Andreas Resch: Josef Manyanet

JOSEF MANYANET
(1833-1901)

GRÜNDER
DER KONGREGATION DER SÖHNE VON DER HEILIGEN FAMILIE
UND DES INSTITUTS DER MISSIONARINNEN DER HEILIGEN FAMILIE VON NAZARETH

Heilig: 16. Mai 2004
Fest: 17. Dezember

JOSEF MANYANET wurde am 7. Januar 1833 in Tremp, Provinz Lleida/Diözese La Seu d’Urgell, in Katalonien, Spanien, als letztes von neun Kindern der Eheleute Antonio Manyanet und Bonaventura Vives geboren und noch am gleichen Tag auf den Namen Josef getauft. Im Alter von 20 Monaten verlor er den Vater. Seine Mutter brachte ihm die ersten Gebete bei und weckte in ihm die Verehrung der Jungfrau Maria und des hl. Josef.

Der Priester Valentino Lledós, Benefiziat der ehemaligen Kollegiatkirche der Stadt, war seit dem Tod von Josefs Vater sein Förderer und später sein Spi­ritual. Er bereitete ihn auf die Erstkommunion vor, die er mit sieben Jahren empfing. Schon von Kindheit an zeigte Josef einen ausgeprägten Hang zur seel­sorglichen Arbeit. So pflegte er seine Kameraden bei sich zu Hause zu versam­meln und in der christlichen Lehre zu unterweisen.

Um die Priesterlaufbahn einzuschlagen, wozu er sich berufen fühlte, musste Josef seine Heimatstadt verlassen. Die Gymnasialjahre verbrachte er in den „Frommen Schulen“ von Barbastro (1845-1850), das Philosophiestudium absolvierte er im Diözesanseminar von Lleida (1850-1853). Zur Finanzierung seines Studiums führ­te er das Dasein eines Werkstudenten und arbeitete als Privatlehrer. In jenen Jahren feilte er – insbesondere nach seiner Firmung am 30. Mai 1849 – fortwährend an seiner priesterlichen Berufung.

Während des Theologiestudiums im Seminar von La Seu d’Urgell (1853-1859) berief ihn der dortige Bischof in seinen Arbeitsstab. Josefs Fleiß und Loyalität waren so herausragend, dass der Bischof selbst seine geist­liche Führung und die Leitung seiner Studien übernahm. Am 9. April 1859 weihte er ihn zum Priester und ernannte ihn anschließend zum Seminarbi­bliothekar, zum Verwalter des Besitzes der bischöflichen Kurie und zum Sekretär auf Pastoralreisen. Er hätte dem jungen eifrigen Priester noch weitere Aufgaben übertragen, wenn dieser nicht höflich abgelehnt hätte, weil er sich zu einer anderen Tätigkeit be­rufen fühlte: dem Apostolat.

Nach zwölf Jahren Arbeit in der Diözese d’Urgell im Dienste des Bischofs José Caixal, die diesen zur Aussage veranlassten: „Ich habe nie in meinem Leben jemanden ge­troffen, der mich so verstanden hat und der so um meine Angelegenheiten bemüht war wie Manyanet“, zog er es vor, sich der Erneuerung der Familien zu wid­men, die durch den damaligen ungesunden Zeitgeist stark gefährdet waren. Um diese umfangreiche und dringliche Aufgabe erfüllen zu können, spielte er mit dem Gedanken, eine Gruppe von Gefolgsleuten um sich zu scharen, die seine Ideale teilten, und zwei religiöse Institute zu gründen mit dem Zweck, einerseits die Hl. Familie von Nazareth, jenes von Gott gegebene Modell der Familie, nachzuahmen und zu ehren, andererseits vor allem durch die katholische Erziehung und Ausbildung der Jugend christliche Familien heranzubilden.

Bereits seit geraumer Zeit hatte Manyanet die Gefahren erkannt, welche das christliche Leben der Men­schen bedrohten, vor allem die von den Gesetzgebern und Regierenden der damaligen Zeit ausgehenden Säkularisierungsbestrebun­gen, die auf Theorien aus der Französischen Revolution zurückgingen. Schon das Revolutionsdekret vom 20. September 1792 hatte festgelegt, dass – wenn eine Ehe praktisch als gescheitert galt – die Scheidung zu genehmigen sei. Durch den Code Napoleón fand diese These Verbreitung in Europa und Amerika. Die Einführung solcher Ideologien in den Bereich der Familie, vor allem durch die Unterweisung der Kinder und Jugendlichen durch Laien, war Gegenstand langer Gebetsnächte und des Studiums von Manyanet während seiner Arbeit mit dem Bischof von d’Urgell. Schließlich erkannte er, dass die Antwort, die Gott zu­gunsten der Formung und Festigung der Familie von ihm forderte, darin be­stand, den jungen Leuten eine echte katholische Erziehung zu ver­mitteln, dergestalt, dass sie die Harmonie der Familie von Nazareth leben konnten. In dieser fand Manyanet nicht nur Art und Ziel seiner persönlichen Heiligung und sei­nes Apostolats verwirklicht, sondern auch den besonderen Plan Gottes für alle christlichen Familien und deren Unternehmungen.

1864 gründete Manyanet die Kongregation der Söhne von der Hl. Familie, Jesus, Maria und Joseph. Am 2. Februar 1870 legte er mit seinen Gefährten der ersten Stunde in der sich langsam konsolidierenden Gemeinschaft die zeitli­chen Gelübde ab. Am 30. April 1887 konnte er mit Genugtuung das „Decretum Laudis“ entgegenneh­men. Inzwischen, genau am 28. Juni 1874, hatte er auch den weiblichen Zweig mit der Bezeichnung Missionstöchter von der Hl. Familie, Jesus, Maria und Joseph ins Leben gerufen mit dem Zweck, die zum Wohle der Familie begonnene Arbeit kontinuierlich auszuweiten und, im Gehorsam gegen den Bischof, die von Mutter Anna Maria Janer gegründeten Schwestern zu integrieren. Das Werk trug somit den Keim der Trennung bereits in sich. 1879 wurde Manyanet als Generaloberer abgesetzt, hatte aber am 2. März 1894 die Möglichkeit, den weiblichen Zweig unter dem Namen Töchter des Hl. Hauses von Nazareth neu zu konstituieren.

In seinem Buch Der Geist der Heiligen Familie oder Meditationen für Ordensfrauen schreibt er: „Welch große Gnade hat der Herr uns durch die Berufung zu diesem seinem Institut erwiesen, das er mit der wunderbaren Bezeichnung Söhne der Heiligen Familie ehren wollte! Allein schon der Name muss uns mit Hoffnung und heiliger Freude erfüllen und uns gleichzeitig stets daran erinnern, dass wir dazu berufen sind, mit größtmöglicher Vollkommenheit jene Tugenden in uns zur Entfaltung zu bringen, die uns unsere geliebten „Vorbilder“, Jesus, Maria und Joseph, auf so wunderbare Weise vorgelebt haben.“

Um die Verehrung der Hl. Familie weiter zu fördern, verfasste er mehrere Bücher und Broschüren. Besonders in seinem Buch Die Schule von Nazareth oder Haus der Hl. Familie (1885) und in Kostbares Kleinod Familie (1899) illustriert er zusammenfassend seine Vorstellung vom christlichen Leben. Während er im einen seine von der Hl. Familie inspirierte Spiritualität und die Vertraut­heit der Seele mit Jesus, Maria und Joseph beschreibt, befasst er sich im anderen mit allen großen Themen, die Ehe und Familie betreffen. Weitere Werke behan­deln pädagogisch-didaktische Themen, z. B.: Praktische Anleitung oder praktische und sichere Methode zur Führung von Schulkollegien (1886); polemisch- apologetische Themen, wie: Jüdisches Europa (1886); juristisch-organisatori­sche Themen, wie: Kompendium der Konstitutionen und Regeln (1882); pastoral-volkstümliche Themen, wie: Predigten, Homilien, Lobreden, liturgisch-­devotionale Themen, wie: Zeremoniale für Ordensfrauen (1894). Durch all diese Werke zieht sich ein roter Faden: die Verehrung der Hl. Familie und die Sorge, der Gesellschaft nach dem Vorbild der Familie von Nazareth gesunde, religiöse und heilige Familien zu sichern.

Darüber hinaus gründete Manyanet die Zeitschrift La Sagrada Familia (1899), das Organ zur Verbreitung der Verehrung der Hl. Familie, und forcierte die Errichtung der Kirche „Sagrada Familia“ in Barcelona, welche die Tugenden von Nazareth verewigen und Zentrum und Heimat der christlichen Familien werden sollte.

In der Hl. Familie von Nazareth entdeckte Manyanet auch die Wurzeln seiner Pädagogik: das Aufwachsen Jesu in harmonischer Umgebung, die liebende Fürsorge von Maria und Joseph; Voraussicht, Ansporn und persönlicher Kontakt sind seine Zielsetzung bei der religiösen Formung der Familie. So war Manyanet, anders als bei der säkularen Unterweisung von Kindern und Jugendlichen, der Überzeu­gung, dass „eine solide katholische Erziehung und Ausbildung der Jugend durch Priester und Ordensleute, die ,ad hoc“ von Gott dazu berufen wur­den – nach meinem bescheidenen Urteil –, das geeignetste, einfachste und praktischste Mittel ist, um die Familie und mit ihr die Gesellschaft zu refor­mieren und sie wieder in ihr Zentrum – die Katholische Kirche – zurückzuführen“. Und dieses an der Hl. Familie orientierte pädagogische System gab er an die Söhne und Töchter seiner Kongregationen weiter.

Manyanets Werk fand auch Anklang in der Öffentlichkeit. So wurde ihm am 7. August 1887 per königlichem Dekret die staatliche Anerkennung zuteil, und am 2. Juni 1901 erhielt er schließelich die kanonische Approbation aus Rom. Endgültig anerkannt wurde die Frauenkongregation unter der Bezeichnung Missionarinnen der Hl. Familie von Nazareth am 10. Mai 1958. Am 8. Dezember desselben Jahres wollte Manyanet das Fest der Unbefleck­ten Empfängnis feierlich begehen, doch neigte sich sein Leben bereits dem Ende zu. Kräftemäßig erschöpft und von starken Schmerzen geplagt starb er – unter Anrufung von Jesus, Joseph und Maria – am 17. Dezember 1901 in Barcelona. Sein Tod war die Krönung eines edlen und intensiv gelebten Lebens. Die sterblichen Überreste ruhen heute in der Kapelle der Pfarrkirche „Jesus, Maria und Joseph“ in San Sebastià, 55, Barcelona, Spanien.

Manyanets Einsatz zur Verehrung der Hl. Familie trug reiche Frucht und fand schließlich durch das erlauchte Wort der Päpste Leo XIII., Pius X. und Benedikt XV., die das Fest der Hl. Familie bestätigten und weiter förderten, erstaun­liche Verbreitung. Seine Institute sind heute über verschiedene Länder Euro­pas, Nord- und Südamerikas sowie Afrikas verstreut.

Am 16. Mai 2004 wurde Josef Manyanet von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen, der ihn am 25. November 1984 seliggesprochen hatte.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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