Andreas Resch: Johannes Antonius Farina

JOHANNES ANTONIUS FARINA
(1803-1888)

BISCHOF UND GRÜNDER
DES INSTITUTS DER LEHRSCHWESTERN
VON DER HL. DOROTHEA

TÖCHTER D. HLST. HERZEN

Selig: 4. November 2001 Heilig: 23. November 2014
Fest: 4. März

JOHANNES ANTONIUS FARINA wurde am 11. Januar 1803 als Sohn von Pietro Farina und Francesca Bellame in Gambellara, Provinz Vicenza, Italien, geboren und am Tag darauf auf den Namen Johannes Antonius getauft. Er war das siebte von elf Kindern, von denen sechs bereits in frühem Alter starben.
Seine Familie gehörte, verglichen mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten des Durchschnitts der übrigen Familien, zu den wohlhabendsten des Dorfes. Der Vater war ein tiefgläubiger Mann, die Mutter, so wie sie Johannes Antonius beschreibt, eine starke, von einem tiefen Glauben beseelte Frau, den sie sich ein Leben lang bewahrte, das von großem Leid geprägt war: dem Verlust von sechs Kindern, Blindheit im Alter von nur 46 Jahren und dem plötzlichen Tod ihres Mannes.

Seine erste Ausbildung erhielt Johannes vom Onkel väterlicherseits, einem heiligmäßigen Priester, der für ihn ein echter geistlicher Vater und auch sein Hauslehrer war, weil es damals in den kleinen Ortschaften keine öffentliche Schule gab. 1817 trat Johannes mit 14 Jahren in das Diözesanseminar von Vicenza ein, wo er sämtliche Kurse belegte und sich durch Herzensgüte und einen besonderen Lerneifer hervortat. Noch während seines Theologiestudiums erhielt er am Seminar den Lehrauftrag für Literatur und zeigte schon damals jene didaktischen Fähigkeiten, die ihn später auszeichneten. In dieser erfolgreichen Zeit musste er aber auch bitteres Leid in Kauf nehmen. Die Mutter erblindete, der Vater starb 1827 und der Rest der Familie war gezwungen, in das Pfarrhaus des Onkels nach Cereda (VI) zu übersiedeln.

Am 14. Januar 1827 wurde Farina zum Priester geweiht und erhielt unmittelbar darauf die Lehrbefähigung als Volksschullehrer. In den ersten 22 Jahren seiner Seelsorgetätigkeit hatte er verschiedene Aufgaben zu bewältigen: 18 Jahre Dozentur im Seminar, zehn Jahre als Kaplan von San Pietro in Vicenza sowie Mitarbeit bei verschiedenen kulturellen, spirituellen und karitativen Einrichtungen der Stadt, darunter die Leitung der öffentlichen Volksschule und des Lyzeums. Als Schuldirektor inmitten einer wahrhaft armen Bevölkerung beobachtete er mit Wehmut die vielen kleinen Mädchen und jungen Frauen, die ganz sich selbst überlassen und zum Betteln gezwungen waren. Aus diesem Grund eröffnete er 1831 in Vicenza, mit der Unterstützung von Freunden, die erste Mädchenvolksschule der Stadt. Er begriff nämlich schon früh, dass Erziehungsarbeit die Fähigkeit zur totalen Hingabe erforderte.

Als Farina 1831 mit der Leitung des „Frommen Werkes der hl. Dorothea“ und der „Schule der Nächstenliebe“ beauftragt wurde, verschmolz er die beiden pfarrlichen Einrichtungen zu einer neuen und originellen Institution für die Erziehung der Mädchen der Stadt. 1836 gründete er, um dem neuen Werk die Kontinuität zu sichern, die Lehrschwestern von der heiligen Dorothea, Töchter der Heiligsten Herzen, allgemein Dorotheerinnen von Vicenza genannt, ein Institut von „Lehrerinnen mit bewährter Berufung, dem Herrn geweiht und gänzlich der Erziehung armer Mädchen verschrieben“. Diesem Werk widmete er sich nach besten Kräften: er bildete die Schwestern aus, stand den Kindern persönlich zur Seite und investierte sein Vermögen in die Erhaltung und den Ausbau des Kollegs. Außer den armen Mädchen nahm die Schule auch Töchter aus gutem Hause auf sowie Taube und Blinde. Zudem sandte er die Schwestern zur Pflege der Alten und Kranken in die Spitäler, die Heime und in Privathäuser.

Am 1. März 1839 erhielt Farina von Papst Gregor XVI. das Decretum laudis; die von ihm ausgearbeiteten Regeln blieben bis 1905 in Kraft, als das Institut von Pius X. approbiert wurde, der von Bischof Farina die Priesterweihe empfing.

Am 25. Mai 1850 wurde Farina zum Bischof von Treviso ernannt und bei diesem Anlass mit dem Titel „vir caritatis“ (Mann der Nächstenliebe) ausgezeichnet. Am 19. Januar 1851 erhielt er die Bischofsweihe. In den zehn Jahren als Bischof von Treviso übte er eine vielfältige apostolische Tätigkeit aus. Er begann unverzüglich mit der Pastoralvisitation und organisierte in sämtlichen Pfarreien Gemeinschaften zur materiellen und geistigen Unterstützung Bedürftiger, sodass er „der Bischof der Armen“ genannt wurde. Er errichtete verschiedene Konfraternitäten und Vereine zur Förderung der Praxis geistlicher Exerzitien und zum Beistand für arme und kranke Priester; er besorgte die theoretische und kulturelle Ausbildung des Klerus und der Gläubigen sowie die Unterweisung und Katechese der Jugend. Gleichzeitig wirkte er mit Nachdruck in verschiedene Richtungen, setzte das Konkordat von 1855 um und nahm an der venezianischen Provinzsynode teil, die zur Abhaltung der Diözesansynode im September 1860 führen sollte. Leider störten juristische Auseinandersetzungen mit dem Kapitel der Kathedrale sein gesamtes Episkopat in Treviso und beeinflussten die Umsetzung seines Pastoralprogramms insofern, als viele Initiativen gebremst wurden, bis hin zur Verhinderung der Durchführung der Diözesansynode.

Am 18. Juni 1860 wurde Farina auf den Bischofsstuhl von Vicenza berufen, wo er ein großes Erneuerungsprogramm in Gang setzte und durch seine pastorale Arbeit beeindruckte, die auf die kulturelle und spirituelle Bildung des Klerus und der Gläubigen, die Katechese der Kinder, die Reform der Studien und die Disziplin im Seminar ausgerichtet war. Er kündigte die Diözesansynode an, die seit 1689 nicht mehr abgehalten worden war. Im Zuge seiner Pastoralvisitation legte er verschiedene Wegstrecken häufig zu Fuß oder auf dem Rücken eines Maulesels zurück, um auch die Gebirgsdörfer zu erreichen, die noch nie einen Bischof zu Gesicht bekommen hatten.

Wie erwähnt, errichtete Farina zahlreiche Konfraternitäten zur Unterstützung der Armen und der betagten Priester sowie für das Predigen geistlicher Exerzitien an das Volk; besonders förderte er die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu, der Gottesmutter und der Eucharistie. Zwischen Dezember 1869 und Juni 1870 nahm er am I. Vatikanischen Konzil teil, wo er zu den Befürwortern der Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit gehörte. Gleichzeitig war er in steter väterlicher Sorge um sein Institut und kümmerte sich um die spirituelle Bildung und die berufliche Vorbereitung der Schwestern, damit sie ihren erzieherischen und pflegerischen Aufgaben, zu denen er sie entsandt hatte, gewachsen seien. Er nahm verschiedene Gründungen vor, die er dem am 7. Juli 1866 erlassenen allgemeinen Repressionsgesetz im Hinblick auf religiöse Vereinigungen geschickt entzog. Das Institut erlebte einen raschen Aufschwung und praktizierte jede erdenkliche Form von Nächstenliebe. Heute antworten die Töchter der Heiligsten Herzen auf die Herausforderungen der neuen Armut mit erzieherischen, sozial-fürsorglichen und karitativen Tätigkeiten. Sie wirken in nahezu allen Regionen Italiens und seit 1924 auch in anderen europäischen Ländern sowie in Afrika, Amerika, Asien und im Mittleren Osten.

Bedacht auf die Verehrung der Eucharistie und der Heiligsten Herzen Jesu und Mariä, wünschte der Gründer, dass sich seine Schwestern als „Töchter der Heiligsten Herzen“ betrachteten. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass Farina, der ein Befürworter häufigen Kommunionempfangs war, als Bischof von Treviso Giuseppe Sarto, den späteren „Papst der Eucharistie“, den hl. Pius X., zum Priester weihte, der sich für seinen Bischof stets eine große Achtung und Verehrung bewahrte.

In der Tat war Johannes Antonius ein Hirte, der in der Jugenderziehung, in der Förderung christlichen Lebens und im Bemühen, barmherzige und betende Priester und Schwestern heranzubilden, einen außerordentlichen priesterlichen Eifer an den Tag legte, wie er dies auch selbst mit seinem Leben bezeugte. Die Tugend, die bei ihm am meisten beeindruckt, ist die heroische Liebe. Arme, Unglückliche, Verlassene, Leidende aller Art waren für ihn Gegenstand seiner Zuneigung und Sorge. Auch als Bischof stellte er sich freiwillig für die geistige und körperliche Pflege der Kranken im Spital zur Verfügung und riss durch sein Beispiel auch seine Priester und Schwestern mit. Als echter Erzieher erkannte er die Bedeutung der Schule für die Erneuerung der Gesellschaft, die Notwendigkeit der Zusammenarbeit von Schule und Familie und die Wichtigkeit der Ausbildung des Lehrkörpers. Er verstand Erziehung als ausgerichtet auf die integrale Formung der menschlichen Person, die religiöse Praxis und die geschwisterliche Liebe. Sein Motto war: „Die wahre Wissenschaft liegt in der Erziehung des Herzens, d.h. in der praktizierten Ehrfurcht vor Gott.“

Die letzten Jahre im Leben von Msgr. Farina waren gekennzeichnet von offener Anerkennung seiner apostolischen Tätigkeit und Nächstenliebe, aber auch von tiefem Leid und ungerechten Anschuldigungen, auf die er mit Schweigen, innerer Gelassenheit und Vergebung reagierte, in Treue zu seinem Gewissen und der höchsten Regel des „Heils der Seelen“. Nach einer ersten schweren Krankheit im Oktober 1886 nahm seine Körperkraft zusehends ab bis hin zu einem Schlaganfall, dem er am 4. März 1888 in Vicenza erlag. Die Beerdigung fand unter großer Teilnahme der Bevölkerung statt. Farina wurde auf dem Gemeindefriedhof von Vicenza beigesetzt, von wo er zehn Jahre später in die Kirche der Lehrschwestern von der hl. Dorothea, Istituto Farina, via S. Domenico, 23, Vicenza, überführt wurde.
Sein karitativer Einsatz, der heute von ca. 1600 Schwestern in der Welt gekrönt wird, fand seine Bestätigung seitens der Kirche durch die Heiligsprechung von Maria Bertilla Boscardin.

Am 4. November 2001 wurde Johannes Antonius Farina von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Papst Franziskus sprach ihn am 23. November 2014 heilig.