Andreas Resch: Johann Bernhard Rousseau, Bruder Scubilion


JOHANN BERNHARD ROUSSEAU
(Bruder Scubilion)
(1797-1867)

ORDENSMANN
DER KONGREGATION DER CHRISTLICHEN SCHULBRÜDER

Selig: 2. Mai 1989
Fest: 13. April

JOHANN BERNHARD ROUSSEAU wurde als erstes von vier Kindern aus der Ehe des Steinmetzes Bernhard Rousseau und Regina Pelletier am 22. März 1797 in Annay-la-Côte, Frankreich, geboren (ihren Wohnsitz hatte die Familie in Tharoiseau in Burgund) und noch am gleichen Tag im Haus der Großeltern heimlich getauft, weil die Kirchen aufgrund der damaligen politischen Situation Frankreichs geschlossen waren. Ab 1792 wurden in den Kirchenbüchern weder Taufen noch Firmungen oder Erstkommunionfeiern verzeichnet. Die Pfarre oblag dem Verwaltungsbereich des Bürgermeisters.

Wegen des Fehlens der genannten Unterlagen ist es relativ schwierig, über Rousseaus Kinder­jahre Genaueres zu erfahren. Dennoch verweisen diesbezügliche Texte auf interessante Details. So wuchs er ganz nach dem Vorbild der Eltern heran. Von der Mutter erbte er vor allem die christliche Gesinnung, während ihm der Vater ein Beispiel an Tugend und Arbeitsamkeit war. Der Pfarrer, Don Petitier, unterstützte ihn beim Lernen – vielleicht in der Absicht, den Knaben ob seiner Frömmigkeit für das Priestertum zu gewinnen. Wann genau er das Sakrament der Erstkommunion empfing, ist nicht bekannt, möglicherweise mit zehn oder elf Jahren – zugleich mit der Firmung; diese hat er aber u. U. auch zu einem anderen Zeitpunkt erhalten.

Rousseaus ruhige Art war eine gute Voraussetzung für ein Studium. Mit dem Tod des Pfarrers am 19. April 1811 verlor er jedoch seinen Lehrmeister – dies zu einem Zeitpunkt, wo es im Ort keine anderen Lehrer gab und in Tharoiseau seit Ausbruch der Revolution kein Unterricht mehr stattgefunden hatte. Es vergingen mehrere Jahre, bis am 4. Oktober 1818 ein neuer Pfarrer Einzug hielt. Dieser erkannte schon bald Rousseaus Begabung und half ihm bei der Wiederaufnahme seiner Studien, welche er mit dem Tod Don Petitiers abrupt abgebrochen hatte. Am 25. Dezember 1819 schrieb sich Rousseau in die in der Ortschaft errichtete Bruderschaft vom Heiligsten Herzen Jesu ein. Inzwischen war auch die Schule in Tharoiseau wiedereröffnet worden. Der Ansturm von Schülern war so groß, dass sich das Problem stellte, dem Lehrer eine Hilfe beizustellen. Rousseau wurde für diese Aufgabe allseits als der Geeignetste angesehen und folglich mit der Stelle betraut.

Während er zum einen seiner Arbeit nachging, trieb er andererseits auch sein Studium voran und verbrachte viel Zeit im Gebet. So verspürte er zunehmend die Berufung zu einem vollkommenen Leben gemäß den Evangelien. Die dürftige Ausbildung und sein nicht mehr gerade jugendliches Alter – zählte er doch bereits 25 Jahre – veranlassten den Pfarrer, ihm anstelle des Priestertums das Institut der Christlichen Schulbrüder nahe zu legen. Er riet ihm, die Gemeinschaft der Brüder in Auxerre aufzusuchen, die ihn mit offenen Armen empfingen. Nachdem er das dortige Leben eingehend betrachtet hatte, sah er das Ideal der Schulbrüder, das in Gebet und Ausbildung der Jugend bestand, schließlich auch als das seine an.
Am 9. November 1822 ging Rousseau in das Noviziat der Christlichen Schulbrüder nach Paris. Am 24. Dezember wurde er gemeinsam mit acht weiteren Postulanten zur Einkleidung zugelassen und nahm bei dieser Gelegenheit den Ordensnamen Bruder Scubilion an. Neben einer Vertiefung der Regeln und der Spiritualität La Salles befasste er sich während des Noviziats auch mit jenem Aspekt, der sein zukünftiges Apostolat unmittelbar betreffen sollte: die Ausbildung der Christlichen Schulbrüder.

Nach Beendigung des ersten Noviziatsjahres wurde Bruder Scubilion am 4. November 1823 für sein zweites Jahr zur Gemeinschaft nach Alençon geschickt, wo er die ersten Monate über in Küche und Garten seinen Dienst versah. Anlässlich seiner alljährlichen Exerzitien in Caen legte er am 15. September 1825 auf drei Jahre die Gelübde ab. Nach den damaligen Konstitutionen mussten vor den ewigen Gelübden auf mindestens drei Jahre die zeitlichen Gelübde abgelegt werden.

1826 erhielt er die Lehrbefähigung und wurde der Gemeinschaft von Poitiers zugewiesen mit dem Auftrag, die Kinder zu unterrichten, womit er seinen Traum vom Schulapostolat verwirklichen konnte.

Da er endgültig dem Institut angehören wollte, das seinem apostolischen Engagement voll und ganz Genüge tat, ersuchte er darum, die ewigen Gelübde ablegen zu dürfen, wenngleich die drei Jahre der Gelübde auf Zeit noch nicht abgelaufen waren. Angesichts seiner vorbildlichen Haltung willigten die Oberen ein. So legte er am 27. September 1827 im Kloster von Nantes gemäß den damals geltenden Konstitutionen von 1821 die Gelübde der Keuschheit, Armut und des Gehorsams ab. Gleichzeitig versprach er, dem Institut die Treue zu halten und seine Lehrtätigkeit unentgeltlich durchzuführen.

Die letzten zwei Jahre in Frankreich verbrachte Bruder Scubilion in Chinon. Von diesem Aufenthalt ist so gut wie nichts bekannt, außer dass er wie in Alençon und Poitiers mit dem Unterricht in der ersten Klasse beauftragt war, die mehr als 80 Schüler zählte.

Nachdem er im April 1833 von den Oberen die Erlaubnis erhalten hatte, sich einer Gruppe von Schulbrüdern anzuschließen, die für die Mission auf der Insel La Réunion bestimmt waren, verließ er am 17. des Monats Chinon. Nach 85-tägiger Seereise mit einem einzigen Zwischenstopp auf der Insel Mauritius lief das Schiff am darauf folgenden 15. Juli im Hafen von St-Denis ein.

Die 34 Jahre auf der Insel verbrachte Bruder Scubilion teils mit Arbeiten im Haus, teils mit Schuldienst. Die spirituellen Bedürfnisse der extrem armen und unterentwickelten Bevölkerung, die hauptsächlich aus Kreolen bestand, erforderten zudem noch ein geduldiges Apostolat, das sich als sehr fruchtbar erweisen sollte.

Er wanderte von Ort zu Ort, eröffnete Schulen und kümmerte sich um die Katechese von Kindern und Erwachsenen, wobei er sich origineller und zugleich wirksamer pädagogischer Hilfsmittel bediente. So erstellte er sogar eine Zusammenfassung der christlichen Lehre in der Lokalsprache, die er der Mentalität der damals noch einfachen Bevölkerung anpasste, und engagierte sich außerdem in der Betreuung der Armen und Kranken.

Rousseau begann mit seiner Arbeit am 18. November 1833 in dem kleinen Zentrum von St-Benoît mit 25 Schülern, deren Zahl bis Ende des Jahres auf 125 anwuchs. Von 1836 bis 1841 weilte er in St-Paul, 1841 – 1843 kehrte er erneut nach St-Benoît zurück, um am 12. September 1843 für St-Leu bestimmt zu werden. In den sieben Jahren, in denen er sich in der 8.000 Einwohner zählenden Stadt aufhielt, unterrichtete er tagsüber die kreolische Bevölkerung, während er abends die ca. 300 Neugetauften im Katechismus unterwies.

éunion zugestand und den etwa 60.000 unter unmenschlichen Bedingungen in den Plantagen der Kolonie lebenden Sklaven die Freiheit schenkte, begann Bruder Scubilion auch sozial tätig zu werden. So beteiligte er sich u. a. aktiv an der Errichtung einer Wechselseitigen Versicherung.

Von 1850 bis 1855 arbeitete er in La Possession, wo er auch die Funktion eines Vizedirektors innehatte. Am 3. April 1855 ging er nach St-Denis, um dort seine Tätigkeit als Religionslehrer fortzusetzen und sich außerdem um Küche und Garderobe zu kümmern.

Die letzten elf Jahre verbrachte Rousseau im Städtchen Ste-Marie, wo er am 14. Oktober 1856 eintraf. Dort wurde er mit dem Unterrichten der Kinder, der pastoralen Erwachsenenarbeit und mit Aufgaben im Haus betraut. Als die Insel 1859 von der Cholera heimgesucht wurde, nahm er sich ohne Unterlass der Kranken an.

Aufgerieben von den Anstrengungen und an Ischurie leidend, starb Bruder Scubilion am 13. April 1867 in der Hauptstadt der Insel, Sainte-Marie. Die Beerdigung, die am 14. April auf dem städtischen Friedhof von Ste-Marie stattfand, gestaltete sich aufgrund der riesigen Menschenmenge zu einem wahren Triumph.

1939 wurden die sterblichen Überreste in das Haus der Christlichen Schulbrüder von Saint-Denis übertragen, wo sie heute im Foyer Bruder Scubilion, Bourg Eglise-Sainte Marie, La Réunion, ruhen.

Am 2. Mai 1989 wurde Bruder Scubilion Rousseau von Papst Johannes Paul II. auf der Insel La Réunion seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]

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