Andreas Resch: Elisabeth Canori Mora


ELISABETH CANORI MORA
(1774-1825)

EHEFRAU UND MUTTER

MITGLIED DES
DRITTEN ORDENS
VON DER ALLERHLGST. DREIFALTIGKEIT

Selig: 24. April 1994
Fest: 5. Februar

ELISABETH CANORI MORA wurde am 21. November 1774 als Tochter von Tommaso Canori und Teresa Primoli in Rom geboren und am Tag darauf auf den Namen Maria Elisabeth Cäcilia getauft. Die Familie war wohlhabend, zutiefst christlich und besorgt um die Erziehung der Kinder. Der Vater, ein einflussreicher Grundbesitzer, hatte die Aufsicht über mehrere landwirtschaftliche Güter. Das Ehepaar Canori wurde mit 12 Kindern gesegnet, von denen sechs bereits in den ersten Lebensjahren starben. Als Elisabeth auf die Welt kam, fand sie fünf Brüder und eine Schwester vor. Sie verbrachte ihre Kinder- und Mädchenjahre im Kreis der Familie und besuchte zwischen dem 5. und 11. Lebensjahr das Kolleg Sant’Eufemia in Rom. Mit acht Jahren wurde sie gefirmt.

Innerhalb weniger Jahre führten Missernten, eine Tierseuche und die Insolvenz der Gläubiger zu einer Änderung der wirtschaftlichen Situation, sodass sich Tommaso Canori gezwungen sah, einen in Spoleto ansässigen Bruder zu bitten, seine Töchter Elisabeth und Benedikta in Obhut zu nehmen. Dieser beschloss, die beiden den Augustinerinnen vom Kloster der hl. Rita von Cascia anzuvertrauen, wo Elisabeth drei Jahre blieb. Dort empfing sie auch die Erstkommunion und tat sich durch Intelligenz und eine tiefe Innerlichkeit hervor.

Wieder in Rom, wohnte Elisabeth im Haus ihrer Eltern und führte Jahre hindurch ein mondänes Leben, wobei sie vor allem durch ihre Schönheit und ihre vorzüglichen Umgangsformen auffiel. Später bezeichnete sie diesen Lebensabschnitt als „Verrat“, wenngleich ihre moralische Kohärenz keinen Schaden genommen und sie sich ihren Sinn für das Religiöse irgendwie bewahrt hatte. So hätte sie sich auch, nachdem sie in das entsprechende Alter gekommen war, gern wie ihre Schwester Benedikta dem Herrn geweiht, doch wollte sie die Familie in ihrer schwierigen Lage nicht im Stich lassen und folgte dem Wunsch der Eltern.

Mit 21 Jahren, am 10. Januar 1796, heiratete sie Cristoforo, den Sohn des reichen und berühmten Francesco Mora, einen jungen Advokaten mit brillanter Zukunft. Elisabeths Heirat war eine wohldurchdachte Entscheidung, doch stellte die psychische Labilität des Ehemannes bereits nach wenigen Monaten alles in Frage. In die Fänge eines biederen Geschöpfes geraten, betrog er seine Ehefrau, wobei sich zur ehelichen Untreue auch noch die wirtschaftliche Zerrüttung gesellte. Auf seiner Jagd nach Geld gab er sich falschen Spekulationen hin, die ihn bedauerlicherweise in den Konkurs trieben, sodass Elisabeth ihre Juwelen und sogar das Hochzeitskleid verkaufte, um den guten Namen ihres Mannes zu retten. Dieser zollte ihr lediglich Verachtung und bedrohte sie sogar mit dem Tode, doch Elisabeth antwortete darauf mit bedingungsloser Hingabe, da sie von der Heiligkeit des ehelichen Sakraments zutiefst überzeugt war.

Ende 1779 wurde Elisabeth zum dritten Mal Mutter. Die kleine Marianna entwickelte sich zu einem gesunden und lebhaften Mädchen, während ihre beiden älteren Brüder schon früh starben. Cristoforo war ganz zufrieden, führte aber seinen Lebensstil fort. Sein Vater lud ihn und Elisabeth schließlich ein, in seinem Haus zu wohnen, um Kosten zu sparen und ein gemeinsames Familienleben zu ermöglichen. Elisabeth nahm den Vorschlag des Schwiegervaters gerne an und zog mit ihrem Töchterchen im Arm in das Haus der Familie Mora, wo ihr eine bescheidene Wohnung zugeteilt wurde. Cristoforo hingegen ließ sich in den Räumlichkeiten, in denen sie einen Großteil ihrer Zeit verbrachte, immer seltener sehen.

Am 5. Juli 1801 wurde Lucina geboren. Aber schon bald nach der Geburt wurde Elisabeth schwer krank. Aus diesem Grund gab sie das Neugeborene zu einer Amme nach Trastevere. Die Krankheit, die sie selbst beschrieb, zog sich lange hin: „Man schrieb das Jahr 1801, als mir Gott ein äußerst unangenehmes Magenleiden schickte, sodass ich von den Eitelkeiten der Welt Abschied nehmen musste – so starke Schmerzen hatte ich! Ich wollte nur allein sein. Neun Monate hindurch ertrug ich die schwere Krankheit, die sich auf mein Gemüt sehr positiv auswirkte. In der Einsamkeit begann ich meine Sünden zu verabscheuen. Ich flehte zum Herrn um Barmherzigkeit, ohne zu bedenken, dass ich damit diesem unendlich erhabenen Gott gegenüber eidbrüchig wurde….“ Nachdem sich Elisabeth einigermaßen erholt hatte, begab sie sich unverzüglich zur Amme, wo sie Lucina völlig verwahrlost und sich selbst überlassen vorfand. Während sie sich nach einer anderen Amme umsah, musste sie neuerlich auf das Krankenlager und schwebte sogar einige Tage zwischen Leben und Tod. Sie schreibt:

„Ich wurde von einem bösartigen Fieber (Infektionskrankheit) überrascht, mit sehr negativen Begleiterscheinungen. 19 Tage lang konnte ich nicht normal denken, weil der Gedanke an die Ewigkeit, auf die ich mich meiner Meinung nach unweigerlich zubewegte, die ganze Energie meiner armen Seele beanspruchte. Weder suchte ich nach Linderung für mein Leiden noch danach, mir den letzten Rest meiner Kräfte zu bewahren. Ich war vollkommen auf den Herrn ausgerichtet, gefangen von seiner Gnade bat ich ihn um Barmherzigkeit und Vergebung. Unsäglich war der Schmerz über meine Sünden, der auf mir lastete, all meine Hoffnung lag bei Jesus Christus, den ich stets fest in meinen Händen hielt. Ihm schüttete ich mein Herz aus, Ihm gab ich mich ganz hin, Ihm allein weihte ich mich im Leben wie im Tod. In dieser Zeit sprach ich nur von Gott, war ich nur auf der Suche nach meinem Herrn. Außer mit meinem Beichtvater hatte ich mit niemandem Kontakt, mit ihm sprach ich voll Freude über die Dinge, die mein Herz peinigten.“ Bei dem erwähnten Beichtvater handelte es sich um den Jesuiten P. Pizzi.

1807 kam Elisabeth zur Überzeugung, dass der Herr selbst sie animierte, sich um die Aufnahme in die Laienvereinigung der Trinitarier zu bemühen, und so schrieb sie sich in den Dritten Orden ein. Sie vertiefte sich in dessen Spiritualität und entsprach damit ihrer Berufung zum Dienst in der Familie und zur säkularen Weihe.

Mit Unterbrechungen verbrachte sie 12 Jahre im Hause Mora, das sie schließlich verlassen musste, um von 1812 bis Ende 1813 in der Via delle Muratte zu wohnen. In dieser Zeit starb Cristoforos Vater, der von Elisabeth bis dahin liebevoll umsorgt worden war, wenngleich auch er – wie die Schwestern und Tanten seines Sohnes – Elisabeth beschuldigten, ihren Ehemann irregeleitet zu haben. Ende 1813 zog sie mit Mann und Töchtern in die Via Rasella, in der Nähe der Kirche San Carlino, die sie seit 1807, als sie sich der Seelenführung von P. Fernando di S. Luigi anvertraut hatte, regelmäßig besuchte. Vor ihm legte sie ihre Profess ab und nahm den Namen Johanna Felice von der Allerhlst. Dreifaltigkeit an, mit dem sie von da an ihre persönliche Korrespondenz unterschrieb. Zur selben Zeit wurde sie von ihrem Ehemann nicht nur verraten, sondern auch verächtlich gemacht und mit dem Tode bedroht. Elisabeth blieb ihm trotz allem treu und verließ ihn nicht. Sie stand weiter zu ihm, pflegte ihn, wenn er krank war, und betete unaufhörlich für seine Bekehrung. Inmitten der größten
Unannehmlichkeiten blieb sie unerschütterlich in ihrer Geduld und Liebe zum Herrn und erfüllte ihre Pflichten mit Fleiß, Ausdauer und Freude. 1823 zog sie von der Via Rasella in die Via delle Quattro Fontane, ihre letzte Wohnung. Betrübt über die Verfolgung von Kirche und Papst bot sie sich der Gerechtigkeit Gottes als Sühneopfer an. Sie folgte damit dem Beispiel ihrer Freundin, der Seligen Anna Maria Taigi, ebenfalls Trinitarier-Terziarin, Ehefrau und Mutter. Andererseits war auch Elisabeth mit außergewöhnlichen Gaben gesegnet, wie Verzückung, Ekstase und Prophezeiung.

Ihre Heiligmäßigkeit bestand in der heroischen Ausübung der Tugenden und der Einheit mit Gott durch beständiges Gebet, bei dem sie tiefe mystische Zustände erreichte. So empfing sie, nachdem sie ihre letzte Krankheit und den Tod vorausgesagt hatte, am 5. Februar 1825, umgeben von ihren Töchtern Lucina und Marianna, in Ekstase ihren ewigen Lohn. Es war halb drei Uhr in der Früh. Elisabeth hatte soeben vor zwei Monaten ihr 50. Lebensjahr vollendet. Um vier Uhr morgens kam Cristoforo nach Hause. Er stürzte in das Zimmer seiner Frau, die bei seinem Weggang noch einigermaßen bei Kräften gewesen war, und fand sie nunmehr auf dem Totenbett.

Die feierliche Beisetzung unter Teilnahme einer großen Menschenmenge fand am 9. Februar 1825 statt. Die sterblichen Überreste von Elisabeth Canori Mora wurden in der linken Seitenkapelle der Kirche San Carlino alle Quattro Fontane in Rom bestattet.

Viele Gnaden wurden ihrer Fürsprache zugeschrieben, vor allem die radikale Änderung im Lebensstil ihres Ehemannes. Nun lag die Last eines Lebens der Achtlosigkeit, der Entfremdung und Undankbarkeit auf ihm, die Reue darüber, diese außergewöhnliche Frau, die 30 Jahre lang an seiner Seite verharrt und alles klaglos ertragen hatte, nicht verstanden zu haben. Jetzt gestand er sich die Tugenden seiner Frau ein, vor allem ihre Bescheidenheit und Reinheit. Nachdem er zunächst um Aufnahme bei den Trinitarier-Terziaren ersucht hatte, um so seiner Frau Ehre zu erweisen, studierte er anschließend erfolgreich Theologie, um dann 1834 unter dem Namen P. Antonio Mora bei den Franziskaner-Konventualen einzutreten, wo er bis zu seinem Tode, 1845, blieb. So sollte sich Elisabeths Prophezeiung verwirklichen: „Eines Tages werdet auch Ihr die Messe lesen… .“

Am 24. April 1994 wurde Elisabeth Canori Mora von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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