Andreas Resch: Edmund Bojanowski


EDMUND BOJANOWSKI

(1814-1871)

LAIE UND GRÜNDER
DER KONGREGATION DER DIENERINNEN MARIENS VON DER
UNBEFLECKTEN EMPFÄNGNIS

Selig: 13. Juni 1999
Fest: 7. August

EDMUND STANISLAUS BOJANOWSKI wurde am 14. November 1814 in einer vornehmen, tief religiösen und von patriotischer Tradition geprägten Familie im Dorf Grabonóg (Großherzogtum von Poznań) in Polen geboren, das sich damals Preußen, Österreich und Russland untereinander teilten. Er war das einzige Kind von Valentin Bojanowski und Teresa Umińska, die noch einen Jungen aus erster Ehe mitbrachte. Bei der Taufe am darauffolgenden 20. November, die in großer Eile „nur mit Wasser“ vollzogen wurde, möglicherweise weil das Leben des Kindes an einem seidenen Faden hing, erhielt er den Namen Edmund. Zusammen mit seinem Stiefbruder verbrachte er eine ruhige Kindheit im Schoß der Familie. 1819, mit vier Jahren, befiel ihn eine schwere Krankheit, von der er jedoch spontan geheilt wurde. Die Eltern schrieben die Heilung der Fürbitte der Gottesmutter zu. Daher hängt im Heiligtum der Schmerzensmutter von Gostyń in der Nähe von Grabonóg heute noch ein Exvoto, das an die wunderbare Heilung des kleinen Edmund erinnert.

Aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit besuchte Edmund keine Schule, sondern erhielt eine gediegene geistige und menschliche Formung in der Familie, vor allem seitens der Mutter und durch Privatlehrer. Im Alter von 12 Jahren empfing er die Erstkommunion, das Sakrament der Firmung hingegen erst im Erwachsenenalter. 1826 übersiedelte die Familie Bojanowski nach Płaczkowo, wo Edmund seine elementare und höhere Ausbildung fortsetzte und dabei großes Interesse für die humanistischen Wissenschaften und Literatur bekundete.

1832 begab sich Bojanowski nach Breslau, wo er nach Abschluss vorbereitender Studien Vorlesungen an der Universität besuchte. Noch während des Universitätsstudiums übersetzte der damals 20-Jährige die „Serbischen Gesänge“ ins Polnische und veröffentlichte diese 1834 mit einem ausführlichen Kommentar über die Geschichte Serbiens; 1835 brachte er Manfred von Byron sowie einige Gedichte heraus. Am 15. Januar 1835 schrieb er sich an der philosophischen Fakultät ein. Während seines Aufenthalts in Breslau starben beide Eltern und Edmund blieb mit seinem Stiefbruder allein zurück.

1836 ging Bojanowski zur Fortsetzung seiner Studien nach Berlin und widmete sich auch dort gleichzeitig der literarischen Tätigkeit, wobei er sich die Anerkennung und den Ruf eines Dichters erwarb und mit verschiedenen Persönlichkeiten aus der Welt der Wissenschaft in Verbindung kam. Wegen einer Lungenerkrankung musste er die Studien unterbrechen und kehrte 1838 in das Großherzogtum Poznań zurück, wo er sich bei seinem Stiefbruder in Grabonóg niederließ. Er war damals 24 Jahre alt. Es war dies der Beginn eines neuen Lebensabschnitts. Bojanowski konzentrierte seine Interessen in drei Richtungen: Unterweisung der bäuerlichen Bevölkerung, Erziehung und karitative Tätigkeit. Sein Ziel war die Verbreitung intellektueller und moralischer Bildung vor allem in den ärmsten Gesellschaftsschichten. Von Anfang an beteiligte er sich intensiv an den Aktivitäten der literarischen Abteilung des „Zirkels“ („Kasyno“) von Gostyń, der nach seinen Vorstellungen neu strukturiert wurde. In Fortsetzung seiner literarischen Tätigkeit verbreitete er unter der schlesischen Bevölkerung polnische Zeitschriften und sammelte im Territorium von Groß-Polen volkstümliches Material von literarischem und erzieherischem Wert. Gemeinsam mit anderen gründete er Lesesäle, wo die Bauern Bücher ausleihen konnten. Neben dieser Bildungstätigkeit setzte er sich auch für die Erziehung der Landbevölkerung ein und verwies in diesem Zusammenhang auf die besondere Rolle der Kindergärten. Was den karitativen Einsatz betrifft, so war für ihn der entscheidende Augenblick die Choleraepidemie, die 1849 über Gostyń und die Umgebung hereinbrach.

Bojanowski opferte seine ganze Kraft den armen Kranken. Tag und Nacht besuchte er jene, die sich angesteckt hatten, half ihnen auf jede nur erdenkliche Weise ohne Rücksicht auf sich selbst, führte sämtliche Krankendienste durch und sorgte für die seelsorgliche Betreuung der Patienten und den Empfang der Sakramente. Sein Eifer trug ihm den Beinamen eines „zweiten Vinzenz von Paul“ ein. Die tägliche Erfahrung mit den Cholerakranken und das Los der Waisenkinder, den Opfern der Epidemie, veranlassten Bojanowski zu konkreten Initiativen, um die dringlichsten Probleme des Volkes zu lösen.

Das von der preußischen Obrigkeit aufgelöste Gebäude des erwähnten „Zirkels“ wurde für mittellose Patienten bestimmt. Bojanowski nannte es Institut und verrichtete auch die einfachsten Aufgaben, um dessen Existenz zu sichern und es weiter auszubauen. Er brachte dort die Kranken, die Waisen und die Kinder aus dem Kindergarten unter. Nach der Eröffnung des „Hauses der Caritas“ am 21. August 1849 in Gostyń wurde er zur Seele des Hauses und dessen wichtigster Förderer. Der Zweck der Einrichtung bestand in der Betreuung der Kranken, der Erziehung der Waisen sowie in der Ausbildung der Mädchen als Krankenpflegerinnen und Kindergärtnerinnen.

1850 vereinte er das Institut mit dem in Gostyń bereits seit fünf Jahren bestehenden Kindergarten. Er kümmerte sich persönlich um die Kinder, die Hauptsache aber war für ihn die religiöse und moralische Erziehung. In diesen drei Bereichen begegnete er der ganzen materiellen und moralischen Not der Bauern, der er vor allem durch die Kindergärten Abhilfe schaffen wollte. Zunehmend reifte in ihm der Vorsatz, die Landmädchen direkt in seine Aktionen mit einzubeziehen.

Mit der feierlichen Eröffnung des Kindergartens in Podrzecze bei Gostyń am 3. Mai 1950 rief Bojanowski die Konfraternität der Kindergärtnerinnen ins Leben. Er holte die Landmädchen zusammen, die sich bereit erklärten, und vermittelte ihnen die nötige Schulung, um sie dann bei der Umsetzung des geplanten Vorhabens konkret einzusetzen. Auf diese Weise erfüllte er die Mädchen zutiefst mit einem Geist des Glaubens, mit religiösen Übungen (Gebet, Gewissenserforschung, geistliche Lesung, Meditation) und mit gegenseitiger Liebe und Achtung. Schließlich verwarf er die Idee von einer Konfraternität und wurde so in Wahrheit zum Gründer der Kongregation der Dienerinnen Mariens von der Unbefleckten Empfängnis. Die Regel der Kongregation erstellte er unter Mitarbeit bedeutender Priester.

1855 schrieb Bojanowski an den Erzbischof von Poznań: „Bereits seit einigen Jahren habe ich daran gedacht, Kindergärten auf dem Land unter der Aufsicht von Landmädchen zu schaffen. Dabei überlegte ich, erstens, die Vorteile für die kleinen Kinder, die in den Dörfern aufgrund der Ignoranz und der Unwissenheit der Eltern frühzeitiger Verwahrlosung ausgesetzt sind, und, zweitens, die Heiligung der Bauersfrau, womit auf die Hebung der Moral der ländlichen Bevölkerung Einfluss genommen werden kann.“ Am 22. August desselben Jahres erhielt er vom Bischof die mündliche Approbation der Regel.

Immer mehr Kandidatinnen stellten sich der Kongregation und es wuchs auch das Bedürfnis nach Kindergärtnerinnen. In dieser Zeit häuften sich für Bojanowski die Probleme: Schwierigkeiten unterschiedlicher Art, gänzlich konträre Ansichten in Bezug auf die Gründung der Kongregation, Kritiken, die Abwerbung von Kandidatinnen. 1856 gelang es ihm, ein eigenes Noviziat zu eröffnen (vorher war dieses bei den Barmherzigen Schwestern angesiedelt). 1858 stellte der Erzbischof die Kongregation unter den Schutz der Kirche. Nicht einmal ein Jahr später durfte Bojanowski die Freude erleben, für sich und sein Werk den Segen von Papst Pius IX. zu empfangen.

Die Kindergärten, die gleichzeitig der Sitz der neuen Kongregation waren, vermehrten sich und stießen auch außerhalb Polens auf Interesse. Währenddessen wurde Bojanowski zunehmend mit gesundheitlichen Problemen konfrontiert. Die Kongregation begann sich in diesen Jahren erheblich auszubreiten. So wurden auch in anderen Regionen des besetzten Polen Kindergärten errichtet: 1861 in dem von den Österreichern besetzten Galizien, 1862 im von den Russen besetzten Königreich Polen und 1866 in Oberschlesien. In diesem Jahr, während der Cholera, organisierte Bojanowski umfangreiche Hilfsmaßnahmen, indem er jeweils zwei Schwestern in nahezu 50 Orte schickte. Es war der Erzbischof von Poznań, welcher der Kongregation das Decretum laudis erteilte und Statuten sowie Konstitution approbierte. Mit der Zeit spaltete sich die eine Gründung der „Dienerinnen“ aus politischen Motiven in vier Gemeinschaften auf, die sich jedoch am 29. Mai 1991, nachdem jeder Zweig seine Autonomie erhalten hatte, wieder zu einer Föderation vereinigten, mit Approbation der Kongregation für die Institute des geweihten Lebens.

Bojanowski war nunmehr eine sehr bekannte und hoch geschätzte Persönlichkeit. 1857 wurde er eingeladen, der Gesellschaft der Freunde der Wissenschaft in Poznań beizutreten. 1863 wurde er zum Präsidenten der Konferenz des hl. Vinzenz von Paul gewählt und am 30. März 1869 trat er mit 55 Jahren, wenngleich schwach und kränklich, jedoch von befreundeten Priestern dazu ermutigt, in das Seminar von Gniezno ein, das er allerdings am 2. Mai 1870 aus gesundheitlichen Gründen wieder verließ. Am 29. Juli 1871 erhielt er die Krankensalbung. Am darauffolgenden 7. August starb er im Heiligtum von Górka Duchowna. Die Kongregation zählte im Großherzogtum zu diesem Zeitpunkt 22 Häuser und 98 Schwestern.

Das Grab des Gründers befindet sich in der Kirche des Generalatshauses der Dienerinnen Mariens von der Unbefleckten Empfängnis in Jaszkowo, Polen.

Am 13. Juni 1999 wurde Edmund Bojanowski von Papst Johannes Paul II. in Warschau seliggesprochen.

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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