonomie und Gleichberechtigung zugestand. Damit knüpfte er an die Initiativen Franz Ferdinands an, scheiterte jedoch aufgrund des Widerstands der österreichischen Pangermanisten und ungarischer Regierungskreise, vor allem des Politikers István Graf Tisza. Die magyarische „Gentry“ lehnte jegliche Konzession an die über acht Millionen Nicht-Magyaren im Königreich Ungarn auf das Schärfste ab. Andererseits hatte sich der Kaiser kurz zuvor zum König von Ungarn krönen lassen und dabei den Krönungseid abgelegt, was der „Gentry“ sehr zugutekam, weil Österreich diesseits der Leitha vollständig von den reichen Erträgen des ungarischen Bodens abhing. Unter den Politikern fand Karl niemanden, der bereit gewesen wäre, seine Reformpläne offen und mit der nötigen Energie und Fähigkeit zu unterstützen. Zudem trat der Außenminister, Ottokar Graf von Czernin, der deutschen Überheblichkeit allzu ergeben, bald in einen offenen Konflikt mit dem Herrscher. Der einzige qualifizierte politische Berater, über den Karl verfügte, Dr. Arthur Graf Polzer-Hoditz, Chef des kaiserlichen Kabinetts, wurde Opfer einer umfangreichen und gut organisierten Verleumdungskampagne. Die Errichtung eines Ministeriums für soziale Angelegenheiten und andere Maßnahmen, die in sich ausgezeichnet waren, erwiesen sich als völlig nutzlos.
Nach dem Waffenstillstand vom 4. November 1918 löste sich die Donaumonarchie auf und Karl zog sich aus der Regierung Österreichs und Ungarns zurück, ohne jedoch als Herrscher abzudanken. Bis zum 24. März 1919 lebte er zusammen mit seiner Familie auf Schloss Eckartsau bei Wien, musste dann jedoch, unter britischem Schutz, in die Schweiz umsiedeln. Getreu dem Text des Krönungseides unternahm er zwei Versuche, die Macht in Ungarn wiederzuerlangen. Beim ersten Mal, zu Ostern 1921, überzeugte ihn sein Reichsverweser, Admiral Nikolaus Horthy, dass dafür noch nicht der richtige Moment sei, und riet ihm, in die Schweiz zurückzukehren, bis alle nötigen Vorkehrungen getroffen seien. Als klar wurde, dass Horthy ihn verraten hatte und im Begriff war, die Macht an sich zu reißen, machte Karl am 21. Oktober 1921 den zweiten Versuch, der die volle Unterstützung des Volkes fand, das sich seinerseits auf den Krönungseid berief. Horthy jedoch verriet den rechtmäßigen Herrscher ein zweites Mal, indem er ihn der Entente als Gefangenen übergab. Wie beim Zusammenbruch der Donaumonarchie wollte Karl, speziell während dieses zweiten Ungarnversuchs, keine militärische Macht gegen die Untertanen anwenden. Diese Haltung kostete ihn zwar die Krone, rettete jedoch viele Menschenleben.
Zita, die ihm bei diesem zweiten Versuch gefolgt war, begleitete ihn auf der langen Reise in sein letztes Exil nach Funchal auf der Insel Madeira. Da Karl und seine Familie nunmehr fast völlig ohne finanzielle Mittel dastanden, sahen sie sich bald gezwungen, das Hotel in Funchal zu verlassen, um sich in die Villa Quinta do Monte zu begeben, die aber nicht beheizt werden konnte. Anfangs wurden die Kinder von den Eltern getrennt und konnten diese einige Monate lang nicht erreichen. Am 2. Februar 1922 kam schließlich der Tag der Wiedervereinigung und die Familie tröstete sich mit dem Gedanken, zumindest wieder beisammen zu sein. Leider sollte ihre Freude nur kurz währen, weil Karl einige Wochen darauf aufgrund des ziemlich feuchten und kalten Klimas auf dem Berg an einer komplexen Lungenentzündung erkrankte. Mehrere Tage hindurch betete er mit den Worten: „Ich muss so viel leiden, um meine Völker wieder zusammenzuführen.“ Als er erkannte, dass er am Ende seines Lebens angelangt war, rief er seinen Sohn, Erzherzog Otto, an sein Bett, um ihm Lebewohl zu sagen und zu demonstrieren „wie ein Katholik und Kaiser stirbt“. Am 1. April 1922 flüsterte er seiner Frau zu: „Ich habe große Sehnsucht, mit dir nach Hause zurückzukehren. Warum lassen sie uns nicht nach Hause gehen?“ In seinem Schlafzimmer wurde die Eucharistie gefeiert und Karl empfing die heilige Kommunion und die Krankensalbung. Gleich nach Mittag versuchte er das Kreuz zu küssen, das er in Händen hielt, während er murmelte: „Jesus, dein heiliger Wille geschehe.“ Der Friedenskaiser, Gatte, Vater und Mann tiefen Glaubens starb im Alter von 34 Jahren.
Er wurde im Heiligtum Nossa Senhora do Monte beerdigt, wo sein Grab von der einheimischen Bevölkerung und von vielen Besuchern besonders verehrt wird.
Am 3. Oktober 2004 wurde Karl von Habsburg, Kaiser von Österreich und König von Ungarn, von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 2001 – 2004. Innsbruck: Resch, 2015 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 6). XIV, 482 S., 110 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-099-5, Ln; EUR 48.60 [D], 49.90 [A]
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