Andreas Resch: Eugenie Joubert


EUGENIE JOBERT
(1876-1904)

PROFESS-SCHWESTER
DER SCHWESTERN
DER HL. FAMILIE
VOM HL. HERZEN JESU

Selig: 20. November 1994
Fest: 2. Juli

EUGENIE JOUBERT wurde am 11. Februar 1876 als Tochter von Pierre Joubert und Antonia Celle in dem französischen Städtchen Yssingeaux (Haute-Loire, Diözese Le Puy) geboren und noch am gleichen Tag auf den Namen Eugenie getauft. Ihre Eltern waren sehr wohlhabend, die Mutter war eine fromme Frau und den Armen gegenüber besonders großzügig. Mit Vorliebe besuchte sie die Kranken und wurde dabei von der kleinen Eugenie begleitet. Der Vater kümmerte sich nicht nur um die Verwaltung des riesigen Grundstücks, sondern engagierte sich auch in der, vornehmlich progressistisch geprägten, Politik.

Eugenie war das vierte von acht Kindern und wurde von ihrer Mutter und ihrer Schwester Maria, die noch vor ihr in die Kongregation der Schwestern der Heiligen Familie vom Heiligen Herzen Jesu eintrat und dort auch ihre Oberin war, zu einem christlichen Leben erzogen. Sie war noch ein Kind, als ihre Angehörigen verwundert bemerkten: „Die Kleine weint nie!“ Kaum dass Eugenie imstande war zu verstehen, sprach ihre Mutter mit ihr über Jesus und die Jungfrau Maria und lehrte sie das Beten.

1881, mit fünf Jahren, wurde Eugenie zur Erziehung den Ursulinen in Monistrol anvertraut, wo sie sechs Jahre (1881–1887) blieb und am 29. Mai 1887 zum ersten Mal die hl. Kommunion empfing. Nach einem weiteren Jahr bei den Schwestern vom hl. Joseph in Yssingeaux empfing sie am 14. Mai 1888 das Sakrament der Firmung und wurde anschließend von ihrer Mutter den Notre Dame-Schwestern des Kollegs S. Maria von Le Puy (1889 – 1892) übergeben, damit sie ihre humanistische Ausbildung vervollständige. Sie blieb dort bis ca. zu ihrem 18. Lebensjahr und bestach, wie ihre Gefährtinnen einhellig erklärten, durch ihr ernsthaftes und sympathisches Wesen: „Sie hat niemanden bevorzugt, sondern war mit allen gleich.“ Zusammen mit anderen Mädchen trat sie der lokalen Vereinigung der „Töchter Mariens“ bei und wurde schon bald zu deren Vorsitzenden gewählt.

Im Oktober 1893 zog sich Eugenie für einige Zeit auf den Landsitz der Kongregation der Heiligen Familie vom Heiligen Herzen Jesu nach La Darne bei Le Puy zurück, wo ihre Schwester Maria lebte, die sie über Mutter Maria Ignazia Melin informierte, welche die Kongregation, die von Le Puy ausgegangen und nun im Wachsen begriffen war, zusammen mit P. Rabussier S.J. gegründet hatte.
Mit ungefährt 18 Jahren kehrte sie 1894 nach Hause zurück, wo sie der Mutter fleißig zur Hand ging, sich um die jüngeren Geschwister kümmerte, die Armen unterstützte, die Kinder im Katechismus unterrichtete und stets ein leuchtendes Beispiel an Bescheidenheit war. Gleichzeitig litt sie sehr unter den Auseinandersetzungen ihrer Eltern, die fortan getrennt lebten. Wann immer möglich, besuchte sie die Patienten im Spital, um ihnen Gesellschaft zu leisten. Die bedauernswerten Geschöpfe verkörperten für Eugenie den leidenden Jesus. Der stellvertretende Pfarrer von Yssingeaux beschrieb ihr Verhalten später folgendermaßen: „Sie war ein beispielhaftes Mädchen, sowohl was ihre Religiosität und ihre Tugenden als auch was ihren Charakter anbelangte. Obwohl in jeder Hinsicht begabt, war sie unglaublich einfach und bescheiden.“

Der Vater und einige Verwandte waren der Meinung, dass ein so schönes und gebildetes Mädchen wie Eugenie wohl bald heiraten würde, ohne zu bemerken, dass deren Bestrebungen in eine völlig andere Richtung gingen: „Seit meiner Kindheit suchte mein armes, einfältiges, weltliches Herz vergeblich, seinen Durst nach Liebe zu löschen. Ich wollte lieben, aber nur einen schönen, perfekten, unsterblichen Bräutigam, dessen Liebe rein und unerschütterlich war. Oh, Allerheiligste Jungfrau Maria, Du hast mir, diesem armen, kleinen Geschöpf, den Schönsten aller Menschenkinder zum Geschenk gemacht, Deinen Sohn Jesus.“

Eugenies Entscheidung war gefallen: „Ich werde nur Jesus gehören, in der Heiligen Familie vom Heiligen Herzen Jesu.“ Ihr Vater, der die Sehnsüchte seiner Tochter erahnt hatte, widersetzte sich mit aller Kraft. Nachdem sie seinen Widerstand und die Bestürzung über ihre Wahl innerhalb der Familie überwunden und sämtliche Heiratsanträge abgelehnt hatte, trat sie – in der tiefen Überzeugung, zum Ordensstand berufen zu sein, und mit Zustimmung des Gründers, P. Rabussier, im Haus von La Darne Sainte-Marie in die Kongregation der Heiligen Familie vom Heiligen Herzen Jesu ein. Im Alter von 19 Jahren klopfte sie am 6. Oktober 1895 als Postulantin an die Pforte des Konvents – begleitet von ihrer Mutter, die zu ihr sagte: „Meine Tochter, ich übergebe dich jetzt dem guten Gott. Blick nicht zurück, werde heilig!“ Ein Rat, der einem wohlmeinenden Herzen entsprang und von einem solchen aufgenommen wurde. Eugenie sollte ihn nie vergessen.

Als Postulantin setzte sie sich vom ersten Tag an zum Ziel, sich ganz auf dieses neue Leben einzulassen. Sie schrieb: „Wenn ich den Geist des Glaubens lebe und Unseren Herrn wirklich liebe, wird es mir nicht schwerfallen, mir im Innersten meines Herzens ein stilles Plätzchen zu schaffen, diese Stille auch zu lieben, dort zu verweilen, nur mit Jesus, und ihm Gesellschaft zu leisten.“ Die Verwirklichung dieses Vorhabens bedurfte der totalen Hingabe. So bemerkt Eugenie in ihrem Tagebuch: „Den Egoismus großzügig bekämpfen! Eine noch größere Liebe, ein noch größeres Opfer! Nicht an mich selbst denken, sondern allein das Herz Jesu, das Herz Mariens betrachten!“ – „Es ist niemals klein, was die Liebe verlangt.“

Am 13. August 1896 erhielt Eugenie von P. Rabussier das Ordenskleid. Von diesem Zeitpunkt an schrieb sie in einem Heft mit dem Titel „Maria und ich“ ihre „Geschichte der Seele“ nieder. Ab dem Frühjahr 1897 wurde das Noviziat nach Saint-Denis-sur-Seine verlegt. Eugenies Platz war in der Wäscherei und in der Apotheke. Nach erfolgreichem Abschluss des Noviziats legte sie am 8. September 1897 die zeitlichen Gelübde ab. In diesen Tagen notierte sie: „Ich bin daran, großes Vertrauen in Jesus zu erlangen durch die Liebe, die Liebe und die kindliche Einfachheit.“
Nach den Gelübden wurde sie noch im Jahr 1897 als Religionslehrerin für Kinder in das neu gegründete Haus von Aubervilliers bei Paris versetzt, anschließend in das Haus von Le Puy und 1898 nach La Darne Sainte-Marie. Von dort kam sie 1901 nach Lüttich in Belgien, wo sie sich in das Studium des Christentums vertiefte, die Kinder im Katechismus unterwies und als Mesnerin tätig war. Solange es ihre Gesundheit erlaubte, war der Katechismusunterricht ihre große Vorliebe. „Wenn man mir die Kleinen einmal zugeteilt hatte, fing ich sofort Feuer. Von da an war alles, was nichts mit dem Katechismus, der reinen Gnade für die Seele, zu tun hatte, in meinen Augen wertlos; der kleine Literat, der in mir steckte, verließ seinen Posten und stellte sich ganz in den Dienst der Katechetin.“

„Das schönste unter allen Ämtern ist die Seelsorge. Aber die Katechese ist noch schöner. Sie ist das schöne Ideal des göttlichen Herzens und mit nichts zu vergleichen. Sie ist das reinste aller Ämter, das uneigennützigste, das von allen Ansprüchen am meisten losgelöste.“

„Es ist wahrhaft Gott, der zu mir gesprochen hat, weil sein Wort mir Frieden beschert hat… O selige Not, je mehr ich sie liebe, umso mehr gefällt sie Unserem Herrn, der sich zu ihr herablässt, um Mitleid mit ihr zu haben und mir Barmherzigkeit zu erweisen.“
Im März 1902 hatte Joubert den ersten Blutsturz, den ihr Arzt nicht als gravierend einstufte. Und so nahm sie ihre Arbeit als Katechetin nach einer kurzen Erholung wieder auf. Im Juni desselben Jahres, einige Tage vor dem Herz Jesu-Fest, wurde sie von einer schweren Lungenschwindsucht befallen. „Sie war gezwungen, das Bett zu hüten und von da an begann ihr Leben als Kranke“, jede äußere Tätigkeit musste sie einstellen. „Die Zeit des Kämpfens ist vorbei“, schreibt sie.

„Jede Überlegung, die mich aufwühlt, meinen Geist einengt, mich von Unserem Herrn zu trennen versucht, muss ich abstreifen. Schon seit Monaten verlangt Er von mir das Gleiche: Sanftmut Ihm und mir selbst gegenüber, Vertrauen, Gefühlsüberschwang, Freude.“

Dank der Behandlung erholte sie sich einigermaßen, sodass sie sich am 2. Mai 1903 im Marienheiligtum des Hl. Hauses in Loreto (Ancona) und zur Audienz von Papst Leo XIII. in Rom einfinden konnte, der am Ende seines Lebens angelangt war. Ein paar Wochen später, am 20. Juli 1903, nahm sie an der Trauerfeier für Leo XIII. teil und am 4. August 1903 an der Papstkrönung von Pius X.

Im Mai 1904 kehrte Joubert schwer krank in das Haus von S. Gilles bei Lüttich zurück, wo sie nach Empfang der Krankensalbung am 2. Juli in Frieden entschlief. Zunächst in Lüttich beerdigt, wurde ihre sterbliche Hülle 1948 nach Dinant in Belgien übertragen und in der Kapelle der Schwestern der Heiligen Familie vom Heiligen Herzen Jesu, rue du College, 2, beigesetzt.

Kard. Lèpicier schrieb über sie: „Während ihres kurzen Lebens von 28 Jahren ist es Sr. Eugenie auf wunderbare Weise gelungen, ihr untadeliges Innenleben mit einem äußerst aktiven Apostolat bei den Kleinen zu verbinden. Von Kindheit an mit den erlesensten Gnadengaben gesegnet, betritt sie den Weg der Vollendung als Gigantin.“

Am 20. November 1994 wurde Eugenie Joubert von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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