Andreas Resch: Isidor vom hl. Josef De Loor

ISIDOR VOM
HL. JOSEF DE LOOR
(1881-1916)

ORDENSMANN
DER KONGREGATION VOM
LEIDEN JESU CHRISTI
(PASSIONISTEN)

Selig: 30. September 1984
Fest: 6. Oktober

Bruder ISIDOR VOM HL. JOSEF, mit bürgerlichem Namen Isidor De Loor, wurde am 18. April 1881 als erstes von drei Kindern der Bauersleu­te Louis De Loor und Camilla Hutsebaut in der Ortschaft Vrasene, Diözese Gand, in Belgien (Ostflandern) geboren und am folgenden Tag auf den Namen Isidor getauft. Er besuchte mit Erfolg die Volksschule im benachbarten Ort St. Gillis, ging mit 12 Jahren zur Erstkommunion und wurde mit 13 gefirmt. Nach Abschluss der Volksschule im Alter von 12 Jahren half er seinem Vater auf dem Feld. Er war einer der ersten in der Region, der sich zur Steigerung und Verbesserung von landwirtschaftlicher Produktion und Viehzucht die modernen Techniken aneignen wollte. Er war glücklich, Bauer zu sein; denn im Kontakt mit der Natur fühlte er sich mit Gott verbunden und im Einklang mit sich selbst. Um die neuen Arbeits- und Produktionsmethoden kennen zu ler­nen, besuchte Isidor auch eine landwirtschaftliche Abendschule. Den Winter über half er einem Onkel, der als Bauunternehmer mit der Pflasterung von Straßen beschäftigt war.
Was Isidor jedoch am meisten befriedigte, war die seelsorgliche Arbeit in der Pfarre. Sonntags nahm er an zwei Messen teil, lehrte gemeinsam mit dem Pfarrer die Kinder in Vrasene und St. Gillis den Katechismus, hielt die Vesper und wohnte dem eucharistischen Segen bei.

Vom 16. Lebensjahr an bis zu seinem Eintritt in das Kloster wirkte er als Katechet, sang im Pfarrchor und war Mitglied der „Unio pia für den wöchent­lichen Kreuzweg“. Dem Kreuzweg gehörte seine ganze Hingabe, auch im Kloster. Das Leiden Christi übte eine besondere Faszination auf ihn aus.
Mit 18 Jahren verspürte Isidor erstmals die Berufung zum Ordensleben, musste aber als Erstgeborener einer in sehr bescheidenen Verhältnissen lebenden Familie seine Weihe an Gott aufschieben. Er beriet sich mit einem Redemptoristenmissionar, P. Bouckaert. Als dieser seine Verehrung für das Leiden Christi erkannte, empfahl er ihn der Kongregation der Passionisten und stellte ihn dem Provinzial höchstpersönlich als einen „sehr tüchtigen“ jungen Mann vor.

Im April 1907 trat Isidor im Alter von 26 Jahren in das Noviziat der Passio­nisten in Ere ein. Der Abschied von der Familie fiel ihm nicht leicht. So schrieb er später vom Kloster aus: „Die Trennung von euch, die ihr mir so teuer seid und denen ich mich so verbunden fühle, hat mich auf eine harte Probe gestellt, doch mit Gottes Hilfe konnte ich es ertragen.“ Als ihm die Mutter den Abschiedskuss gab, sagte sie zu ihm: „Wenn du dich nicht wohl fühlst, mein Junge, dann komm‘ wieder nach Hause!“ Und Isidor entgegnete: „Das wird nie geschehen, Mutter!“ Am 8. September 1907 nahm er das Ordenskleid der Passionisten und am 13. September 1908 legte er als Laienbruder die drei Ordensgelübde ab, schließlich auch noch das vierte der Passionisten,um – soweit ihm dies persönlich möglich war – die Verehrung und das dank­bare Andenken an das Leiden Christi zu fördern. Freudig lebte er die typische Spiritualität des dem Gebet und der Arbeit ergebenen Ordensbruders. Das be­reits in der Familie geübte Apostolat führte er auch im Kloster fort. „Indem ich alles zur Ehre Gottes tue, habe ich Anteil an der Bekehrung der Sünder und an der Verbreitung der Verehrung des Leidens Christi und der Schmerzen Marien… Während die Priester ihre Predigten halten, arbeiten wir Brü­der für die Kommunität; auch die niedrigste Arbeit geschieht zur Ehre Gottes und zu unserem Heil. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als mich ganz für das Heil der Seelen aufzuopfern.“ Wenn er seiner Familie schrieb, flocht er immer auch einen spirituellen Gedanken mit ein. Es sind 36 Briefe dieser Art, die uns Einblick in sein Inneres gewähren.

Nach seiner Übersiedlung in das Haus von Wezembeek-Oppen im Dezember 1910 führte er ein Leben in voller Observanz der Ordensregel und im Gehor­sam den Oberen gegenüber. Diese unerwartete Versetzung verwirrte ihn an­fangs etwas, was auch in seinen Briefen an die Angehörigen zum Ausdruck kommt, wenn er schreibt: „Es kam mir in den Sinn, dass die Oberen so ent­schieden haben, weil Gott es wollte. Bei diesem Gedanken konnte ich meine Freude nicht länger verbergen.“ Mit dieser Einstellung übte er seinen Dienst als Bruder aus, wobei er – je nach Bedarf – einmal Koch, dann Pförtner, einmal Bettelmönch, dann wieder Sakristan war. In der Stille seines Lebens als Ordensbruder und ihm Rahmen seiner Arbeit in der Gemeinschaft wollte er alles tun, was man von ihm verlangte, und er gab sein Letztes, um den Missionaren der Kongregation mit seinen Gebeten und Opfern zu helfen, damit sie erfolgreich das Leiden Christi verkündeten und die Sünder bekehrten. Der Wille Gottes war seine Stütze und sein Reichtum, wobei er die Armut als per­sönliche Freiheit lebte: „Ich besitze nicht viel, nur ein Kreuz, ein Rasiermesser, ein Taschenmesser, einen Bleistift… aber ich kann euch gar nicht sagen, wie glücklich es mich macht, wenn ich sehe, wie frei ich von allem bin, denn mein Herz liebt nur Jesus.“

Aufgrund einer schweren Augenerkrankung, die als Krebs diagnostiziert wurde, kam Isidor im Juni 1911 in das Spital der Schwestern von der Mutter der Barmherzigkeit, wo ihm im Zuge einer Notoperation das rechte Auge entfernt wurde. In Erinnerung an den Eingriff schrieb er seiner Familie: „Ich habe gebeichtet und in der hl. Kommunion bot ich Gott mein Auge zur Tilgung meiner Sünden, für euer geistiges und zeitliches Wohl und für viele andere Intentionen an. Es war mir ein Leichtes, mich dem Willen Gottes zu beugen, und ich empfand keine Trauer.“ Und er fügte hinzu: „Mit meinem Glasauge sehe ich weiterhin nichts. Innerlich aber bin ich außerordentlich glücklich und zufrieden mit meinem Zustand… Wenn ich die guten Dinge nur zur Hälfte sehe, dann sehe ich auch die schlechten nur zur Hälfte.“ Trotz allem ging er weiterhin seinen üblichen Arbeiten in der Gemeinschaft nach.

Der Arzt hatte angedeutet, dass sein Leiden möglicherweise in Darmkrebs mit fatalen Folgen ausarten könnte. Der Obere teilte die schlechte Prognose, vielleicht unvorsichtigerweise, Isidor mit. Dieser allerdings nahm die Nach­richt mit der üblichen Gelassenheit auf und erfüllte weiterhin die ihm von seinen Vorgesetzten zugeteilten Aufgaben. Er lebte für Gott und seine Kongrega­tion. „Für die Kongregation“, so schrieb er, „will ich die schwersten Opfer ertragen, auch mein Leben würde ich opfern, wenn es notwendig ist“.

Als Isidor im August 1912 nach Kortrijk, Diözese Bruges, versetzt wurde, führte er dort sein Leben der Arbeit und des Gebets zur Erbauung aller fort, obwohl er sich bereits dem Tode nahe wähnte. Er fühlte sich zunehmend schwächer, ohne jedoch die Ruhe zu verlieren, wenngleich sein Leben zu En­de ging. „Wenn Gott so entschieden hat, beuge ich mich Seinem Willen ohne Seufzen und Klagen… Alles was er Wir müssen in allem Seinen Willen tun.“ „Allein könnte ich dieses Leiden nicht ertragen, mit Gottes Hilfe aber ge­lingt es… Wir müssen unsere Leiden in Gemeinschaft mit Jesus annehmen, der für uns Beispiel der Ergebenheit in Gottes Willen ist.“

Als sich dann neuerlich Krebssymptome zeigten und eine Brustfellentzün­dung auftrat, bat Isidor unter starken Schmerzen, aber geduldig und ergeben, einzig darum, man möge ihm helfen, das Ave Maria zu beten und nach der Kommunion das Dankgebet zu sprechen. Im Oktober 1916 ging sein irdischer Weg zu Ende. Man befand sich mitten im Ersten Weltkrieg: die Deutschen marschierten in Belgien ein und annektierten einen Teil des Klosters, um dort ein Feldspital einzurichten. Am Abend des 6. Oktober hatte Isidor wiederum schreckliche Schmerzen. Auf einem Stuhl sitzend, den Kopf zwischen den Händen, murmelte er die Stoßgebete, die ihm die Helfer vorsagten. „Hab‘ Mut, Isidor“, meinte der Obere, „die Stunde ist gekommen, um in den Himmel einzugehen.“ „O ja, in den Himmel“, flüsterte Isidor. Versehen mit den Sakramenten der Kirche starb er am 6. Oktober 1916 im Alter von noch nicht ein­mal 35 Jahren im Kloster St. Antonius der Passionisten in Kortrijk.

Am 7. Ok­tober wurde er, ohne jegliche Zeremonie, bestattet, weil das Kloster Militärzone war. Seine Mitbrüder erhielten nicht einmal die Erlaubnis, ihn zum Friedhof zu begleiten, der außerhalb des die Stadt umgebenden Drahtverhaues lag. 1952 wurden die sterblichen Überreste in die Kirche der Passionisten, Wandelingstraat 33, in Kortrijk, Belgien, übertragen, wo sie in der ihm geweihten Kapelle heute noch ruhen.

Am 30. September 1984 wurde Isidor vom hl. Josef De Loor von Papst Jo­hannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1979 – 1985. Innsbruck: Resch, 2000 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 1). XII, 248 S., 56 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-070-4, Ln, EUR 24.60 [D], 25.44 [A]

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