Andreas Resch: Franziskus von Jesus Maria Joseph Palau y Quer


FRANZISKUS
VON
JESUS MARIA JOSEPH
(Franziskus Palau y Quer)
(1811-1872)

PROFESSPRIESTER DES ORDENS DER UNBESCHUHTEN KARMELITEN
GRÜNDER
DES INSTITUTS DER
KARMELITEN-MISSIONARINNEN
DER HL. THERESIA

UND DES INSTITUTS DER KARMELITEN-MISSIONARINNEN

Selig: 24. April 1988
Fest: 20. März

FRANZISKUS PALAU Y QUER wurde am 29. Dezember 1811 in Aytona, Diözese und Provinz Lérida, Spanien, als siebtes Kind der einfachen Bauersleute José Franziskus Palau Miarnau und Maria Antonia Quer Esteve geboren und noch am gleichen Tag auf den Namen Franziskus getauft. Seine Kindheit verlebte er im Elternhaus in soliden Verhältnissen. Nach seiner Firmung im Alter von sechs Jahren kam er 1817 in die Dorfschule. Aufgrund des guten Schulerfolges legte der Lehrer den Eltern nahe, den Knaben studieren zu lassen, doch fehlten der Familie hierzu die finanziellen Mittel.

1825 übersiedelte Franziskus zu seiner Schwester Rosa nach Lérida, die wusste, dass ihr Bruder gern studieren wollte und daher den Vater überredet hatte, ihn zu ihr zu schicken, weil sie ihm angeblich auf dem Gut ihres Mannes Arbeit verschaffen könne; insgeheim aber sollte er im städtischen Seminar seinen Studien nachgehen. Franziskus lebte also fortan bei seiner Schwester und seinem Schwager, empfing während dieser Zeit die Erstkommunion und besuchte als Externer die dreijährige Oberschule im Seminar. Nach Erhalt eines Stipendiums, mit dem er bis zum Priestertum sein Auskommen hatte, trat er im September 1828 in das Seminar von Lérida ein, wo er vier Jahre blieb. Da er sich zum Ordensleben berufen fühlte, trat er anschließend als Postulant in den dortigen Konvent der Unbeschuhten Karmeliten ein. Am 23. Oktober 1832 wurde er in das Haus St. Josef nach Barcelona geschickt, dem Sitz des Noviziats der Karmelitenprovinz von Katalonien. Am 14. November erfolgte die Einkleidung, bei der er den Namen Bruder Franziskus von Jesus Maria Joseph annahm. Nach Beendigung des Noviziats legte er am 15. November 1833 die Gelübde ab und beendete daraufhin sein Studium, das er wegen seines Aufenthaltes in der Kommunität von Barcelona unterbrochen hatte. Im Februar 1834 wurde er zum Diakonat zugelassen.

Am 25. Juli 1835 wurde der Konvent St. Josef nach Ausbruch des Volksaufstandes in Barcelona von den Revolutionären erstürmt und in Brand gesteckt. Bruder Franziskus und einige Mitbrüder flüchteten in ein nahe gelegenes Haus. Ein paar Tage später wurde er auf die Festung „de la Ciudadela“ geführt, die er zwischen 8. und 13. August, ausgestattet mit einem Paß für Lérida, wieder verließ. Wohin er ging, wo und wie er lebte, nachdem er Barcelona hinter sich gelassen hatte, ist nicht bekannt. Die einzig sichere Angabe in der Dokumentation ist, dass er sich Anfang März 1836 in seinem Heimatdorf Aytona aufhielt, wo er das Diakonat ausübte und in Vorbereitung auf die Priesterweihe Exerzitien machte. Nach der Weihe am 2. April 1836 wirkte er abwechselnd als Priester und lebte als Eremit in einer Höhle. In dieser Abgeschiedenheit gelangte er – angespornt durch die dramatische Lage, in der sich die Kirche befand – zum Entschluss, missionarische Aufgaben zu übernehmen. Am 9. November 1839 erhielt er vom Bischof von Orihuela die Erlaubnis, zwei Jahre lang in der Diözese Tortosa, in der er sich damals gerade befand, zu predigen und die Beichte zu hören. Am 19. Januar 1840 wurde er zum apostolischen Missionar von Tarragona ernannt, ein paar Monate später auch für andere Diözesen.

Die Eroberung von Berga durch die liberalen Truppen am 6. Juli 1840 zwang P. Palau zur Flucht nach Frankreich. Nachdem er am 21. Juli 1840 die Grenze erreicht hatte, schickte ihn die Polizei nach Perpignan, wo er bis zum Sommer 1842 in Gebet und Meditation verblieb, wie aus dem aszetischen Traktat La Lucha del alma con Dios hervorgeht. Gegen Ende 1842 verließ er Perpignan und ging in die Diözese Montauban im Kanton Caylus, wo er bis April 1846 als „Gast“ in den Wäldern der Besitzungen des Vicomte Desserres lebte, um sich dann nahe der Wallfahrtskirche Notre Dame de Livron niederzulassen. Nach dem Erwerb eines eigenen Grundstückes reiste P. Palau in die Heimat, wobei er das Werk Quidditas Ecclesiae in vier Bänden mit sich führte. Im März/April 1847 kehrte er gemeinsam mit seinem Vater, seinem Schwager und seinem Neffen nach Frankreich zurück.

Inzwischen begannen sich Männer und Frauen um ihn zu scharen, die ein asketisches Leben führen wollten. Besondere Erwähnung verdient eine Gruppe frommer Frauen, unter denen sich Johanna Gracias befand, die mit Palau engen Kontakt hatte und ihm auch folgte, als er – in den ersten Monaten des Jahres 1851 – endgültig nach Spanien ging. Dort konnte er sich in Barcelona niederlassen, wo er vom Bischof wohlwollend aufgenommen und in dessen Diözese inkardiniert wurde. Außer dem Predigen widmete er sich auch der religiösen Erwachsenenbildung (Escuela de la Virtud), was ihm jedoch 1854 von den staatlichen Behörden unter dem Vorwand untersagt wurde, in seinen Kursen würden subversive Ideen geschürt. P. Palau wurde auf die damals noch von Wildnis überzogene Baleareninsel Ibiza verbannt, wohin die Kriminellen und politisch Verfolgten deportiert wurden. Dort lebte er ca. sechs Jahre lang in freiwilliger Isolation, wobei er das Alleinsein mit dem Priestersein verband und seine Predigten in der Hauptsache vor Inselbewohnern hielt. Im Sommer 1857 entdeckte er auf einer kleinen Insel nahe Ibiza eine noch einsamere und unzugänglichere Höhle, die Vedrá, die in den darauf folgenden Jahren zu seinem Zufluchtsort wurde. Zur Verbreitung der Marienverehrung errichtete er mit Erlaubnis des Hl. Stuhls in der Ortschaft Es Cubells ein kleines Marienheiligtum zu Ehren „Unserer Frau von den Tugenden“. Ein kurzer unerlaubter Aufenthalt in Barcelona (Dezember 1857 bis März 1858) zur Klärung einiger finanzieller Fragen wurde von den Militärbehörden unterbrochen, die seine Rückkehr nach Ibiza verordneten. Nach einer Amnestie zugunsten der aus politischen Gründen Verbannten, die mit der offiziellen Anerkennung seiner völligen Unschuld zusammenfiel, konnte er im Juli 1860 schließlich nach Barcelona zurückkehren, wo er sich in dem damals noch peripher gelegenen Santa Cruz de Vallcarca niederließ.

Seine pastorale Tätigkeit bestand im Wesentlichen aus Predigten und Volksmissionen in den verschiedenen Gebieten Kataloniens und auf den Balearen, wo er 1860 die Kongregation der Terziarbrüder des Karmel gründete, die sich nach dem Spanischen Bürgerkrieg mit den Unbeschuhten Karmeliten vereinigten, sowie eine Frauenkongregation, die sich dann in zwei Gruppen aufspaltete: die Karmeliten-­Missionarinnen (Abb.) und die Karmeliten-­Missionarinnen der hl. Theresia (Abb.) Palaus fester Wohnsitz war jedoch Vallcarca, wo er eine Kirche und einen Gebäudekomplex für seine Gefolgsleute errichtete, die sich bereits seit einiger Zeit dort niedergelassen hatten.
Außerdem baute er auf dem weiten Terrain ein Haus für die frommen Frauen, die sich unter seiner Leitung zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen hatten und von 1867 an, als Palau zum Leiter der Karmeliten-Terziaren ernannt wurde, formell Gestalt annahmen.
Im Frühjahr 1864, während er sich in die Vedrá zurückgezogen hatte, vernahm er die Berufung zum Exorzisten. Nach dem Studium des kirchlichen Auftrages in der Welt und im Besonderen des Exorzistenamtes in seinen theologischen und historischen Belangen begann er im Oktober des Jahres mit der Durchführung von Exorzismen, wobei er sich gleichzeitig – auch mittels Schriften, die er Pius IX. und dem I. Vatikanischen Konzil zukommen ließ – für die Wiedereinführung der exorzistischen Praxis einsetzte. Die große Zahl an Personen, welche die Kirche von Vallcarca zum Zwecke des Befreiungsgebetes aufsuchten, veranlasste den Bischof, Palau die Durchführung von Exorzismen mit Verordnung vom 13. April 1866 zu verbieten. P. Palau fühlte sich daraufhin gedrängt, nach Rom zu reisen, wo er sich von 8. bis 18. Dezember 1866 aufhielt, um dem Papst seine Sorgen zu unterbreiten. Um seinen Auftrag ausführlicher darzustellen, entschloss er sich zur Herausgabe der Wochenzeitschrift El Ermitaño, deren erste Ausgabe am 5. November 1868 erschien. Anlässlich des I. Vatikanums begab er sich, unter Mitnahme des Büchleins El esorcistado, neuerlich nach Rom. Den ganzen Februar 1870 über wartete er dort vergeblich darauf, dass der Papst und das Konzil ihn anhörten. Nach seiner Rückkehr nach Barcelona bezichtigte man P. Palau unerlaubter medizinischer Praktiken und warf ihn am 13. Oktober zusammen mit seinen „Patienten“ in das Gefängnis, aus dem er jedoch am 23. Dezember 1870 als unschuldig entlassen wurde. Trotz aller Feindseligkeiten verfolgte er selbst vom Kerker aus die Arbeit der Terziaren, denen er sein Leben verschrieben hatte, und verfasste deren Konstitutionen im Blick auf ihre rechtliche Anerkennung.

Wenngleich bereits unter verschiedenen Beschwerden leidend, scheute Palau keinerlei Mühen, und als man ihn gegen Ende 1871 um Hilfe für die von einer Typhusepidemie heimgesuchten Bewohner von Calasanz ersuchte, schickte er sogleich einige seiner Schwestern dorthin, denen er dann um den 20. Februar 1872 nachfolgte. Nachdem er am 10. März mit einer Lungenentzündung wieder nach Tarragona zurückgekehrt war, starb er dort am 20. März 1872.

Sein Grab befindet sich im Mutterhaus der „Carmelitas Misioneras Teresianas“, Avda. de Estanislao Figueras 31-B, Tarragona, Spanien.

Am 24. April 1988 wurde Franziskus Palau y Quer von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]

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