Andreas Resch: Eduard Josef Rosaz


EDUARD JOSEF ROSAZ
(1830-1903)

BISCHOF VON SUSA

GRÜNDER DER KONGREGATION
DER TERZIARINNEN V.
HL. FRANZISKUS VON SUSA
heute:
„FRANZISKANER-
MISSIONARINNEN VON SUSA“

Selig: 14. Juli 1991
Fest: 3. Mai

EDUARD JOSEF ROSAZ wurde am 15. Februar 1830 als siebtes von acht Kindern des Romuald Rosaz und der Maria Josefa Dupraz in Susa geboren und am darauf folgenden Tag auf den Namen Eduard Josef getauft. Von seinen Eltern, die überzeugte Christen waren, erhielt er eine solide religiöse Erziehung. Da er kränkelte, war es ihm nicht möglich, die öffentliche Schule zu besuchen, weshalb ihn ein Lehrer zu Hause unterrichtete.

1840 übersiedelten die Eltern nach Turin und schickten Eduard in die Klosterschule Gianotti di Saluzzo, wo er seine Gymnasialstudien absolvierte und auf das Sakrament der Erstkommunion und der Firmung vorbereitet wurde, die er am 17. Juni 1840 empfing. 1843 starb sein Vater, ein Jahr darauf ein Bruder, und so musste er mit 15 Jahren wieder zu seiner Familie nach Susa zurückkehren. Dort scharte er Freunde um sich, die er unter den talentiertesten Jugendlichen der Stadt auswählte. Während der Ferien versammelte er die jungen Männer in der Fraktion Castelpietra, wo die Familie ein Landhaus besaß, und unterwies sie in den Grundsätzen des christlichen Glaubens.

Mit Beginn des Schuljahres 1847/48 trat Rosaz in das Seminar von Susa ein, wo er in den ersten beiden Jahren den Philosophiekurs belegte. Anschließend begann er Theologie zu studieren, musste dann aber aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes das Seminar verlassen. Als er sich im Juli 1851 wieder kräftig genug fühlte, um in das Seminar zurückzukehren, schlug man ihm einen Aufenthalt am Meer vor. Eduard zog nach Nizza Marittima, wo er im dortigen Seminar Philosophie und Theologie studierte. Im April 1852 erkrankte er von neuem. Er ging daraufhin nach Turin, um sich einer spezifischen medizinischen Behandlung zu unterziehen. Im November kehrte er nach Nizza Marittima zurück und nahm seine Studien wieder auf. In dieser Zeit geschah es auch, dass er sich zunehmend zum franziskanischen Ideal hingezogen fühlte, weshalb er sich in den Dritten Orden des hl. Franziskus einschrieb, dem er zeitlebens die Treue hielt.

Nach Abschluss der Studien wurde Rosaz am 10. Juni 1854 zum Priester geweiht. Sein Arbeitsprogramm lässt sich in fünf Punkten zusammenfassen: auf jede nur erdenkliche Weise dem Wohl des Volkes dienen; arbeiten ohne Rücksicht auf Leib und Leben; alles mit Freude tun, was dem geistigen und materiellen Wohl der Gläubigen nützlich ist; die Priester bei ihren seelsorglichen Aufgaben eifrig und selbstlos unterstützen; keine Form des Apostolats vernachlässigen.
Nach seiner Rückkehr nach Susa wurde Rosaz zum Kanoniker des Domkapitels ernannt und widmete sich bevorzugt der Katechese, dem Beichtgespräch, der Volksmission, der Abhaltung von Exerzitien und der vierzigstündigen Anbetung. Alle, die ihn kannten und von ihm Zeugnis ablegten, bestätigen einhellig seinen besondere Einsatz im Beichstuhl „zur großen Erbauung der Gläubigen“. Für ihn galt die Erteilung des Bußsakraments als „das Amt der Ämter“.
1856, im Alter von 26 Jahren, legte Rosaz den Grundstein für sein Werk zugunsten armer Waisenmädchen und ließ ein „Internat“ errichten. Die ihm zugefallene Erbschaft und die vielen Hilfen, die ihm als Domkapitular und aus anderen ihm sukzessive anvertrauten Aufgaben zuteil wurden, verwendete er zur Erhaltung seines sozialen Werkes, das unzähligen Mädchen die Grundvoraussetzung für ein Leben in Anstand und Würde bot.

1863 wurde Rosaz zum Gefängnisseelsorger ernannt, 1866 zum Rektor des bürgerlichen Internats. 1874 bestimmte ihn der Bischof zum Leiter des diözesanen Priesterseminars. Das Grundprinzip seiner Erziehungsarbeit war Strenge gepaart mit Güte, das er gerecht und zum Wohle aller umsetzte. Seine Methode war dieselbe wie bei Don Bosco: besser vorbeugen als strafen. Von 1868 bis 1871 war er auch Spiritual der Schwestern vom hl. Joseph von Oulx, wobei er alle zwei Wochen die 30 km, welche die Stadt von Susa trennten, zu Fuß zurücklegte.

Bei der Ausbildung der Mädchen wurde er anfangs von den Barmherzigen Schwestern von Savona unterstützt, die auch die ersten im „Internat“ aufgekeimten Berufungen begleiteten. Die erste Einkleidung fand am 8. Dezember 1874 statt; ihr folgten schon bald weitere. So erlebte Rosaz, wie sein Plan, den er in Nizza Marittima noch vor seiner Priesterweihe gefasst hatte, langsam Wirklichkeit wurde: nämlich die Gründung einer Kongregation, die sich der Erziehung und Ausbildung der Mädchen verschrieb.

1877 rief er die katholische Wochenzeitschrift Il Rocciamelone ins Leben, die heute noch unter dem Titel La Valsusa existiert.

Als der Bischof von Susa aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten musste, wurde der vakante Bischofssitz Rosaz angeboten. Die Ernennung wurde ihm am 26. Dezember 1877 mitgeteilt, die Bischofsweihe erfolgte am 24. Februar 1878 im Dom von Susa.
Rosaz führte die Diözese 25 Jahre lang mit großem Eifer, pastoraler Umsicht und missionarischer Dynamik, wobei er weiterhin als Beichtvater für alle Bereiche der Bevölkerung tätig war und Kindern wie Erwachsenen Katechismusunterricht erteilte, ohne sein Vorhaben zur Gründung einer Schwesternkongregation zu vernachlässigen. Tatsächlich legte er in einer Feier am 8. Oktober 1882 anlässlich des 700. Geburtstages des hl. Franziskus den Grundstein zur Kongregation der Terziarinnen vom hl. Franziskus von Susa, zu deren Formung er zwei Bücher verfasste: Instruktionen für Ordensfrauen und Die Oberin in den religiösen Orden. Außerdem erstellte er die Konstitutionen.

Am 27. März 1885 entsandte er die ersten Schwestern in die Hauskrankenpflege zu den Armen. Zur gleichen Zeit machte er in den 61 Pfarreien seiner Diözese sechsmal die Visitation. Ein besonderes Anliegen war ihm die Ausbildung des Klerus. Zu diesem Zweck reformierte er das Seminar und begleitete die apostolische Tätigkeit seiner Kirche mit zahlreichen Hirtenbriefen. Für den Klerus war er der von Gott geschickte gute Hirte.
1886 weilte Rosaz aus Anlass des Festes von Mariahilf in Turin, wo er das letzte Mal mit seinem Freund Johannes Bosco zusammentraf. 1887 leitete er zum Jubiläum des Papstes Wallfahrten nach Rom, 1894 zum eucharistischen Kongress nach Turin und 1898 zur Ausstellung des Grabtuches.

Zur Förderung des Kultes der Madonna von Rocciamelone, der Stadt- und Diözesanpatronin, verfasste er eine Broschüre über die Geschichte des auf dem Berggipfel errichteten Tryptichons und rief die „Gesellschaft der Madonna von Rocciamelone“ ins Leben. Ihr widmete er die Kirche, die er im Mutterhaus der von ihm gegründeten Ordensgemeinschaft einrichten ließ. 1898 unterstützte er die Initiative der Kinder Italiens zur Aufstellung einer Marienstatue auf dem 3.538 m hohen Berg. Am 4. Oktober 1901 eröffnete er in Zusammenarbeit mit den Schwestern das Heim für arme betagte Frauen, denn nach seinem Verständnis hatte die junge Gemeinschaft vor allem den Zweck, sich der Geringsten anzunehmen. Daher stand Rosaz auch, wenn es um das Verhältnis zwischen europäischen Ortskirchen und den Missionsgebieten ging, an vorderster Front und beherbergte in Susa z. B. zwei kranke Mädchen aus Afrika, die er mit besonderer Hingabe pflegte. Heute arbeiten die Schwestern von Rosaz, außer in Europa, auch in Lybien und Brasilien an der Seite der Ausgegrenzten.

Dieses immense Arbeitspensum und der prekäre Gesundheitszustand sowie ein Sturz von der Droschke am 16. Juli 1902 in Savona machten wenig Hoffnung auf ein langes Leben. Am 19. August 1902 klagte Rosaz über die ersten Symptome eines Leidens, das nach einer vorübergehenden leichten Besserung schließlich die Oberhand gewann. Obwohl bereits schwer krank, wollte er am 26. April 1903 noch die Jugendlichen im Oratorium und im Seminar besuchen. Der 1. Mai brachte eine weitere Verschlechterung. Seines bevorstehenden Endes gewiss ersuchte Rosaz um die Sterbesakramente, die er am Samstag, den 2. Mai, feierlich empfing. Angesichts des schlimmen Zustandes verrichtete der Generalvikar, um den Bischof nicht zu belasten, seine Gebete mit leiser Stimme. Dieser aber sagte: „Lesen Sie, lesen Sie alles, bis zum Schluss! Ich weiß um meine Situation und überantworte mich Ihnen voll und ganz.“ Dann bat er um Vergebung, sollte er jemals jemanden verletzt haben. Am 3. Mai 1903 starb Rosaz, mit den Worten des Te Deum auf den Lippen: „Aeterna fac cum santis tuis in gloria numerari.“

Die Beerdigung gestaltete sich angesichts der Menschenmenge, die sich von ihrem Bischof als dem „Vater der Armen“ verabschiedete, zu einem wahren Triumphzug. In seinem Kondolenzschreiben an die Diözese drückte sich Kardinal Agostino Richelmy, der Erzbischof von Turin, mit den Worten aus: „Ein Heiliger ist von uns gegangen.“

Die sterblichen Überreste von Rosaz ruhten von 1902 bis 1919 auf dem Gemeindefriedhof. Am 7. Mai 1919 wurden sie in die Kirche des „Instituts Msgr. Rosaz“, via Madonna delle Grazie, 4, Susa (Turin), überführt und in einem Marmorsarkophag beigesetzt.

Am 14. Juli 1991 wurde Eduard Josef Rosaz von Papst Johannes Paul II. in Susa seliggesprochen.

 

Resch, Andreas: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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