Andreas Resch: Franziskus Faà di Bruno


FRANZISKUS
FAÀ DI BRUNO
(1825-1888)

PRIESTER UND GRÜNDER
DER KONGREGATION DER KL. SCHWESTERN U. L. F.
VON DER FÜRBITTE

Selig: 25. September 1988
Fest: 27. März

FRANZISKUS FAÀ DI BRUNO wurde am 29. März 1825 als zwölftes Kind von Alois Faà, Marquis von Bruno e Carentino, Graf von Fontanile, und Carolina Sappa dei Milanesi, beides vornehme Familien, in Alessandria, Italien, geboren und auf den Namen Franziskus getauft. Von seinen Eltern erbte er eine tief religiöse Gesinnung. So traten auch zwei seiner Brüder und Schwestern in den Ordensstand. Am 23. Oktober 1833 erhielt er die Firmung. Über die ersten Jahre seines Lebens ist wenig bekannt, außer dass er aufgrund seiner extrem schwachen Konstitution bis zum Alter von neun Jahren beim Großvater väterlicherseits auf Schloss „Bruno“ nahe Alessandria aufwuchs.

Als Franziskus mit neun Jahren die Mutter verlor, vertraute ihn der Vater P. Gariboldi an, unter dessen Führung er in Bezug auf Religiosität und Studium echte Fortschritte machte. Anschließend wurde Franziskus an das Kolleg S. Josef der Somasker nach Novi Ligure geschickt, das er 1840 verließ, um die Königliche Militärakademie von Turin zu besuchen. Auch dort führte er ein frommes Leben, empfing die Sakramente und nützte die freie Zeit, um sich seinen geliebten Mathematikstudien zu widmen. Nach Abschluss des Studiums und Ernennung zum Oberleutnant des Königlichen Stabskorps ging Faà di Bruno auf die Fachschule, um sich in Topografie und Fremdsprachen zu spezialisieren.

1848 nahm er am ersten Unabhängigkeitskrieg teil und wurde am 10. März 1849 zum Befehlshaber des Generalstabs befördert. Die Niederlage von Novara prägte sich tief in sein Gedächtnis, vor allem das Klagen der sterbenden jungen Männer. Das Bild der vielen Gefallenen vor Augen, gründete er später eine religiöse Gemeinschaft, die sich dem Werk der Barmherzigkeit verschrieb.

Noch im Offiziersstand, wurde Faà di Bruno vom neuen König Viktor Emanuel II. im Oktober 1849 in spezieller Mission nach Paris geschickt, um seine Studien weiterzuführen und sich auf die heikle Aufgabe eines Privatlehrers des königlichen Nachwuchses vorzubereiten. Er kam dort gut voran und schrieb sich in die damals gerade von Frédéric Ozanam gegründeten Vinzenzkonferenzen ein, mit dem ihn später eine enge Freundschaft verband. 1851 erwarb er an der Sorbonne das Lizentiat in Mathematikwissenschaften und kehrte anschließend nach Turin zurück, wo er jedoch bei Hof nicht aufgenommen wurde, weil man ihn als zu sehr religiösen Grundsätzen verhaftet betrachtete. Von der Stellung eines Hauslehrers war keine Rede mehr. Schwere Differenzen mit dem Kriegsminister und die entschiedene Ablehnung, sich auf ein Duell einzulassen (nach kirchlichem Recht war ein solches verboten, doch riskierte ein Offizier, der sich der Herausforderung nicht stellte, seine unmittelbare Entlassung), zwangen ihn Anfang 1853, seine vielversprechende Karriere aufzugeben.

Faà di Bruno verließ die Armee und kehrte 1854 nach Paris zurück, wo er am 20. Oktober 1856 in Mathematikwissenschaften und Astronomie promovierte. Er konnte so eine freie Dozentur an der Universität von Turin übernehmen. Am 27. Februar 1857 hielt er seine Antrittsvorlesung über höhere Analyse und Astronomie. Das war für ihn der Beginn der universitären Lehre, die er bis zu seinem Tod fortsetzte. 1861 wurde er an die Fakultät für Physik und Mathematik berufen, vorerst als Supplent, dann ab 1871 als Lehrbeauftragter für mathematische Analyse. Außerdem lehrte er an der Fachschule in Turin Geodäsie und an der Militärakademie Topografie und Trigonometrie. 1876 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt und blieb dies, ungeachtet seiner Qualifikation, bis zum Tod. Seine Forschungen wurden in europäischen und amerikanischen wissenschaftlichen Zeitschriften in Englisch, Französisch und Deutsch publiziert. Da er aber, wie er schrieb, kein „Parteigänger“ war, wurde ihm das Recht auf das Ordinariat verweigert. Als Antwort auf diese Ungerechtigkeit vererbte er der von ihm so heiß geliebten Universität auf dem Sterbebett seine umfangreiche wissenschaftliche Bibliothek.

Politisch kandidierte er in zwei Wahlkreisen von Alessandria für die Konservativen, konnte sich jedoch aufgrund der bekannten Widerstände in keinem von beiden behaupten.

Während seines Aufenthaltes in Paris hatte Faà di Bruno die Bekanntschaft bedeutender Persönlichkeiten des katholisch-sozialen Flügels der französischen Konservativen gemacht. Nach Turin zurückgekehrt, rief er eine Reihe von Werken und Aktivitäten ins Leben. Er trug zur Verbreitung der Vinzenzkonferenzen bei und trat, gerade aus dem Heer entlassen, für eine moderne katholische Presse ein: klare, flüssige Sprache, niedriger Preis, Taschenformat. Gemeinsam mit Don Bosco arbeitete er an den ersten Ausgaben der Letture Cattoliche mit, während er den ersten katholischen Volksalmanach, Il Galantuomo, in Eigenregie herausgab. Zudem arbeitete er für die Tageszeitungen L‘Armonia sowie L‘Unità Cattolica und schrieb für die Wochenblätter L‘Ateneo Religioso und La Buona Settimana. Er war Herausgeber der Halbmonatsschrift Il Cuor di Maria sowie der Wochenschrift Il Museo delle Missioni Cattoliche. Darüber hinaus veröffentlichte er mindestens 38 Werke, die sich mit der moralischen Erziehung befassten, und organisierte 1863 die erste „Leihbibliothek“ in Turin, die – 1872 zu einer „Bibliothek mit Fernleihe“ ausgebaut – für den Bücherverleih in ganz Italien zuständig wurde.

1859 initiierte Faà di Bruno die Gründung des Frommen Werkes zur Heiligung der Festtage, womit er auch die angemessene Feiertagsruhe für Arbeiter wieder etablieren wollte. Er war einer der Ersten, die in Italien den „sozialen Mittagstisch“ für Arbeiter anregten. Die von ihm bereits 1857 vorgeschlagenen, jedoch erst 1867 realisierten „Sparöfen“ lieferten Hunderttausende von Mahlzeiten zu äußerst reduzierten Preisen. Ganz besonders tat er sich in seinem sozialen Engagement aber für das Los der Frauen hervor, und zwar im Hinblick auf eine echte Förderung derselben. Dabei trat er in erster Linie für das ausgebeutete und in sehr niedrigem Ansehen stehende weibliche Dienstpersonal ein und gründete 1853 das sog. „Sonntagsoratorium“ oder „Patronat für die Dienstmädchen“ in Form einer Singschule, die ihm dazu diente, die Probleme dieser Gesellschaftsschicht von Grund auf kennen zu lernen. Für sie rief er 1859 in Turin das Werk der hl. Zita ins Leben. Dort fanden junge Frauen Aufnahme, die auf der Suche nach einer Anstellung waren, und solche, die aus verschiedensten Gründen Zuflucht suchten.

Eine andere erwähnenswerte Initiative betraf die Errichtung eines Hauses im Jahre 1875 für unverheiratete Mütter sowie des Instituts San Josef di Benevello d‘Alba zur Ausbildung armer Bauernmädchen aus der Langhe-Region. Außerdem gründete er ein Lyzeum, ein Konvikt für angehende Lehrerinnen, ein Stift für ältere Damen, ein Wohnheim für wohlhabende Herren, mit dessen Ertrag er das Werk finanzierte, sowie ein Heim für Priester und allein stehende bzw. verlassene alte Menschen.

Sein höchster Einsatz und sein größter Beitrag in Lehre und Seelsorge lagen jedoch in seinem tief innerlichen Bemühen um die Harmonisierung von „Wissenschaft und Glauben“. Seine Arbeit als Forscher, Erfinder, Gründer schulischer Einrichtungen, als Schriftsteller, Herausgeber und Universitätslehrer verfolgte in erster Linie das pastorale Ziel, diese beiden Welten einander näher zu bringen.

Am 22. Oktober 1876, als sich viele seiner Initiativen schon Jahre bewährt hatten, wurde Franziskus Faà di Bruno nach Überwindung der Widerstände des Erzbischofs von Turin und dank der Bemühungen Pius‘ IX. in Rom zum Priester geweiht, womit er sein Leben auf einzigartige Weise krönte und der Kirche für nahezu zwölf weitere Jahre zu Diensten stand. Er begab sich in die abgelegensten Dörfer, unter das einfache und ungebildete Volk, um zu predigen und die Sakramente zu spenden.

Von den nach seiner Priesterweihe verwirklichten Werken betrifft das wichtigste die am 16. Juli 1881 erfolgte Gründung der Kongregation der Kleinen Schwestern Unserer Lieben Frau von der Fürbitte (Abb.), die er dreizehn Jahre lang vorbereitet hatte, um damit sein „Charisma“ fortleben zu lassen.

Aufgezehrt vom Dienst an der Wissenschaft, der Kirche und den Menschen beschloss Franziskus Faà di Bruno seine irdische Pilgerschaft nach nur fünftägiger Krankheit am 27. März 1888 in Turin.

Sein Grab befindet sich in der Kirche Unserer Lieben Frau von der Fürbitte in Turin, die von ihm 1867, im christlichen Andenken an die für die Einheit Italiens Gefallenen, errichtet worden war.

Am 25. September 1988 wurde Franziskus Faà die Bruno von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]

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