Andreas Resch: Kamen Vitchev und Gefährten

KAMEN VITCHEV
(1893-1952)

PAVEL DJIDJOV
(1919-1952)

JOSAPHAT CHICHKOV
(1884-1952)

PROFESSPRIESTER UND MÄRTYRER
DER KONGREGATION DER AUGUSTINER VON
MARIÄ HIMMELFAHRT

(Assumptionisten)

Selig: 26. Mai 2002
Fest: 13. November

Bei seiner Reise nach Aserbaidschan und Bulgarien sprach Papst Johannes Paul II. am Sonntag, den 26. August 2002, auf dem Hauptplatz von Plowdiw in Bulgarien drei Ordensleute selig, die zu unschuldigen Opfer des kommunistischen Terrors wurden. Sie gehörten zur Kongregation der Augustiner von Mariä Himmelfahrt, den „Assumptionisten“, die am 25. Dezember 1845 in Nîmes, Frankreich, von dem Priester Emanuel d’Alzon gegründet wurden. Der Name ist dem historischen Umfeld des Entstehungsortes entnommen: dem „Collège de l’Assomption“ in Nîmes. Der Zweck der Kongregation ist die Vervollkommnung der Person durch die Ausbreitung der Herrschaft Christi in den Seelen. Ein besonderer Aspekt in der Geschichte der Assumptionisten ist zweifellos ihre Ankunft in Bulgarien 1863.

Es war Pius IX. – er hatte auch Erzbischof Sokolski geweiht – , der Emanuel d’Alzon ersuchte, Patres nach Bulgarien zu schicken, um sich dort besonders der orthodoxen Bulgaren anzunehmen, die in die katholische Kirche eintreten wollten. Zum Gründer der Mission der Assumptionisten in Bulgarien, die damals unter dem Namen „Mission des Orients“ bekannt war, wurde P. Victorin Galabert, Doktor in Medizin und Kirchenrecht. Zur Unterstützung der Patres rief P. d’Alzon eine Frauenkongregation ins Leben, die „Oblatinnen der Assumptionisten“, die dann Schulen in Sofia, Jambol, Varna und Sliven gründeten.
1864 eröffneten die Assumptionisten die kleine Volksschule St. Andreas in Philippopel und 1884 das Hochschulkolleg Saint-Augustin, das sich schon bald zu einem der wichtigsten Institute auf dem Balkan entwickelte, bis es 1948 von den Kommunisten geschlossen wurde. Das kommunistische Regime vertrieb damals alle Ordensleute nicht bulgarischer Herkunft, darunter auch die Assumptionisten, aus dem Land. Dies war der Ausgangspunkt für die Grausamkeiten gegen die kleine katholische Minderheit und für das Martyrium der drei neuen Seligen.

KAMEN PETER VITCHEV wurde am 23. Mai 1893 in Srem, Diözese Trakia, in der Region Burgas in Bulgarien als Sohn orthodoxer Eltern geboren. Bei der Taufe erhielt er den Namen Peter. In der bäuerlichen Familie wurde er zu einem gediegenen christlichen Leben erzogen. Von den sechs Kindern gingen zwei zu den Assumptionisten. Peter besuchte die Schule in Srem, wurde 1903 in das Alumnenseminar in Kara-Agac aufgenommen und begab sich 1907 nach Phanaraki am Stadtrand von Istanbul.

Am 8. September 1910 trat er in der kleinen Stadt Gempe in der Nähe von Löwen in Belgien in das Noviziat der Assumptionisten ein und nahm den Namen Kamen an, unter dem er bekannt ist. Nach Beendigung des Noviziats am 8. September 1911 legte Vitchev in Glempe die einfachen Gelübde ab; die ewigen Gelübde folgten am 8. September 1912 in Limpertsberg in Luxemburg. Im gleichen Jahr begann er mit dem Studium von Philosophie und Theologie in Löwen. Nach Rückkehr in die Heimat 1918 wurde er zum Lehrer des Kollegs Saint-Augustin in Plowdiw ernannt und später des Kleinen Seminars Koum-Kapou in Konstantinopel. In dieser Stadt wurde er am 22. Dezember 1921 zum Priester des orientalischen Ritus geweiht.

Auf der Rückkehr in den Westen erlangte Vitchev nach Abschluss seines Theologiestudiums in Straßburg und Rom 1929 an der Universität Straßburg den Doktor in Theologie. Als ausgezeichneter Kenner der bulgarischen Kirchengeschichte veröffentlichte er verschiedene Studien in der Zeitschrift Echos d’Orient. 1930 wurde er zum Professor für Philosophie am Kolleg Saint-Augustin in Plowdiw ernannt, wo er bis zu der am 2. August 1948 von den kommunistischen Behörden angeordneten Schließung blieb. Häufig wurde er zu Vorlesungen über Themen der Jugend und des öffentlichen Lebens eingeladen. Vitchev war zudem Mitarbeiter bei der Zeitung Veritas und der Zeitschrift Byzantinische Untersuchungen.

Am 4. Juli 1952 wurde Vitchev von den kommunistischen Milizen verhaftet und als Anführer der gegen die Staatssicherheit operierenden katholischen Spionage beschuldigt. Von diesem Zeitpunkt hatte man keine Nachricht mehr von ihm bis zum 20. September 1952, als die Zeitungen auf den ersten Seiten die Anklageerhebung gegen 40 Personen veröffentlichten, die beschuldigt wurden, im Auftrag der französischen Geheimdienste und des Vatikans Spionage gegen die öffentliche Hand zu betreiben. P. Kamen Vitchev schien in der Liste als Hauptorganisator der Spionageaktionen auf.

PAVEL JOSEPH DJIDJOV wurde am 19. April 1919 in Plowdiw in der gleichnamigen Diözese in Bulgarien als Sohn einer katholischen Familie des lateinischen Ritus geboren und am 2. August auf den Namen Joseph getauft. 1926 besuchte er die Schule der Assumptionisten St. Andreas in Plowdiw und setzte dann seine Studien von 1931 bis 1938 im dortigen Kolleg Saint-Augustin fort.

Am 2. Februar 1938 trat Djidjov in das Noviziat der Assumptionisten in Nozeroy in Frankreich ein und nahm den Namen Pavel an, unter dem er von da an bekannt war. Nach Beendigung des Noviziats legte er am 3. Oktober 1939 die einfachen Gelübde ab und begann anschließend mit dem Philosophie- und Theologiestudium in Lormoy nahe Paris, wo er am 8. September 1942 die ewige Profess ablegte. Da er aus Krankheitsgründen nach Bulgarien zurückkehren musste, setzte er dort seine theologischen Studien als irregulärer Student fort. Nach der Priesterweihe im lateinischen Ritus am 26. Januar 1945 in Plowdiw wurde Djidjov zum Studium der Ökonomie und Sozialwissenschaften nach Varna geschickt mit dem Zweck, diesbezüglich später in den einzelnen Häusern tätig zu werden und sich mit dem wirtschaftlichen Management der Mission zu befassen. Gleichzeitig unterrichtete er am Kolleg St. Michael. P. Pavel war ein sehr emsiger Student und hatte großen Einfluss auf seine Kommilitonen. Er machte nie einen Hehl aus seinen antikommunistischen Ideen und Überzeugungen und wurde gerade aus diesem Grund von den Geheimdiensten der neuen Staatsführung aus nächster Nähe observiert.

Im August 1848 übertrugen ihm die Oberen das Amt des Ökonomen am Kolleg Saint-Augustin in Plowdiw; später wurde er zum Ökonomen des Orientalischen Vikariats ernannt. Unter ständiger Beobachtung der Miliz, wurde er am 4. Juli 1952 im Seminar der Assumptionisten in Plowdiw zusammen mit Pater Kamen Vitchev verhaftet. Pater Paul Djidjov rangierte in der Liste der Angeklagten an zweiter Stelle.

JOSAPHAT ROBERT MATTHÄUS CHICHKOV wurde am 9. Februar 1884 in Plowdiw (damals Filippopel) als Sohn von Andreas Chichkov und Susanna Zantchiska geboren. Die katholische Großfamilie gehörte dem lateinischen Ritus an. Bei der Taufe am folgenden Tag erhielt der Kleine die Namen Robert und Matthäus. Im September 1893 kam er im Alter von neun Jahren in die Schule der Assumptionisten von Kara-Agac, unweit Adrianopel. Am 29. April 1900 trat er mit erst 16 Jahren in das Noviziat der Assumptionisten von Phanaraki in der Türkei ein, wo er den Namen Josaphat annahm, unter dem er von da an bekannt war. Nach dem zweiten Noviziatsjahr legte Chichkov am 25. Mai 1902 die ewigen Gelübde ab und widmete sich fortan dem Unterricht und der Ausbildung der Jugendlichen. 1904 wurde er zum Studium von Philosophie und Theologie nach Löwen in Belgien geschickt. Nach Abschluss des Studiums erfolgte am 11. Juli 1909 in Malines (heute Mechelen), Belgien, die Priesterweihe im lateinischen Ritus. Auf der Rückreise nach Bulgarien besuchte er Rom, um den Papst zu sehen.

Wieder in der Heimat, wurde Chichkov zum Professor ernannt, zuerst am Kolleg Saint-Augustin in Plowdiw, dann im Kolleg St. Michael in Varna. Im Juli 1929 wurde er zum Direktor des Kleinen Seminars „St. Kyrill und Method“ in der Stadt Jambol bestellt, wo Studenten sowohl des orientalischen als auch des lateinischen Ritus studierten.
Mit seiner Aufgeschlossenheit gegenüber technischen Neuerungen war Chichkov der Erste in Jambol, der eine Schreibmaschine mit kyrillischen Zeichen besaß und auch verwendete. Er baute das Kino in die Ausbildung der Schüler ein und organisierte Abende für die Jugendlichen, die dank seiner zum ersten Mal Grammofon hören konnten. Der Apostolische Nuntius in Bulgarien, Msgr. Angelo Giuseppe Roncalli, der spätere Papst Johannes XXIII., war ein Bewunderer seiner Aktivitäten.

1937 wurde Chichkov zum Provinzoberen von Varna ernannt – ein Amt, das er bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs innehatte. Als 1948 die ausländischen Priester gezwungen wurden, Bulgarien zu verlassen, wurde P. Josaphat zum Pfarrer von Varna ernannt. Hier wurde er im Dezember 1951 von der Miliz verhaftet. Auch von ihm gab es erst ein Lebenszeichen, als in den Zeitungen die Anklageerhebung gegen 40 Personen veröffentlicht wurde. Darunter befand sich auch der Name von Pater Josaphat Chichkov, der als „einer der ältesten Spione“ angeklagt wurde.

Die drei Genannten wurden am 3. Oktober 1952 zum Tod verurteilt und in der Nacht vom 11. zum 12. November 1952 zusammen mit dem 1998 seliggesprochenen Passionistenbischof Eugenius Bossilkov im Hof des Zentralgefängnisses in Sofia, Bulgarien, erschossen. Bis heute ist nicht bekannt, an welcher Stelle des Friedhofs von Sofia sie beigesetzt wurden.

Am 26. Mai 2002 wurden Kamen Peter Vitchev, Pavel Joseph Djidjov und Josaphat Robert Matthäus Chichkov von Papst Johannes Paul II in Plowdiw seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 2001 – 2004. Innsbruck: Resch, 2015 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 6). XIV, 482 S., 110 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-099-5, Ln; EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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