Andreas Resch: Edmund Ignatius Rice


EDMUND IGNATIUS RICE
(1762-1844)

GRÜNDER
DER CHRISTL. BRÜDER
UND DER BRÜDER
VON D. DARSTELLUNG
DES HERRN

Selig: 6. Oktober 1996
Fest: 29. August

EDMUND IGNATIUS RICE wurde am 1. Juni 1762 als viertes von sieben Kindern in Westcourt, Callan, Irland, geboren und auf den Namen Edmund getauft. Seine Mutter, Margherita Tierney, hatte bereits zwei Kinder aus erster Ehe. Nach dem Tod ihres Mannes heiratete sie Robert Rice, dem sie sieben Kinder gebar.

Edmunds Geburt fiel in eine Zeit, in der in Irland die Penal Laws gegen die Katholiken in Kraft waren: Die Priester wurden verfolgt und Katholiken durften von Gesetzes wegen keine Schulen unterhalten. So wurde Edmund zunächst im Kreise seiner Familie, angesehener und frommer Bauersleute, erzogen und besuchte anschließend eine jener fast geheimen Landschulen, welche die Iren in ihrer Treue zum katholischen Glauben damals zu organisieren wussten und deren Lehrer ständig von einem Ort zum andern wanderten. Diese Erfahrung und der persönliche Glaube hatten einen großen Einfluss auf den kleinen Edmund. Später war ihm das Glück beschieden, auf eine klassische Schule in Kilkenny-City zu gehen.

Da den Katholiken sämtliche Berufe, der Staatsdienst, eine Karriere beim Heer bzw. bei der Marine ebenso wie die Advokatenlaufbahn versperrt waren, blieb dem 17-jährigen Rice nach Beendigung der Schule nichts anderes übrig, als eine Lehrstelle bei einem Onkel väterlicherseits anzutreten, der in Waterford, einem Flusshafen im Südwesten Irlands, ein großes Export-Import-Unternehmen betrieb. Edmund erlernte den Beruf und ging mit seinem Onkel eine enge Kooperation ein. 1787, mit 25 Jahren, heiratete er, doch starb seine Frau nur zwei Jahre später infolge eines Unfalls, bei dem sie ein Mädchen zur Welt brachte. Ein Leben lang sorgte Edmund liebevoll für die kleine Mary. Gestützt durch den Glauben, den ihm seine Eltern vererbt hatten, vertiefte er seine Beziehung zu Gott durch die Betrachtung der Heiligen Schrift, die eifrige Teilnahme an der hl. Messe und am Empfang der Sakramente und widmete sich Werken der Barmherzigkeit, indem er seinen Besitz den Armen gab.
Zum besseren Verständnis der damaligen Situation Irlands ist zu bedenken, dass sich die Bevölkerung des Inselstaates zwischen 1780 und 1841 von vier auf acht Millionen verdoppelte. Dadurch kam es zu einer Reihe wirtschaftlicher, politischer, erzieherischer und gesellschaftlicher Probleme. Der Aufstand der amerikanischen Kolonien 1776 machte den irischen Katholiken Mut, sich für die volle Gleichstellung mit den Protestanten einzusetzen. So sollte die Act of Union von 1801 später zur Unabhängigkeit führen. Auch die Catholic Emancipation Act von 1819 war eines der Resultate dieses Kampfes.

Angesichts all dieser Schwierigkeiten, angefangen bei den Ausbildungsmängeln, beschloss Rice 1793, sich für die Erziehung und Ausbildung der irischen Jugend einzusetzen. Vorbereitungen für diese Aufgabe traf er zwischen 1793 und 1802, indem er die dafür nötigen finanziellen Mittel aufzubringen versuchte. Pius VI. bat er um die Erlaubnis zur Gründung eines neues Instituts. Nachdem er sich 1802 vom Betrieb seines Onkels getrennt hatte, wollte er zunächst ein kontemplatives Leben beginnen und seinem Bruder Johannes zu den Augustinern folgen. Im Anblick der tristen Situation so vieler armer Jugendlicher ohne jede kulturelle Bildung, die Gefahr liefen, ihren Glauben und ihre Würde zu verlieren, entschied er sich jedoch für die Erziehungsarbeit, angespornt durch einen Pastoralbrief von Msgr. Hussey, eines vehementen Verteidigers der Rechte der Katholiken auf Ausbildung und Erziehung, sowie durch das Beispiel von Nano Nagle, der 1775 für die Erziehung und Ausbildung der Mädchen die Schwestern von der Darstellung des Herrn gegründet hatte. Rice hatte ihm bei der Errichtung eines diesbezüglichen Hauses in Waterford geholfen.

Nach dem Verkauf seines Unternehmens sorgte er zunächst für ein angemessenes Fortkommen seiner Tochter und richtete dann in einem ausgedienten Stall eine provisorische Schule ein, wo er im oberen Stockwerk Quartier bezog. Entsetzt über die Aussicht, so viele Knaben unterrichten zu müssen, suchten seine bezahlten Helfer schon bald das Weite und er musste eine Zeit lang die ganze Arbeit allein machen. Gleichzeitig begann Rice, praktisch völlig auf sich gestellt, in der Nähe des Mount Sion mit dem Bau eines Klosters, dem Mutterhaus des Instituts, das ihm vorschwebte. Sein Beispiel ermutigte auch andere, das Verständnis des Evangeliums mit ihm zu teilen, und so kam es 1806 zur Gründung der ersten religiösen Niederlassung in Waterford.

1808 wurde die neue Gemeinschaft zur Kongregation diözesanen Rechts erhoben, als der Bischof von Waterford Rice und seine Gefährten in der Kapelle der Schwestern von der Darstellung des Herrn „nach den Regeln und Konstitutionen des Ordens von der Darstellung des Herrn, approbiert vom Heiligen Stuhl“ (am 03.09.1791), zu den evangelischen Räten zuließ. Es handelt sich hier um einen nicht alltäglichen Fall der Einflussnahme eines religiösen Frauen-Instituts auf ein Männerinstitut. Edmund nahm den Namen Ignatius an. Das neue Institut war das erste Männerinstitut, das in Irland entstand und darauf ausgerichtet war, die Armen vor allem durch eine christliche Erziehung zum Bewusstsein ihrer Würde und Gotteskindschaft zu führen.

Die kleine Gemeinschaft übersiedelte schon bald in das neue Kloster nach Waterford, das Mount Sion genannt wurde. Zunächst waren die Brüder auf diözesaner Grundlage organisiert und unterstanden dem Gehorsam des Ortsbischofs. Sie nannten sich Brüder von der Darstellung des Herrn, weil ihre Lebensregel jener der Schwestern gleichen Namens ähnelte. Die Zahl der Mitbrüder nahm zu und es kam zur Eröffnung weiterer Häuser: Carrick-on-Suir (1806) und Dungarvan (1807), beide in der Diözese Waterford. Später folgten: Our Lady’s Mount in Cork (1811), Hannover Street in Dublin (1812), Cappoquin, Co. Waterford (1813), Thurles, Co. Tipperary (1815), Limmerick (1816), Mill Street, Dublin (1818) und James Street, Dublin (1820).

Sämtliche Häuser gründeten sich auf die Regeln der Schwestern von der Darstellung des Herrn; sie waren daher autonom und der Jurisdiktion der jeweiligen Diözesanbischöfe unterstellt. Jedes Haus schickte jedoch einige seiner Mitglieder nach Mount Sion, Waterford, um vom Gründer persönlich unterwiesen zu werden. Dieser lernte 1817 das von Johann Baptist de la Salle gegründete Institut der Christlichen Schulbrüder kennen und ersuchte den Hl. Stuhl um eine ähnliche Approbation, wie sie der genannten Einrichtung 1724 gewährt worden war. Das päpstliche Breve wurde am 5. Dezember 1820 erlassen, erreichte Irland jedoch erst am 21. Januar 1821 und wurde, nach ausgiebigen Diskussionen und Zusammenkünften, im Januar 1822 angenommen. Der Großteil der Brüder entschied sich für eine Anpassung der Regel an jene der Christlichen Schulbrüder und wählte Rice zum ersten Generaloberen der Christlichen Brüder (Christian Brothers), wie sie sich fortan nannten.

Fr. Michael Augustin Riordan, der 1814 in das Institut eingetreten war, gehörte zu jenen, welche die Übernahme der neuen Regel ablehnten und stattdessen die bisherige Lebensform unter der Jurisdiktion des Bischofs bevorzugten. Vor seinem Eintritt in die Kongregation war Riordan Architekt gewesen und hatte im Dienst des Bischofs von Cork viele Arbeiten für die kirchlichen Gebäude durchgeführt. Dadurch hatte sich zwischen den beiden eine Freundschaft entwickelt, was vielleicht den Ausschlag für seine Entscheidung gab, der ursprünglichen Regel treu zu bleiben. 1826 ließ er sich im South Monastery, Douglas Street, Cork, nieder, wo sich auch sein Bruder Karl Bernhard Riordan einfand. Schon bald gesellten sich andere dazu, und so verblieb das Institut unter diözesaner Jurisdiktion bis 1874, als es das Decretum Laudis (02.07.1874) erhielt, dem am 15.06.1889 die endgültige Approbation der Konstitutionen folgte. Am Anfang war jedes Haus autonom und der Obhut des Diözesanbischofs unterstellt. Zur Zentralisierung kam es erst 1889 mit der Approbation seitens des Hl. Stuhls durch eine Abänderung der Konstitutionen des Instituts zum Zwecke der Erziehung der Jugendlichen, vor allem der armen und weniger privilegierten unter ihnen. Heute unterhält die Kongregation Schulen verschiedener Ausrichtung: Volksschulen, höhere Schulen, Kollegien und Spezialschulen.

Das Institut der Christlichen Brüder päpstlichen Rechts erlebte daraufhin eine Blütezeit. 1825 wurde das erste Haus unter den irischen Emigranten in Preston, England, eröffnet. Rasch folgten weitere Häuser in Manchester, London, Liverpool, Salford und Sunderland. 1835 entstand auch auf Gibraltar eine Schule für die Kinder der irischen Soldaten, die in der dortigen Garnison stationiert waren. 1843 folgte die Eröffnung eines Hauses in Sidney, Australien. Heute sind die beiden Kongregationen, die ihre Wurzeln auf die Initiative von Rice zurückführen, auf allen fünf Kontinenten vertreten.

Trotz seines unermüdlichen Einsatzes für die Schulen und die Bedürfnisse der Armen, der nationalen Katastrophen wie Hungersnot und Pest, der drohenden Schließung seines Instituts aufgrund der Verfügungen der Catholic Emancipation Act von 1829, die den Männerinstituten in Irland die Aufnahme von Novizen untersagten, und mehrfacher Erkrankungen nahm Rice die Last der Verantwortung bis zum Jahre 1838 auf sich, als er – zerrieben von den Anstrengungen und durch körperliche Leiden geschwächt – zurücktrat. Er starb am 29. August 1844 in Mount Sion im Ruf der Heiligkeit. Seine sterblichen Überreste ruhen in der Sakramentskapelle der Christlichen Brüder, Mount Sion, Waterford City, Irland.

Am 6. Oktober 1996 wurde Edmund Ignatius Rice von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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