Andreas Resch: Kajetan Catanoso


KAJETAN CATANOSO
(1879-1963)

PRIESTER UND GRÜNDER
DER KONGREGATION DER VERONIKA-SCHWESTERN
VOM HL. ANTLITZ

Selig: 4. Mai 1997
Heilig: 23. Oktober 2005
Fest: 4. April

KAJETAN CATANOSO wurde am 14. Februar 1879 als drittes von acht Kindern in Chorio di S. Lorenzo, Reggio Calabria, Italien, geboren und bald darauf auf den Namen Kajetan getauft. Die Eltern, Antonino Catanoso und Antonia Tripodi, waren Landbesitzer und vorbildliche Christen. Die Kindheit verbrachte der kleine Kajetan in seinem Heimatort, wo er auch die Volksschule besuchte.

Als er zehn Jahre alt war, trat er im Oktober 1889 in das Erzbischöfliche Seminar von Reggio Calabria ein, war aber in den ersten Jahren aus Gesundheitsgründen immer wieder gezwungen, für kurze Zeit in die Familie zurückzukehren. Während eines solchen Aufenthalts hielt er einmal – noch keine 15 Jahre alt – in der Kirche von Chorio spontan eine Predigt und zog damit die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich. Es war dies eine Begebenheit, die er als Vorwegnahme seiner Berufung zum Priester stets in Erinnerung behielt. Nach Beendigung der Studien erhielt Catanoso am 20. September 1902 die Priesterweihe. Er blieb dann als Präfekt im Seminar, bis er 1904 zum Pfarrer von Pentidattilo ernannt wurde, einer Pfarrei in den Bergen zum Ionischen Meer hin, wo er bis 1921 seelsorglich wirkte. Es handelte sich um eine kleine, abgelegene und armselige Ortschaft, in der Catanoso mit seinen Pfarrkindern ein Leben voller Entbehrungen führte und dabei täglich die Last der Rückständigkeit zu spüren bekam, die in Trägheit, Emigration und Resignation mündete. Sein priesterlicher Eifer und seine Tugenden brachten ihm rasch den Ruf eines heiligmäßigen Priesters ein, der ihm ein Leben lang anhaftete.

Catanosos priesterliches Wirken, seine gesamte seelsorgliche Tätigkeit, wurde bereichert durch das besondere Charisma, die Erlösung von den Sünden zu verbreiten. Diesen Gedanken fand er in der Verehrung des Heiligen Antlitzes verwirklicht, dessen Missionar er 1918 wurde, indem er sich in die Erzbruderschaft von Tours in Frankreich einschrieb und 1919 die Vollmacht erhielt, in Pentidattilo die „Pia Unione del Volto Santo“ (Fromme Vereinigung vom Heiligen Antlitz) zu errichten. 1921 gründete er das Blatt Il Volto Santo, das schon bald auf der ganzen Halbinsel Verbreitung fand und dann auch zum Propagandainstrument für das Werk der „Chierici Poveri“ (Arme Kleriker) wurde, das nach dem Ersten Weltkrieg zur Förderung der Priesterberufe entstand. Zur gleichen Zeit schloss er sich mit Begeisterung der von Hannibal Maria di Francia gegründeten „Heiligen Allianz“ an, um im Klerus das Gebet für Berufungen zu verbreiten.
Abgesehen von der Notwendigkeit guter Priester musste er feststellen, dass viele der in den Bergen verstreuten Dörfer – sei es aus geografischen Gründen oder mangels finanzieller Mittel – nicht in der Lage waren, Schwestern bei sich aufzunehmen, um der großen spirituellen und moralischen Armut zu begegnen, sich um die Kleinen zu kümmern und die seelsorgliche Arbeit zu unterstützen.

So hatte Catanoso schon in den zwanziger Jahren mit verschiedenen religiösen Instituten zwecks Katechese und Unterweisung in jenen armseligen Ortschaften des Aspromonte Kontakt aufgenommen. Nachdem diese von den sozialen, politischen und religiösen Gegebenheiten erfuhren, in denen sich Kalabrien und besonders die Diözese Reggio Calabria bei der Verwirklichung ihrer wohltätigen Werke befand, winkten sie ab. Andere wiederum wollten das Haus, die Möbel und so manches Institut auch den Garten. „Also blieb nichts anderes übrig, als etwas Eigenes zu schaffen“, berichtet Catanoso. „Die Schwestern, die ich wollte, sollten weder Haus noch Möbel noch Garten haben, sie sollten mit Armut gesegnet sein, keine Ansprüche stellen und alles als ein Geschenk Gottes ansehen. Ich holte sie mir aus dem Volk, einfache Geschöpfe, und schickte sie so, wie die Apostel unseres Herrn, ohne alles in jene Dörfer, die es am meisten nötig hatten.“ So erinnert er sich bewegt: „Noch im Jahre 1920, als ich die verstreuten Dörfer in den Bergen Kalabriens aufsuchte und in fast allen Pfarreien der Erzdiözese predigte, verspürte ich Beklemmung im Herzen beim Anblick der vielen unschuldigen Kinder, die dem Verderben preisgegeben waren, all der jungen Frauen ohne Führung und Lebensorientierung, der vielen ärmlichen und desolaten Kirchen mit ihren schmucklosen Tabernakeln, der leidgeprüften Priester ohne Beistand. Bei alledem kam mir der Gedanke – der sich bald zum Verlangen steigerte –, etwas zu tun, um diese Menschen in brüderlicher Manier zu unterstützen. Als Missionar des Heiligen Antlitzes wollte ich den Priestern Trost spenden und den Pfarreien dienlich sein. Dieses Vorhaben musste erst durch Gebet und Meditation zur Reifung gebracht werden, und so blieb der Wunsch nach der Kongregation, deren Gründung mir vorschwebte, zunächst für zehn Jahre in meinem Herzen verborgen.“

1921 wurde Catanoso zum Pfarrer von S. Maria della Candelora in Reggio Calabria ernannt, wo er bis 1940 blieb. Auch hier war er ein Priester für alle, fühlte sich als Teil des Volkes und teilte dessen Leiden und Hoffnungen nicht nur aus Mitgefühl, sondern vor allem aufgrund seines tiefen Glaubens und seiner Nächstenliebe. Er sorgte für eine Neubelebung der eucharistischen und marianischen Frömmigkeit im Volk, förderte den Katechismusunterricht, den Kreuzzug gegen die Blasphemie und die Profanierung der Feiertage. Er regte Volksmissionen an, die vor allem während der Fastenzeit und im Monat Mai gehalten wurden, und rief zu diesem Zweck die sogenannten „Fliegenden Truppen“ ins Leben, freiwillige Priester, die sich den Pfarrern bei Missionen und anderen besonderen Feierlichkeiten unentgeltlich als Prediger und Beichtväter zur Verfügung stellten.
Von 1921 bis 1950 war er gleichzeitig Beichtvater in verschiedenen religiösen Instituten und im Gefängnis von Reggio Calabria; von 1922 bis 1933 wirkte er als Kaplan der „Ospedali Riuniti“ und von 1922 bis 1949 als Spiritual des Erzbischöflichen Seminars.

1929 weihte sich Catanoso zusammen mit zwei anderen Priestern dem Heiligsten Herzen Jesu als „Liebespfand“, um sich auf sein bedeutendstes Werk, die Gründung der Kongregation der Veronikaschwestern vom Heiligen Antlitz, am 2. August 1934 vorzubereiten (Abb.), wobei er die Ausbildung der ersten Schwestern den Nonnen von der Heimsuchung in Reggio Calabria anvertraute und sich selbst die Unterweisungen über das Charisma des Instituts vorbehielt, das in der Sühneleistung und der Hingabe für die Bedürftigsten bestand. Von Dezember 1934 an setzte er seine ganze Energie für die Entwicklung der Neugründung ein. Am 14. Juli 1935 erfolgte dann die Einkleidung der ersten Schwestern und im Dezember desselben Jahres die Eröffnung des ersten Hauses in Riparo-Reggio Calabria.

Die Kongregation wurde für das immerwährende Sühnegebet und bescheidener Dienste im Hinblick auf Kult, Katechese und Hilfe insbesondere für Kinder, Jugendliche, Priester und alte Menschen errichtet – dies in den entlegensten und unwirtlichsten Gegenden, in denen sich Schwestern anderer Kongregationen nur schwerlich bereit erklärt hätten zu wohnen. Catanoso begleitete die ersten Schritte durch viele Schwierigkeiten hindurch, wobei er stets auf die Hilfe der Vorsehung vertraute und ständig wiederholte: „Ihr müsst in die völlig verlassenen Ortschaften gehen, dorthin, wo andere Kongregationen sich weigern hinzugehen.“ „Immer vorwärts und in Domino.“ 1938 zählte das Institut bereits acht Häuser.

Als Catanoso 1940 zum Kanonikus und Pönitentiar ernannt wurde, folgte ihm in der Leitung der Pfarre von Candelora sein Bruder Don Pasqualino nach. Im gleichen Jahr wurde der Bau von ein paar behelfsmäßigen Häusern im Stadtviertel von Spirito Santo in Reggio Calabria und einer dem „Heiligen Antlitz“ geweihten Kapelle fertiggestellt.

Gerade zu der Zeit aber, als sein Hauptaugenmerk der Entwicklung des von ihm neu errichteten Instituts galt, musste Catanoso eine seiner schwersten Prüfungen erdulden. Der Erzbischof, Msgr. Lanza, entzog ihm jegliche Vollmacht und setzte an die Spitze der Veronikaschwestern eine ehemalige Benediktinerin – eine Fehlentscheidung, die noch vom Erzbischof selbst korrigiert wurde.

Als diese traurige Angelegenheit 1952 zum Abschluss kam, überantwortete Catanoso angesichts seines prekären Gesundheitszustandes sein Vermögen und jenes des Instituts dem Erzbischof Msgr. Ferrero, der Msgr. Lanza 1950 nachgefolgt war. 1956 machte er sich dann an die Abfassung der Konstitutionen und im Jahr darauf begannen die Arbeiten für die Errichtung des Mutterhauses im Hinblick auf das erste Generalkapitel 1958.

Catanoso war ein tief innerlicher Mann – in Gebet und Opfer stets mit Gott verbunden – und lebte in evangelischer Armut. In Demut und Nächstenliebe übereignete er sich völlig den anderen, wobei er die Schwachen, Armen und Ausgegrenzten besonders bevorzugte; und überall hinterließ er deutliche Zeichen einer stark ausgeprägten Spiritualität. Aus diesem Grund wurde er – vielleicht einzigartig in der Geschichte des Diözesanklerus – von Anfang an „Padre“ genannt.

Sein letzter großer Traum, die schon 1953 geplante Errichtung einer dem Heiligen Antlitz geweihten Stätte, wurde allerdings erst 1972 vollends verwirklicht und der öffentlichten Verehrung zugänglich gemacht.

Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Catanoso, von körperlichen Leiden gezeichnet, in einem Zimmer der Veronikaschwestern vom Heiligen Antlitz in Reggio Calabria, wo er am 4. April 1963 starb, nachdem er die Tage vor seinem Tod in gewohnter Gelassenheit und im Gebet verbracht hatte.

Sein Grab befindet sich im Istituto delle Ancelle del Volto Santo, via Padre Gaetano Catanoso, 2, Reggio Calabria.

Am 4. Mai 1997 wurde Kajetan Catanoso von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4), XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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