Andreas Resch: Eustochia Calafato, Esmeralda

EUSTOCHIA CALAFATO
(Esmeralda)
(1434-1485)

PROFESSNONNE
DES II. ORDENS DES
HL. FRANZISKUS

Heilig: 11. Juni 1988
Fest: 20. Januar

EUSTOCHIA (Esmeralda) CALAFATTO wurde am Karsamstag, den 25. März 1434, als viertes von sechs Kindern des Bernardo Cofino, genannt Calafato, eines reichen Händlers aus Messina, und der Mascalda Romano Colonna im Dorf Annunziata bei Messina geboren. Bei der Taufe erhielt sie den Namen Esmeralda.
Die ersten Jahre ihrer Kindheit verbrachte die Kleine im Elternhaus, wo sie von der Mutter umsorgt wurde. Diese war Mitglied im Dritten Orden des hl. Franziskus und eine Bewunderin der franziskanischen Bewegung mit der ihr eigenen Reform der Observanz, die damals gerade im Orden Fuß fasste. Der Hauptverfechter dieser Bewegung in Italien war der hl. Bernhardin von Siena († 1444), an dessen Seite eine ganze Schar von durch Heiligkeit, Wissen und sozialer Tätigkeit geprägten Personen erblühte. Der Reformgeist setzte sich die strikte Observanz der Regel des hl. Franziskus zum Ziel und hielt auch Einzug in den zweiten franziskanischen Orden, den der Klarissen, wo alte Klöster zu einer strengeren Observanz und einem regulären Ordensleben zurückgeführt wurden; oder sie bildeten sich von neuem nach der sogenannten „Ersten Regel“ der hl. Clara und unter der Ägide und Betreuung durch die Observanten. In Sizilien tauchte die Observanzbewegung 1421 auf, offiziell kann man sie jedoch mit 1425 datieren, als der selige Matthäus von Agrigent von Martin V. die Vollmacht erhielt, drei neue Konvente für jene Mitbrüder zu gründen, die dem Geist der Reform gemäß zu leben wünschten. Das erste dieser Klöster wurde in Messina eröffnet, wo der selige Matthäus, ein namhafter Prediger, beim Volk große Begeisterung und eine lebendige Teilnahme an der von ihm vorangetriebenen geistigen Reform bewirkt hatte.

In diesem Sinne erzogen, begann Esmeralda somit schon bald, seinen Fußstapfen zu folgen. Eine Vision des Gekreuzigten in einer Kirche drängte sie, sich ganz dem Herrn zu schenken. Dieser Entschluss wurde in gewisser Hinsicht auf eine harte Probe gestellt. Der Vater und die Brüder bereiteten nämlich zweimal die Hochzeit für sie vor. Im Dezember 1444 wurde die noch nicht einmal elfjährige Esmeralda vom Vater einem Witwer gleichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ranges versprochen. Die geplante Heirat kam jedoch wegen des plötzlichen Todes des Bräutigams nicht zustande. Auch beim zweiten Mal verstarb der versprochene Bräutigam ganz unvermittelt im Juli 1446.

Den Eltern gegenüber, die mit neuen Vorschlägen aufwarteten, blieb Esmeralda standhaft. Um die Widerstände des Vaters zu brechen, unternahm sie sogar einen unnützen Fluchtversuch aus dem elterlichen Haus, der sich dann nach einiger Zeit zu ihren Gunsten löste, als nämlich der Vater gegen Ende 1448 während einer seiner üblichen Handelsreisen plötzlich in Sardinien verstarb. Esmeralda ersuchte daraufhin um Aufnahme bei den Klarissen von S. Maria di Basicò in Messina, was ihr von diesen aber verweigert wurde – aus Angst vor Esmeraldas Brüdern, die gedroht hatten, den Konvent im gegebenen Fall in Brand zu setzen.

Esmeraldas Beharrlichkeit siegte schließlich auch über den Widerstand der Brüder und so trat sie Ende 1449 in das Kloster der Klarissen von S. Maria di Basicó ein. Wenngleich noch keine 15 Jahre alt, wurde sie für das klösterliche Leben für reif erachtet. Bei der Einkleidung nahm sie den Namen Eustochia an. Während des Noviziats zeichnete sie sich durch Frömmigkeit, intensives Gebet und Tugendübungen aus. Acht Jahre lang führte sie in voller Hingabe ein Leben des Gebets, der ständigen Meditation des Leidens Christi und der Zuwendung zu den Kranken. Eines ihrer Gebete zum Gekreuzigten zeigt, von welchem Leidenswunsch sie beseelt war:
„O mein liebster Herr, wie gern würde ich für Deine heilige Liebe sterben, so wie Du für mich gestorben bist! Durchbohre mein Herz mit der Lanze und mit den Nägeln Deines so bitteren Leidens; die Wunden, die Du an Deinem heiligen Leib trugst, möchte ich im Herzen haben. Ich bitte Dich um Wunden, denn ich schäme mich sehr und empfinde es als großen Mangel, Dich, mein Herr, verwundet zu sehen, ohne dass ich mit Dir verwundet bin.“

Als Zelle wählte sie einen Raum unter einer Stiege, wo sie auf der bloßen Erde schlief. Für diesen Lebensstil war die Umgebung jedoch wenig geeignet. Im Konvent von S. Maria di Basicò, einem der bedeutendsten Klöster im damaligen Sizilien, mit einem Heim für Mädchen aus den vornehmen Familien Messinas und daher mit königlichem Privileg ausgestattet, fand Eustochia nicht ihr Ideal der Observanz. Die seinerzeitige Äbtissin, Schwester Flos Milloso, hatte das Kloster sogar der spirituellen Leitung der Observanten entzogen und sich etwas zu sehr auf irdische und zeitliche Angelegenheiten konzentriert. Dies hatte bei den frommeren Schwestern großes Unbehagen hervorgerufen, und da sämtliche Versuche, das normale Leben im Kloster zu einer strengeren Disziplin zurückzuführen, erfolglos blieben, beschlossen Eustochia und einige andere ein neues Kloster im ursprünglichen Geist der franziskanischen Armut und unter der Leitung der Observanten zu gründen. 1457 richtete sie daher ein Gesuch an den Papst um Erlaubnis zur Gründung eines neuen Konvents. Mit Dekret vom 18. Oktober 1457 genehmigte Calixtus III. das Ansuchen Calafatos, die, unterstützt von der Mutter, der Schwester und dem Adeligen Bartolomeo Ansatone aus Messina das ehemalige Spital von S. Maria Accomandata als Sitz der Neugründung erwarb. Trotz der Opposition der Obern und der Mitschwestern trat Eustochia 1460 gemeinsam mit zwei Schwestern von Basicò, Jacopa Pollicino und Lisa Rizzo, sowie ihrer Mutter, ihrer Schwester Mita und einer jungen Nichte dort ein. Selbst die Observanten weigerten sich, in die Neugründung zu kommen, um die hl. Messe zu feiern.

Von allen verlassen, wandte sich Calafato an Rom, wo sie von Pius II. 1461 ein neues Breve erhielt, auf das hin der Erzbischof von Messina den Observanten unter Androhung der Exkommunikation gebot, die spirituelle Führung der reformierten Schwestern zu übernehmen. Von da an konnte sich das Kloster der reformierten Klarissen ohne weitere Behinderung entfalten. Die Nonnen nahmen zahlenmäßig zu und mussten das alte Spital schließlich wegen materieller und moralischer Probleme verlassen. Aufgrund der Großzügigkeit von Bartolomeo Ansatone konnten die reformierten Klarissen 1464 in das Haus einer Kongregation des Dritten Ordens vom hl. Franziskus in Montevergine übersiedeln. So entstand das Kloster von Montevergine, in das schon bald eine Schar hochherziger Seelen einzutreten verlangte, um das armselige evangelische Leben zu teilen. Eustochia, die ihren Töchtern bereits geistige Mutter geworden war, unterwies diese, erzog und formte sie zum franziskanischen Leben, indem sie sie zur Betrachtung des Leidens Christi anregte. Zudem brachte sie ihnen die Früchte eigener spiritueller Erfahrungen nahe, indem sie in deren Herzen die Liebe zu jenen Tugenden einpflanzte, die sie selbst praktizierte.

Trotz wiederholter Erkrankung wechselte sich Calafato mit Schwester Jacopa Pollicino alle drei Jahre im Amt als Äbtissin ab, in das sie erstmals 1464 gewählt wurde. Mit größter Sorgsamkeit verfolgte sie den Glaubensweg der Mitschwestern. Um sie zur Tugend und zur Liebe zum Gekreuzigten anzuhalten, schrieb sie ein Buch über die Passion. Von 1468 an verschlechterte sich ihre Gesundheit derart, dass sie die Gründung eines neuen Kloster in Reggio Calabria, für das sie schon die päpstliche Zusage erhalten hatte, nicht vornehmen konnte. Der Pest von 1482 entronnen, starb Eustochia Calafato am 20. Januar 1485. Sie hinterließ eine eifrige und hochgeschätzte Ordensgemeinschaft von etwa 50 Schwestern. Bevor sie aus dem Leben schied, richtete sie ein letztes Mal ihren Blick auf die anwesenden Schwestern im Zeichen des Grußes: Jesus, Jesus, Jesus.

Zum Zeitpunkt der Beerdigung, schrieb die damalige Äbtissin, Schwester Jacopa, „war ihr Körper so schön, so rosig und elastisch; es sah aus, als schlafe sie, nicht, als sei sie gestorben, und ein wundervoller Duft ging von ihr aus“. Einige Tage nach Calafatos Tod zeigten sich an ihrem Grab und an ihrem Körper außergewöhnliche Phänomene, die weithin zu einer volkstümlichen Verehrung führten. So schrieb der Erzbischof von Messina 1690 an die hl. Ritenkongregation: „Ihr Körper, den ich aufmerksam betrachtet und beobachtet habe, ist unversehrt, intakt und unverwest, und zwar so, dass man ihn aufstellen kann, indem man ihn auf den Fußsohlen abstützt. Die Nase ist sehr schön, der Mund halb geöffnet, die Zähne sind weiß und kräftig, die Augen scheinen in keiner Weise gebrochen, sondern stehen sogar etwas hervor und geben einen festen Blick, ja, im linken Auge sieht man fast die transparente Pupille. Hand- und Fußnägel sind unverändert. Das Haupt trägt immer noch Haare und was am meisten erstaunt, ist, dass zwei Finger der rechten Hand wie zum Segnen ausgestreckt sind, während die anderen zur Handfläche hin liegen [dies deutet auf einen Segen hin, den die Selige nach dem Tod mit eben jener Hand einer Schwester gegeben haben soll]. Die Arme biegen sich, wenn man sie nach oben und unten bewegt. Der ganze Körper ist von Haut bedeckt, das Fleisch darunter aber erweist sich bei Berührung als ausgetrocknet.“ Diese Unverwestheit des Körpers dauert bis heute an.

Verehrt wird Eustochia Calafatto in der Kirche S. Eustochia des Klosters von Montevergine in Messina.
Am 14. September 1782 wurde ihr Kult von Papst Pius VI. bestätigt und am 11. Juni 1988
wurde Eustochia Calafato von Papst Johannes Paul II. in Messina heiliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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