Andreas Resch: Honoratus Kozminski, Wenzeslaus


HONORATUS KOZMINSKI
(Wenzeslaus)
(1829-1916)

PROFESSPRIESTER
DES ORDENS DER MINDERBRÜDER DER KAPUZINER

GRÜNDER VIELER ORDENS-GEMEINSCHAFTEN

Selig: 16. Oktober 1988
Fest: 16. Dezember

HONORATUS KOZMINSKI wurde am 16. Oktober 1829 als zweites von vier Kindern des wohlhabenden Architekten Stefan Kozminski und seiner Frau Alexandra Kahl in Biała Podlaska, Provinz Siedlce, Polen, geboren und zwei Tage später auf den Namen Florentin Wenzeslaus Johann Stefan getauft, allgemein aber Wenzeslaus gerufen. Die ersten elf Jahre verbrachte er im Schoß der Familie, wo ihn seine Eltern zu einem tief christlichen Leben erzogen. Nach dem Besuch der Volksschule in seinem Heimatort ging er 1837 an die Bezirksschule. 1840 erhielt er die Firmung und im Mai desselben Jahres übersiedelte er nach Włocławek. Anschließend besuchte Kozminski das Gymnasium im Bezirk Płock, das er mit den entsprechenden Prüfungen abschloss. Bereits als 15-­Jähriger begann er im September 1844 mit dem Architekturstudium an der Akademie der Schönen Künste in Warschau.
Der Einfluss eines Schulkameraden während der letzten Gymnasialjahre, die anti­katholische Regierungskampagne, der Rationalismus der Aufklärung sowie der Tod des Vaters am 2. November 1845 stürzten Kozminski in eine Glaubenskrise, woraufhin er sich zum Atheisten erklärte und sich im Freundeskreis antireligiös betätigte.

Nachdem ihn die zaristische Polizei verdächtigte, an einem Komplott gegen die Regierung beteiligt gewesen zu sein, wurde Kozminski am 23. April 1846 verhaftet und in die „Zitadelle“ (Gefängnis von Warschau), Station 6, gesperrt, wo die Todeskandidaten hinkamen. Seine Mutter begab sich daraufhin unverzüglich nach Warschau und unternahm alles Mögliche, um ihren Sohn dem Tod zu entreißen. Im Kerker plagten Kozminski nicht nur die Gedanken an sein bevorstehendes Ende, sondern er erkrankte auch noch an Typhus. Die religiöse Krise spitzte sich zu, doch kehrte mit fortschreitender Genesung auch der Glaube zurück.

Aus Mangel an Beweisen freigesprochen, wurde Kozminski am 27. März 1847 auf freien Fuß gesetzt. Da er seine Befreiung aus der Haft den Gebeten seiner Mutter zuschrieb, kehrte er unverzüglich nach Hause zurück, um für das viele Leid, das er ihr zugefügt hatte, Vergebung zu erbitten. Er nahm sein Universitätsstudium wieder auf und führte von nun an ein sehr karges und bescheidenes Leben. Nach dem Doktorat in Architektur 1847 begab er sich verstärkt auf die Suche nach dem eigentlichen Sinn des Lebens. Nach einer Generalbeichte beschloss er, diesem eine Wende zu geben: „Ich halte es für meine Pflicht zu bekennen, dass ich in meiner Jugend ein rechter Schurke war; ich habe Gott öffentlich und direkt beleidigt; ich habe ihn verleugnet und so getan, als würde Er überhaupt nicht existieren. Ich ging sogar so weit, ihn zu bekämpfen, und habe dabei versucht, andere von ihrem Glauben abzubringen, indem ich erklärte, dass mir jeder – sollte ich mich eines Tages bekehren – ins Gesicht spucken könne.“

Und genauso kam es – die Bekehrung folgte postwendend: „Am Fest der Unbefleckten Empfängnis im Jahre 1848 ging ich von zu Hause weg und ins Kloster, und ich kann versichern, dass nur die Madonna mir den nötigen Mut gegeben hat, meine kranke Mutter zu verlassen.“
Am 8. Dezember 1848 verließ Kozminski also seine Familie in Włocławek, um bei den Kapuzinern in Warschau einzutreten. Am 15. Dezember ging er von dort nach Lubartów, wo er am 21. Dezember eingekleidet wurde und den Namen Bruder Honoratus von Biała annahm. Nach Abschluss des Noviziats legte er am 18. Dezember des darauf folgenden Jahres die einfachen Gelübde ab. 1850 wurde er zum Philosophie-­ und Theologiestudium in das Kloster nach Lublin geschickt, wo er am 21. Dezember die feierliche Profess ablegte. Im September 1851 kehrte er nach Warschau zurück und setzte seine theologischen Studien fort. Nach der Priesterweihe am 27. Dezember 1852 begann er unverzüglich mit seiner intensiven pastoralen Arbeit, wobei er innerhalb des Ordens mehrere Aufgaben gleichzeitig wahrnahm: Provinzsekretär, Provinzdefinitor und Guardian. Außerhalb des Klosters gab P. Honoratus in Schulen, Kollegien und Mädchenpensionaten Religionsunterricht. In besonderer Weise widmete er sich der Rosenkranzbruderschaft und dem Dritten Orden des hl. Franziskus, aus dem in der Folge viele Ordensberufe hervorgingen.

Unter Mitarbeit der seligen Maria Angela Truszkowska stand er 1855 dem Gründungsakt der Kongregation der Felizianerinnen (nach dem hl. Felix von Cantalice) vor. 1860 war er Guardian des Klosters von Warschau. Im gleichen Jahr gründete er auch die Kapuzinerinnen. Vier Jahre später musste er sich aufgrund der Unterdrückung der religiösen Orden durch die russische Regierung (1863/64) nach Zakroczym zurückziehen. Aus Zeitdokumenten geht hervor, dass sich die Zahl der aufgehobenen Orden 1864 auf 155 belief, darunter sieben Kapuzinerorden. Die verbliebenen Ordensangehörigen lebten als Reklusen. Auch P. Honoratus wurde von der Polizei streng überwacht. Kontakte mit der Außenwelt waren ihm untersagt, wenngleich es ihm über den Beichtstuhl gelang, fruchtbringende spirituelle Akzente zu setzen.

Um zu verhindern, dass jene, die ihrer religiösen Berufung nachgehen wollten, in das Ausland abwanderten, plante er die Gründung „verborgener“ Ordensgemeinschaften, deren Mitglieder zwar kein Ordenskleid trugen, aber die Gelübde ablegten. Zwischen 1855 und 1895 gründete P. Honoratus unter Zuhilfenahme seiner Tätigkeit als Beichtvater und mittels umfangreicher Korrespondenzen 26 religiöse Gemeinschaften, aus denen zahlreiche Kongregationen hervorgingen. Heute existieren noch 17, davon drei mit Ordenskleid und 14 Säkularinstitute (zwei Männer­- und 12 Frauenorden). So gesehen kann P. Honoratus als Vorkämpfer der Säkularinstitute bezeichnet werden. In seiner Eigenschaft als Ordensgründer trug er wesentlich zum Überleben der Kirche in Polen teil. 1867 begann er mit der Niederschrift des „Spirituellen Tagebuches“. 1889 wurde die von ihm initiierte neue religiöse Lebensform vom Hl. Stuhl mit dem Dekret „Ecclesia Catholica“ anerkannt.

1892 hoben die russischen Behörden auch das Kloster von Zakroczym auf. Um eine bereits vorprogrammierte Volkserhebung zur Verhinderung seiner Versetzung zu unterbinden, verließ P. Honoratus das Kloster eines Nachts durch eine Geheimtür und begab sich auf einen gut 150 km langen Fußmarsch nach Nowe Miasto, dem einzigen noch verbliebenen Kapuzinerkloster im Königreich Polen. Dort verbrachte er die letzten 24 Jahre seines Lebens, in völliger Hingabe an seine Kongregationen, als unermüdlicher Seelenführer und viel gefragter Beichtvater.

1895 wurde er zum Generalkommissar für die den Russen unterstehenden polnischen Kapuziner ernannt und in diesem Amt dann 1908 bestätigt. 1906 organisierte er eine Wallfahrt zum Marienheiligtum von Czestochowa, an der über eine halbe Million Menschen teilnahmen.

Inzwischen war es auch um seine Gesundheit nicht mehr zum Besten bestellt. Da er von 1905 an seine Tätigkeit als Beichtvater wegen Schwerhörigkeit und anderer Leiden aufgeben musste, widmete er sich nunmehr intensiv der Schriftstellerei und dem Briefwechsel mit den Schwestern und Brüdern der von ihm gegründeten Gemeinschaften. Ebenfalls 1905 starteten die Bischöfe eine großangelegte Aktion, um Kozminskis Kongregationen ihrer Oberhoheit zu unterstellen. Die Bischofskonferenz vom 31. Dezember 1907 und vom 2. Januar 1908 beschloss die Neustrukturierung der Kongregationen, die von Papst Pius X. approbiert wurde. Am 23. April 1908 teilte der Generalminister der Kapuziner P. Honoratus den Entscheid des Hl. Stuhls mit, ihn von der Generalleitung der Kongregationen zu entbinden, wobei er hinzufügte: „Deine Verdienste bleiben.“ Kozminski nahm die Entscheidung an und forderte alle Kongregationen mit Brief vom 1. Mai 1908 auf, dieser Folge zu leisten. Er selbst ging mit gutem Beispiel voran, indem er sich – wenngleich unter großen Opfern – aus allem heraushielt und sich von nun an lediglich als Spiritual, Priester und Beichtvater betätigte. Dennoch unterzog die zaristische Polizei, nachdem sie die im Verborgenen wirkenden Kongregationen entdeckt hatte, das Kloster von Nowe Miasto und auch die Zelle von P. Honoratus in den Jahren 1911/12 einer Durchsuchung.

1914 schließlich brach der erste Weltkrieg aus. Als die Klosterkirche, in der P. Honoratus gerade im Gebet versunken war, von einer Bombe getroffen wurde, blieb er wie durch ein Wunder unverletzt. Aufgezehrt von der Last der Jahre, den Anstrengungen und vielen Widrigkeiten und zu guter Letzt noch von einer Lungenentzündung heimgesucht, starb er am 16. Dezember 1916 im Ruf der Heiligkeit.

Er wurde in der Gruft des Klosters von Nowe Miasto begraben; am 10. Dezember 1975 wurde seine sterbliche Hülle in die dortige Klosterkirche der Kapuziner übertragen.

Am 16. Oktober 1988 wurde Honoratus Kozminski von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]

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