Andreas Resch: Karl Joseph Eugen von Mazenod

KARL JOSEPH EUGEN
VON MAZENOD
(1782-1861)

BISCHOF VON MARSEILLE
GRÜNDER DER KONGREGATION
DER MISSIONARE OBLATEN DER
MAKELLOSEN JUNGFRAU MARIA

Heilig: 3. Dezember 1995
Fest: 21. Mai

KARL JOSEPH EUGEN VON MAZENOD wurde am 1. August 1782 als erstes von drei Kindern des Karl Anton von Mazenod, Präsident des Grafschaftsgerichts der Provence, und der Rosa Joannis, Tochter eines reichen Arztes und Professors an der Universität Aix, in Aix-en-Provence, Frankreich, geboren.
Im Kreise der Familie verbrachte Eugen eine glückliche Kindheit. Die Welt schien in Ordnung. Er besuchte dann das Kolleg Bourbon der Doktrinarier. Im Land machten sich jedoch bereits die Vorboten der Revolution von 1789 bemerkbar. Als Präsident Mazenod am 13. Dezember 1790 aus Paris zurückkehrte, wo er Abgeordneter der Generalstände des Reiches gewesen war, musste er nach Nizza fliehen, das damals noch italienisches Herrschaftsgebiet der Savoyer war. Dorthin folgte ihm am 23. April 1791 die Familie, nachdem sie allen Besitz aufgegeben hatte. Damit begann ein elfjähriges Exil, das zunehmend beschwerlicher wurde.

Die Familie Mazenod zog, wie andere politische Flüchtlinge auch, von Stadt zu Stadt. Der Vater war gezwungen, sich als Händler zu betätigen, um seine Familie zu erhalten. Schon bald aber merkte er, dass er dafür nicht geschaffen war und die Familie rutschte immer tiefer in den Abgrund. Mit Beginn des Schuljahres 1791 wurde Eugen in das von den Barnabiten geleitete Königliche Kolleg für Adelige nach Turin gebracht, wo er am 5. April 1792 die Erstkommunion und am 3. Juni des Jahres das Sakrament der Firmung empfing.

Die Revolution stand vor der Tür und so übersiedelte die Familie am 2. Mai 1794 nach Venedig, wo sie bis zum 11. November 1797 blieb. Während sich der Vater als Händler verdingte, um zu überleben, hatte Eugen, trotz mangelnden regulären Schulunterrichts das Glück, von einem heiligmäßigen Priester namens Don Bartolo Zinelli erzogen zu werden, von dem er die erste echte Ausbildung erhielt, begleitet von einem tiefen Sinn für Frömmigkeit, die er sich ein Leben lang bewahrte.

Als 1797 die napoleonischen Truppen immer weiter vorrückten, flohen die Mazenods nach Neapel, wo sie ein Jahr blieben und in der Eintönigkeit des Nichtstuns eine Orientierungskrise durchmachten. Am 3. Januar 1799, einem tragischen Tag, der gekennzeichnet war von einem Volksaufstand gegen die französischen Emigranten, die man als Spione der Invasoren betrachtete, fuhr die Familie nach Palermo, wo Eugen mit dem gesamten europäischen Adel bekannt wurde, der dorthin geflüchtet war. Das Leben dort war für ihn spirituell jedoch nicht förderlich.

Am 11. Oktober 1802, kurz nachdem Napoleon die Gesetze gegen die Emigranten abgeschafft hatte, rief die Mutter den Sohn zurück, der inzwischen 20 Jahre alt war – nicht zuletzt deswegen, weil sie eine Frau für ihn gefunden hatte. Wieder in Aix, war seine erste Aufgabe, für die Wiedervereinigung der Familie in Frankreich zu sorgen und die beschlagnahmten Besitztümer zurückzugewinnen. Der Vater und die Onkels blieben noch in Palermo. Das Mädchen, das die Mutter für ihn auserkoren hatte, starb an Schwindsucht. Schon bald stellte Eugen fest, dass er nur ein einfacher Bürger war und dass sich Frankreich vollständig verändert hatte. Die Eltern trennten sich und die Mutter kämpfte weiterhin um ihre Güter. Eugen fiel in eine innere Krise, die durch die Unsicherheit über seine Zukunft noch verstärkt wurde. 1805 ging er nach Paris, entschlossen, zum Vater nach Sizilien zurückzukehren, stieß jedoch bei der Ausstellung des Reisepasses auf Schwierigkeiten. Es war zu der Zeit, dass in ihm altruistische Gefühle aufkeimten und er sich um die Gefangenen zu kümmern begann; so wurde er 1806 zum Verwalter des Kerkers von Aix ernannt.

Angesichts der schwierigen religiösen Lage Frankreichs erwachte sein Interesse für die Kirche. An einem Karfreitag, wahrscheinlich 1807, vergoss er vor dem Kreuz Tränen über sein vergangenes Leben und seine menschlichen Ambitionen. Er beschloss, Priester zu werden. Am 12. Oktober 1808 trat er trotz des Widerstandes der Mutter, der bis zur Priesterweihe anhielt, mit 26 Jahren in das Seminar von St. Sulpice in Paris ein und wurde dort zum Vertrauten von M. Emery bei dessen Initiativen gegen Bonaparte. Eugen von Mazenod übersetzte die von Pius VII. gegen Napoleon erlassene Exkommunikationsbulle und unterstützte insgeheim eine stattliche Anzahl von „schwarzen Kardinälen“, die ihm dafür Sympathie und Dankbarkeit entgegenbrachten. Am 21.
Dezember 1811 wurde er in Amiens von Msgr. Demandolx zum Priester geweiht. Damit verhinderte er, die Weihe aus den Händen des regierungsfreundlichen Kardinals Maury empfangen zu müssen.

Nach Rückkehr in seine Heimatstadt Aix begann Mazenod seine seelsorgliche Arbeit mit einer Predigt in provenzalischer Sprache und stellte sich in den Dienst der am meisten Verlassenen – Gefangene, Jugendliche, Knechte und Bauern –, ohne auf die erbitterte Opposition des lokalen Klerus zu achten. 1812 verbrachte er das erste Semester als Professor und Direktor in Vertretung der Sulpizianer, die vom Kaiser aus dem Seminar vertrieben worden waren. Im Oktober 1812 kam er erneut nach Aix, und am 7. März 1813 begann er in der Magdalena-Kirche sein Amt als Priester mit den Fastenpredigten. Die Kirche füllte sich mit Arbeitern, Handwerkern und Dienstboten. Nach der Fastenzeit gründete er in Aix die Gemeinschaft der Christlichen Jugend, in der er innerhalb weniger Jahre 400 Studenten zusammenführte. An deren Spitze begab er sich am 7. Februar 1814 nach Savona, um dem noch gefangenen Papst Pius VII. zu huldigen. Inzwischen zwangen die Konflikte Napoleon, auch seine Kriegsgefangenen umzusiedeln. Aix quoll von Österreichern über. Nachdem ihr Kaplan während einer Typhusepidemie verstorben war, nahm Mazenod seinen Platz ein. Bald erkrankte auch er an der Seuche, so dass er im Frühjahr 1814 drei Monate lang zwischen Leben und Tod schwebte. Er war auch ständig auf der Suche nach Mitarbeitern, die das Volk von Dorf zu Dorf wieder zum Glauben führen sollten, wobei er selbst viele Stunden im Beichtstuhl verbrachte. Gemeinsam mit ihnen gründete er am 25. Januar 1816 die Gesellschaft der Missionare der Provence. Im Sommer 1817 reiste Mazenod nach Paris, um für seine von den Jansenisten und Gallikanern verfolgte Gemeinschaft gesetzlichen Schutz zu erlangen. Er nutzte dort auch die Gelegenheit, um für den Vater und die Onkeln, die in Palermo geblieben waren, eine Lösung zu finden. Für besagte Gemeinschaft erreichte er nichts, doch die Berufung seines Onkels, des Kanonikers Msgr. Fortunato, auf den Bischofssitz von Marseille ermöglichte auch dem Vater die Rückkehr nach Frankreich, und am 6. Juli 1823 wurde Mazenod unter die Generalvikare der Diözese gewählt.

Die Entwicklung der Gemeinschaft schritt rasch voran, sodass sich Mazenod im November 1825 nach Rom begab, um deren Anerkennung als Institut päpstlichen Rechts zu erbitten. Sein Glaube und seine Ausdauer wurden belohnt. Am 17. Februar 1826 approbierte Papst Leo XII. die Gemeinschaft unter der Bezeichnung Kongregation der Missionare Oblaten der Makellosen Jungfrau Maria. Mazenod wurde zum Generalobern ernannt und inspirierte und führte seine Mitbrüder weitere 35 Jahre bis zu seinem Tod, wobei er die Tätigkeit der Missionare auf andere Nationen und Kontinente ausdehnte. Neben all der Arbeit als Missionar und Gründer unterstützte Mazenod den Bischof von Marseille auf jede nur erdenkliche Weise. Am 30. September 1832 wurde er zum Weihbischof ernannt. Die Bischofsweihe fand in Rom statt und führte zu einer unguten diplomatischen Verstimmung. Die französische Regierung rächte sich 1834, indem sie Mazenod die Staatsbürgerschaft aberkannte und ihn zwang, sich ins Privatleben zurückzuziehen. 1835 in seine Rechte als Bischof wieder eingesetzt, wurde er am 9. April 1837 ohne sein Wissen zum Bischof von Marseille ernannt. Sein Motto lautete: „Der Eifer für Dein Haus verzehrt mich… Er hat mich gesandt, den Armen die frohe Botschaft zu bringen.“

Innerhalb von 25 Jahren unterzog Mazenod seine Diözese einem Wandel. Die Werke der Nächstenliebe wurden um ein Vielfaches gesteigert: Hilfe und Pflege für die Kranken zu Hause, Vinzenzkonferenzen, Aufnahme von Waisen und der Choleraopfer, Einrichtungen für Menschen mit Seh- und Hörproblemen, Hilfe für ehemalige Gefangene, Werke für die Jugend mit Hilfe des Abtes Allemand und Timon-David. In der Sorge um die Evangelisierung der Bewohner von Marseille nahm er an die 50 aktive und kontemplative Ordensgemeinschaften auf, errichtete 22 neue Pfarreien und ließ 26 Kirchen restaurieren und vergrößern. Am 26. September 1852 begann er mit dem Bau der neuen Kathedrale von Notre-Dame de la Major. Am 11. September 1853 legte er den Grundstein von Notre-Dame de la Garde, die nicht zuletzt dank ihrer erhöhten Lage über der Stadt rasch zu einem bevorzugten Wallfahrtsort wurde.

1857 promulgierte er einen neuen Katechismus, organisierte den Religionsunterricht für Erwachsene und gründete das Diözesanseminar unter Leitung der Oblaten. Zwischen 1853 und 1870 fanden 400 Priesterweihen statt. 1867, sechs Jahre nach dem Tod von Eugen de Mazenod, gab es in der Diözese 418 Weltpriester. Besonders aber bemühte er sich um die Nähe zu seiner Herde. Jede Woche empfing er vier Stunden lang Besucher. Alljährlich spendete er in sämtlichen Pfarreien das Sakrament der Firmung. Er nahm persönlich alle Priesterweihen vor und verbrachte jedes Mal einen Einkehrtag mit den Weihekandidaten.

Mazenods Wirken als Bischof stieß auch außerhalb der Diözese auf Resonanz. Als Pius IX. gezwungen war, ins Exil nach Gaeta zu gehen, zeichnete sich der Bischof von Marseille durch besondere Papsttreue aus und erhielt am 1. April 1851 das heilige Pallium. Am 29. November 1854 wurde er zum Berater des Hl. Stuhls ernannt und im gleichen Jahr anlässlich der Verkündigung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis nach Rom entsandt. Am 24. Juni 1856 wurde er als Dekan der französischen Bischöfe zum Senator des Kaiserreiches ernannt und am 26. August von Napoleon III. persönlich für das Kardinalat vorgeschlagen, jedoch ohne Folgen. Anfang 1861 erkrankte er schwer und starb am 21. Mai desselben Jahres im Ruf der Heiligkeit. Sein Grab befindet sich in der Apsis der Kathedrale von Marseille in Frankreich.

Am 19. Oktober 1975 wurde Karl Joseph Eugen von Mazenod von Papst Paul VI. seliggesprochen und am 3. Dezember 1995 von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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