Andreas Resch: Heinrich de Ossó y Cervelló

HEINRICH DE OSSÓ
Y CERVELLÓ
(1840-1896)

PRIESTER UND GRÜNDER
DER GESELLSCHAFT DER
HL. THERESIA V. JESUS

Heilig: 16. Juni 1993
Fest: 27. Januar

HEINRICH DE OSSÓ Y CERVELLÓ wurde am 16. Oktober 1840 als Sohn von Jakob de Ossó und Michela Cervelló in Vinebre, Diözese Tortosa, Provinz Tarragona, Spanien, geboren und am Tag darauf auf den Namen Heinrich getauft. Seine Eltern waren einfache Bauern mit festen Prinzipien und einem soliden Glauben. Die Mutter träumte davon, dass er nach der Volksschule den Weg zum Priestertum einschlagen würde. Der Vater aber bestimmte ihn schon in jungen Jahren für den Beruf des Kaufmanns, den er zunächst in Quinto de Ebro und dann in Reus erlernen sollte. In Quinto de Ebro erkrankte er schwer und erhielt die Erstkommunion als Sterbesakrament. Heinrich wurde jedoch gesund und hegte von da an stets eine große Verehrung für die Eucharistie. Während der Cholera 1854 verlor er die Mutter. Noch im gleichen Jahr gab er, nachdem er den Vater und die Verwandtschaft davon in Kenntnis gesetzt hatte, alles auf und zog sich nach Montserrat zurück, wo er der Berufung zum Priester Folge leistete.

Nachdem Heinrich den Widerstand des Vaters überwunden und unter dem Versprechen, dass er seinen Weg gehen könne, nach Hause zurückberufen wurde, begann er im gleichen Jahr die Mittelschule im Seminar der Diözese von Tortosa. Wegen seiner Vorliebe für die Naturwissenschaften wurde er für ein Jahr nach Barcelona geschickt, um sich in Physik und Chemie zu spezialisieren, und kehrte dann neuerlich in das Seminar zurück. Nach Beendigung der Sekundarschule wurde er 1858 zum Studium der Philosophie und von 1863 bis 1866 zum Studium der Theologie in das Große Seminar aufgenommen, wo er 1866 auch das Bakkalaureat in den Freien Künsten machte. Nach der Priesterweihe am 21. September 1867 in Tortosa wollte er am darauffolgenden 6. Oktober im Heiligtum von Montserrat die erste heilige Messe feiern.

Obwohl De Ossó y Cervelló im Seminar praktisch von Beginn an mit dem Unterricht der Fächer Mathematik und Physik betraut wurde, hinderte ihn dies nicht daran, sich dem Apostolat des Katechismus, der Volksmissionen sowie der Abfassung kleiner Broschüren und Artikel über die Lehre und die Frömmigkeit zu widmen, was ihn zu einem der volkstümlichsten Apostel Spaniens seiner Zeit machte. Nach seiner Rückkehr aus Rom 1871, wohin ihn das I. Vatikanische Konzil zu einer Wallfahrt gerufen hatte, organisierte De Ossó y Cervelló ein Lehrerseminar für die Unterweisung im Katechismus, das sich auf mindestens 12 Kirchen von Tortosa ausdehnte. Im darauffolgenden Jahr veröffentlichte er auch einen „Leitfaden“ für die Katecheten mit dem Titel „Guía práctica del Catequista en la enseñanza métodica y costante de la Doctrina Cristiana“, das ebenso eine Übersetzung des De parvulis tradendis ad Christum von Johannes Gerson, die Konstitution Etsi minime von Benedikt XIV., eine Anleitung zur Organisation der Katechese, die wichtigsten Andachten und andere Themen enthält. Mit diesem Buch begann er seine Tätigkeit als Schriftsteller. Gleichzeitig gab er die Wochenschrift El amigo del pueblo (Der Freund des Volkes) heraus, die dann im Mai 1872 vom Staat unterdrückt wurde. Aus seiner von Kindheit an gehegten Verehrung für die hl. Theresia von Avila ging schließlich im Oktober 1872 die Monatsschrift Santa Teresa de Jesús hervor, die er bis zum Tode leitete. Darin legte er die wahre katholische Lehre dar, verbreitete die Lehren von Pius IX. und Leo XIII., unterwies in der Kunst des Betens und informierte in aktueller Form über das Leben der Kirche in Spanien und in der Welt.

1873 gründete De Ossó y Cervelló die Gemeinschaft der Töchter der Maria Immaculata von der hl. Theresia, die 1875 von Pius IX. zu einer primären Erzbruderschaft erhoben wurde, sich rasch in ganz Spanien verbreitete und schließlich über 130.000 Mitglieder zählte. 1874 veröffentlichte er für die jungen Mitglieder der Vereinigung das Handbuch El cuarto de hora de oraciòn, das für viele Generationen junger Spanier zu einem Klassiker des Gebets werden sollte und zu seinen Lebzeiten 15 und bis heute über 50 Auflagen erlebt hat. 1875 schrieb er unter dem Titel Viva Jesús ein Meditationsbuch über die Geheimnisse der Kindheit Jesu, das für Kinder bestimmt war.

Sein Hauptwerk war jedoch die Gründung der Kongregation der Schwestern von der Gesellschaft der heiligen Theresia, die zunächst als Gruppe von fachlich qualifizierten und staatlich anerkannten Laien-Lehrerinnen geplant war, welche unter dem Zeugnis des Glaubens die Wahrheit in die öffentlichen Schulen tragen sollten. „Am 23. Juni 1876“, schreibt der Gründer, „dem Fest des Allerheiligsten Herzens Jesu, entstand in Tarragona die Gesellschaft der Heiligen Theresia von Jesus, und zwar wurde sie gegründet nach zehn Tagen intensiver geistlicher Exerzitien, bei denen neun junge und mutige Theresianerinnen sich entschlossen, dem oben genannten Institut beizutreten.“ 1878 wurde besagtes Institut gemeinschaftlichen Lebens mit Approbation des Erzbischofs von Tortosa in ein Ordensinstitut umgewandelt. 1888 erhielt die Kongregation das Decretum laudis. Der Zweck der Kongregation ist das Schulapostolat im Blick auf eine umfassende Ausbildung der Frau. De Ossó y Cervelló wollte, dass die Schwestern, erfüllt vom Geist der Theresia von Avila und pädagogisch offen für die wirksamsten Methoden, in der Lage seien, die Frauen von morgen heranzubilden, indem sie alle erhaltenen Gaben in den Dienst ihrer Mission stellten.

Gleichzeitig träumte er von der Errichtung einer religiösen Familie von „Josefsbrüdern“ und einer Kongregation von „Theresianer-Missionaren“, doch wurde dieser Traum nie Wirklichkeit. 1876 /77 gründete er in Tortosa ein Kloster der Unbeschuhten Karmelitinnen – auf einem Grund, der den Nonnen und einer Gesellschaft von Priestern geschenkt worden war, für die er 1878 / 79 ein Noviziatskolleg errichtete, um die Präsenz der Kirche in Kontemplation und Aktion zu bezeugen. Leider stellten sich die Nonnen und die Stifterin selbst Ende 1879 unter dem Druck einiger Neider gegen dieses Kolleg. Ein Prozess wurde eingeleitet, der sich für Don Heinrich sowohl in Madrid als auch in Rom zunehmend ungünstiger entwickelte. Für ihn bedeutete dies eine große Prüfung, bei der er sich trotz Verteidigung der Rechte der Justiz als ein Vorbild der Hingabe an Gott erwies, indem er sich die Liebe zu seinen Gegnern bewahrte. Der Fall wurde erst nach seinem Tod entschieden.

Don Heinrich, ein Mann von großer Innerlichkeit, außergewöhnlicher Glaubensbildung und unermüdlichem apostolischen Eifer gelang es, unzählige Initiativen zu verwirklichen und über das Geschriebene und Gedruckte einen weiten apostolischen Wirkungsradius zu erzielen. Jesus, Maria, Joseph, Theresia von Jesus und ihre spirituelle Botschaft sowie Franz von Sales waren die Quellen seiner zahlreichen Andachtsbücher und katechistischen Unterweisungen und so wurde er auch zu einem der ersten Apostel der Schrift Rerum novarum Leos XIII., die er über das Büchlein Catecismo e los obreros ricos (1891) verbreitete.

Abgesehen vom Gebet und seiner Tätigkeit als Schriftsteller erkannte er ebenso intuitiv, dass die Kinder in Rahmen der Familie als echte Apostel wirken konnten und dass die Frau in der Gesellschaft eine entscheidende Rolle spielte. Für die Frauen und mit den Frauen rief er daher eine breite Bewegung ins Leben, die diese von Kindheit an in ihre spirituelle und kulturelle Förderung einbeziehen sollte, indem er als ihre größte Aufgabe die Mitwirkung am Priestertum herausstellte. Die Krönung dieser umfassenden Bewegung war die schon erwähnte Gründung der Gesellschaft der hl. Theresia von Jesus mit dem Ziel der Unterweisung und Erziehung der weiblichen Jugend im theresianischen Geist durch das Apostolat des Gebets, des Unterrichts und des Opfers zur Wiederbelebung des Typus der „starken“ Frau, welche in der Bibel gepriesen wird.

Bei all diesen Aktivitäten verstand er es auch, den Zauber der Kunst auf die religiöse und kulturelle Bildung einwirken zu lassen. So beauftragte er einige der angesehensten Künstler seiner Zeit mit der Schaffung von Skulpturen, Altären und Musikkompositionen.

Die letzten Jahre des Gründers waren in besonderer Weise vom Siegel des Kreuzes geprägt. De Ossó y Cervelló hatte sich eifrig der Ausbildung der Schwestern gewidmet, die er praktisch einzeln begleitete, auf den Spuren der hl. Theresia zur Vollkommenheit führte und zu einer Qualifikation anspornte, die sie zu immer effizienteren Aposteln in der Schule machte. Die Wahl der Generaloberin 1889 brachte schmerzliche Momente mit sich. Die gewählte Schwester, die kränklich war, wurde 1895 der Leitung für unfähig erklärt, und so ersuchte er sie, den Normen der Konstitutionen gemäß, sich eine Zeitlang zurückzuziehen und die Leitung an eine Vizeoberin abzutreten. Die Betroffene wollte dem nicht Folge leisten und wurde dabei auch von anderen gestützt, was Don Heinrich viel Schmerz und Bitterkeit einbrachte und zu einer geteilten Stimmung im Institut führte. Der Gründer glaubte daraufhin, dass – wenn er sich nun vom Institut zurückziehe – dies zur größeren Ehre Gottes geschehe und so verließ er, ohne jemandem ein Wort zu sagen, im August 1895 Barcelona, wo seine Ordensgemeinschaft seit 1890 das Generalatshaus hatte, und ging wieder in seine Heimatstadt Vinebre. Er besuchte noch einige Häuser des Instituts und hielt mit den Schwestern weiterhin brieflichen Kontakt, bevor er sich Ende des Jahres, auf der Suche nach Einsamkeit, in die karmelitanische Wüste von Las Palmas (Castellón) begab. Da er diese dort nicht fand, übersiedelte er am 2. Januar 1896 in den Konvent der Franziskaner „Sancti Spiritus“ nach Gilet (Valencia), wo er am darauffolgenden 27. Januar nach einem arbeitsreichen Leben im Alter von kaum 56 Jahren und im Ruf der Heiligkeit nahezu unvermittelt verstarb.

Sein Grab befindet sich in der Kapelle der Residencia Hnas. Teresianas, Avinguda Sta. Teresa, 17, Tortosa-Jesús, Tarragona, Spanien.

Bei seinem Tod zählte das Institut 33 Häuser in Spanien, Portugal, Algerien, Mexiko und Uruguay; trotz einer inneren Spaltung, die bald überwunden wurde, erwies sich die Gemeinschaft von großer Vitalität, die ihr der Gründer Don Ossó aufgedrückt hatte.

Am 14. Oktober 1979 wurde Heinrich De Ossó y Cervelló von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen und am 16. Juni 1993 in Madrid heiliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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