Andreas Resch: Daniel Brottier

DANIEL BROTTIER
(1876-1936)

PROFESSPRIESTER
DER KONGREGATION VOM HEILIGEN GEIST
UND VOM UNBEFLECKTEN HERZEN
DER SELIGEN JUNGFRAU MARIA

Selig: 25. November 1984
Fest: 28. Februar

DANIEL BROTTIER wurde am 7. September 1876 in dem Städtchen La Fert6 Saint-Cyr (Loir-et-Cher), Diözese Blois, Frankreich, geboren und auf die Namen Daniel Julius Alexius getauft. Er war das zweite Kind von Jean-Baptiste Brottier und Hermine Boutet.

Schon von frühester Kindheit an zeigte er eine große Liebe zu Gott und eine lebendige Verehrung der Gottesmutter, und bald verspürte er auch die Berufung zum Priestertum. Am 11. April 1887 empfing er das Sakrament der Erstkommunion und im Oktober desselben Jahres trat er in das Kleine Seminar von Blois ein, wo er am 29. Januar 1890 gefirmt wurde.

1892 begann Brottier im Großen Seminar der Diözese mit dem Philosophiestudium und 1896 rückte er zum Militärdienst ein. Ein Jahr später kehrte er in das Seminar zurück, beendete dort sein Theologiestudium und wurde am 22. Oktober 1899 zum Priester geweiht.

Nach drei Jahren als Professor am „College libre“ von Pontlevoy drängte es ihn verstärkt zu missionarischer und seelsorglicher Tätigkeit. Er ersuchte seinen Bischof um Aufnahme in die Kongregation vom Hl. Geist, in die er im August 1902 eintrat. Am 24. September begann er in Orly bei Paris das Noviziat, wo er ein Jahr später, am 30. September 1903, die zeitlichen Gelübde ablegte. Gleich darauf wurde er nach Saint-Louis im Senegal, Afrika, geschickt. Er hatte sich das Leben eines Missionars immer wie das eines Menschen vorgestellt, „dessen Wunsch es war, sich für das Heil der Seelen aufzuopfern“. Jetzt hatte er Gelegenheit dazu, dieses Ideal zu verwirklichen.

Brottier hätte gerne als Missionar bei den Eingeborenen im Dschungel verbracht. Stattdessen wurde er zum Vikar der Stadtpfarre von Saint-Louis ernannt. Dort musste er sich nun um die verzweifeltsten und verlassensten Menschen überhaupt kümmern, die Kranken. Gleichzeitig konnte er so einige vor sich hindämmernde pfarrliche Gruppierungen, wie etwa den Kreis der Katholiken oder den Chor, zu neuem Leben erwecken und noch andere Initiativen starten, wie das Komitee für die Kinder, das Pfarrblatt „Unir“ und sogar eine Blechbläserkapelle. Diese mit jugendlichem Elan bis an die Grenzen seiner Kräfte betriebene missionarische Arbeit war aufgrund gesundheitlicher Probleme nur von kurzer Dauer. 1906 musste er, zu seinem großen Verdruss, wieder nach Frankreich zurückkehren, um sich dort wegen seiner unentwegt heftigen Migräneanfälle einem chirurgischen Eingriff zu unterziehen. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Heimat ging er dann erneut in seine Pfarre nach Senegal. Neuerliche Gesundheitsprobleme zwangen ihn 1911 schließlich zur Aufgabe und zur endgültigen Rückkehr nach Frankreich.

Damit begann eine zweite Etappe im Leben von P. Brottier, die sich von 1911 bis 1923 erstreckte. Dieser Zeitabschnitt ist vor allem durch den Auftrag des Bischofs von Dakar gekennzeichnet, in Frankreich das Werk „Souvenir Africain“ voranzutreiben bzw. die Öffentlichkeit für den Bau der Kathedrale von Dakar zu sensibilisieren, als Hommage an all jene, die auf irgendeine Weise ihre Kraft, ihr Blut, ihr Leben für Afrika und dessen Evangelisierung geopfert hatten.

Dakar war von den Patres vom Hl. Geist gegründet worden und wurde zum Tor für die Verbreitung des Evangeliums, und damit für Frankreich, in Afrika. P. Brottier, der in der Heimat zum Generalvikar von Dakar ernannt worden war, widmete sich dem Werk von 1911 bis 1914, als der Erste Weltkrieg ausbrach und er sich freiwillig als Kaplan meldete. Sein Hauptanliegen war es nunmehr, sich um die Seelen zu kümmern und den Verwundeten und Sterbenden auf den Schlachtfeldern beizustehen. Zum Militärkaplan ernannt opferte sich P. Brottier in den Schlachten um Lothringen, an der Somme, von Verdun und in Flandern geradezu auf und erwarb sich wegen seiner zahllosen Beispiele von Heldenmut den Beinamen „der Legendäre“. 52 Monate hindurch stand er an vorderster Front und war größten Gefahren ausgesetzt, denen er jedoch standhaft trotzte, weil hier Menschen litten und starben. Ihnen wollte er unter Einsatz seines Lebens beistehen, sei es nun im Kampf oder beim Sterben. Bei Kriegsende gründete er die „Union Nationale des Combattants“ und schuf so auf nationalem Terrain ein weit verzweigtes Netz von Freunden.

Am 30. Mai 1919 legte er die ewige Profess ab und setzte dann bis 1923 seine Arbeit als Generalvikar fort, wobei er Gelder für den Bau der Kathedrale von Dakar sammelte, die dann am 2. Februar 1936, nur wenige Tage vor dem Tod des Seligen, eingeweiht wurde.
1923 begann die dritte Etappe in seinem Leben, als der Erzbischof von Paris, Kard. Dubois, an die Wiedererrichtung des Oeuvre des Orphelins Apprentis d’Auteuil dachte und den Generaloberen der Patres vom Hl. Geist ersuchte, ihm dafür doch P. Brottier zur Verfügung zu stellen. Dieses Werk für die Waisenkinder und Lehrlinge von Auteuil war 1866 von Abb6 Roussel für die verlassenen Jugendlichen aus den Pariser Vororten gegründet worden und wurde dann in einem besonders schwierigen Moment von Kard. Leroy der Kongregation vom Hl. Geist anvertraut. Mit der Erfahrung, Dynamik, Hingabe und Umsicht des neuen Verantwortlichen gelang es, die organisatorischen Schwierigkeiten zu überwinden, das Werk auf eine finanzielle Basis zu stellen und ihm eine nationale Dimension zu geben. All das wurde auch möglich dank des umfangreichen Netzes an Beziehungen, die P. Brottier während der Zeit des „Souvenir Africain“ und der über eine Million Mitglieder zählenden „Union Nationale des Combattants“ unterhalten hatte.

13 Jahre lang stellte er seinen Einsatz für diese Armen unter Beweis. Die ganze Arbeit war dabei vom Glauben an die göttliche Vorsehung getragen. „Viele wundern sich über unser stetes Wachstum, doch gibt es etwas Einfacheres und Einleuchtenderes? Für jemanden, der an die Vorsehung glaubt und der sich der verlassensten Waisenkinder annimmt, gibt es nichts Natürlicheres als das, was
hier geschieht…“. Glaube, persönlicher Einsatz, Vertrauen auf die Hilfe ideell gesinnter Freunde und die Liebe zur hl. Theresia von Lisieux bildeten die Triebfeder seiner aufopfernden Arbeit.

Von seiner vertrauensvollen und grenzenlosen Verehrung der hl. Theresia von Lisieux erwartete er sich sichtbare Zeichen, und dies auch täglich. Und wenn er bei der Tag für Tag einlaufenden Post nicht das nötige Geld vorfand, ersuchte er seinen Mitarbeiter P. Pichon, doch in der Spendenkasse nachzusehen. P. Brottiers Stimmung war somit für gewöhnlich von Mut und hoffnungsvoller Erwartung geprägt, was das Gerücht von einem permanenten Wunder in Umlauf brachte. Dieses grenzenlose Vertrauen löste natürlich auch Vorbehalte und Kritiken aus, wie jene, die der Erzbischof von Paris, wenngleich schweren Herzens, an ihn richtete: „Pater“, sagte er eines Tages von Kritikern beeindruckt, „mir scheint, Ihr lasst Euch etwas zu weit forttragen. Es ist viel die Rede von beträchtlichen finanziellen Mitteln, die Ihr in neue Bauten steckt. Und andererseits erzählt man mir, dass bei Euch täglich Waisen ein- und ausgehen. Ich halte das für gefährlich. Ich verstehe sehr wohl, dass es grausam ist, unglückliche Menschen wegzuschicken, doch ist es meine Pflicht, Euch zur Vorsicht zu mahnen.“

Im selben Augenblick klopfte jemand an die Pforte. Eine ärmlich gekleidete Frau trat ein, ging auf P. Brottier zu und sagte: „Ich bin eine völlig mittellose Witwe und krank. Morgen muss ich zu einer schweren Operation ins Krankenhaus. Mein zwölfjähriger Sohn läuft Gefahr, von einem Tag auf den andern alleine dazustehen. Ich bitte Euch, nehmt Ihr ihn auf!“ Angesichts dieser Situation meinte der Kardinal: „Da sich das Problem in dieser Form stellt, löse ich es gleich, ohne Euch warten zu lassen. Ja, liebe Frau, P. Brottier wird sich um Euren Sohn kümmern.“ P. Brottier konnte natürlich nicht immer so handeln, doch war es seine Art zu helfen und so sagte er: „Dienen heißt, nicht mehr selbst zu sein und quasi keine Rechte mehr zu haben, nichts als Pflichten. Man kennt seine eigenen Interessen nicht mehr. Man denkt, entscheidet und handelt für die anderen. Es ist Leben und manchmal auch Sterben zum Wohle aller, aus Liebe zu Gott.“

Am Ende seines Lebens befanden sich in den verschiedenen berufsbildenden Zentren, die von jenem von d’Auteuil ausgegangen waren, mehr als 1.500 Jugendliche.

Neben diesem ganzen Einsatz hatte P. Brottier sein Leben lang mit unerträglichen Kopfschmerzen zu kämpfen. 1934 erlitt er einen Gehirnschlag, von dem er sich nur mehr teilweise erholte. Er starb schließlich am 28. Februar 1936 im Zuge eines typhusähnlichen Fiebers.

Sein Grab befindet sich in der Kapelle „S.te Therese de l’Enfant Jesus“, 40, rue La Fontain, Paris 16, Frankreich.

Am 25. November 1984 wurde Daniel Brottier von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1979 – 1985. Innsbruck: Resch, 2000 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 1). XII, 248 S., 56 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-070-4, Ln, EUR 24.60 [D], 25.44 [A]

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