Andreas Resch: Jakob Kern


JAKOB KERN
(Franz Alexander)
(1897-1924)

REGULARKANONIKER
DES PRÄMONSTRATENSER-
ORDENS

Selig: 21. Juni 1998
Fest: 20. Oktober

JAKOB (Franz Alexander) KERN wurde am 11. April 1897 in Wien geboren und am darauffolgenden 19. April auf den Namen Franz Alexander getauft. Die Eltern, Franz Kern und Anna Neidl, waren tief religiös und lebten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen. Seine Kindheit verbrachte Franz gemeinsam mit seinen beiden Schwestern im Elternhaus. Laut seiner Schwester Hermine tat er schon mit vier oder fünf Jahren kund, dass er Priester werden würde. Von 1903 bis 1908 besuchte Franz die Volksschule in Ottakring. 1907 empfing er die Erstkommunion, 1908 das Sakrament der Firmung. Im gleichen Jahr trat er in das Kleine Seminar in Hollabrunn ein, wo er Gymnasium und Lyzeum besuchte und am 7. Oktober 1915 die Reifeprüfung ablegte. Sein Leben während des Studiums war zunehmend auf den Priesterberuf ausgerichtet. Ab dem 12. Lebensjahr betete er täglich den Rosenkranz und am 21. April 1912 machte er das Gelübde der Keuschheit, zunächst auf ein Jahr und schließlich für das ganze Leben. Am folgenden 28. Dezember trat er in den Dritten Orden des hl. Franziskus ein. Obwohl er fröhlich und immer zu Scherzen aufgelegt war, tat er nie etwas, was jemanden verletzen oder beleidigen hätte können.

Als Kern am 15. Oktober 1915 zum Militärdienst beim 59. Infanterie-Regiment in Salzburg einberufen wurde, praktizierte er auch dort, soweit möglich, ein intensives Gebetsleben. Er nahm täglich an der hl. Messe teil und diente als Ministrant, womit er den Spott seiner Kameraden auf sich zog. Am 5. Januar 1916 wurde er zum 4. k. k. Regiment der Tiroler Kaiserjäger verlegt. In dieser Zeit besuchte er die Offiziersschule in Vöcklabruck in Oberösterreich, wo er bei den Schulschwestern ein echtes Zuhause fand, bis er am 15. Mai an die italienische Front im Trentino geschickt wurde. Dort drang ihm am 11. November 1916 bei einer Kampfhandlung auf dem Monte Coston eine Kugel in Leber und Lunge, nachdem sie zuvor ein Glied der Wirbelsäule verletzt hatte; es gelang ihm jedoch, sich in Sicherheit zu bringen. Als er in das Feldlazarett nach Folgaria überstellt wurde, war sein Zustand so ernst, dass man um sein Leben fürchtete. Er blieb drei Monate in dem Lazarett, weil er nicht transportfähig war und praktisch ständig zwischen Leben und Tod schwebte. Am 27. November 1916 erhielt er dann die Silberne Tapferkeitsmedaille und wurde anschließend zum Fähnrich der Reserve befördert.
Am 3. Mai 1917 trat Kern der katholischen Studentenverbindung Amelungia bei. Am folgenden 1. August wurde er zum Leutnant der Reserve befördert und zur Erholung nach Vöcklabruck geschickt.

Diese schmerzliche Erfahrung, die seinem Leben wenige Jahre später ein Ende setzen sollte, tat seiner Absicht, Priester zu werden, in keiner Weise Abbruch. Im Gegenteil, er wollte seinen Entschluss unverzüglich in die Tat umsetzen, weil er wusste, dass seine Tage gezählt waren. Am 1. Oktober 1917 erhielt er einen ausgedehnten Krankenurlaub und bereits am 20. Oktober inskribierte er sich an der Theologischen Fakultät der Universität Wien. Kurz darauf trat er in das Große Seminar der Stadt ein. Nach Abschluss des ersten Semesters musste er am 2. Februar 1918 erneut als Reservist in seine Kompanie nach Vöcklabruck zurückkehren, wo er in der Landwirtschaft arbeitete, die vom Lagerbataillon unterhalten wurde. Kern war überglücklich, weil er im Mutterhaus der Schwestern wohnen und täglich in der Kapelle ministrieren durfte. Als er zu Jahresende seinen Abschied nahm, konnte er wieder in das Große Seminar nach Wien zurückkehren, wo er sich mit großem Einsatz seinem Studium und der spirituellen Formung widmete. Den Oberen gegenüber zeigte er großen Respekt und Gehorsam, seinen Kameraden gegenüber eine stete Hilfsbereitschaft, sodass sie sich an ihn ob seines Frohsinns und seiner Heiterkeit gern erinnerten. In dieser Zeit erwies er sich auch als eifriges Mitglied von Amelungia.

Nach Empfang der niederen Weihen 1920 teilte ihm der Rektor des Großen Seminars mit, dass er aufgrund seiner Krankheit nicht im Seminar bleiben könne. Auf den Rat eines Kollegen und im Einverständnis mit seinem Spiritual wandte sich Kern an die Prämonstratenser-Abtei von Geras in Niederösterreich, weil er ein Sühneopfer für Bohumil Zahradnik sein wollte, der zusammen mit anderen Mitbrüdern die Prämonstratenser-Abtei von Strahov in Tschechien verlassen und eine „tschechische Nationalkirche“ gegründet hatte, wie P. Josef Friedler berichtet:

„Die Nachricht von der Apostasie des Prämonstratensers Bohumil Zahradnik machte großen Eindruck auf Franz, sodass ihm der Gedanke kam, sich dem Herrn als Sühneopfer anzubieten und Prämonstratenser zu werden. Ein Kollege aus dem Großen Seminar in Wien verwies ihn auf die Prämonstratenser-Abtei von Geras in Niederösterreich, und so beschloss er dort einzutreten. Sein Beichtvater erlaubte ihm diesen Schritt nicht unmittelbar, sondern verlangte Klarheit darüber, ob es sich um eine echte göttliche Berufung oder nur um eine momentane Empfindung handelte. Ein Jahr später gab er seine Einwilligung. Franz wusste aus Erfahrung, dass der Herr das Angebot eines Sühneopfers gern annehmen würde und so bereitete er sich darauf vor, leiden zu müssen. Als ihn dieses Leiden später nahezu erdrückte, hörte ihn nie jemand klagen, dass er das Opfer bereue, das er sich auferlegt hatte.“

Mit dem Eintritt in das Noviziat der Regularkanoniker des Prämonstratenserordens in Geras und der Einkleidung am 20. Oktober 1920 nahm Kern den Namen Jakob an und begann seinen lange gehegten Wunsch, sich als Sühneopfer hinzugeben, in die Tat umzusetzen, damit der ehemalige tschechische Prämonstratenser Bohumil Zahradnik wieder in den Schoß der Kirche zurückkehre. Am 20. Oktober 1921 legte er die einfachen Gelübde ab und setzte seine Studien im Großen Seminar von Wien fort, wo er am 23. Juli 1922 zum Priester geweiht wurde.

Obwohl nachhaltig belastet durch schwere Auswirkungen der Krankheit infolge Kriegsverwundung – zweimal wurden ihm ohne Anästhesie mehrere Rippen entfernt –, war P. Jakob sehr aktiv. Als Kaplan der Klosterkirche von Geras widmete er sich eifrig dem Beichthören und Predigen, vor allem aber dem Religionsunterricht in den Schulen. Er hatte ein besonderes Talent, mit Jugendlichen umzugehen und sie für Religion zu interessieren. Alle Studenten, die er als Seelenführer begleitete, waren ihm sehr zugetan und verehrten ihn. So berichtet ein Augenzeuge: „Ich habe gespürt, dass Hw. Kern ein besonderes Charisma verströmte und man für ihn etwas mehr empfinden konnte als für andere Priester.“

Kern war ein Priester, der seine Pflichten mit großem Einsatz erfüllte. Trotz seiner Krankheit ging er auch in andere Gemeinden. Er gründete eine Kongregation für Kinder, leitete einen Jugendverein, sorgte sich mit großer Hingabe um die Kranken und brachte ihnen die hl. Kommunion. Doch die Fußmärsche und die Härte des Winters beeinträchtigten seine Gesundheit immer mehr und P. Jakob wurde zunehmend bewusst, dass sein Zustand sehr ernst war und er nicht mehr lange zu leben hatte.

Die entscheidende Phase seiner Krankheit begann in der Osterzeit des Jahres 1923. Während der Predigt am 1. Mai bekam er starken Bluthusten. In der Lunge hatte sich eine fast faustgroße Eiterblase gebildet. Vom 2. Mai bis 8. Juli 1923 pflegte man ihn zu Hause, doch stellte sich keine Besserung ein. Also wurde er stationär aufgenommen, um sich einem schwierigen chirurgischen Eingriff zu unterziehen, der wegen seiner Herzschwäche ohne Narkose durchgeführt wurde; Kern ertrug die Schmerzen mit heroischem Schweigen. Um sich gesundheitlich etwas zu erholen, begab er sich am 2. November zu Schwestern nach Meran und blieb dort bis zum 12. Mai 1924. Auf der Rückfahrt nach Geras besuchte er in Salzburg eine Tante, die zweimal seine Wunde verband. Als sie sah, dass der Eiter wie durch einen Kanal aus der Wunde floss, meinte sie: „Armer, armer Märtyrer!“ Er aber gab zur Antwort: „Ich bin nicht arm… wenn der Herr will, dass ich leide, bin ich dazu bereit, solange Er es will.“ Wieder in der Kommunität in Geras, widmete sich Kern, seinen Möglichkeiten entsprechend, der Seelsorge. Am 20. Juli 1924 hielt er seine letzte Predigt. Im September wurden ihm vier Rippen entfernt und am darauffolgenden 20. Oktober, an dem er die Gelübde ablegen sollte, beschlossen die Ärzte, ihn nochmals zu operieren. So konnte er nur die zeitlichen Gelübde erneuern. Am Vorabend der Operation sagte er: „Morgen zu dieser Zeit werde ich schon die Mutter Gottes und meinen Schutzengel gesehen haben.“ Zu einer Krankenschwester meinte er: „Sie werden sehen, meine ewige Profess werde ich schon im Himmel feiern“, und während er in den Operationssaal gebracht wurde, rief er voll Freude: „Von dort komme ich nicht mehr zurück!“ Tatsächlich starb er während der Operation. Die Beerdigung erfolgte am 25. Oktober auf dem Friedhof von Geras.
Seit dem 30. Oktober 1956 ruhen die sterblichen Überreste in der Jakob Kern-Kapelle der Abtei- und Pfarrkirche von Geras, Österreich.

Am 21. Juni 1998 wurde Jakob Kern von Papst Johannes Paul II. in Wien seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at