Andreas Resch: Franz de Laval

FRANZ DE LAVAL
(1623-1708)

BISCHOF VON QUEBEC

Selig: 22. Juni 1980
Fest: 6. Mai

FRANZ DE LAVAL wurde am 30. April 1623 in Montigny sur-Avre, Diözese Chartres, als Spross der Montmorencys, einer der ersten Familien Frankreichs, geboren, von denen ein Mitglied der Überlieferung nach vom hl. Remigius persönlich getauft worden war. Bei der Taufe erhielt der Kleine den Namen Franz Xaver.

Von Kindheit an wurde er von seinen Eltern, Hugo de Laval und Michaela de Pericord, zu einem soliden christlichen Leben erzogen. Zur weiteren Ausbil­dung absolvierte er die klassischen und philosophischen Studien an dem von Je­suiten geleiteten Kolleg von La Fläche. Dort war es auch, wo er – nach der Be­gegnung mit aus dem Ausland zurückgekehrten Jesuiten und durch die Lektüre der Relations des Msuites de la Nouvelle-France, also des heutigen Kanada – den Entschluss fasste, Missionar zu werden. Als Student bei den Jesuiten trat er in die Marianische Kongregation ein und entschied sich für den Priesterberuf, weshalb er die Tonsur erhielt. 1645, ein Jahr nach dem Tode seines Vaters, wurde er vom Bischof, seinem Onkel, zum Kanoniker von Evreux ernannt.

Dem Wunsch folgend, Priester zu werden, trat de Laval in das Kolleg von Clermont in Paris ein, wo er sein Theologiestudium abschloss und gemeinsam mit Francois Pallu, mit dem er später das berühmte Pariser Missionsseminar gründete, sein Ideal des Apostolats lebte. Aufgrund des Ablebens seiner beiden älteren Brüder im Jahre 1645 war er jedoch gezwungen, mit der Priesterweihe noch etwas zu warten, weil er sich vorerst um die Angelegenheiten der Familie, deren Oberhaupt er nunmehr war, kümmern musste.

Am 1. Mai 1647 wurde Franz de Laval schließlich zum Priester geweiht und übte sein Amt zunächst in Paris aus. Im folgenden Jahr wurde er zum Archidia­kon von üvreux bestellt und unternahm gleich darauf verschiedenste Reisen.

1652 kam P. Alexander de Rhodes SJ nach Frankreich, um dort, mit Erlaub­nis des Hl. Stuhls, geeignete Priester für das Amt des Apostolischen Vikars im Fernen Osten ausfindig zu machen. 1653 designierte das Conseil de Conscience, dem auch der hl. Vinzenz von Paul angehörte, Franz de Laval für Tonkin in In­dochina, woraufhin die Römische Kurie sofort mit den kanonischen Erhebun­gen begann. De Laval trat vom Amt des Archidiakons zurück und vertraute die Leitung der Familie seinem jüngeren Bruder an. Doch verzögerte sich das Pro­jekt aufgrund von Divergenzen zwischen den Nationen, welche die Rechtspre­chung in den Fernost-Ländern unter sich aufgeteilt hatten, und de Laval zog sich für vier Jahre (1654 – 1658) in die „Eremitage“, ein spirituelles Zentrum in Caen, zurück, das von Jean von Berniäres geleitet wurde.

Da zwischenzeitlich auch die Missionare in Kanada einen Apostolischen Vi­kar angefordert hatten, ernannte Papst Alexander VII. im Jahre 1658 Franz de Laval zum Apostolischen Vikar von Neu-Frankreich (Französisch-Kanada) und zum Titularbischof von Petera. Ohne zu zögern verließ de Laval Frankreich in Richtung Kanada, wo er am 16. Mai 1659 eintraf, um einen Monat später Que­bec zu erreichen. Die Selige Maria von der Inkarnation Guyart, die 20 Jahre vorher nach Kanada gekommen war und gleichzeitig mit Franz de Laval seliggesprochen wurde, schrieb bei seiner Ankunft: „Er ist ein Mann von hohem Verdienst und beachtlicher Tugend; nicht Menschen haben ihn erwählt; er lebt wahrlich wie ein Heiliger und wie ein Apostel.“ Und so war es auch.

De Laval stürzte sich sofort in die Arbeit und trug dabei jene Tugenden zur Schau, die sein ganzes Leben bestimmen sollten: tiefer Glaube, strenge Askese und ein unermüdlicher Eifer im Interesse Gottes. In den darauffolgenden Jah­ren entfaltete er in Französisch-Kanada eine segensreiche Tätigkeit, wobei er praktisch alles – Pfarreien, Missionen, Schulen, religiöse Gemeinschaften – aus dem Nichts schaffen musste und dabei einen zähen Kampf gegen die Ausbeu­tung der Indianer seitens der Händler und gegen den Gallikanismus der jeweili­gen Herrscher führte.

Anlässlich eines Besuches in Frankreich 1662 gewährte ihm Ludwig XIV. vie­le Privilegien für die Kirche in Kanada. Nach seiner Rückkehr am 26. März 1663 gründete er das Seminar von Quebec, aus dem dann 1852 die Laval-Uni­versität hervorging. Mit der Errichtung des Seminars schuf er die für die Evan­gelisierung und die Organisation seines riesigen Vikariats notwendigen Struktu­ren. Um der Kirche den staatlichen Behörden gegenüber größere Freiheiten zu sichern, ersuchte er den Hl. Stuhl schon bald um Erhebung des Vikariats zur Diözese. Dies geschah schließlich unter Klemens X. am 9. Oktober 1670, wenn­gleich die betreffenden Bullen vom Papst erst am 1. Oktober 1674 signiert wur­den. Mit diesem Datum wurde das Vikariat von Französisch-Kanada zur Diöze­se von Quebec mit Franz de Laval als erstem Bischof. Seine Weihe erfolgte nach diversen Hindernissen erst am Fest der Unbefleckten Empfängnis im Dezember desselben Jahres durch den Delegierten des Papstes.

Neben der Unterstützung der einzelnen Institutionen setzte sich der neue Bi­schof für ein friedliches Zusammenleben der einheimischen Bevölkerung mit den Europäern ein, leistete erbitterten Widerstand gegen den verabscheuungs­würdigen Handel mit Alkoholika unter den Indianern und bemühte sich unauf­haltsam, die zahllosen gallikanischen Traditionen, die in Kanada Fuß gefasst hatten, wieder auszumerzen.
Seiner Diözese gab er jenes solide Fundament, das so viel zur Lebendigkeit der Kirche in Kanada und ganz Nordamerika beigetragen hat. Der enge Kontakt mit den einzelnen Priestern ist durch folgende Aussage eines von ihnen be­zeugt: „In wichtigen Angelegenheiten hat sich der Prälat immer vorher mit uns beraten.“ Sein Eifer inspirierte auch die religiösen Gemeinschaften und stimu­lierte deren missionarische Tätigkeit. 1676 begann sich in Montreal die Kongre­gation von Notre-Dame zu etablieren, eine Gemeinschaft von Schwestern ohne Klausur, die sich dem Unterricht widmeten und zu jener Zeit in der Kirche eine Neuheit darstellten. Franz de Laval verdanken sich auch die starken christli­chen Traditionen, welche das Leben in den Familien und Pfarreien Kanadas prägten. Die Pfarre war für ihn wie eine große Familie. Besonders am Herzen lag ihm die Verehrung der Hl. Familie, wofür er sich in den Familien und vor allem bei den Indianern einsetzte.

Weitblick ließ de Laval auch bezüglich der geistigen und gesellschaftlichen Probleme erkennen. Er unterstützte die Armen, gründete viele kleine Schulen und kümmerte sich um die Ausbildung der für die Kolonie unentbehrlichen Handwerker, indem er eine Kunstgewerbeschule errichtete. Wenngleich er an jedem Schicksal Anteil nahm, so lagen ihm doch die Indianer ganz besonders am Herzen, weshalb er sich für ihre Rechte und die Anerkennung ihrer Würde einsetzte. Mit ebensolcher Energie verteidigte er seine Diözese und erreichte trotz der damals vorherrschenden gallikanischen Ansprüche, dass die Kirche Kanadas nach der Erhebung zur Diözese 1674 direkt dem HI. Stuhl unterstellt wurde.

Um all das verwirklichen zu können, verband Franz de Laval heldenhafte freiwillige Armut mit der Strenge eines von Gebet und Selbstkontrolle bestimm­ten Lebens. Das Wenige, das er besaß, überließ er dem Seminar, so dass er sich für jede Kleinigkeit, die er benötigte, an den Oberen des Instituts wenden muss­te. Er unterstützte nicht nur die Institutionen und bereits bestehenden Werke, sondern hatte auch ein Herz für die Armen und Kranken. So findet man ihn im Hospital des Hotel-Dieu in Quebec ebenso wie auf der Krankenstation des Semi­nars oder in den Hütten der Indianer. Seine persönlichen Ausgaben beschränk­te er auf das Allernotwendigste, um heimlich jenen zu helfen, auf denen das Los der Armut ganz besonders lastete. Als er im Herbst des Jahres 1707 völlig mittellos dastand, gestand er seinem Diener, dass seine Zeit bald abgelaufen sei, weil er sich nicht mehr imstande sähe, das Elend der anderen zu lindern.

Aufgrund seines pastoralen Einsatzes verordnete er sich einen Lebensstil, der für rein persönliche Interessen keinen Raum ließ. Bis in die letzten Jahre seines Lebens behielt er die Gewohnheit bei, auf dem Boden zu schlafen, um zwei Uhr morgens aufzustehen, um halb fünf für die Arbeiter von Quebec die Messe zu lesen und bis um etwa sieben Uhr Gott zu loben und zu preisen, um dann mit der Tagesarbeit zu beginnen, und sein Bemühen brachte reiche Frucht. Die Zahl der Pfarreien stieg von 5 im Jahre 1659 auf 35 im Jahre 1688, jene der Priester von 24 auf 102 (36 Jesuiten, 19 Sulpizianer, 14 Rekollekten und 33 Weltgeistliche) und jene der Schwestern von 22 auf 97.

Kräftemäßig erschöpft legte Franz de Laval 1684 sein Amt nieder, stand aber seinem Nachfolger weiterhin mit Rat und Tat zur Seite. Die letzten 20 Jahre sei­nes Lebens verbrachte er in voller Zurückgezogenheit im Seminar von Quebec – arm, demütig und dem Gebet ergeben. Als er am 6. Mai 1708 im Alter von 85 Jahren starb, hinterließ er ein großes Vermächtnis an Werken und Tugenden zum Wohle der Kirche Kanadas, der Vereinigten Staaten und der gesamten Christenheit. Am 9. Mai 1708 wurde er in der Krypta der Kathedrale beige­setzt. Am 30. Mai 1993 wurden seine sterblichen Überreste in die tags zuvor eingeweihte Grabkapelle in der Kathedrale Notre Dame in Quebec übertragen.

Am 22. Juni 1980 wurde Franz de Laval von Papst Johannes Paul II. seligge­sprochen


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1979 – 1985. Innsbruck: Resch, 2000 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 1). XII, 248 S., 56 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-070-4, Ln, EUR 24.60 [D], 25.44 [A]

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