Andreas Resch: Ivan Merz

IVAN MERZ
(1896-1928)

LAIE

Selig: 22. Juni 2003
Fest: 10. Mai

IVAN MERZ wurde am 16. Dezember 1896 als einziges Kind des Armeeoffiziers Moritz Merz und der Theresa Mersh in Banja Luka im damals von Österreich-Ungarn besetzten Bosnien-Herzogowina geboren. Bei der Taufe am 2. Februar 1897 erhielt er den Namen Ivan Georg. Die Familie ließ ihm eine solide und vornehme, aber doch eher liberale Erziehung angedeihen. So feierten die lediglich zivil getrauten Eltern ihre kirchliche Hochzeit erst am 17. Januar 1899 und waren keine praktizierenden Katholiken. Dennoch hatte der kleine Ivan bereits vom dritten Lebensjahr an gelernt, morgens und abends ein kurzes Gebet zu sprechen, und die natürlichen Tugenden der Eltern übten einen dauerhaften Einfluss auf ihn aus. Er besuchte den Kindergarten bei den Anbetungsschwestern vom Kostbaren Blut in Banja Luka, von denen er auch den ersten Musikunterricht bekam. Hier ging er in die erste und vierte Klasse Volksschule, während er die zweite und dritte Klasse in Prijedor absolvierte, was der zeitweiligen Versetzung seines Vaters geschuldet war. Am 22. April 1906 ging er zur Erstkommunion, im darauffolgenden Jahr zu Pfingsten erhielt er das Sakrament der Firmung.

Nach Beendigung der Volksschule besuchte Ivan ab September 1906 die Mittelschule, wo er große Fortschritte machte. In der fünften Klasse hatte er Dr. Ljubomir Marković als Professor, einen der größten Förderer der katholischen Bewegung unter den dortigen Studenten. Nach Abschluss der Schule, in den Tagen der Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajevo (28. Juni 1914), trat Ivan auf Wunsch der Eltern in die Militärakademie von Wiener Neustadt ein, die er aber drei Monate später, angewidert vom korrupten Umfeld, wieder verließ. 1915 inskribierte er an der Universität Wien in der Absicht, selbst Professor zu werden, um sich dann der Erziehung und Unterweisung der Jugend Bosniens widmen zu können ­– ganz nach dem Beispiel von Professor Marković, dem er ewig dankbar war, weil er ihm geholfen hatte, den Reichtum des katholischen Glaubens zu entdecken.

Im März 1916 wurde Ivan zum Heer einberufen, um dann an die italienische Front geschickt zu werden, wo er den Großteil der Jahre 1917/18 verbrachte. Die Kriegserfahrung führte zu einer rascheren geistigen Reife des jungen Mannes, der, empört über die hautnah miterlebten schrecklichen Ereignisse sein Schicksal in Gottes Hand legte und den Vorsatz fasste, mit ganzer Kraft nach christlicher Vollkommenheit zu streben.
„Niemals Gott vergessen! Stets danach streben, sich mit Ihm zu vereinen. Jeden Tag – vor allem morgens – sich der Meditation, dem Gebet hingeben, womöglich in der Nähe der Eucharistie oder während der hl. Messe. Diese Stunde sei die Quelle des Tages, in der der Mensch die ganze Welt vergessen, alle Sorgen, alle Nervosität des Lebens beiseitelassen soll, um ruhig zu sein wie in der Krippe! In dieser Stunde werden die Pläne für den anbrechenden Tag geschmiedet, werden die eigenen Fehler analysiert und wird um die Gnade gebeten, um alle Schwächen zu überbrücken.
Es wäre furchtbar, wenn dieser Krieg nicht irgendeinen Nutzen für mich hätte! Ich darf nicht so leben, wie ich vor dem Krieg gelebt habe. Ich muss ein Leben im Geist des neuen Verständnisses des Katholizismus beginnen. Nur der Herr helfe mir, denn der Mensch allein vermag nichts.“ Dies schrieb er am 5. Februar 1918 in sein Tagebuch an der Front.

Am Ende des Ersten Weltkrieges fand sich Merz in Banja Luka wieder, wo er den politischen Umbruch und die Geburt des neuen jugoslawischen Staates miterlebte. 1919/20 ging er zum Philosophiestudium nach Wien. Im Oktober 1920 begab er sich nach Paris, wo er bis 1922 blieb und Vorlesungen an der Sorbonne und am Institut Catholique besuchte. In der Zwischenzeit arbeitete er an seiner Doktorarbeit mit dem Titel „Der Einfluss der Liturgie auf die französischen Schriftsteller von Chateaubriand bis heute“. 1923 legte er die Arbeit der philosophischen Fakultät der Universität Zagreb vor. Nach Ablegen der Staatsprüfung erhielt Merz den Titel Doktor der Philosophie. Für den Rest seines kurzen Lebens war er dann Professor für Sprachen und französische Literatur am erzbischöflichen Gymnasium von Zagreb, wo er seine Aufgaben mit beispielhafter Hingabe erfüllte.

Merz, von dem man bis dahin außerhalb seines Heimatlandes kaum etwas wusste, wurde vor allem als Apostel der Jugend bekannt, zuerst in der „Liga der katholischen kroatischen Jugend“, dann in der „Kroatischen Liga der Adler“, deren spiritus movens er war und mit der er in Kroatien die von Papst Pius XI. gewünschte Katholische Aktion einführte. Für ihn sollte die Organisation vor allem zur Bildung einer Elite von Aposteln beitragen, die an der „Erneuerung aller Dinge in Christus“ arbeiteten. Er sagte: „Verlangt viel von der Jugend, denn die Jugend kann viel ertragen, und je mehr ihr verlangt, umso mehr wird sie verwirklichen.“ Diesem Zweck sollte auch die liturgische Erneuerung dienen, zu deren ersten Verfechtern in Kroatien er gehörte, indem er die Leitideen des Zweiten Vatikanischen Konzils vier Jahrzehnte vorwegnahm.

Was in diesem Zusammenhang am meisten hervorsticht, ist der spirituelle Werdegang von Merz. Ohne religiösen Impuls in der Familie, ohne Noviziat, ohne Seminar, ohne eine feste Seelenführung erwächst seine religiöse Hingabe wie eine spontane geistige Frucht, gereift aus der Gnade. Sein Apostolat unter den Laien verstand sich daher als Arbeit zur Rettung der Seelen, die sich im Geiste der Katholischen Aktion vollziehen sollte. Seine gesamte Freizeit widmete er der Erziehung der katholischen Jugend Kroatiens innerhalb der Liga der Adler, für die er auch das Motto „Opfer – Eucharistie – Apostolat“ kreierte.

Eine Gnade der besonderen Art waren für Merz die Erfahrungen in Lourdes, wo er während der zweiten Wallfahrt 1924 das Bureau de Constatations médicales besuchen durfte und Gelegenheit hatte, mit einigen Personen zu sprechen, die durch ein Wunder geheilt worden waren. Nach seiner Rückkehr veröffentlichte er das Büchlein „Die neuesten Wunder in Lourdes“. In seiner Betrachtung schreibt er: „Der Mensch ist nicht in der Lage, alles zu begreifen, was sich dort ereignet. Ich habe das Wunder mit eigenen Augen gesehen. Mir sagt es die Vernunft, während die Gefühle und Neigungen dazu tendieren, dies zu verneinen – unfähig, die ganze Größe der Ereignisse um uns zu verspüren.“

In Lourdes entdeckte Merz auch die Bedeutung von Wallfahrten, und das Heilige Jahr 1925 bot ihm die Möglichkeit, nach Rom zu kommen. Das erste Mal geschah das zu Pfingsten im Zuge der großen kroatischen Nationalwallfahrt. Diejenigen, die mit ihm im Zug fuhren, erzählten, dass er in Venedig ausstieg, um in San Marco die hl. Kommunion zu empfangen. Und in Rom war seine erste Sorge, mit den Leitern der Katholischen Aktion Italiens Kontakt aufzunehmen. Er besuchte die Basiliken und die Katakomben sowie das Kolosseum und die Orte mit der größten Spiritualität. Die Pilger wurden auch vom Papst empfangen.

Im September 1925 kam Merz als Spiritual einer 400-köpfigen Pilgergruppe erneut nach Rom. Sein vorrangiger Wunsch war, dass die Jugendlichen „in Rom die Bedeutung des Papsttums und die übernatürliche Aktivität der Römischen Kirche intuitiv erfassten“. Freudig nahm er zur Kenntnis, wie sich mit katholischen Jugendgruppen aus Italien und Belgien sogleich eine spirituelle Vertrautheit ergab: „Wir verstanden uns… wir waren ein Herz und eine Seele, wenngleich wir uns nie zuvor gesehen hatten.“

Die jungen Kroaten nahmen an den Jubiläumsprozessionen teil, an der hl. Messe des Papstes und gingen jeden Tag zur Kommunion. Merz schrieb: „Das Geheimnis dieses Wiederaufblühens der Jugend ist der tägliche Kommunionempfang. An der Basis der Katholischen Aktion, eines jeden Apostolats, stehen die täglich millionenfach zur Kommunion gehenden Menschen.“ Am 18. September wurden die Pilger vom Papst empfangen. „Wir müssen eine papsttreue Bewegung sein. Die Eucharistie und der Papst müssen die Wurzel, die Quelle und die Grundlage bilden. Unser Volk braucht die Eucharistie und den Papst.“ Merz nahm die Gruppe auch zu einem Besuch des Osservatore Romano mit, der damals in der Via Ennio Quirino Visconti beheimatet war.

Bei seiner Arbeit mangelte es Merz nicht an Unverständnis und Schwierigkeiten verschiedenster Art, die er mit einer bewundernswerten Ruhe anging, was die Frucht seiner kontinuierlichen Verbindung mit Gott im Gebet war. Wer ihn kannte, für den war er „mit dem Geist und dem Herzen in das Übernatürliche eingetaucht“. Davon überzeugt, dass das mächtigste Mittel zur Rettung der Seelen die dem Herrn dargebrachten Leiden seien, bot er an, physisch und moralisch zu leiden, um für seine Unternehmungen den apostolischen Segen zu erlangen, und bevor er starb, bot er für seine Adler auch sein junges Leben dar.

1927 litt Merz an einer schweren Grippe, gefolgt von einer trockenen Pleuritis und einem Katarrh der Lungenspitzen. Die Krankheit schritt weiter voran und bereitete ihm zunehmend größere Probleme. Die Ärzte rieten zu einem operativen Eingriff, der am 26. April 1928 erfolgte. Nach der Operation hatte er starke Blutungen aus der Wunde. Als eine Besserung einzutreten schien, begann er plötzlich zu fiebern. Merz ertrug alles mit einer solchen Gelassenheit, dass die ihn betreuende Schwester sagte, sie habe noch nie einen solchen Patienten gehabt, der ihr wie ein Heiliger vorkam.

Ivan Merz starb am 10. Mai 1928 im Alter von 32 Jahren im authentischen Ruf der Heiligkeit. Seine sterblichen Überreste befinden sich heute in der Herz Jesu-Basilika in Zagreb, wo er in den letzten sechs Jahren seines Lebens täglich die hl. Messe zu besuchen pflegte.

Am 22. Juni 2003 wurde Ivan Merz von Papst Johannes Paul II. in Banja Luka, Bosnien-Herzegowina, seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 2001 – 2004. Innsbruck: Resch, 2015 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 6). XIV, 482 S., 110 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-099-5, Ln; EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at