Andreas Resch: Candida Maria von Jesus Cipitria y Barriola

CANDIDA MARIA
VON JESUS
CIPITRIA Y BARRIOLA

(Johanna Josefa)
(1845-1912)

GRÜNDERIN
DER KONGREGATION DER TÖCHTER JESU

Heilig: 17. Oktober 2010
Fest: 9. August

CANDIDA MARIA VON JESUS CIPITRIA Y BARRIOLA wurde am 31. Mai 1845 auf dem Bauernhof von Berospe in Andoáin (Guipúzcoa), Spanien, als erstes Kind der Weberfamilie Juan Miguel Cipitria und Maria Jesus Barriola geboren und noch am gleichen Tag in der Pfarrkirche von San Martino auf den Namen Johanna Josefa getauft. Im Schoß der Ihren zu einem tief christlichen Leben erzogen, erhielt sie am 5. August 1848 das Sakrament der Firmung.

Da es an Arbeit mangelte, zog die Familie am 5. August 1852 nach Tolosa, wo Johanna Josefa zu Hause die typischen Aufgaben der ältesten Tochter einer Familie mit sieben Kindern zu verrichten hatte. Sie sorgte für die kleineren Geschwister und studierte mit ihnen die Gebete und Lieder ein, die sie selbst gelernt hatte. Eine Schule besuchte sie nicht. Mit zehn Jahren empfing sie 1855 die Erstkommunion. Die Begegnung mit Jesus bereitete ihr eine so unermessliche Freude, dass sie von da an häufig zur Kommunion ging, bis sie von ihrem Beichtvater die Erlaubnis zum täglichen Kommunionempfang erhielt. Schon damals gehörte sie ganz Jesus.

Als man ihr eine günstige Heirat in Aussicht stellte, tat sie ihren Entschluss kund, „allein für Gott“ da sein zu wollen. 1865 ging sie nach Burgos in Kastilien, wo sie in die Dienste der Familie Mantoya trat. Als ihr Beichtvater, P. Raimondo Sureda SJ, bemerkte, wie sehr man ihr dort aufgrund ihrer religiösen Praktiken das Leben erschwerte, vertraute er sie der mit sieben Kindern gesegneten Familie des Richters Dr. José Sabater Noverges und Hermitas Becera an. Letztere, eine Frau mit außerordentlichen Tugenden, stand den spirituellen Übungen von Johanna Josefa sehr positiv gegenüber und gemeinsam mit dem Beichtvater begleitete sie die junge Frau bei ihrem nahezu unablässigen Gebet. In diesem Umfeld trat die außergewöhnliche Spiritualität von Johanna Josefa zunehmend deutlicher zutage: eucharistische und marianische Frömmigkeit, besondere Liebe zu den Armen, Verzicht und Buße, tiefe Verehrung des Leidens Christi. Gerade in ihrem selbstlosen Dienst bewies sie ihre Fähigkeit zur Hingabe und grenzenlosen Nächstenliebe.

Im Juni 1868 wurde die Familie Sabater nach Valladolid versetzt und Johanna Josefa ging mit. Dort begegnete sie P. Miguel de Los Santos San José Herranz, einem im Gefolge der Spanischen Revolution von 1868 exklaustrierten Jesuiten, der im Hause seines Bruders wohnte.

Am 2. April 1869 hatte Johanna vor dem Altar der Heiligen Familie in der Rosarillo-Kirche in Valladoliddie Eingebung, unter der Bezeichnung „Töchter Jesu“ eine neue Kongregation zu gründen, die sich durch Erziehung und Unterricht der Kinder und Jugendlichen dem Seelenheil widmen sollte. P. Herranz erfuhr während der Messfeier die gleiche Eingebung, sodass es ihm – als Johanna Josefa ihr Erlebnis mitteilte – ein Leichtes war, darin den Willen Gottes zu erkennen. Unverzüglich begann er mit der spirituellen und kulturellen Unterweisung von Johanna Josefa, die praktisch Analphabetin war. Einige hielten P. Herranz aus diesem Grund für verrückt, andere wiederum spürten, dass im Leben der jungen Frau etwas vor sich ging – so auch der Bischof von Salamanca, Joaquín Lluch y Garriga, der das Werk „als nützlich für die Kirche und heilsam für die Gesellschaft“ betrachtete.

Johanna spielte mit dem Gedanken, ihre Kongregation in Rom oder in Jerusalem aufzubauen und wandte sich mit einem Schreiben an Papst Pius XI. Dieser sandte ihr seinen Segen mit der Empfehlung, das neue Institut in Spanien zu gründen und Rom für später im Blick zu behalten. Johanna vertiefte sich ins Gebet und gelangte dabei zum Entschluss, die Gründung in Salamanca vorzunehmen. Im Sommer 1871 informierte sie ihre Angehörigen, die im ersten Moment mit Unverständnis reagierten. Als dann aber der Vater gerade zu der Zeit von einer mysteriösen Krankheit befallen wurde, sagte er: „Geh’, meine Tochter, wohin Gott dich ruft. Es ist Sein Wille.“

Nachdem Johanna schließlich in Salamanca ein Viertel des Hauses zum hl. Joseph gemietet hatte, gründete sie zusammen mit ihren jungen Gefährtinnen Petra Pernavieja, Cipriana Vihuela, Gertrudis Garcia, Emilie Torrecilla und Juana Gomez am 8. Dezember 1871 die Kongregation der Töchter Jesu und nahm selbst den Namen Candida Maria an. Zu den geistlichen Befürwortern des Projekts gehörten P. Miguel Herranz und Bischof Joaquín Lluch y Garriga, der die aufstrebende Kongregation am 3. April 1873 approbierte. Bereits vom Gründungstag an wurde Candida als Mutter, Gründerin, Oberin und Novizenmeisterin anerkannt.

Anfang 1872 wurde P. Herranz nach Salamanca versetzt und am 1. März zum Oberen der Jesuiten ernannt, die dort ein Seminar leiteten. Dies gab ihm die Möglichkeit, Maria Candida bei der Abfassung der ersten Konstitutionen des Instituts zur Seite zu stehen. Sie legte diese dann am 31. März dem Bischof vor, der sie am 3. April approbierte. Am 8. Dezember 1873 legten M. Candida und ihre Mitschwestern nach einjähriger Vorbereitung die einfachen Gelübde ab, und am 6. Januar 1874 folgte die Eröffnung des ersten Kollegs in Salamanca sowie einer Sonntagsschule für Hausangestellte.

Am 22. Januar 1892 approbierte der Bischof von Salamanca, Fray Tomás Cámara y Castro, die Konstitutionen und am 18. Juli 1899 wurde die Kongregation zivilrechtlich anerkannt und bevollmächtigt, dem eigentlichen Zweck des Instituts, der Förderung der christlichen Erziehung durch Unterricht, nachzukommen. Am 6. August 1901 erhielt die neue Gemeinschaft von der Kongregation der Bischöfe und Regolaren das decretum laudis. Zur Festigung der Gemeinschaft durch die endgültige Anerkennung der Konstitutionen machte sich M. Candida am 31. August 1892 auf den Weg nach Rom, um dort am 28. Oktober die Konstitutionen persönlich vorzustellen, nachdem sie am 18. September von Papst Leo XIII. eine vorläufige Approbation für drei Jahre erhalten hatte. Die endgültige Approbation erfolgte am 29. Oktober 1892.

Am 24. September 1903 legte M. Candida in die Hände von D. J. Manuel García Boza, Beichtvater der Gemeinschaft und Delegierter des Bischofs, die ewigen Gelübde ab. Die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft legten die Gelübde hingegen, den Konstitutionen entsprechend, in die Hände der Generaloberin ab.

Die Zeit lieferte den Beweis dafür, dass hinter der einfachen Angestellten, die kaum lesen und schreiben konnte, eine Kraft der Vorsehung wirkte, die sie dazu befähigte, ihre Hoffnung mit der Großzügigkeit einer Person zu verkünden, die sich in die Hände des Vaters begab, auf den sie ihr ganzes Vertrauen setzte: „Unser Vorhaben ist in Gottes Hände gelegt. Wir sind Töchter Jesu. Er wird uns gegen jedes Übel verteidigen. Das ist unsere Hoffnung und wir werden nicht enttäuscht werden.“

Ohne diesen tiefen Glauben an die göttliche Vorsehung sind die Initiativen, die M. Candida unternahm und die Leiden die sie ertrug, nicht zu erklären. Ihr gesamtes Leben war getragen von einem Geist des Gebets, vom ständigen Wandeln in der Gegenwart Gottes: „All meine Wünsche sind stets auf die größere Ehre Gottes ausgerichtet, durch die Heiligung und Ausbreitung unserer lieben Kongregation, und Gott gibt uns dazu durch Seine Göttliche Vorsehung die zahlreichen Mittel an die Hand.“

So ist auch das Vertrauen eine besondere Eigenschaft ihrer Spiritualität. Im Vertrauen auf die Allmacht und die Treue Gottes gab es bei Candida M. keinen Zweifel: „Je größer meine Armseligkeit ist, umso mehr vertraue ich auf die göttliche Barmherzigkeit.“ Nach außen strahlte sie Frohsinn und Gelassenheit aus. Zu dieser Sicherheit gehörte auch die besondere Verehrung der Mutter Gottes. So pflegte sie zu sagen: „Ich baue nicht auf mich, sondern lege alle Hoffnung auf Dich, meine liebste Mutter.“

Dieses Leben in der ständigen Gegenwart Gottes wirkte sich nicht zuletzt in ihrem Amt als Generaloberin aus, zu der sie bis zu ihrem Tod wiederholt gewählt wurde. Ihre fröhliche Bescheidenheit bewahrte sich Candida M. auch in den Stunden des Leidens. Aus tiefer Erfahrung bekannte sie: „Ohne Kreuz geht man nirgendwo hin. Kommen Kreuze, so soll man den Willen Gottes erfüllen!“ So konnte sie in ihrer Todesstunde sagen: „Ich scheide in tiefem Frieden, denn ich kann mich nicht erinnern, dass es in den 41 Jahren meines Ordenslebens auch nur einen einzigen Moment gab, den ich nicht für Gott gelebt habe.“ Sie starb am 9. August 1912 um 17 Uhr in Salamanca, umgeben von ihren Mitschwestern. Als sich die Todesnachricht in der Stadt verbreitete, nahmen zahlreiche Personen aller Schichten in der Aufbahrungshalle im Kolleg der Immaculata Abschied von Candida M. von Jesus, die schon zu Lebzeiten im Ruf der Heiligkeit stand.

Unter ebensolcher Beteiligung fand am 10. August auf dem Friedhof von Salamanca die Beerdigung statt. Am 9. Juni 1922 wurden die sterblichen Überreste von Candida M. in das Noviziatshaus in der Avda. de los Reyes de España, 3, Salamanca, Spanien, überführt.

Am 17. Oktober 2010 wurde Candida Maria von Jesus Cipitria y Barriola von Papst Benedikt XVI. heiliggesprochen, nachdem sie Papst Johannes Paul II. am 12. Mai 1996 seliggesprochen hatte.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Benedikts XVI. 2005 – 2012. Innsbruck: Resch, 2013, XII, 204 S., 48 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-096-4, Ln, EUR 25.90 [D], 26.60 [A]

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