Andreas Resch: Johannes Sarkander

JOHANNES SARKANDER
(1576-1620)

DIÖZESANPRIESTER
UND MÄRTYRER

Heilig: 21. Mai 1995
Fest: 17. März

JOHANNES SARKANDER wurde am 20. Dezember 1576 als Sohn von Gregor Matthias Sarkander und Helena Gurecka geb. Kornicz, für die es die zweite Ehe war, in Skoczow in Schlesien, damals Fürstentum von Cieszyn, geboren, das 1291 Teil des Böhmischen Reiches war. Bei der Taufe erhielt er den Namen Johannes. Die Mutter gehörte einer Linie des adeligen Rittergeschlechts von Kornicz an. Der Vater war vermutlich einfacherer Abstammung, ein Adelstitel ist nirgendwo belegt. Johannes wurde im Schoß der Familie zu einem soliden christlichen Leben erzogen. Nach dem Tod des Vaters 1589 übersiedelte die Mutter mit ihm sowie drei weiteren Söhnen und einer Tochter zu Matthäus, ihrem Sohn aus erster Ehe, nach Pribor in Mähren, wo Johannes die Pfarrschule besuchte.

1593 trat er in das Kolleg der Jesuiten in Olmütz ein, um dort die höheren Studien fortzusetzen. Bereits 1597 wurde er zum Philosophiestudium zugelassen, doch wurde die Schule 1599 wegen der Pest geschlossen. So war Johannes gezwungen, die Philosophiestudien am Kolleg der Jesuiten in Prag abzuschließen, wo er am 13. Mai 1600 eintraf und am darauffolgenden 20. Oktober aufgenommen wurde. Nach Abschluss der Kurse in Logik und Physik erlangte er 1602 den Grad eines „Magister“ und am 9. Mai 1603 das Doktorat in Philosophie.

Bis zur Einschreibung an der Theologischen Fakultät von Graz, Österreich, am 6. September 1604 gibt es keinerlei Hinweise über seine Tätigkeit. Zwei Jahre später unterbrach er kurz die Studien, um sich nach einer Beschäftigung umzusehen. Am 3. September 1606 schloss er in Mähren einen „Heiratsvertrag“ mit Anna Platská aus einer vornehmen lutherischen Familie. Ob die Hochzeit stattgefunden hat, ist nicht bekannt. Sicher ist, dass er im gleichen Jahr in Brünn ein Haus und in Klobouky einen Weinberg kaufte. Es ist daher anzunehmen, dass er sich für eine Familiengründung entschieden hatte. Wegen des frühen Todes seiner Verlobten scheint er seine Absichten dann allerdings geändert zu haben.

Sarkander setzte daraufhin das Theologiestudium fort, bestand am 21. Dezember 1607 die Schlussprüfungen vor dem Erzdiakon von Olmütz und erhielt am Tag darauf die niederen Weihen. Am 19. März 1608 wurde er vom Weihbischof von Olmütz zum Diakon und am folgenden 22. März in Brünn zum Priester geweiht. Er wirkte daraufhin an sieben Orten als Seelsorger: in Jaktar und Unczow bei Opawa, wo er seinem Bruder Nikolaus, dem dortigen Pfarrer, bei seiner Arbeit half, was er allerdings bald wieder bleiben ließ. 1609 wurde er stellvertretender Pfarrer von Uničov, das er verlassen musste, weil er mit seinem Bruder eines Komplotts gegen den Kaiser von Österreich verdächtigt wurde. Nachdem man ihn für unschuldig befunden hatte, wurde er 1611 als Pfarrer nach Charváty bei Olmütz versetzt, wo er in eine Kontroverse mit den Pfarrangehörigen geriet, weil er ihnen die Volksgesänge in der Kirche nicht zugestehen wollte, weshalb er selbst von Kardinal Dietrichstein auf das Heftigste gerügt wurde. Nachdem er auch diese Pfarre verlassen hatte, ging er eine Zeitlang keinen speziellen Aufgaben nach. Schließlich wurde er zum Pfarrer von Zdounek ernannt, wo er die von dem Jesuiten Johannes Drachovský von Olmütz begonnene spirituelle Erneuerung mit großem Eifer fortsetzte. Bald darauf wurde ihm 1613 die schwierige Pfarrei von Boskovice zugeteilt, einer Stadt, die berüchtigt war für die Aktivitäten der sog. „Böhmischen Brüder“. Wahrscheinlich war Sarkander auch Dekan des Distrikts, weil er am 20. Februar 1616 den Konventualen Benedikt Spiškv aus Brünn in die Pfarrei von Ráiec einführte.

Die „Böhmischen Brüder“ waren eine religiöse Gemeinschaft, die aus ehemaligen Mitgliedern der Hussitenbewegung um die Mitte des 15. Jahrhunderts in Prag entstand. Nachdem sie sich entlang der Grenzen von Schlesien und Mähren festgesetzt hatte, erlosch die Gruppe im 17. Jahrhundert durch die von der Gegenreformation auferlegte Zwangsbekehrung zum Katholizismus. Die wenigen noch verbliebenen Anhänger mussten das Land verlassen und siedelten sich 1722 in den Ländereien des Reformators Nikolaus von Zinzendorf in Herrnhut in Sachsen an.

Am 26. April 1616 wurde Sarkander zum Pfarrer der Stadt Holešov ernannt, dem Sitz von Ladislaus Popel von Lobkovic, seit 1604 Statthalter von Mähren, dessen Berater und Beichtvater er wurde. Von Lobkovic überantwortete die Kirche von St. Anna den Katholiken und wandelte das von den „Böhmischen Brüdern“ besetzte Haus in ein Kolleg der Jesuiten um. Diese vertrauten die Kirche dann dem neuen Pfarrer an, der mit ihrer Hilfe ca. 250 Brüder bekehrte.

Der Enthusiasmus und das Programm Sarkanders zur katholischen Wiederbelebung der Pfarrei stieß jedoch schon bald auf große Schwierigkeiten, weil er sich den Hass des reichen antikatholischen Grundbesitzers Bitowsky aus Bystritz zuzog. Äußerst problematisch wurde die Situation nach dem Aufstand der böhmischen, größtenteils protestantischen, Adeligen zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges 1618 gegen das Habsburgerreich. Von Lobkovic, Sarkanders Protektor, wurde seines Amtes enthoben und in Brünn eingekerkert, und die Jesuiten wurden gezwungen, Holešov am 17. Mai 1619 zu verlassen. Pfarrer Sarkander, nunmehr auf sich gestellt, wurde zum Hassobjekt für die protestantische Mehrheit von Holešov und begab sich schließlich, ermuntert durch die Pfarrangehörigen und in Erwartung besserer Zeiten, auf eine Wallfahrt zur Madonna von Czenstochau. Anschließend hielt er sich von Juli bis November 1619 in Rybnik in der Nähe von Ratibor auf dem Terrain der Familie Lobkovic auf.

Hier erreichte ihn ein Brief des in der Zwischenzeit freigekommenen Lobkovic, der ihn einlud, in seine Pfarrei zurückzukehren. In seiner Antwort vom 22. Oktober 1619 schrieb Sarkander, dass er sich nicht abgesetzt habe, weil er die Wölfe fürchtete – denn ein guter Hirte müsse seine versprengte Herde beschützen und bereit sein, für deren Heil auch sein eigenes Leben hinzugeben –, sondern vielmehr, weil er Angst hatte, durch seine Anwesenheit zu schaden. Er bot ihm deshalb an, lediglich als Kaplan Dienst zu versehen, doch Lobkovic nahm diesen Vorschlag nicht an, und so machte sich Sarkander Ende November 1619 auf den Rückweg. Polen zu verlassen, erwies sich jedoch als fatal. Im Februar 1620, während des Dreißigjährigen Krieges, zog die Kavallerie des polnischen Königs Sigismund II. Vasa (1587-1632) plündernd und brandschatzend durch Schlesien und Mähren, um dem Kaiser von Österreich zu Hilfe zu eilen. Als sich die Abordnungen der Kosaken Holešov näherten, ging ihnen Sarkander mit seinen Gläubigen in einer Prozession mit dem Allerheiligsten entgegen. Der Effekt war, dass Holešov von Plünderungen verschont blieb. Dieses Ereignis steigerte jedoch das Misstrauen der mährischen Adeligen.

Der neue oberste Richter von Mähren, der Protestant Wenzeslaus Bitovský, ließ alle Priester der Region einsperren. Sarkander versteckte sich, indem er zunächst auf die Burg von Tovaćov und dann in die nahegelegenen Wälder flüchtete. Dort wurde er gefangen genommen und in Ketten nach Olmütz gebracht. Bitovský beschuldigte ihn, das Vaterland verraten und den militärischen Angriff der polnischen Truppen provoziert zu haben. Dies war jedoch nur ein politischer Vorwand, denn die Behandlung, die dem inhaftierten Priester im Verlauf von vier Verhören mit grausamen Folterungen zwischen dem 13. und 18. Februar 1620 unter alleinigem Vorsitz protestantischer Richter beschieden war, rührte von seinem Hass auf dessen Glauben her und zielte darauf ab, ihm das Geständnis abzuringen, für die Intervention der Kosaken verantwortlich zu sein. Der einzige katholische Richter, Johannes Scintilla, war gezwungen, daran teilzunehmen, ohne einschreiten zu können.

1621 unterbreitete Scintilla dem Bischof, Franz Kardinal von Dietrichstein, einen Bericht über das ganze Geschehen. Die Fragen waren: Wer rief die Truppen ins Land? In welche geheimen Machenschaften in Polen war Sarkander verwickelt? Was hatte ihm Lobkovic anvertraut? Als dessen Berater und Beichtvater musste er von dem Plan, Mähren militärisch anzugreifen, Kenntnis gehabt haben. Sarkander verteidigte sich mit der Aussage, dass ihm in der Beichte nichts dergleichen mitgeteilt worden sei, doch selbst wenn, hätte er – auch um den Preis, dafür in Stücke gehauen zu werden – nichts gesagt.

Nachdem sich Sarkander nicht dazu drängen ließ, das Beichtgeheimnis zu verletzen, wurden zwei- bis dreistündige Folterungen angesetzt. Er wurde der Tortur mit dem Spanischen Bock unterzogen, es wurden ihm Verletzungen und Verbrennungen mittels angezündeter Kerzen beigebracht, der Körper wurde mit in Öl getränkten Federn sowie mit Pech und Schwefel bestrichen. Das letzte grausame Verhör dauerte drei Stunden und wurde erst nach wiederholten Protesten des Richters Scintilla abgebrochen. Sarkander aber überlebte die erlittenen Folterungen nicht. Nach einem Monat unerträglichen Leidens starb er am 17. März 1620 im Kerker.
Die Nachricht von seinem grausamen Tod verbreitete sich in Windeseile und führte zur Verehrung des Priesters Sarkander bis in unsere Zeit. Bereits 1620 wurde in Paris ein Büchlein über die unmenschlichen Torturen veröffentlicht. Davon überzeugt, dass das eigentliche Motiv für den Prozess religiöser Natur war, betrachteten ihn seine Zeitgenossen als Glaubensmärtyrer, bekleideten seine sterblichen Überreste mit den Paramenten, sammelten Reliquien von seinem Blut sowie Splitter von der Folterbank, auf der man ihn gemartert hatte. In Olmütz sind die Folterwerkzeuge ausgestellt.

Sarkanders Leichnam wurde zunächst in der Kapelle St. Lorenz in der Kirche der Madonna von Předhradí bei Olmütz beigesetzt. Als die Kirche für den Kult geschlossen wurde, kamen die Gebeine in die Kirche von St. Michael, von wo aus der Großteil der Reliquien nach der Seligsprechung 1860 in die Kirche St. Wenzelaus in Olmütz, Tschechische Republik, übertragen wurde.

Am 6. Mai 1860 wurde Johannes Sarkander von Papst Pius XI. seliggesprochen und am 21. Mai 1995 von Papst Johannes Paul II. in Olmütz heiliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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