ELISABETH VENDRAMINI
(1790-1860)
GRÜNDERIN
DER FRANZISKANER-TERZIARSCHWESTERN
(ELISABETHINEN) VON PADUA
Selig: 4. November 1990
Fest: 2. April
ELISABETH VENDRAMINI wurde am 9. April 1790 als siebtes von 12 Kindern des wohlhabenden Bürgers Franziskus Vendramini und der Adeligen Antonia Angela Duodo di Venezia in Bassano del Grappa, Provinz Vicenza, Italien, geboren und am darauf folgenden Tag auf den Namen Elisabeth getauft. Ein fröhliches und zielstrebiges Kind, bewies sie schon von klein auf eine überdurchschnittliche Intelligenz, was ihre Eltern veranlasste, sie den Augustinerinnen vom hl. Johannes in Bassano del Grappa zur Erziehung anzuvertrauen. In den neun Jahren, die sie dort verbrachte, erhielt sie eine angemessene Ausbildung und wurde in ein zutiefst christliches Leben eingeführt, verbunden mit dem täglichen Besuch der hl. Messe, dem Empfang der Kommunion, dem Brevier zu Ehren der Gottesmutter und dem Rosenkranzgebet. Nach der Zulassung zur Kommunion empfing sie am 8. Juli 1798 auch das Sakrament der Firmung. Mit 15 Jahren kehrte sie nach Hause zurück, wo sie ihr spirituelles Leben unter der Anleitung des Franziskaners Anton Maritani weiterführte, der ihr 1816 auftrug, ein spirituelles Tagebuch zu führen.
Als temperamentvolle junge Frau mit einem Faible für elegante Kleidung wurde Elisabeth schon bald zum Mittelpunkt des Interesses. Doch liebte sie die Einsamkeit. So zog sie sich häufig auf das Land zurück, um die göttlichen Mysterien und die Schöpfung zu betrachten. Höflich, aber entschieden lehnte sie verschiedene Heiratsanträge ab, wenngleich sich die tägliche Realität so gar nicht mit ihren Perspektiven deckte. Tatsächlich stürzte ihre Familie aufgrund der plötzlichen Änderung der politischen Situation zu Beginn des 19. Jahrhunderts in große finanzielle Schwierigkeiten, die durch den Tod des Vaters noch verstärkt wurden.
Als sich dann Elisabeths Hochzeit abzeichnete, geriet sie in neue Turbulenzen, deren Folgen sich auf ihr ganzes Leben auswirken sollten. Mit 22 Jahren lernte sie einen jungen Mann kennen, sechs Jahre später gaben die Eltern ihre Einwilligung zur Heirat. Doch am Vorabend der Vermählung, dem 17. September 1817, wurde ihr mit einem Schlag bewusst, dass sie zu einem geweihten Leben berufen war. „Geh zu den Kapuzinern!“ lautete der Auftrag. Daraufhin ließ sie alle früheren Pläne fallen, beschloss ein strenges Leben zu führen, das bestimmt war vom Gebet, und sich Werken der Nächstenliebe zu widmen. Am 7. August 1820 verließ sie die elterliche Wohnung und zog in das Waisenhaus „Zu den Kapuzinern“ von Don Markus Cremona in Bassano, um sich dort um die Mädchen zu kümmern. 1821 nahm sie das Kleid der säkularen Franziskaner-Terziarinnen und trug von nun an den Namen Margarete.
Hier glaubte sie ausharren zu müssen, um ihr Ideal der Nächstenliebe durch die Gründung eines Instituts für regulierte Terziarinnen zu krönen: „Praktisch vom ersten Augenblick an hatte ich das starke Verlangen, Gefährtinnen um mich zu versammeln und die kleine Regel nicht zu beseitigen, sondern zu reformieren und so eine neue religiöse Institution zu schaffen.“ Zur Realisierung dieses Vorhabens fehlte ihr jedoch die Zustimmung. „Ich habe diesem Priester die Regel entzogen und alles in Christi Hände gelegt.“
Nach sechs Jahren, am 1. Januar 1827, verließ sie das Waisenhaus aus Gründen, für die sie keine Erklärung hatte, und ging mit ihrem Bruder nach Padua, wo sie am 3. Januar in das Haus der „Ausgegrenzten“ einzog, um sich dort um die Erziehung und Ausbildung der Jugendlichen zu kümmern. Hier traf sie auf Alois Moran, ihren künftigen Spiritual und Helfer bei den Vorbereitungen für die Gründung und Leitung des Instituts, das ihr vorschwebte: eine Gemeinschaft von Franziskanerterziarinnen, die sich in den Dienst der Randpersönlichkeiten der Gesellschaft stellten. Nach vielen Enttäuschungen überzeugt, nunmehr den endgültigen Fingerzeig erhalten zu haben, dass sie sich nicht länger im Schlepptau anderer Institutionen bewegen, sondern ein eigenes Projekt auf die Beine stellen sollte, verließ sie am 10. November 1828 das Haus der „Ausgegrenzten“ und bezog gemeinsam mit zwei Gefährtinnen, Felicità Rubotto und Maria Der, eine alte Mansarde im sog. „Räuberviertel“ von Padua. Im göttlichen Plan bedeutete dies die Grundlegung eines neuen religiösen Instituts. So jedenfalls die Interpretation Elisabeths: „1828 fand ich mich nach einem ständigen Auf und Ab in einem herrlichen Palast seliger Armut wieder, sogar an einem Bett fehlte es mir…, ich besaß weder ein Blatt Papier noch eine Feder noch ein Tischchen, auf dem ich schreiben konnte…, in meinen Augen bedeutete diese Armut Reichtum und war den Palästen der Großen vorzuziehen.“ Es war genau zu der Zeit, dass Vendramini und die beiden Regularterziarinnen die Bezeichnung Franziskaner-Terziarschwestern – Elisabethinen von Padua (Abb.) annahmen und sich dem Schutz des hl. Franz von Assisi sowie der hl. Elisabeth von Ungarn unterstellten. Diesen Namen tragen sie bis zum heutigen Tag.
In den Augen der damaligen Gelehrten war Elisabeths Initiative eine Torheit jenseits aller Realitätskontrolle. Das Projekt schritt indes munter voran. Mit Unterstützung ihrer beiden Gefährtinnen eröffnete sie am 18. November 1829 das erste „unentgeltliche Bildungshaus“ für arme, verlassene und auf Abwege geratene Mädchen; für die größeren unter ihnen und deren Mütter organisierte sie Zusammenkünfte. Der Erfolg veranlasste sie, weitere Lokalitäten zu nutzen.
Die neue Gemeinschaft erhielt schließlich jene juristische Form, die den Fortschritt auch in Hinkunft gewährleisten sollte. Am 4. Oktober 1830 fand die erste Einkleidungsfeier statt und am 4. Oktober 1831 erfolgte die Ablegung der einfachen Gelübde. 1832 wurden Vorbereitungen für die rechtliche Anerkennung getroffen, zu der es aber wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit des Instituts erst 1861 kam. 1833 wurde zunächst der legislative Teil abgeschlossen: eine selbständige Regel für die Terziaren, die Statuten des hl. Augustinus, die Konstitutionen des hl. Franz von Sales, mit entsprechenden Anpassungen für die Gruppe der Terziaren – ein jedes mit eigener Approbation durch die Kirche.
Von da an folgte eine Initiative der andern – stets zugunsten der Ärmsten unter den Armen und überall dort, wo ein Einsatz nötig war. 1834 wurden die Schwestern in das Arbeitshaus gerufen, um den dort beschäftigten armen Frauen beizustehen und sie im Katechismus zu unterweisen.
Besonders lobenswert erscheint das Engagement der Schwestern in den Jahren 1836, 1849 und 1854, als in Padua drei schreckliche Choleraepidemien wüteten. Damals öffneten sie den Betroffenen in einer spontanen Geste ihr Haus und stellten diesen neben direkter Hilfeleistung auch ihre eigenen Betten zur Verfügung. Zudem nahmen sie die Last auf sich, die Pestkranken in den improvisierten Lazaretten aus erster Hand zu betreuen. Einige Schwestern wurden in die Lazarette nach Rovigo, Monselice, Chioggia und Este geschickt. Zwei starben an der Seuche.
Gleichzeitig wurden die Schwestern 1836 mit der Erziehung und Unterweisung von Waisen betraut, die Gäste der Frommen Herberge zum Seligen Pellegrin in Padua waren. In der Folge übernahmen sie die Grundschulausbildung der im Haus untergebrachten Mädchen und 1838 boten sie den älteren Frauen, gesunden und kranken, ihre Dienste an.
Das Gedeihen des Instituts war der aufmerksamen und mütterlichen Führung Elisabeths zu verdanken. Als Gründerin und Generalsuperiorin war ihr sehr an der bestmöglichen spirituellen Ausbildung ihrer Schwestern gelegen, wozu sie auch mit ihren Schriften beitrug: Tagebuch, Erinnerungen, Instruktionen. Darüber hinaus versuchte sie, ihnen eine berufliche Vorbereitung zu vermitteln, die den neuen Aufgaben, welche fortlaufend auf sie warteten, gerecht würde. Zwischen 1844 und 1845 wurden sie zu Erzieherinnen ausgebildet. Am 1. Januar 1846 wurde in Padua der erste Kindergarten eingeweiht, den Vendramini im Mutterhaus eingerichtet hatte. Nachfolgend wurden in verschiedenen Stadtteilen drei Heime für die ärmsten Kinder eröffnet und der Leitung der Terziarinnen unterstellt. 1850 schickte sie Schwestern in die Herberge der hl. Johannes und Paulus nach Venedig. Zu Vendraminis letzten Initiativen gehörte die Unterstützung der „Ausgegrenzten“ 1852, der Patienten des Zivilkrankenhauses von Padua 1853, der blinden Kinder des Instituts Configliachi ebenfalls in Padua 1854 und schließlich die Gründung einer Kommunität in Venedig 1859.
Nach einem Leben im Dienst des Nächsten, vor allem der besonders Bedürftigen, der Beherbergung, Erziehung und Ausbildung der Waisenmädchen sowie der Sorge um die Kranken in den Spitälern hatte Vendramini lange an einer schmerzhaften Augenkrankheit zu leiden. Zudem zwang sie eine schwere Form von deformierender Arthritis zunächst zur Verwendung von Krücken, dann zu einem gebückten Gang und schließlich zur Fortbewegung im Rollstuhl. Die letzten Monate verbrachte sie praktisch unbeweglich im Bett. Am 2. April 1860 führte Vendramini ihren irdischen Weg zu Ende. Es fehlten nur noch zwei Tage bis zu ihrem 70. Geburtstag. Sie wurde auf dem öffentlichen Friedhof beerdigt, das Grab verblieb dort bis 1882.
Dann wurde der Leichnam in ein Gemeinschaftsgrab umgebettet, was eine Identifizierung der sterblichen Überreste schließlich unmöglich machte.
Am 4. November 1990 wurde Elisabeth Vendramini von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]
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