Andreas Resch: Franz Xaver Seelos


FRANZ XAVER SEELOS
(1819-1867)

PROFESSPRIESTER
DER KONGREGATION DES HLST. ERLÖSERS
(REDEMPTORISTEN)

Selig: 9. April 2000
Fest: 4. Oktober

FRANZ XAVER SEELOS wurde am 11. Januar 1819 als sechstes von 12 Kindern (acht Mädchen und vier Jungen) des Magnus Seelos und der Franziska Schwarzenbach in Füssen in Bayern, Deutschland, geboren und noch am gleichen Tag in der Pfarrkirche des hl. Magnus auf den Namen Franz Xaver getauft, wo sein Vater, ehemals Stoffhändler, von 1830 an die Aufgabe des Sakristans übernahm. Von der Familie, in der er allgemein Xaver gerufen wurde, erbte er jene Tugenden, die ihn ein Leben lang auszeichneten: positive Lebenseinstellung, Geduld bei Unannehmlichkeiten, Gleichgültigkeit gegenüber materiellen Dingen, Frohsinn und Freude im Beisammensein mit anderen und in der Gemeinschaft mit Gott.

Als die Mutter eines Tages aus dem Leben des hl. Franz Xaver vorlas, rief der kleine Franz: „Ich will ein Franz Xaver sein!“ Nachdem er 1831 die Volksschule in Füssen beendet und den Wunsch geäußert hatte, Priester zu werden, besuchte er ab 1832 – ermutigt und unterstützt durch den Pfarrer – das Gymnasium im Institut St. Stephan in Augsburg. Nach Erhalt des Diploms 1839 setzte er seine Studien in München fort, wo er den zweijährigen Philosophiekurs an der Ludwig Maximilians-Universität belegte, wo allerdings mehr Philologie und Anthropologie denn Philosophie unterrichtet wurde. Nach Abschluss des Philosophiekurses wechselte er an die Theologische Fakultät der Universität München und begann mit dem Theologiestudium. Am 19. September 1842 trat er in das Seminar des hl. Hieronymus in Augsburg ein, wo er wegen seiner Liebenswürdigkeit und seiner Studienerfolge stets bewundert wurde. In dieser Zeit beschloss er, seinem Traum aus frühen Jugendtagen Folge zu leisten und ein zweiter Franz Xaver zu werden. Durch seine Kontakte mit den Redemptoristenmissionaren lernte Seelos sowohl das Charisma ihres Instituts kennen, das der hl. Alfons zur pastoralen Betreuung der von allen verlassenen Menschen gegründet hatte, als auch deren seelsorgliches Wirken – vor allem für die Immigranten in den USA. Seine Wahl wurde nicht zuletzt dadurch begünstigt, dass in den Jahren 1831-1841 zwei seiner Gefährten aus dem Lyzeum und zwei junge Priester der Diözese Augsburg in die Kongregation der Redemptoristen eintraten.

Tief betroffen von den in der katholischen Zeitschrift Sion veröffentlichten Briefen der Redemptoristen, die vom mangelnden spirituellen Beistand tausender deutscher Einwanderer berichteten, beschloss Seelos, voll des apostolischen Eifers, seinen Eintritt in die Kongregation. Im ersten Semester Theologie schrieb er dem Oberen der Redemptoristen in der Amerikamission einen Brief mit der Bitte, als Missionar in den Vereinigten Staaten arbeiten zu dürfen. Die Antwort ließ auf sich warten, was Seelos gesundheitlich so sehr beeinträchtigte, dass er mit hohem Fieber und Delirium in das Krankenhaus eingeliefert werden musste. Als er schließlich am 22. November 1842 die Erlaubnis erhielt, ließ er alles hinter sich und machte sich im Jahr darauf auf den Weg, wobei er sich nicht einmal mehr von seinen Eltern verabschiedete. Am 17. März stach er von Le Havre aus in See und kam am 20. April 1843 in New York an.

Am 16. Mai 1843 begann er in Baltimore, Maryland, mit der Einkleidung das Noviziat. Nach Beendigung desselben legte er am 16. Mai 1844 die Profess ab und wurde nach Abschluss der theologischen Studien sechs Monate später, am 22. Dezember 1844, in der Redemptoristenkirche des hl. Jakobus in Baltimore zum Priester geweiht.

Sein Apostolat war von Beginn an von zwei Richtungen geprägt: der Ausbildung der Priesterkandidaten und den Pfarrmissionen. Als Ausbilder wurde Seelos bereits einen Tag nach der Weihe zum Sozius des Novizenmeisters ernannt. Anschließend versetzte man ihn in die Pfarrei der hl. Filomena nach Pittsburgh in Pennsylvania, wo er neun Jahre blieb und zunächst als Kooperator mit dem Oberen der Kommunität, dem hl. Johannes Neumann, zusammenarbeitete, um dann in den letzten drei Jahren selbst das Amt des Obern zu übernehmen. Als 1847/48 das Noviziat ebenfalls nach Pittsburgh verlegt wurde, machte man ihn zum Novizenmeister. Außer seiner Arbeit als Pfarrkaplan widmete sich Seelos gemeinsam mit Neumann den Pfarrmissionen der Pionierzeit, als man Kirchen, Schulen, Heime bauen, Groß und Klein im Katechismus unterrichten und den Massen von Region zu Region folgen musste. Auf sein Verhältnis zu Neumann angesprochen, pflegte Seelos zu bestätigen: „Er hat mich in das aktive Leben eingeführt“ und „er hat mich als Spiritual und Beichtvater geleitet“.

Seine Hilfsbereitschaft und angeborene Liebenswürdigkeit beim Erfassen und Verstehen der Bedürfnisse der Gläubigen machten Seelos schon bald als erfahrenen Beichtvater und Seelenführer bekannt, sodass auch die Bewohner der umliegenden Ortschaften zu ihm kamen. Im Beichtstuhl sorgte er dafür, dass die Beichte von den Betroffenen nicht so sehr als Tortur denn vielmehr als fruchtbare Begegnung mit einem geduldigen und barmherzigen Christus empfunden wurde. Und sein Beichtstuhl stand allen offen: „Ich höre die Beichten auf Deutsch ebenso wie auf Englisch und Französisch, von Weißen ebenso wie von Farbigen.“ Die Gläubigen beschrieben ihn als einen Missionar, der ständig ein Lächeln auf den Lippen und ein großzügiges Herz hatte, vor allem den Bedürftigen und Ausgegrenzten gegenüber. Gemäß dem redemptoristischen Charisma pflegte er einen einfachen Lebensstil und eine einfache Sprache. Die Argumente seiner Predigten waren reich an biblischen Inhalten; sie wurden auch von den am wenigsten Gebildeten gehört und verstanden. Eine dauerhafte Einrichtung seines Apostolats war die Katechese für die Kinder – eine Tätigkeit, die er nicht nur besonders liebte, sondern die er für das Gedeihen der christlichen Pfarrgemeinde auch für unerlässlich hielt.

1854 wurde Seelos von Pittsburgh nach Baltimore versetzt, 1857 nach Cumberland und 1862 nach Annapolis, stets im Einsatz für die Pfarrgemeinde. In Cumberland und Annapolis hatte er auch das Amt des Studentenpräfekten inne. Selbst in dieser Eigenschaft bewahrte er sich den Ruf eines liebenswürdigen, fröhlichen Seelenhirten, der den Bedürfnissen der Jungen stets mit Bedacht begegnete und um deren religiöse Ausbildung besorgt war. Vor allem bemühte er sich, in den künftigen Redemptoristenmissionaren den für das spirituelle und zeitliche Wohl des Volkes nötigen Enthusiasmus, Opfergeist und apostolischen Eifer zu entfalten.

Als Bischof Michael O’Connor 1860 seine Diözese verließ, empfahl er P. Seelos als den qualifiziertesten Priester für seine Nachfolge. In einem Brief teilte Franz Xaver Seelos Papst Pius IX. damals mit, dass er für ein derart verantwortungsvolles Amt unfähig sei, und ersuchte darum, ihn „aus dieser unglücklichen Situation zu befreien“. Als schließlich ein anderer Priester zum Bischof von Pittsburgh ernannt wurde, fiel ihm ein Stein vom Herzen.

Als Folge des Ausbruchs des Bürgerkrieges wurden 1863 neue Gesetze bezüglich des Militärdiensts erlassen, wobei alle Männer verpflichtet wurden, sich zur Verfügung zu halten. In seiner Funktion als Oberer des Seminars der Redemptoristen begab sich Seelos nach Washington, um dort Präsident Lincoln zu treffen und ihn zu bitten, die Studenten der Kongregation vom Militärdienst zu entbinden. Lincoln erwies sich, nach Aussage von Seelos, nicht nur als äußert gastfreundlich, sondern versprach, alles zu tun, was in seiner Macht stand. Und tatsächlich wurden die Studenten vom Frontdienst befreit. Als Studentenpräfekt seines Amtes enthoben, weil er, wie ein übereifriger Mitbruder in einem Brief an den Generaloberen in Rom mitteilte, mit den Jungen zu nachsichtig und zu wenig streng sei, wurde er 1862 durch einen holländischen Pater ersetzt. Seelos blieb jedoch Oberer der Kommunität und Professor für Theologie.

Vom September 1863 bis 1865 war er Missionsoberer und konnte so Gruppen von Redemptoristen für die missionarische Wandertätigkeit und die Volkspredigten auf Englisch und Deutsch in den Weiten des Nordens, zwischen Atlantik und Pazifik, in den Staaten Connecticut, Illinois, Michigan, Missouri, New Jersey, New York, Ohio, Pennsylvania, Rhode Island und Wisconsin organisieren. Diese Volksmissionen wurden sowohl in großen Städten als auch in kleinen Ortschaften durchgeführt. In einigen Regionen legten die Menschen bis zu 30 oder 40 km zurück, um an der Mission teilzunehmen, und die Missionare mussten die Predigt- und Beichttage häufig verlängern.

Anfang 1865, anlässlich einer Mission, fürchtete man um die Gesundheit von Seelos, weshalb er im August in die Redemptoristenpfarre von Detroit in Michigan versetzt wurde. Nach einer kurzen Tätigkeit in der dortigen Pfarre wurde er am 26. September 1866 der Kommunität von New Orleans in Louisiana als Rektor und Pfarrer der Kirche von Maria Himmelfahrt zugeteilt. Auch hier erwies er sich als ein stets fröhlicher und hilfsbereiter Seelsorger und, wie an anderen Orten auch, empfahlen sich die Menschen seinem Gebet, um göttliche Gnadenerweise zu erhalten. Nach Gottes Plan aber sollte sein Dienst in New Orleans nur von kurzer Dauer sein. Erschöpft von den Besuchen bei Gelbfieber-Patienten, zog sich Seelos im September 1867 die Krankheit selbst zu. Nachdem er sein Schicksal mehrere Wochen hindurch geduldig und gelassen getragen hatte, ging er schließlich am 4. Oktober 1867, im Alter von 48 Jahren und neun Monaten, in das ewige Leben ein.

Sein Grab befindet sich in der St. Mary’s Assumption Church in New Orleans, Louisiana, USA.

Am 9. April 2000 wurde Franx Xaver Seelos von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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