Andreas Resch: Francisco und Jacinta Marto


FRANCISCO u. JACINTA MARTO
(1908-1919) bzw. (1910-1920)

SEHER VON FÁTIMA

Selig: 13. Mai 2000
Heilig: 13. Mai 2017
Fest:
Francisco: 4. April
Jacinta: 20. Februar

FRANCISCO und JACINTA MARTO, die kleinen Hirten von Fatima, Portugal, sind die ersten Kinder, die seliggesprochen wurden, obwohl sie keine Märtyrer sind. Es ist dies eine Neuheit in der Geschichte der Kirche.

Francisco und Jacinta waren jeweils das vorletzte bzw. letzte von sieben Kindern des Emanuel Pedro Marto und der Olimpia de Jesus. Die Eltern waren einfache Bauern, Analphabeten und beispielhafte Christen. Francisco wurde am 11. Juni 1908, Jacinta am 11. März 1910 in Aljustrel in der Pfarrei Fatima, Gemeinde Vila Nova de Ourém, Portugal, geboren. Getauft wurde Francisco am 20. Juni 1908, Jacinta am 25. März 1910.

Von frühester Kindheit an lernten die beiden gemeinsam mit den übrigen Geschwistern von den Eltern, wie man betet, während ihnen ihre Tante Rosa die ersten Grundlagen der christlichen Lehre vermittelte.

Im Alter von sechs Jahren erhielt Francisco den Auftrag, die Schafe auf die Weide zu führen, wobei ihn Jacinta des öfteren begleitete. Fast immer trafen sie dabei ihre Cousine Lucia, die nicht viel älter war als sie (geb. 1907) und ihrerseits für die Schafe sorgte, die ihr der Vater anvertraut hatte. Auf diese Weise verbrachten die drei Kinder fast den ganzen Tag außer Haus; sie folgten ihren Tieren und vertrieben sich die Zeit mit typischen Kinderspielen.

Im Herbst 1916, als sie in der Loca de Cabeço ihre kleine Herde hüteten, erlebten die drei Hirten eine außergewöhnliche Begegnung mit einer weiß gekleideten Gestalt, die ihnen mitteilte, sie sei „der Engel von Portugal“. In der linken Hand hatte dieser einen Kelch, der die Blutstropfen auffing, die von der Hostie in seiner Rechten fielen. Der Engel kniete sich an der Seite der Kinder nieder und forderte sie auf, dreimal folgende Anrufung zu wiederholen: „Allerheiligste Dreifaltigkeit, Vater, Sohn, und Heiliger Geist, ich bete Euch inbrünstig an und opfere den kostbaren Leib, das Blut, die Seele und die Göttlichkeit Jesu Christi, der in allen Tabernakeln der Welt gegenwärtig ist, zur Sühne für die Schmähungen, Sakrilege und die Gleichgültigkeit, durch die Er beleidigt wird. Wegen der unendlichen Verdienste des heiligsten Herzens Jesu und des Unbefleckten Herzens Mariens bitte ich Euch um die Bekehrung der armen Sünder.“ Nachdem der Engel dann Kelch und Hostie emporgehoben hatte, gab er Lucia die Hostie, während er Francisco und Jacinta den Kelch reichte.

Zunächst einigten sich die Kinder darauf, niemandem zu erzählen, was sich zugetragen hatte. Schließlich aber war es die kleine Jacinta, die sich nicht beherrschen konnte und der Mutter und anderen Personen alles beichtete. Das Ganze kam auch Lucias Mutter zu Ohren, die daraufhin ihre Tochter befragte. Die betroffenen Familien schenkten dem Bericht der Kinder jedoch keinen Glauben und der Vikar von Ourém empfahl, niemanden etwas zu sagen. Die Kunde hatte sich aber bereits wie ein Lauffeuer verbreitet und unter denen, die davon wussten, befanden sich nicht wenige, die den Kindern und ihren Familien gegenüber skeptisch oder gar feindselig eingestellt waren, und dies, obwohl die Kinder nun ein viel frommeres Leben begannen, indem sie beteten und für die Bekehrung der Sünder Opfer brachten, so wie der Engel es ihnen aufgetragen hatte.

Als die drei am 13. Mai 1917 in der Cova da Iria die Herde weideten, wurden sie von einer Frau in Weiß überrascht, die auf ihre Frage, woher sie denn komme, erwiderte: „Ich bin vom Himmel“, und sie ersuchte, sich bis zum Oktober am 13. eines jeden Monats an eben diesem Ort einzufinden.

Bei der Erscheinung am 13. Juli wurde den drei Kindern ein Geheimnis anvertraut unter der Auflage, niemandem etwas davon zu sagen. Bei dieser Gelegenheit erlebten sie angeblich auch eine Vision von der Hölle und sahen viele Seelen dort hineinstürzen. Das veranlasste sie mehr denn je, für die Sünder zu beten.

Als sich die drei Kinder am 13. August zur Cova da Iria aufmachten, tauchte plötzlich der Gemeindevorsteher von Vila Nova de Ourém, Arturo de Oliveira Santos, auf, seines Zeichens Freimaurer und Freidenker und ein Feind der Kirche. Er bot den Kindern an, sie in seinem Wagen zur Cova da Iria zu fahren, doch kaum waren sie eingestiegen, fuhr er in die entgegengesetzte Richtung bis zu seinem Haus. Mittels Fragen und Druckausübung drängte er sie, ihm das Geheimnis zu offenbaren. Auf ihre entschiedene Ablehnung hin drohte er ihnen, sie bei lebendigem Leibe in einer Pfanne mit siedendem Öl zu braten. Francisco wurde als zweiter von den dreien in einen Raum gebracht, wo die angebliche Pfanne stand, in der – so wurde ihm mitgeteilt – seine Schwester Jacinta bereits ihr Ende gefunden habe. Francisco hatte inzwischen inbrünstig um Mut und Kraft gebetet. Trotz der für die Kinder ziemlich heftigen Drohungen gab keines von ihnen dem Druck nach, das Geheimnis zu lüften. Daraufhin wurden sie in den Gemeindekarzer gesteckt, wo die Gefangen versuchten, ihnen das Geheimnis zu entlocken. Die einzige Reaktion der kleinen Hirten jedoch war, dass sie die Häftlinge zu einem christlichen Leben ermahnten und sie aufforderten, mit ihnen den Rosenkranz zu beten.

Erst am 15. d. M. wurden die Kinder wieder ihren Eltern übergeben. Vier Tage später, am 19. August, hatten die drei wieder dieselbe Erscheinung. Sie befanden sich aber diesmal noch nicht in der Cova da Iria, sondern in einem Ort namens Valinhos, in der Nähe ihres Zuhauses. In den Monaten September und Oktober wiederholten sich die Erscheinungen, wobei sich im Oktober, wie von der Dame angekündigt, auch das „Sonnenwunder“ ereignete. Bei all diesen Gelegenheiten sah Francisco die Madonna, hörte jedoch nicht, was sie sagte. Es waren die beiden Mädchen, die ihm nachher immer erzählten, was gesprochen worden war, wie dies die „Dame“ angeordnet hatte.

Zwischen dem 27. September und dem 11. Oktober wurden die drei Kinder von Rev. Don Dr. Manuel Nunes Formigão, dem Kanoniker des Patriarchats von Lissabon und Professor des Seminars von Santarém, jeweils getrennt befragt. Die Aussagen von Franciscus stimmten dabei im Wesentlichen mit jenen der beiden anderen Seherinnen überein. Das Gleiche gilt für das, was er demselben Priester am 13. Oktober mitteilte, als dieser ihn kurz nach der letzten Erscheinung neuerlich befragte.
Im Oktober 1917 besuchte Francisco das erstemal die Volksschule, doch konnte er das nicht lange durchhalten – nicht zuletzt wegen der vielen Besucher, die auf ihn zukamen, um Fragen zu stellen, und damit sein gewohntes Leben durcheinanderwirbelten.

Ende 1918 wurden Francisco und Jacinta von der Bronchopneumonie-Pandemie heimgesucht, der gefürchteten „Spanischen Grippe“, die in ganz Europa unzählige Opfer forderte. Die Krankheit schwächte Francisco so sehr, dass er nicht einmal mehr den Rosenkranz beten konnte. Er war sich vollkommen bewusst, dass er sterben würde. Die Gewissheit darüber schöpfte er aus dem, was die „Weiße Dame“ bei ihrer Erscheinung am 13. Juni 1917 gesagt hatte. „Ich möchte Sie bitten, uns in den Himmel zu bringen“, sagte Lucia damals in ihrem und im Namen der beiden andern zur Jungfrau. „Ja, Jacinta und Francisco werde ich schon bald dorthin bringen“, war die Antwort, „du aber musst noch einige Zeit hier bleiben“.

Während seiner Krankheit zeigte sich Francisco stets fröhlich und zufrieden. Im Februar 1919 verschlechterte sich sein Zustand dann merklich und man beschloss, ihn das Bett hüten zu lassen, fast immer unter dem Beistand von Jacinta. Eines Tages schickten die beiden Kinder nach Lucia, die unmittelbar beim Eintreten sagte: „Die Madonna ist gekommen, um uns zu besuchen, und sie hat gesagt, dass sie bald zurückkehren werde, um Francisco in den Himmel zu holen.“

Am 2. April hatte sich der Gesundheitszustand von Francisco dermaßen verschlechtert, dass man den Pfarrer rufen ließ, um die Beichte abzunehmen. Francisco hatte Angst, sterben zu müssen, ohne vorher die Erstkommunion erhalten zu haben. Dieser Gedanke bereitete ihm große Sorgen. Doch der Pfarrer beruhigte ihn und spendete ihm an eben jenem Abend zum ersten Mal die hl. Eucharistie. Am nächsten Morgen sagte Francisco zu seiner kleinen Schwester Jacinta: „Heute bin ich glücklicher als du, weil ich Jesus in meinem Herzen habe.“ Und gemeinsam begannen sie den Rosenkranz zu beten. In jener Nacht verabschiedete er sich von Lucia und versprach ihr ein Wiedersehen im Himmel. Dann sagte er zur Mutter: „Schau, Mama, was für ein herrliches Licht dort bei der Tür!… Jetzt sehe ich es nicht mehr….“ Auf seinem Gesicht erstrahlte ein engelhaftes Lächeln, und ohne jegliche Anzeichen von Agonie, lautlos, schlief er am 4. April 1919 für immer friedlich ein. Er war noch keine elf Jahre alt.

Ähnliches ist von seiner jüngeren Schwester Jacinta zu berichten. Auch sie, die bis 1918 immer gesund und für ihr Alter sehr robust gewesen war, wurde durch die Grippe dermaßen entkräftet, dass sie sich nie wieder erholte. Am 2. Februar 1920 wurde sie mit der Diagnose einer eitrigen Lungenentzündung in das Spital von D. Estefãnea eingeliefert und einem chirurgischen Eingriff unterzogen. Ihre ernsthafte Erkrankung zeigte danach keinerlei Anzeichen von Besserung, und so bat sie wiederholt darum, die Sakramente empfangen zu dürfen. Der Pfarrer der Engelskirche kam am 20. Februar, um ihr die Beichte abzunehmen, und Jacinta ersuchte ihn, ihr die Kommunion zu bringen. Der Pfarrer versicherte, er werde dies am folgenden Tag nachholen, woraufhin Jacinta erwiderte, dass es dann bereits zu spät sei. Tatsächlich starb sie friedlich noch am Abend des 20. Februar 1920.

Die sterblichen Überreste der beiden Geschwister ruhen in der Basilika des Heiligtums Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz in Fatima, Portugal.

Am 13. Mai 2000 wurden Francisco und Jacinta von Papst Johannes Paul II. in Fátima seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at