Andreas Resch: Ferdinand Hippolyt Maria Baccilieri


FERDINAND HIPPOLYT MARIA BACCILIERI
(1821-1893)

PRIESTER UND GRÜNDER
DER DIENERINNEN MARIENS
VON GALEAZZA

Selig: 3. Oktober 1999
Fest: 13. Juli

FERDINAND HIPPOLYT MARIA BACCILIERI wurde am 14. Mai 1821 als Sohn von Domenico Bacillieri und Leonilde Dalla Bona in Campodoso, Pfarre Reno Finalese/Gemeinde Finale Emilia (MO), Italien, geboren und am Tag darauf auf den Namen Ferdinand Hippolyt Maria getauft. Der Junge war noch keine drei Jahre alt, als die Eltern 1824 mit ihm und seinen fünf Schwestern nach Bologna übersiedelten. Mutter und Vater, die sehr religiös waren, erzogen ihre Kinder in christlichem Sinn und gaben ihnen in der Familie ein erstes religiöses Fundament. Was die entsprechende kulturelle Ausbildung anbelangte, so bekam Ferdinand nach dem damals geltenden Brauch wohlhabender Familien die Grundlagen zunächst privat vermittelt. Am 11. März 1830 erhielt er das Sakrament der Firmung; zur Erstkommunion ging er im Jugendalter, wenngleich ein genaues Datum nicht bekannt ist. In den Jahren 1833-35 besuchte er dann bei den Barnabiten in Bologna das Gymnasium, um schließlich 1836 in das Kolleg der Jesuiten zu wechseln.

Dort, unter der geistlichen Leitung von P. Tito Facchini SJ, reifte in Ferdinand die Berufung zu einem religiösen Leben im Dienst der Evangelisierung der Missionsländer. 1837 nahm er die Klerik und trat am 15. Oktober 1838, nach Zustimmung der Eltern, in das römische Noviziat der Gesellschaft Jesu in S. Andrea beim Quirinal ein, wo er flüchtig dem hl. Antonius Maria Claret begegnete. Nach etwas mehr als einem Jahr musste er das Noviziat jedoch aus gesundheitlichen Gründen wieder verlassen und nach Hause zurückkehren.

1839 begann Baccilieri im Blick auf das Priestertum nacheinander mit Spezialstudien an drei Seminaren: in Finale Emilia, in Modena, und schließlich – wiederum gesundheitlich bedingt – in Ferrara, wo er seine theologischen Studien beendete und alle Weihen bis zur endgültigen Priesterweihe am 2. März 1844 erhielt. Nach Rückkehr nach Reno Finalese als Kooperator des Pfarrers widmete sich Baccilieri von 1844 bis 1851 mit großer Ausdauer und mit Eifer der Abhaltung von Volksmissionen und den Fastenpredigten. In dieser Zeit, 1845, wurde er auch zum Grammatiklehrer und zum Spiritual des Seminars von Finale Emila ernannt. 1848 inskribierte er sich auf Wunsch der Eltern an der Juristischen Fakultät der Päpstlichen Universität von Bologna, wo er das Doktorat in Kirchen- und Zivilrecht anstrebte; einige Biografen glauben das Jahr der Promotion mit 1852 datieren zu können.

1851 wurde in der Diözese Bologna die Pfarrei von Galeazza vakant. Da der Kardinal von Bologna um das höchst integre Leben von Don Baccilieri wusste, hielt er es für angebracht, diesen für einige Tage in der Funktion eines spirituellen Ökonoms in die sich in Schwierigkeiten befindliche Pfarre zu schicken. In der Überzeugung, sich dort nur für kurze Zeit aufzuhalten, bemühte sich Baccilieri nach bestem Wissen und Gewissen, die Einwohner von Galeazza wieder auf die Wege Gottes zu geleiten. Er war darin so erfolgreich, dass die Bevölkerung und die Mitbrüder des Vikariats von Cento den Erzbischof veranlassten, Baccilieris Anwesenheit in Galeazza um ein Jahr zu verlängern.

Dem Prälaten gelang es sogar, ihn vom Vorteil der Teilnahme am ausgeschriebenen Examen zu überzeugen. So kam es, dass Don Ferdinand am 22. April 1852 mit 31 Jahren zum Pfarrer der Diözese Bologna ernannt wurde und am darauffolgenden 25. April die Pfarrei von Galeazza in Besitz nahm. In dieser kleinen Gemeinde mit 627 Einwohnern, die sich moralisch wie religiös in einem denkbar schlechten Zustand befand, wirkte er ohne Unterbrechung für den Rest seines Lebens 41 Jahre lang überaus erfolgreich als Seelsorger, obwohl ihm weitaus ehrenvollere Aufgaben zur Auswahl standen.

In jenen Jahren zeichnete sich Baccilieri durch ein heiligmäßiges Leben und eine kontinuierliche pastorale Tätigkeit aus, die offen war für die verschiedensten Formen der Katechese und des sakramentalen Lebens, wobei ihm seine breite humanistische, theologische und juristische Ausbildung mehr als zugute kam. Er versäumte nichts, was dem Wohl der Seelen dienen konnte. In echtem missionarischen Geist verkündete er jedem das Evangelium. Die erhaltenen Manuskripte zeugen von der außerordentlichen Frequenz seiner Pfarrpredigten und von der ernsthaften und umfassenden theologischen Vorbereitung, gegründet auf die Heilige Schrift, die Kirchenväter und die großen spirituellen Lehrmeister. Stets fühlte er sich als Vater und Hirte der Frauen und Männer, der Kinder und Erwachsenen, der Gerechten wie der Sünder, der Gesunden wie der Kranken. Mit voller Hingabe widmete er sich dem Beichtsakrament, wobei er nicht selten bis zu zehn Stunden im Beichtstuhl saß. Er bekräftigte, dass die Beichte die Begegnung mit der Barmherzigkeit und Liebe Gottes sei und dass der Herr nichts anderes wünsche, als die Seelen zu trösten. Wenn er auf die Menschen zuging und deren Vertrauen gewann, spürte er in einem fort das Aufbrechen der durch schwere familiäre, soziale und wirtschaftliche Situationen verursachten Sorgen.

Aus persönlicher Erfahrung von der Wirksamkeit der Volksmissionen überzeugt, holte Baccilieri zu diesem Zweck alle fünf Jahre regelmäßig die Patres der Redemptoristen oder Franziskaner und verabsäumte es nicht, den Pfarrangehörigen jedes Jahr eine Woche lang geistliche Exerzitien anzubieten. In der Überzeugung, dass die Laien dazu berufen seien, zum Wachstum der Kirche und ihrer fortwährenden Heiligung beizutragen, unterstützte er deren Mitarbeit durch die Errichtung verschiedener Vereine für Männer und Frauen. Insbesondere förderte er die Zusammenarbeit junger Freiwilliger zur Betreuung von Kranken und Familien in prekären Situationen, für pastorale Dienste und die Pflege der Kirche, vor allem aber für Erziehungs- und Bildungsaufgaben und zur Stärkung der Belange von Frauen.

Durch ähnliche apostolische Aktivitäten, gepaart mit einer nicht alltäglichen Heiligkeit des Lebens, wurde Don Baccilieri schließlich unbewusst zum Gründer eines religiösen Instituts. So ging aus der berechtigten Sorge um die Erziehung und Unterweisung vor allem armer Mädchen, die in einem Klosterkolleg nahe der Kirche untergebracht waren, die Kongregation der Dienerinnen Mariens von Galeazza (Abb.) hervor. Die Kongregation nahm ihren Ausgang von der Errichtung der Gemeinschaft der Schmerzensmutter 1852 und dann des Dritten Ordens der Diener und Dienerinnen Mariens 1855.

Diese Frauengemeinschaft zeichnete sich von Anfang an durch eine entschiedene Wahl für das geweihte Leben aus – zunächst im familiären Umfeld, um sich dort an der Verbreitung der christlichen Lehre, der Erziehung der armen Mädchen und der Pflege alleinstehender und verlassener Kranker sowie am Dienst an der Kirche zu beteiligen. Am 25. November 1855 legten neun junge Frauen die Gelübde nach der Regel des Dritten Ordens der Diener und Dienerinnen Mariens ab, dem auch Don Baccilieri angehörte; sie nahmen das Ordenskleid, das sie dann bei besonderen Gelegenheiten trugen, lebten jedoch weiterhin in ihren Häusern. 1858 begann eine kleine Gruppe in einem Haus eine Art Gemeinschaftsleben und am 23. Juni 1862, nach Abschluss der Bauarbeiten an einem an den Pfarrhof angrenzenden kleinen Kloster, nahm die aus drei Schwestern bestehende Gemeinschaft feste Formen an, der sich nach und nach weitere Frauen anschlossen. 1866 überreichte ihnen Don Baccilieri die ersten schriftlichen Regeln und Konstitutionen, die in der Zusammenarbeit bei der Pfarrkatechese, der Jugenderziehung, der Hauspflege der Kranken und Alten und in der, auch materiellen, Unterstützung der Kirche bestanden. Am 9. August 1871 übergab Don Baccilieri der Kommunität die Regeln und Konstitutionen, die er von den Servitinnen Mariens von Rom erhalten und in einigen Punkten modifiziert hatte, um sie der Situation des Konvents von Galeazza anzupassen. Nach Approbation durch den Bischof von Bologna 1899 und durch den Hl. Stuhl 1939 verbreitete sich die kleine Gemeinschaft nach und nach in Italien, Deutschland, Brasilien, Südkorea und in der Tschechischen Republik.

Trotz Stimmverlust 1867 setzte Don Baccilieri den Katechismusunterricht fort, indem er auf Mitarbeiter zurückgriff, die er aus eigener Tasche bezahlte. Von da an widmete er sich mit noch größerer Intensität der geistlichen Führung und dem Apostolat der Versöhnung, sodass er schließlich sogar bis zu 16 Stunden täglich im Beichtstuhl verbrachte, und dies nicht nur zu besonderen Anlässen, sondern auch zu ganz gewöhnlichen Zeiten während des liturgischen Jahres. Selbst Kardinal Lucido M. Parocchi, der Don Baccilieri „einen Pfarrer von Ars im Kleinformat“ nannte, war erstaunt.

Von der rastlosen Sorge für seine Herde und das heranwachsende Institut körperlich aufgerieben, starb Don Ferdinand Baccilieri am 13. Juli 1893 in Galeazza Pepoli, umgeben von eben jenem Ruf der Heiligkeit, der ihn schon zu Lebzeiten begleitet hatte.

Im Leben dieses Landpfarrers stechen in besonderer Weise sein Einsatz zur Aufwertung der Würde der Frau und sein Bemühen um eine konsequente kulturelle Besserstellung derselben hervor. Noch stärker leuchtet durch seine Person die Aktualität der pastoralen Fürsorge – als ein Weg, um zur Heiligkeit zu gelangen.
Seine sterblichen Überreste ruhen in der dritten Kapelle links nach dem Eingang der Pfarrkirche von Galeazza.

Am 3. Oktober 1999 wurde Ferdinand Maria Hippolyt Baccilieri von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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