Andreas Resch: Johannes Nepomuk von Tschiderer zu Gleifheim


JOHANNES NEPOMUK VON TSCHIDERER
ZU GLEIFHEIM
(1777-1860)

BISCHOF VON TRIENT

Selig: 30. April 1995
Fest: 3. Dezember

JOHANNES NEPOMUK VON TSCHIDERER ZU GLEIFHEIM, Sohn des Josef Joachim von Tschiderer zu Gleifheim und der Katharina de’ Giovanelli von Geralburg und Hortenberg, wurde am 15. April 1777 in Bozen, Südtirol, geboren und, damaligem Brauch entsprechend, noch am gleichen Tag auf den Namen Johannes Nepomuk getauft.

Er bekam eine solide und tief christliche Erziehung, vor allem seitens der Mutter, und zeigte schon von klein auf einen ausgeprägten religiösen Eifer. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in Bozen, wo er zunächst die Volksschule besuchte, um dann 1786 in das Franziskanergymnasium zu wechseln. 1792 zog Johannes zu seiner mittlerweile nach Innsbruck übersiedelten Familie, besuchte dort das Lyzeum und anschließend den Kurs für Philosophie und Theologie an der Universität. Aufgrund des vom Josephinismus beeinflussten Klimas stellte der Schulwechsel von Bozen nach Innsbruck den jungen Studenten auf eine ziemlich harte Probe. Mit Hilfe des Franziskanerpaters Herkules Oberrauch, der ihn mit Rat und Tat begleitete, gelang es ihm, sich seine religiöse Identität zu bewahren. Am 9. März 1800 erhielt er in Innsbruck die niederen Weihen. Am 22. und 24. Juni desselben Jahres wurde er in Trient zum Subdiakon und zum Diakon geweiht, bevor er dann am 27. Juli die Priesterweihe empfing.

Nachdem Tschiderer einige Zeit seelsorglich in Südtirol gewirkt hatte – zunächst in Klobenstein, wo die Familie immer ihre Ferien verbrachte; dann für zwei Jahre als Kaplan des Pfarrers in Lengmoos – unternahm er aus religiösen Gründen und zu Studienzwecken eine mehrmonatige Wallfahrt nach Rom. Die dabei gewonnenen Eindrücke prägten sich ihm tief ein und begleiteten ihn ein Leben lang. Bei seiner Abreise sagte der Pfarrer, der die Tugenden von Johannes inzwischen kannte, auf die verschiedenen Fragen, dass er ihn lieber nie kennengelernt hätte als jetzt denken zu müssen, er würde nicht mehr wiederkommen.

Nach seiner Rückkehr in die Diözese nahm Tschiderer seine pastorale Arbeit wieder auf, zuerst in der Pfarrei von Unterinn, dann ab November 1804 in Ulten, wobei er sich mit großem Eifer der Seelsorge und dem Studium widmete. Im Jahre 1807 wurde er von seinen Oberen dazu berufen, in dem von den Bayern und anschließend von den Österreichern besetzten Diözesanseminar Pastoraltheologie zu unterrichten. Nach kaum zwei Jahren Lehrtätigkeit wurde er 1810 Pfarrer von Sarnthein. Nach seiner Ankunft im Ort widmete er sich mit ganzer Kraft seiner pastoralen Tätigkeit, wobei er besonders durch sein Verständnis als Beichtvater und seinen Einsatz für das geistige Wohl des Einzelnen, vor allem im Hinblick auf die Armen und Kranken, beeindruckte. So berichtet P. Riegler: „Eines schönen Tages, als ich noch Lehrer bei einer Adelsfamilie in Bozen war, begab ich mich mit dieser und mit anderen nach Sarnthein, um den Ehrw. Diener Gottes zu besuchen… Beim Mittagessen sagte ihm ein Bauer, dass seine kranke Frau ihn gerne sehen würde. Sofort verließ der Diener Gottes die ehrbare Gesellschaft und eilte zu der Kranken.“ Johannes interessierte sich nicht nur für die aktuellen Probleme, sondern dachte auch über dauerhafte Lösungen nach. Zu diesem Zweck errichtete er in Sarnthein einen Fond zur Unterstützung der Armen, um ihnen auf diese Weise besser und langfristig helfen zu können.

Am 15. Oktober 1819 wurde Tschiderer zum Pfarrdechant von Meran ernannt, wo er sein Apostolat mit Schwung und Eland fortsetzte. Schon bald war er vor allem als Vertrauensperson sehr gefragt. „Als Beichtvater war er liebenswürdig und freundlich, verstand es die Leute einzuschätzen und zu trösten und ihre Sympathie dermaßen zu gewinnen, dass alle gern zu ihm kamen.“ Auch als Bezirksschulinspektor für sämtliche Erwachsenenschulen des Dekanats, die er jedes Jahr besuchte, war er sowohl beim Lehrpersonal als auch bei den Schülern sehr anerkannt, die seinem Besuch „ob seiner liebenswerten Art“ stets mit Freude entgegensahen. Armen Studenten gegenüber erwies er sich als besonders wohlwollend. So ließ er jeden Morgen für ungefähr acht von ihnen das Mittag- und Abendessen zubereiten… Mittellose Studenten erhielten zudem finanzielle Unterstützung.

1826 wurde Tschiderer zum Kanoniker von Trient und 1827 zum stellvertretenden Generalvikar von Trient für Südtirol ernannt. Diese beiden Ämter verlangten besonderen Einsatz. So oblag ihm größtenteils die Leitung des deutschsprachigen Teils der Diözese und es waren ständig Dinge aus der Vergangenheit aufzuarbeiten. „Dennoch bewältigte er die immense Arbeit nicht nur mittels präziser Sachkenntnis, sondern auch in beständiger Gelassenheit.“ Schonung kannte er nicht. Er hatte auch keinen eigenen Haushalt, sondern wohnte in Untermiete und nahm am Mittagstisch des Seminars teil.

Aufgrund seiner großen Geistesgaben und seiner Herzenswärme wurde Tschiderer 1832 zum Bischofsvikar von Brixen für Nordtirol ernannt und gleichzeitig zum Titularbischof von Elenopoli mit Residenz in Feldkirch, Vorarlberg, gewählt. Die Bischofsweihe erfolgte am 20. Mai 1832 in Innsbruck. Auch in Vorarlberg „schätzte man ihn als Mann der Tugenden… er gründete einen Fond aus seinen eigenen Rücklagen… , um mit dem Ertrag die Pensionen der Lehrer zu gewährleisten“.

Zwei Jahre später, 1834, nach der Versetzung von Fürstbischof Franz Xaver Luschin von Trient nach Leopoli, wurde er auf dessen Anweisung hin zum Bischof von Trient ernannt und begann sein Amt am 3. Mai 1835 unter dem Titel eines Fürstbischofs, der seinem Vorgänger von Kaiser Franz I. von Österreich sine re zurückerstattet worden war.

Er leitete die Diözese mit Umsicht und pastoralem Eifer und verwandte seine ganze Energie auf die Visitation selbst hochgelegener Pfarreien, auf die Katechese und die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Schrift, auf die Hilfe für die Armen und Kranken und die Unterstützung missionarischer Arbeit. Die 700 Seelsorger und 1.400 Priester hatten in ihm einen verständnisvollen Führer und einen wachsamen Hirten, was die katholische Rechtgläubigkeit und den Gehorsam gegenüber dem Hl. Stuhl anbelangte, die damals vom sog. Josephinismus bedroht waren. Nicht nur spirituell, sondern auch finanziell bekämpfte er in hochherziger Weise die Armut der Priester.

Während er selbst mit wenig zufrieden war, zeigte er sich großzügig, was die Gestaltung der Gottesdienste, die Marienverehrung und die Gewandung des Klerus anbelangte. Bei der Masern- und Choleraepidemie in den Jahren 1831, 1835 und 1855 bewies er in der Diözese eine echte christliche Heroizität. 1845 feierte er zum ersten Mal die Wiederkehr des 300. Jahrestages der Eröffnung des Konzils von Trient unter Teilnahme sämtlicher Bischöfe der Nachbardiözesen. In den Kriegen von 1848 und 1859 betreute er die Verwundeten, Gefangenen und Flüchtlinge beider Seiten. Zugunsten der vielen Waisen und Enterbten förderte er die Einrichtung des ersten Kindergartens von Trient.

Persönlich gründete Tschiderer zwei Institute für junge Studenten in Trient und Rovereto – eines für die Ausbildung der Gehörlosen in Trient und das „Seminar für Kinder“ in Trient und Bozen zur Förderung von Priesterberufen. Mit besonderer Aufmerksamkeit widmete er sich der permanenten Fortbildung der Priester sowie der apostolischen Arbeit der Ordensleute in den aktiven und kontemplativen Gemeinschaften, um die christliche Erziehung der Jungen und Mädchen zu lancieren. Zu diesem Zweck stellte ihm die Selige Teresa E. Verzeri aus Bergamo eine Gruppe von Töchtern des heiligsten Herzens Jesu zur Verfügung. Darüber hinaus engagierte er sich in besonderer Weise für die Eucharistie und betrieb die Errichtung und Renovierung vieler Kirchen.

In seiner heiteren und gelassenen Art pflegte Tschiderer beharrlich die Tugenden, allen voran Demut und Nächstenliebe. Schon von Jugend an zeigte er eine starke Verehrung für Maria, vor allem als Unbefleckte Empfängnis. Täglich betete er den Rosenkranz und freute sich, die liturgischen Feste der Gottesmutter mit großer Feierlichkeit zu begehen. In einer Petition an Papst Pius IX. bat er bereits einige Jahre vor der Proklamation des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis darum, in die lauretanischen Litaneien die Invokation „Regina sine labe originali concepta“ einzuführen. Bei der Verkündigung des Dogmas 1854 wollte er, obwohl inzwischen hochbetagt, dabei sein. Er hatte auch schon die Unterkunft bestellt, als sich die Symptome jener Krankheit ankündigten, die ihn ein paar Jahre später ins Grab bringen sollte. Im Sommer 1860 musste er die Messfeier unterbrechen. Während seiner Krankheit gereichte er durch seine heroische Geduld allen zur Erbauung.

Er starb am 3. Dezember 1860 und wurde im Dom zu Trient begraben.

Am 30. April 1995 wurde Johannes Nepomuk von Tschiderer zu Gleifheim von Papst Johannes Paul II. in Trient seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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