Andreas Resch: Joseph Marello

JOSEPH MARELLO
(1844-1895)

BISCHOF UND GRÜNDER
DER KONGREG. DER
OBLATEN D. HL. JOSEPH
„GIUSEPPINI D’ASTI“

Heilig: 25. Nov. 2001
Fest: 30. Mai

JOSEPH MARELLO wurde am 26. Dezember 1844 als Sohn von Vincenzo Marello und Anna Maria Viale in Turin, Italien, geboren, wohin der Vater von San Martino Alfieri, einem Dorf bei Asti, gezogen war. Bei der Taufe am gleichen Tag erhielt der Kleine den Namen Joseph. Die erste Kinderzeit verbrachte er im Schoß seiner kleinen Familie in Turin. Als er vier Jahre alt war, verloren er und sein einziger Bruder Vittorio die Mutter mit erst 24 Jahren. 1852 kehrte der Vater, der in Turin einen großen Käsehandel betrieb, zum Zwecke einer soliden Ausbildung der beiden Söhne in sein Heimatdorf zurück, wo er Güter, Grundstücke sowie ein Haus erwarb und sich fortan der Landwirtschaft widmete. Er war ein guter Christ und erzog auch seine Söhne im christlichen Geist.

Joseph, der ein offenes, großzügiges, liebenswertes und freundliches Wesen hatte, verbrachte daher seine Jugend vom achten Lebensjahr an in San Martino Alfieri, wo er die Volksschule besuchte, als Ministrant am Pfarrleben teilnahm und auf Anfrage des Pfarrers den Katechismus unterrichtete.

1856 trat er in das bischöfliche Seminar von Asti ein. Nach Abschluss der Philosophiekurse beschloss er 1862, das Seminar zu verlassen, um sich in Turin für die kauf­männische Lehre anzumelden. Er fällte diese Entscheidung sowohl wegen der unruhigen politischen Situation als auch auf Drängen des Vaters hin. In Turin begeisterte er sich für die pastorale Arbeit unter den Menschen. Um 1863 machte er im Zuge einer schweren Typhuserkrankung mit Erlaubnis des Vaters das Gelübde, im Falle der Heilung wieder in das Seminar einzutreten. Nachdem er sich er­holt hatte, kehrte er noch im Stadium der Rekonvaleszenz dorthin zurück, um seinem Versprechen Rechnung zu tragen. Joseph schrieb seine Genesung zeitlebens der besonderen Fürsprache der Trostreichen Madonna zu.

Während der Theologiekurse und vor allem in der Vorbereitungsphase zur Priesterweihe verordnete er sich eine besondere Selbstbeherrschung, die auch auf die Kontrolle der Gedanken abzielte, um zu einer intensiven und dauernden Einheit mit Gott zu gelangen. Nach Beendigung der Studien wurde er am 19. September 1868 von Msgr. Carlo Savio zum Priester geweiht, der ihn auch sofort zu seinem Sekretär bestellte, ein Amt, das er bis zum Tod des Bischofs (1881) bekleide­te. Diese Wahl war von grundlegender Bedeutung für die priesterliche Formung Marellos, der in den ersten Amtsjahren nicht nur im Arbeitsrhythmus und bei der Erledigung seiner Aufgaben, sondern auch im Gebet und persön­lichen Gespräch in stetem Einklang mit dem Bischof handelte. Der Bischof erkor ihn in seinen letzten Jahren sogar zu seinem Beichtvater und bestimmte ihn am Schluss zu seinem Testamentsvollstrecker. Neben den Auf­gaben als bischöflicher Sekretär engagierte sich Marello in der Katechese der jungen Arbeiter, wobei er auch andere Priester, so den künftigen Kardinal Gamba, kooptierte.

Als Papst Pius IX. das Erste Vatikanische Konzil einberief, betrachteten Marello und seine Priesterfreunde dies als einen Kreuzzug der Kirche gegen die Materialisten, Freimaurer und Antiklerikalen, und so machte er sich daran, die Gläubigen zu sensibilisieren, indem er sie einlud, auf die Meinung des Heiligen Vaters zu beten. Marello hatte dann die große Freude, den Bischof persönlich zum Konzil zu begleiten, das am 8. Dezember 1869 eröffnet wurde. Die Konstitution Pastor aeternus über die Unfehlbarkeit des Papstes und die Proklamation des hl. Joseph zum Patron der Katholischen Kirche hinterließen bei ihm einen unauslöschlichen Ein­druck. Er öffnete sich einer tief katholischen Vision der Kirche und band sich mit all seinen Kräften an den Papst.

1872 versuchte Marello im Blick auf die großen Herausforderungen der Zeit, die mit aller Dringlichkeit nach einem aktiven Apostolat verlangten, in Asti eine Gemeinschaft des hl. Joseph zu gründen, welche nach dem Vorbild desselben die Interessen Jesu vorantreiben sollte, der sich als Erster in der Welt dieser Aufgabe verschrieb. Die Gemeinschaft sollte Klerikern wie Laien offenstehen und allein durch das Band der Nächstenliebe geeint sein. Ähnliche Organisationen entstanden in Turin, Florenz und Rom und bewirk­ten viel Gutes. Die von Marello initiierte Gemeinschaft von Asti ging allerdings über einige Versuche nicht hinaus.

Nach dem Tod des Vaters 1873 verspürte Marello neuerlich den Wunsch, sich von der Welt zurückzuziehen und Ordensmann zu werden. Er spielte mit dem Gedanken, sich für immer in ein Trappistenkloster zu begeben, wollte sich jedoch vorher noch mit seinem Bischof besprechen. Dieser riet ihm davon ab und meinte, dass der Herr ihn für andere Aufgaben ausersehen habe. Also versuchte er seinem Wunsch der völligen Hingabe an Gott durch die Gründung einer religiösen Gemein­schaft Rechnung zu tragen. Nach langem Gebet vernahm er deutlich den inneren Auftrag, eine Vereinigung von Laien-Oblaten ins Leben zu rufen, die Gott nach dem Beispiel des hl. Joseph dienen sollten. Er beriet sich mit seinem Bischof und auch mit Msgr. Luigi Anglesio, dem Obern des Cottolengo von Turin, die ihn beide in seinem Plan bestärkten. Sogleich machte er sich an die Arbeit, setzte eine erste Ordensregel auf und hielt nach ge­eigneten Personen Ausschau. Mit diesem Vorhaben wollte er das Ordensleben auch jenen Menschen zugänglich machen, die dies ernstlich wünschten, aber aus Studien- oder Altersgründen daran gehindert wurden. Zudem wollte er Ordensleute dazu ausbilden, die Jugend in christlichem Sinne zu unterweisen und das Volk für sein geistliches Interesse zu sensibilisieren. So entstand am 14. März 1878 beim Frommen Werk Michelerio in Asti die Kongregation der Oblaten des hl. Joseph mit zunächst vier Mitgliedern. Die Oblaten waren damals ausschließlich Laienbrüder ohne Ge­lübde. Sie lebten nach den ihnen vom Gründer auferlegten Grundsätzen: Lärm tut nicht gut, das Gute macht keinen Lärm; sprich wenig und arbeite viel; seid im Haus Kartäuser und außer Haus Apostel.

1883 trat der Priester Giovanni Battista Cortona in die Kongregation ein. Das wurde von Marello als Zeichen dafür gewertet, dass sich die Kongregation auch mit Berufungen zum Priestertum befassen und die als geeignet erscheinen­den Oblaten darauf vorbereiten sollte. Don Cortona wurde Marellos rechte Hand und sein erster Nachfolger in der Leitung der Kongregation. 1901 erhielt das Institut die diözesane, 1909 die päpstliche Approbation und erweiterte seinen Wirkungsbereich durch die Eröffnung von Missionen.

Marello vermittelte seiner religiösen Gemeinschaft, insbesondere durch das Beispiel, die Lehre von der Nächstenliebe vor allem gegenüber jenen Personen, die vom Glück weniger begünstigt waren. Die Sensibilität für solche Menschen hatten ihm seine Eltern mitgegeben. Die ersten Leintücher für die Patienten des Cottolengo in Turin hatte sein Vater bereitgestellt. 1982 übernahm Marello von Signor Cerrato das Werk der chronisch Armen und verlegte dieses 1883 in den alten Konvent der hl. Klara, wo er mit Zustimmung des Bischofs die Kirche der hl. Agnes wieder für den Gottesdienst zugänglich machte, ein Kolleg für die Berufung armer Priesterkandidaten und ein Waisenhaus errichtete. In der Leitung des Werkes wurde er von seinen Oblaten unterstützt.

Inzwischen dachte der Bischof von Asti, Msgr. Giuseppe Ronco, über die Nachfolge des Bischofs von Acqui nach und bedachte Marello in seinem Empfehlungsschreiben an den Heiligen Stuhl mit höchstem Lob: Kanoniker der Kathedrale (1879), Kanzler der bischöflichen Kurie (1881), Erzdiakon (1886), Prosynodaler Prüfer (1887) sowie kostbare Perle des Priestertums, geduldiger Beichtvater, eifriger Prediger, allen zugänglich, von aufrechter Gesinnung, mit einem großzügigen Herz und höchst erbaulichem Betragen, einer echten, ehrlichen und tiefen Frömmigkeit, umsichtig in der Beratung, sorgfältig und konsequent im Handeln, stark und milde zugleich in seiner Amtsführung.

Am 23. November 1888 wurde Marello mit 44 Jahren zum Bischof von Acqui ernannt; die Weihe erhielt er am 17. Februar 1889 in Rom. Am 16. Juni des Jahres zog er in Acqui ein. In der kurzen Zeit seines Episkopats – sechseinhalb Jahre – verstand er es, Güte und Strenge zu vereinen, wobei es ihm ge­lang, die Sympathien von Klerus und Gläubigen gleichermaßen zu gewinnen. Er bereiste die gesamte Diözese und wurde überall, wo er hinkam, wie ein Heiliger empfangen. In seinem pastoralen Wirken förderte er den Katechis­mus, die christliche Erziehung der Jugend, die Missionen, das christliche Zeugnis. Sechs Hirtenbriefe verfasste er für die Schäflein seiner Diözese, worin er den Eltern weise Ratschläge für die Erziehung der Kinder gab, zu einem offenen Bekenntnis des Glaubens aufrief, den Katechismus als Mittel zur Verbesserung der Gesellschaft anpries und allen den missionarischen Einsatz ins Bewusstsein rief.

Gleichzeitig trug er weiterhin Sorge für seine Kongregation und als er ahn­te, dass diese nur noch kurze Zeit bestehen würde, bot er dem Herrn sein Leben für ihre Rettung an – ein Anliegen, das Marello zeitlebens auf den Lippen trug.

Als er eingeladen wurde, gemeinsam mit den Piaristen den dreihundertsten Todestag des hl. Philipp Neri zu feiern, begab er sich nach Savona, einem beliebten Ziel, um sich beim Heiligtum Unserer Lieben Frau von der Barmherzigkeit in marianischer Frömmigkeit zu üben. Dort starb er am 30. Juni 1895 im Alter von 51 Jahren im Ruf der Heiligkeit.

Nachdem seine sterblichen Überreste 28 Jahre lang auf dem Friedhof von Acqui bestattet gewesen waren, wurden sie exhumiert und am 30. Juni 1923 feierlich nach Asti übertragen, um dort im Mutterhaus seiner Kongregation beigesetzt zu werden, wo sie nun in der Basilika San Giuseppe d’Asti, dem spirituellen Zentrum der Oblaten, ruhen.

Am 25. November 2001 wurde Joseph Marello von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen, der ihn am 26. September 1993 seliggesprochen hatte.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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