Andreas Resch: Jakob Gapp


JAKOB GAPP
(1897-1943)

PROFESSPRIESTER UND MÄRTYRER
DER GESELLSCHAFT MARIÄ (MARIANISTEN)

Selig: 24. November 1996
Fest: 13. August

JAKOB GAPP wurde am 26. Juli 1897 als siebtes Kind von Martin Gapp und Antonia Wach in Wattens in Tirol, Österreich, geboren und am Tag darauf auf den Namen Jakob getauft. Seine Kindheit verbrachte er in einer typisch bäuerlichen Umgebung im Schoß der Familie. Von 1904 bis 1910 besuchte er die Volksschule seines Dorfes und in der Freizeit half er zu Hause in der Landwirtschaft. Auf Vorschlag des Pfarrers wurde Jakob 1910 in das Franziskanergymnasium in Hall in Tirol aufgenommen. Dort verbrachte er fünf Jahre und galt allen als ein Vorbild an Charakterfestigkeit und Willensstärke.

Seine Studien musste er wegen des Ersten Weltkriegs unterbrechen. Am 24. Mai 1915 wurde Gapp zur Infanterie einberufen und bereits einen Monat später an die italienische Front geschickt, wo er am 4. April 1916 verwundet wurde, was ihm die Silberne Tapferkeitsmedaille 2. Klasse einbrachte. Wieder genesen, wurde Gapp erneut an die vorderste Linie abkommandiert, am 4. November 1918 bei Riva gefangen genommen und bis zum 14. August 1919 festgehalten – jenem Tag, an dem er wieder nach Hause zurückkehren konnte, beseelt vom Wunsch, sein Studium fortzusetzen. Die bittere Not der Familie, nicht zuletzt bedingt durch den plötzlichen Tod des Vaters, ließ jedoch keinen Platz für Illusionen. Da er sich zum Ordensleben in der Gesellschaft Mariä berufen fühlte, begann Gapp am 13. August 1920 in Greisinghof (Oberösterreich) das Postulandat in der Gesellschaft Mariä und wurde am darauffolgenden 26. September zum Noviziat zugelassen.

Nach Beendigung des Noviziats mit den einfachen Gelübden wurde er am 27. September 1921 an das „Marieninstitut“ nach Graz versetzt, wo er vier Jahre hindurch die Funktion des Studentenpräfekts und Sakristans innehatte, während er privat Französisch und Philosophie studierte. Am 27. August 1925 legte er in Antony in der Nähe von Paris die ewigen Gelübde ab und wurde gleich darauf an das internationale Seminar der Gesellschaft Mariä nach Freiburg in die Schweiz geschickt. Zum Studium der Philosophie und Theologie besuchten die Seminaristen die Universität, während die Vorlesungen über Mariologie, Spiritualität und Geschichte der Gesellschaft Mariä im Seminar stattfanden. Nach Abschluss der Studien empfing Gapp am 5. April 1930 in der Kathedrale von Fribourg die Priesterweihe.

Der Neupriester wurde der Gemeinschaft von Freistadt in Österreich zugeteilt, wo sich der Sitz der Osterreichisch-Deutschen Provinz, das Postulandat, das Scholastikat und die Ausbildungsstätte der künftigen Pädagogen befand. Hier wirkte Gapp 1930 /31, abgesehen von spirituellen Tätigkeiten, auch als Professor und Präfekt. Am Ende des Studienjahres übersiedelte er in die Kommunität von Lanzenkirchen, wo ihn andere Aufgaben erwarteten, u. a. die geistliche Leitung, Katechismus- und Französischunterricht sowie Privatunterricht. 1934 kehrte er als geistlicher Leiter, Religionslehrer und Präses der Vinzenzgemeinde in das „Marieninstitut“ nach Graz zurück. Dort kümmerte er sich in der Zeit der großen Wirtschaftskrise in hochherziger Weise um die Armen des Viertels, wobei er versuchte, auch die Studenten des Kollegs in dieses Werk der Nächstenliebe einzubinden. Oft verzichtete er im Winter auf die Beheizung seines Zimmers, um bei seinen Hausbesuchen den bedürftigsten Familien etwas Holz und Kohle mitzubringen.

Angesichts des raschen Aufstiegs des Nationalsozialismus studierte Gapp eingehend die Pastoralbriefe der deutschen und österreichischen Bischöfe sowie die Enzyklika Mit brennender Sorge Pius‘ XI. und gelangte dabei zur festen Überzeugung, dass die Prinzipien des Nationalsozialismus mit der Lehre der katholischen Kirche unvereinbar waren. Er erachtete es daher als seine Pflicht, sich energisch und konsequent gegen die nazistischen Verzerrungen auszusprechen. Viele seiner Kollegen und Mitbrüder konnten seinen deutlich zum Ausdruck gebrachten und entschiedenen Widerstand nicht verstehen, wenngleich sie darauf achteten, jegliche Diskussion mit jenen, die für den Nationalsozialismus Partei ergriffen, zu vermeiden. Einige Kollegen suchten nämlich nach einem modus vivendi zwischen katholischem Glauben und nationalsozialistischer Politik. Gapp litt unter einer Atmosphäre offenkundiger Isolation und großen Unverständnisses.

Am 1. September 1938 wurde ihm das Amt eines Kaplans in der Pfarre Breitenwang-Reutte in Tirol anvertraut. Er wirkte auch als Religionslehrer an den Volks- und Sekundarschulen Reuttes, wo die Schüler am 21. Oktober 1938 von einem Inspektor befragt wurden. Vermutlich hatte ein Lehrer den Namen P. Gapps ins Spiel gebracht, da dieser einige Tage zuvor dort gelehrt hatte, dass man alle Menschen lieben müsse, unabhängig von Rasse und Religion. Gapp wurde daraufhin der Unterricht untersagt und die diesbezüglichen Sanktionsakten gingen an die Gestapo. Von der Schule suspendiert, verließ er Reutte und fand am 4. November Aufnahme bei Verwandten in Wattens, wo er am 11. Dezember 1938 in der Pfarrkirche eine denkwürdige Predigt hielt, in der er sich gegen die NS- Propaganda wandte, derzufolge alle Kollekten für den Erhalt der Kirche lediglich der Behaglichkeit des Papstes dienten. Die Reaktion war heftig. P. Gapp folgte dem Rat der Priester von Wattens. Er verließ umgehend das Dorf, machte kurz bei einem Cousin in Lienz Station und anschließend bei Verwandten in Umlberg, wo er Weihnachten verbrachte. Nachdem ihm das französische Konsulat in Wien das Visum erteilt hatte, verließ er Österreich am 21. Januar 1939, fuhr durch einige Städte Norditaliens und kam am 29. Januar nach Bordeaux. Dort wurde ihm im Mutterhaus der Marianisten das Amt des Beichtvaters und Bibliothekars übertragen. Anschließend schickte man ihn nach Spanien, wo er am 23. Mai 1939 in Irun die Grenze passierte. Er blieb dort ca. drei Jahre und wohnte nacheinander in den Kommunitäten von San Sebastián, Cádiz und Valencia. Außerdem wirkte er als Privatlehrer in Lequeitio (Santander), wo er auch im Kolleg der Mercedarier unterrichtete. Sein unbeugsamer Widerstand gegen den Nationalsozialismus machte ihm das Leben schwer. Unverstanden und missverstanden, wurde er praktisch isoliert. In dieser Situation ersuchte er am 15. Oktober 1940 den Hl. Stuhl um Exklaustration für ein Jahr. In der Antwort vom 16. November 1940 wurde ihm das Indult gewährt.

P. Gapp hielt es jedoch fern seiner religiösen Gemeinschaft nicht lange aus und bat daher am 31. Januar 1941 um die Erlaubnis zur Rückkehr. Als man ihn im September 1941 nach Valencia berief, damit er dort im Kolleg der Marianisten Deutsch, Französisch, Latein und Religion unterrichte, erwies er sich stets als ein eifriger und großherziger Priester. Innerlich fühlte er sich zunehmend stärker in die Pflicht genommen, den Glauben in seiner Heimat zu verteidigen, selbst wenn es ihn das Leben kosten sollte: „Für Christus unseren Herrn werde ich immer Zeugnis ablegen, möge er mir diese größte Gnade gewähren, Blutzeugnis für ihn abzulegen.“

Die Gestapo war ihm nach wie vor auf den Fersen und nutzte seine innere Einsamkeit, um ihm eine Falle zu stellen. In Valencia lernte P. Gapp Martin Mendelssohn kennen, der ihm erzählte, er sei ein aus Berlin ausgewanderter Jude und wolle zudem zum katholischen Glauben übertreten. Gapp nahm die Einladung an, doch bemerkte er im gegebenen Augenblick, dass sich ein anderer „Freund“, ein gewisser Hermann Tretter, dazugesellt hatte. Nachdem man sich auf diese Weise Gapps Vertrauen erschlichen hatte, wurde er überredet, sie auf einer Reise zu begleiten, die ihn nach Hendaye, eine französische Grenzstadt (Frankreich war damals von den Deutschen besetzt) führte, wo er verhaftet und nach Berlin gebracht wurde. Es war der 9. November 1942. Es folgten zwei Verhöre, bei denen Gapp unerschrocken seinen Glauben bekannte: „… aber ich sagte mir, dass es meine Pflicht wäre, als Priester der katholischen Kirche die Wahrheit auch zu lehren und den Irrtum zu bekämpfen. … Ich hatte … erkannt, dass das Glaubensgut der katholischen Kirche nur dann gerettet und bewahrt bleiben könne, wenn es Katholiken und besonders katholische Priester gibt, die auch das Letzte einsetzen, um der Sache der Kirche, die ich als die Sache Gottes erkannte, zu verteidigen.“ Daraufhin wurde P. Gapp am 2. Juli 1943, dem Herz Jesu-Fest, zum Tod verurteilt. Sowohl eine Begnadigung als auch die Übergabe der Leiche an die Verwandten zur Beerdigung wurde abgewiesen, um die Verehrung durch das Volk zu unterbinden. Als P. Gapp am 13. August 1943 von seiner bevorstehenden Hinrichtung erfuhr, schrieb er an seine Familie: „Heute wird das Urteil vollstreckt. Um 7 Uhr abends gehe ich zum lieben Heiland, den ich immer innig geliebt habe. … Ich werde im Himmel aller gedenken. … Alles geht vorüber, nur der Himmel nicht! Wir kommen wieder zusammen. Dann gibt es keine Trennung mehr!“ Und an den Oberen der Marianisten schrieb er: „… ich erneuere meine Gelübde und opfere mich durch die Hände der lieben Himmelsmutter dem lieben Gott auf. … Ich habe wohl Schweres durchgemacht, bin aber jetzt recht glücklich. … Am 13. August 1920 habe ich mein Noviziatsjahr, das schönste meines Lebens begonnen. Und heute hoffe ich das glückselige ewige Leben beginnen zu können.“

Am 13. August 1943, um 19.08 Uhr wurde P. Jakob Gapp im Kerker von Berlin-Plötzensee enthauptet. Heinrich Himmler, der persönlich über den Fall Gapp unterrichtet wurde, erklärte, beeindruckt vom Mut des Priesters: „Wenn solche Leute wie Gapp bei der Partei wären, stünde es besser um uns.“

Gapps Leichnam wurde zu Studien- und Forschungszwecken dem Anatomischen Institut von Berlin übergeben. Die einzig verbliebene Reliquie ist der Professring, der sich zur Zeit im Bildungshaus Greisinghof, Mistlberg 20, Tragwein, Österreich, befindet.

Am 24. November 1996 wurde Josef Gapp von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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