Andreas Resch: Felix von Nicosia

FELIX VON NICOSIA
(1715-1787)

ORDENSBRUDER DER KAPUZINER

MYSTIKER

Heilig: 23. Oktober 2005
Fest: 31. Mai

FELIX VON NICOSIA (Philipp Jakob Amoroso) wurde am 5. November 1715 als drittes Kind von Filippo Amoroso und Carmela Pirro in Nicosia auf Sizilien, Italien, geboren und noch am gleichen Tag auf den Namen Philip Jakob getauft. Der Vater, Schuster von Beruf, starb noch vor der Geburt Philipps, am 12. Oktober 1715, sodass die Mutter mit den drei Kindern alleine dastand. Jakob, wie er gerufen wurde, verbrachte seine Kindheit mit der Mutter, dem Bruder und der Schwester in einer sehr bescheidenen, aber tief religiösen Umgebung. Eine Schule besuchte er nicht, wie dies damals bei armen Familien üblich war. Dafür erlernte er bei den Schuhmachermeistern Giovanni Ciavarelli und Ambrogio Mirabella das Schusterhandwerk.

Das nahegelegene Kapuzinerkloster gab ihm die Möglichkeit, das Leben der Patres und Brüder kennenzulernen und zu bewundern. Die Freude in der Strenge und Einfachheit, die Freiheit in der Armut sowie Buße, Gebet, Nächstenliebe und missionarischer Geist weckten in ihm schon frühzeitig den Wunsch, Kapuziner zu werden. Sein wiederholtes Ansuchen fand beim Hausobern des Konvents von Nicosia aber erst Gehör, als Jakob ihn im Alter von 20 Jahren bat, beim Provinzial in Messina vorzusprechen, er möge ihn doch als Laienbruder aufnehmen, denn für den Priesterberuf sei er als Analphabet nicht geeignet und fühle sich auch nicht berufen. Die Antwort war allerdings negativ, daran änderte sich auch in den Jahren 1735 bis 1743 nichts. Dies konnte Jakob allerdings nicht davon abbringen, die Bitte immer wieder auszusprechen, weil er von seiner Berufung zum Kapuzinerbruder so überzeugt war, dass er trotz mehrmaliger Ablehnung nie bei einer anderen Ordensgemeinschaft um Aufnahme bat. Sein Leben als Mann Gottes konnte er sich nur als Kapuziner vorstellen.

Als er 1743 erfuhr, dass sich der Provinzial von Messina zur Visite in Nicosia befand, bat er um ein Gespräch, um seinen Wunsch kundzutun. Seine Vorstellung überzeugte schließlich auch den Provinzial von der Echtheit seiner Berufung. Er schickte Jakob in den Konvent nach Mistretta, wo er am 10. Oktober 1743 unter dem Namen Bruder Felix das Noviziat begann. Diese Zeit war für ihn ein Jahr intensivster Arbeit an seinem Tugendleben. Nach dem einhelligen Urteil seiner Biografen zu schließen zeichnete sich Felix vor allem durch ergebenen Gehorsam, engelsgleiche Reinheit, Liebe zur Selbstkasteiung und seine unvergleichliche Geduld aus. So konnte er schließlich am 10. Oktober 1744 die Profess ablegen. Gleich anschließend wurde er von seinen Oberen in den Konvent nach Nicosia versetzt, was ausnahmsweise geschah. Es war ansonsten nicht der Brauch, einen jungen Ordensmann in seinen Heimatort zu schicken, weil ihn Verwandte und Freunde leicht von seinem Vorhaben hätten abbringen können. Bruder Felix aber war den irdischen Belangen schon so weit entrückt, dass die Oberen keine Gefahr für seine spirituelle Entwicklung sahen. Die Maxime des hl. Franziskus war ihm bereits in Fleisch und Blut übergegangen, nämlich dass ein Bruder in der Welt als ein echter Pilger und als Fremder zu leben habe, wohl wissend, dass er nichts auf dieser Erde sein eigen nennen konnte.

I n Nicosia wurde ihm die Aufgabe des Bettelbruders zugeteilt. Täglich zog er durch die Straßen der Ortschaft, klopfte an die Türen der Wohlhabenden und ermahnte sie, bei all ihrem Reichtum auf die Bedürftigen nicht zu vergessen. Auch die bescheidenen Unterkünfte der Armen suchte er auf, um ihnen Trost zu spenden und eine Gabe zu überbringen. Er machte seine Arbeit mit Würde und Diskretion, stets ein Wort des Dankes auf den Lippen, ob man ihm nun etwas gab oder ihn davonjagte. „Es sei aus Liebe zu Gott“, pflegte er dabei zu sagen.

Obgleich Analphabet, war Felix in der christlichen Lehre wohl bewandert. Was er sich nicht durch die Lektüre der hl. Schrift aneignen konnte, lernte er durch sein Gedächtnis und den eisernen Willen, alles aufzunehmen, was er über Gott, Christus, Maria, die Heiligen, das ewige Leben und die Verbundenheit mit Gott in Predigten, Vorträgen und vor allem im persönlichen Gebet in Erfahrung bringen konnte. Daher bemühte er sich, die Bibelstellen und erbaulichen Schriften, aus denen bei den Gemeinschaftsübungen vorgetragen wurde, förmlich aufzusaugen, und ergriff jede Gelegenheit, die Predigten in den Kirchen Nicosias zu hören.

Schließlich lebte er in völliger Verbundenheit mit Gott und war so ganz auf die religiöse Botschaft ausgerichtet, zumal ihn das weltliche Treiben nicht nur oberflächlich, sondern vor allem inhaltsarm anmutete. Hier kommen jene inneren Unterscheidungskriterien zum Tragen, die das Erhabene und Göttliche intuitiv wahrnehmen und alles, was davon abweicht, als unzulänglich erleben. Alles spielt sich im Empfinden der Geborgenheit in Gott ab, denn nur dort findet das Selbst sein Zuhause und die von den Oberen anvertraute Aufgabe ihre Erfüllung. So dehnte er seine Sammelwege über den Heimatort hinaus auf die umliegenden Dörfer wie Capizzi, Cerami, Gagliano, Mistretta und andere aus.

Innerlich gesammelt, in Demut und ohne Worte ging er von Haus zu Haus, stets den Rosenkranz in der Hand. So berichtet ein Zeuge: „Die Augen geschlossen, wie in einer Grotte, immer schweigend, und wenn ich ihn anblickte, so kam mir vor, dass er voll in Gott geborgen war.“ Der einzige Satz, den sein lächelnder Mund von sich gab und den alle kannten, war: „Es sei aus Liebe zu Gott!“ Sich selbst bezeichnete er schmunzelnd als den kleinen Esel des Konvents, der nach dem Almosensammeln beladen heimkehrt.

Auf seinem Weg unterwies er die Kinder in den Grundwahrheiten des Katechismus. Um sie zu gewinnen, gab er ihnen Brot und Bohnen. Dabei hatte er eine praktische Methode. Aus seinen stets gefüllten Taschen zog er für die armen, hungrigen und zerlumpten Kinder kleine Geschenke hervor: eine Walnuss, drei Haselnüsse, fünf Bohnen, zehn Erdnüsse, um die Kleinen an den einen Gott in drei Personen, die fünf Wunden des gekreuzigten Jesus und die zehn Gebote zu erinnern – kleine Gaben und Liebeserweise zur Glaubensvermittlung. Wie der hl. Felix von Cantalice, sein Namenspatron, durch die Straßen von Rom zog, so lehrte auch Felix bei seinem Gang durch Nicosia liebliche Gesänge, gewürzt mit Gebeten und göttlichen Tugendakten.

Wenn er Armen begegnete, die Holz oder andere schwere Lasten trugen, bot er sich als Helfer an. Jedes Leid weckte in seinem Innern großes Mitgefühl und er kam nicht zur Ruhe, bevor er nicht etwas für die Bedürftigen getan hatte. Für die Kranken war er Tag und Nacht zur Stelle. Jeden Sonntag besuchte er die Gefangenen und brachte ihnen zu essen. Sein Oberer und Beichtvater, P. Macarius von Nicosia, bestätigt, „dass er jedem zu Hilfe eilte, allen beistand, ob nun geistig oder materiell, wie er eben konnte, indem er Brot, Fleisch und anderes aufbewahrte, um es den Bedürftigen zu geben. Und wenn es ihm der Gehorsam erlaubt hätte, es sich vom Mund abzusparen, so hätte er es jederzeit getan, wenn es ihm gestattet gewesen wäre. So ging er dahin und dorthin, um von den Wohlhabenden Kleidung und Hilfe zu erbitten, um allen zu dienen und zu helfen. Wenn ihm das nicht möglich war, schmerzte ihn das so sehr, dass er sich dem Tode nahe glaubte.“

Was seine spezielle Art von Frömmigkeit betrifft, so war Felix von Nicosia ein großer Verehrer des gekreuzigten Jesus. Jeden Freitag meditierte er die Passion und den Tod Jesu und an den Freitagen im März fastete er bei Brot und Wasser und stand mit gekreuzten Armen im Chor, während er vor dem Kreuz die Betrachtung hielt. Ebenso pflegte er eine besondere Verehrung des Allerheiligsten Altarsakraments. Er verbrachte Stunden vor dem Tabernakel, auch wenn er einen harten Tag hinter sich hatte. Eine tiefe Verehrung hegte er zudem für die Muttergottes.

Auch als sein Körper durch die enormen Anstrengungen und Selbstkasteiungen bereits von Krankheit gezeichnet war und er daher aller Aufgaben entbunden wurde, war er weiterhin zu jedem Dienst bereit, insbesondere für die Kranken im Kloster. Je mehr seine Kräfte schwanden, umso inniger wurden seine Verbundenheit mit Gott und sein froher, schlichter Gehorsam.

Ende Mai 1787 wurde Bruder Felix bei der Gartenarbeit von einem heftigen Fieber befallen. Auf Befehl seines Oberen musste er umgehend das Bett hüten. Als ihm der Arzt Medikamente verschrieb, meinte Bruder Felix, dass das keinen Wert hätte, weil dies seine letzte Krankheit sei.

Am 31. Mai 1787, um 2 Uhr nachts, starb Bruder Felix im Kapuzinerkonvent von Nicosia im Ruf der Heiligkeit. Die Glocken der Stadt läuteten drei Tage lang, während eine große Menschenmenge zum Konvent strömte, um Abschied von diesem stillen, liebeswürdigen und hilfsbereiten Bruder zu nehmen.

Nach der Beerdigungsfeier, an der außer den Mitbrüdern und der Bevölkerung der Stadtklerus sowie Mitglieder aus anderen Orden und Bruderschaften teilnahmen, wurde Bruder Felix auf dem Friedhof der Kapuziner beigesetzt. Bereits am 10. Juli 1828 wurde das Seligsprechungsverfahren eingeleitet. Die Seligsprechung selbst erfolgte dann am 12. Februar 1888 durch Papst Leo XIII.

Am 23. Oktober 2005 schließlich wurde Felix von Nicosia bei der ersten Feier der Heiligsprechung von Papst Benedikt XVI. heiliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Benedikts XVI. 2005 – 2012. Innsbruck: Resch, 2013, XII, 204 S., 48 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-096-4, Ln, EUR 25.90 [D], 26.60 [A]

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