Andreas Resch: Hyazinth Heinrich Maria Cormier


HYAZINTH HEINRICH MARIA CORMIER
(1832-1916)

PROFESSPRIESTER
LXXVI. GENERALMEISTER
DES ORDENS
DER PREDIGERBRÜDER

(DOMINIKANER)

Selig: 20. November 1994
Fest: 17. Dezember

HYAZINTH HEINRICH MARIA CORMIER wurde am 8. Dezember 1832 als Sohn von François Bernard Cormier und Marguerite Felizitas Bracquemont in Orléans in Frankreich geboren und am darauffolgenden Tag auf den Namen Ludwig Stanislaus Heinrich Maria getauft, allgemein aber Heinrich gerufen. Seine Eltern betrieben einen Gewürzhandel. Die Grundregeln der Erziehung lernte er zunächst im Kreis der Familie. Als dann sein Vater beim Versetzen einer Lampe tödliche Verbrennungen erlitt, musste sich die Mutter um das Fortkommen ihres Sohnes kümmern, und sie schickte Heinrich zu den Christlichen Schulbrüdern (1840–1845).

Nach Erstkommunion und Firmung trat Cormier 1845 mit 12 Jahren ohne sonderliche Begeisterung zum Studium in das Kleine Seminar La Chapelle der Diözese von Orléans ein (1845 – 1851). Er hatte vielmehr eine künstlerische Ader, fühlte sich zum Gesang, zum Zeichnen, zur Poesie und zu utopischen Projekten hingezogen. Es war der vorzeitige Tod seines 18-jährigen Bruders Eugen am 14. April 1847, der ihn auf den Boden der Wirklichkeit zurückführte und ihn zwang, „sich von der Welt loszusagen“, wie er 20 Jahre später, am 4. Dezember 1866, an P. Vinzenz Jandel schrieb. Seine damals gefassten Vorsätze hielt er ein Leben lang ein, sodass man von einer regelrechten „Bekehrung“ sprechen kann.

Als Heinrich am 18. Oktober 1851 in das Große Seminar eintrat, nahm er sich vor, seine eigene Berufung zu vertiefen. „Ich habe bisher in einem Zustand der Lauheit gelebt; ich stand zwischen Gott und der Welt… ich war so undankbar, so unklug, ich muss mein Leben jetzt ändern.“ Diesen Entschluss untermauerte er noch durch die Entscheidung, dass er von nun an alles durch das Gebet bewerkstelligen wolle: „Ich werde nicht mehr auf mich selbst vertrauen, sondern mein ganzes Vertrauen nur mehr in Gott setzen. Ihn werde ich bei Gefahr anrufen. Und wenn ich unterliege, werde ich nicht den Mut verlieren. Im Vertrauen auf Jesus Christus, auf das Gebet zu Maria und meinen Namenspatronen werde ich mit noch größerem Eifer wieder von vorne anfangen.“ Cormier spielte indessen immer häufiger mit dem Gedanken, in den Ordensstand zu treten, wobei er den in Frankreich durch Abt Lacordaire reformierten Orden des hl. Dominikus in Erwägung zog. Dieser beurteilte Cormiers Berufung zum Dominikanerorden anlässlich einer persönlichen Begegnung mit dem jungen Seminaristen als „nicht vorhanden bzw. unausgereift“. Cormier ließ sich von Lacordaire aber nicht so weit beeindrucken, dass er seine Pläne geändert hätte. Und so legte er einige Monate später, nach der Festschreibung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis durch Pius IX., an Weihnachten 1854 zunächst das private Gelübde der Keuschheit ab und am 2. Februar 1855 dann die Gelübde der Armut und des Gehorsams. Der Jungfrau Maria hatte er sich durch sein Versprechen, ein „Bruder“ sein zu wollen, verpflichtet. Inzwischen wurde Cormier in den Dritten Orden der Dominikaner aufgenommen und strebte das Bakkalaureat in Theologie an. Am 17. Mai 1856 empfing er die Priesterweihe und einen Monat später, am 29. Juni 1856, trat er mit Erlaubnis des Bischofs in den Dominikanerorden in Flavigny ein, wo er im Gedenken an P. Henri Lacordaire, der – wie erwähnt – den Orden in Frankreich reformiert hatte, die Jugend um sich scharte. Gleichzeitig nahm er den Ordensnamen Bruder Hyazinth an. Während des Noviziats erfuhr sein unbeschwertes Leben aufgrund seiner prekären Gesundheit plötzlich eine schmerzliche Wende. Man erwog sogar, ihn in den Irak zu schicken, wo ein gesundes, trockenes Klima vorherrschte. Bruder Hyazinth bekam es mit der Angst zu tun, vor allem als er Besuch von seiner Mutter erhielt, die ihn „um jeden Preis“ nach Hause holen wollte. Also wandte er sich an den Herrn mit der Bitte um direktes Eingreifen: „Jesus, gib, dass meine Mutter ihre Meinung ändert“, schrieb er am 5. Januar 1857 in sein kleines Notizbuch. Cormier erholte sich wieder. Am 29. Juni 1857 wurde er für zwei Jahre zu den Gelübden zugelassen.

In Flavigny begegnete Cormier erstmals dem Generalmeister P. Vinzenz Jandel, dessen Mitarbeiter und geistiger Erbe er werden sollte. P. Jandel nahm ihn mit nach Rom, um ihn gleich am Hauptsitz seines Wirkens in das Ordensleben einzuführen. 1858 wurde Cormier zum Sekretär des Generalmeisters ernannt. Von 1858 – 1860 war er Sozius bei den Novizen in La Quercia, Viterbo und Santa Sabina in Rom, wo er am 23. Mai 1859 die feierliche Profess ablegte. Anschließend wurde der Neo-Professe nach Corbara auf Korsika geschickt – eine Gründung, die in finanziellen Nöten steckte und wohin am 10. April 1861 das Generalnoviziat von Santa Sabina verlegt wurde. Cormier wirkte dort zunächst als Novizenmeister und wurde dann zwei Monate später zum Prior ernannt (bis 1864). Er war noch keine 30 Jahre alt und schon für nahezu alles verantwortlich in Corbara, das mittlerweile in die Jurisdiktion des Generalmeisters übergegangen war, um schließlich der am 4. Juli 1865 wiedereröffneten neuen Provinz Toulouse in Frankreich anzugehören, die seinerzeit die erste Gründung des hl. Dominikus und die Wiege des Ordens war. P. Cormier wurde zum Provinzial der neuen Provinz ernannt (1865 – 1869), die er zweimal für vier Jahre leitete (1869, 1878). In dieser Zeit war er auch Prior in Marseille (1874), zweimal in Toulouse (1882, 1885) und in St. Maxim (1889). Das Wirken von P. Cormier in der Provinz von Toulouse ging – wenn auch in der Art verschieden – von ein und demselben Antrieb aus: bauen, animieren, vereinigen. Doch wie immer in solchen Fällen ging es auch darum, Klöster, Häuser und Kirchen zu errichten, und so wurde Cormier sogar zum Mitbegründer von Schwesterngemeinschaften, nämlich der Kongregationen der Dominikanerinnen von der Unbefleckten Empfängnis in Toulouse (1866) und der Dominikanerinnen der hl. Katherina von Siena in Auch (1873). Er entsandte die ersten Dominikaner nach Brasilien und setzte das Mutterkloster von Prouilhe wieder instand, das auf eine Gründung des hl. Dominikus zurückging, als dieser im Gebiet von Toulouse predigte.

Als Provinzdefinitor nahm er am gewählten Generalkapitel von Lyon teil und wurde zum Assistenten des neuen Generalmeisters bestimmt. Von 1891 – 1896 war er Assistent des Generalmeisters für die französische Sprache, anschließend Generalprokurator unter dem Generalmeister Frühwirth (1896 – 1904), Konsultor auf Lebenszeit des Hl. Offiziums (1896) sowie Konsultor der Glaubenskongregation (1900).

Beim Generalkapitel in La Quercia, Viterbo, 1904 wurde Cormier trotz seiner 72 Jahre und seines schlechten Gesundheitszustandes zum Generalmeister gewählt. Er selbst sah sich jedoch zunächst als „Übergangsgeneral“ und bat den Papst 1906 um Dispens von diesem Amt, ohne die Mitbrüder zu fragen, die seine Demission nicht annahmen. Daher überzeugte ihn Papst Pius X. im Rahmen einer Sonderaudienz, im Amt zu verbleiben. So leitete Cormier den Orden bis zum Ablauf seines Mandats 1916 und bewältigte dabei ein enormes Arbeitspensum, noch dazu unter extremen Schwierigkeiten, denen soziale Konflikte, die modernistische Krise und Spannungen zugrunde lagen, die schließlich zum Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) führten.

Er visitierte Provinzen und Dominikanerklöster, predigte vor allem durch seine zahlreichen Schriften (171 Lehrschreiben, Tausende von Hirtenbriefen) über Politik und spirituelle Ausrichtung, Pädagogik und Hagiographie, um zu einer permanenten Bildung der Institution beizutragen, wobei sein Einfluss inner- wie außerhalb des Ordens beachtlich war. Von seinen Schriften stellen die vier Bände der Geistlichen Exerzitien einen Eckpfeiler an Spiritualität und Weisheit dar. P. Garrigou-Lagrange hinterließ folgendes Zeugnis: „Durch die Tiefe seiner Meditationen weckte er das Interesse seiner Zuhörerschaft, ja dominierte diese, selbst wenn sich sehr viel bedeutendere und gebildetere Ordensmänner darunter befanden… Wäre er einer der ersten Gefährten unseres verehrten P. Dominikus gewesen und den religiösen Geist von ihm übernommen, hätte er nicht mehr und es nicht besser machen können.“ Auf diese Weise förderte Cormier die Berufungen, die während seiner Amtszeit starken Zulauf erfuhren. Er gründete die Dominikanerprovinzen in Kanada und Kalifornien und sorgte für die Wiedererrichtung der aufgehobenen Provinzen in Aragonien, Böhmen, Kolumbien und Sizilien. Außerdem wies er dem Predigerorden 32 Schwesternkongregationen zu.

Zu Cormiers bemerkenswertesten Werken zählen die im Jahre 1909 erfolgte Gründung des Kollegium Angelicum, mittlerweile (seit 1963) Päpstliche Universität San Tommaso in Rom, das als Impulsgeber für das Kollegium Albertinum in Freiburg fungierte, mit Anbindung an den Orden der Theologischen Fakultät der Universität und die von P. Joseph Lagrange gegründete und von Cormier verteidigte Bibelschule von Jerusalem.

Nach Ablauf seiner Amtszeit als Generalmeister 1916 zog sich Cormier in das Kloster San Clemente in Rom zurück, wo er sein Apostolat als Konsultor und Spiritual fortführte. Er starb am 17. Dezember 1916 im Ruf der Heiligkeit, aufgezehrt von den physischen Anstrengungen und Leiden.

Am 17. Dezember 1934 wurde seine sterbliche Hülle in die der Universität San Tommaso angeschlossenen Kirche der hll. Dominikus und Sixtus übertragen.

Am 20. November 1994 wurde Hyazinth Heinrich Maria Cormier von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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